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Starker Gewinneinbruch in der deutschen Kinowirtschaft - Unsere Filmkritiken, Oktober 2020, Teil 3

FFA-Studie zu Corona-Auswirkungen: Mindestens 225 Millionen Euro Verlust für die Kinos in Deutschland.



Alle wohlwollenden Filmkritiken helfen wenig, wenn wegen der Corona-Pandemie die Kinos oftmals fast leer bleiben und auch die beliebten und stärker nachgefragten Blockbuster nur mit verminderter Kapazität bespielt werden dürfen. Erschwerend komme die permanente Maskenpflicht in den Multiplex-Kinos hinzu, wenn dort wegen eines geringeren Hygieneabstandes auch noch der Verkauf und Verzehr von Speisen und Getränken verboten wurde.

Dass den deutschen Kinobetreiber*innen dadurch erhebliche wirtschaftliche Schäden entstehen, ist bekannt. Nun hat die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC im Auftrag der Filmförderungsanstalt FFA die Auswirkungen von Covid-19 auf die Kosten und Einnahmen der Kinos bis zum Jahresende analysiert.

Der Untersuchung liegt die Annahme zugrunde, dass aufgrund der Abstandsregeln nur 20 Prozent der Sitzplätze genutzt werden können, weshalb vor allem am Wochenende bei einigen Filmen weniger Tickets verkauft werden können als tatsächlich nachgefragt werden.

Zudem haben die Verfasser*innen zwei Szenarien durchgespielt: In einem Szenario gehen sie davon aus, dass im Verlauf des Herbstes besonders attraktive Filmstarts weltweit weiter verschoben werden, was das Besuchsaufkommen weiter verringert. Im anderen Szenario finden die internationalen Blockbuster-Starts wie geplant doch noch vor Weihnachten statt, was eine kleine Hoffnung für den für den Kinomarkt bedeuten würde, weil in diesem Fall bis zu bei 80 Prozent des Durchschnittsbesuchs im Dezember erreicht werden könnten.

In einem durchschnittlichen Jahr liegt der Gesamtumsatz der Kinos in Deutschland etwa bei 1,5 Milliarden Euro. Zieht man die Kosten für Miete, Personal, Technik usw. davon ab, bleibt ein Gesamtgewinn vor Steuern von rund 75 Millionen Euro übrig. Im günstigeren Szenario sinkt der Gesamtumsatz auf 800 Millionen Euro, während sich die Kosten auf mehr als 1,0 Milliarde Euro belaufen, wodurch ein Verlust von 225 Millionen Euro entsteht.

Ohne die internationalen Blockbuster-Starts wird sogar ein Verlust von 325 Millionen Euro prognostiziert. Für uns Grund genug auch auf kleinere Arthouse-Filme aufmerksam zu machen, die zumeist mit größerem Hygieneabstand, aber ohne Maskenpflicht während der Vorstellung, in kleineren Programmkinos laufen.

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"MAKING MONTGOMERY CLIFT" Biopic-Dokumentation von Robert Anderson Clift & Hillary Demmon (USA) über den 1966 verstorbenen Schauspieler Montgomery Clift, dessen Geburtstag sich gestern zum 100. Mal jährte. Mit Montgomery Clift seit 17. Oktober 2020 im Kino. Hier der Trailer von Missing Films:



Ulrikes Filmkritik:

Der Film von Robert Anderson Clift und Hillary Demmon eröffnet einmalige Einblicke und neue Facetten in das Leben und die Persönlichkeit der großen Schauspielikone. Als früher Vertreter des Method Acting spielte er sensible und konfliktbeladene Charaktere und wurde mit Marlon Brando und James Dean verglichen. Sein Name wurde zum Synonym für die Schwulen-Tragödie im Show Buisiness.

Er gehörte zu einem der schönsten Filmgesichter. Anstatt über sein schauspielerisches Talent zu reden, stürzte man sich auf seine Homosexualität. Das populäre Bild von „Monty“ ist ein tragisches – selbst hassend, liebeshungrig und sich in Einsamkeit und Alkohol ertränkendes.

Clift, der anfangs als junger Bühnenschauspieler unterwegs war, lehnte lange Zeit Filmangebote aus Hollywood ab. Es gefiel ihm nicht, sich mit festen Verträgen an die Studios zu binden. Bis zu seinem frühen Tod war er in 17 Filmen zu sehen. Er war bekannt dafür, Dialogtexte umzuformulieren und sie seiner Ansicht nach inhaltlich zu verbessern und mundgerechter zu gestalten. Viermal wurde er für den Oscar nominiert.

Als Montgomery starb, war sein Neffe Robert Anderson Clift noch nicht geboren. Er schaute sich zusammen mit Hillary Demmon das Erbe seines Onkels genauer an, bestehend aus Tonbandaufzeichnungen, Filmausschnitten, mitgeschnittenen Telefonaten, Interviews und unterschiedlichen Biografien, in denen „Monty“ als problematische Persönlichkeit gezeigt wird, will er mit seinem Film korrigieren.

Er fand genug Menschen, die Clifts Fröhlichkeit und seinen Humor bezeugen konnten. Auch über seinen Tod gab es die wildesten Gerüchte, basierend auf der Tatsache, dass er einen schwarzen Bediensteten beschäftigte. Nach einem Autounfall (1956) ist es Elisabeth Taylor, die zum Unfallort eilt, ihn blutüberströmt vorfindet, in seinen Mund greif und ihm die Zunge aus dem Hals zieht und ihm somit das Leben rettet. Er trägt zahlreiche Brüche davon, vor allem schwere Schnittwunden im Gesicht. Er hat das Einzige verloren, was ihn für Produzenten attraktiv gemacht hat: Sein bildschönes Aussehen. Das Malheur passiert während der Dreharbeiten zu "Das Land des Regenbaums".

Da er vertraglich gezwungen war, die Dreharbeiten so schnell wie möglich wieder aufzunehmen, greift er zu Schmerztabletten, Alkohol und Beruhigungsmitteln, um die Arbeit am Set durchzustehen. Gefilmt wird er überwiegend von der nicht entstellten Seite seines Gesichts. Elisabeth Taylor hilft ihm, seine Takes durchzustehen.

Dies und noch viel mehr zeigt dieser absolut sehenswerte Film, der gleichzeitig ein interessantes Zeitdokument über „Hollywood Babylon“ ist, einem Sachbuch des Avantgarde-Filmemachers Kenneth Anger über angebliche wie belegbare Skandale aus der Filmindustrie in Hollywood. ( Laufzeit: 128 Min.)

Wieland Speck, ehemaliger Leiter der Sektion Panorama der Berlinale, über Montgomery Clift: „Montgomery Clifts Geheimnis war ein Sexuelles, seine passive Unergründlichkeit Projektionsfläche für viele Begehren. Seine Qualitäten transzendierten den amerikanischen Standardmann zum Menschen. Das konnte gemessen an den allmächtigen Konventionen der Zeit, nur tragisch enden. Ein heiliger Sebastian des 20. Jahrhunderts“.

Ulrike Schirm


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"I AM GRETA" Dokumentation von Nathan Grossman (Schweden, Deutschland, USA, Großbritannien). Mit Greta Thunberg seit 16. Oktober 2020 im Kino. Hier der Trailer:



Ulrikes Filmkritik:

"I AM GRETA" erzählt die Geschichte von Greta Thunberg, die mit 15 Jahren beschloss, freitags nicht mehr zur Schule zu gehen, sondern stattdessen vor dem schwedischen Parlamentsgebäude für die Rettung des Klimas zu streiken. Unvergessen das Foto auf dem dieses taffe Mädchen ganz allein, mit seinem selbst gemalten Plakat und seiner Wasserflasche dort sitzt. Unbeirrt beantwortet sie die Fragen der Passanten. Es begann im August 2018. Das sie zur Symbolfigur der weltweiten Bewegung von "Fridays for Future" wird, ahnte sie noch nicht.

Der Regisseur und Kameramann Nathan Grossmann begleitet sie von den Anfängen bis zu ihrem Segeltörn zum UNO-Klimagipfel in New York im Herbst 2019 und gibt sehr private Einblicke in das Leben Gretas und ihrer Familie.

„Was ich in den letzten Monaten erlebt habe, fühlt sich an wie ein Traum oder ein Film. Ein sehr surrealer Film, mit einer unwahrscheinlichen Handlung“, so Greta.

Zu erst streikt sie bis zu den Wahlen. Als sich zeigt, dass die Grünen herbe Stimmverluste erleiden, wird Greta erst recht angespornt, da das Klimathema nur wenige zu interessieren scheint.

„Ich habe das Gefühl, als würden diejenigen von uns mit einem Asperger-Syndrom, die einzigen sein, die die Tragweite erkennen“. Auch ihre Eltern nahmen den Klimawandel nicht ernst. Erst durch das Engagement ihrer Tochter, wurde ihnen das Ausmaß bewusst.

Die Bewegung wird größer und lauter. Staatsoberhäupter laden sie zu Klimakonferenzen ein. Ihr besorgter Vater Svante ist immer an ihrer Seite. Die Ausarbeitung ihrer Reden überlässt ihr Vater ganz alleine ihr. Ob in Polen, Brüssel, England oder Frankreich, ihre aufrüttelnden Worte beginnen mit dem Satz: „Ich bin Greta Thunberg!“

Egal, wo sie spricht, sie und weitere Aktivisten vermissen eine wirkliche Ernsthaftigkeit hinter den Reden der Staatsoberhäupter. Der Wille, wirklich etwas zu verändern, ist kaum zu hören. „Da sich unsere Staatsoberhäupter wie Kinder verhalten, müssen wir die Verantwortung übernehmen, um dem Wahnsinn ein Ende zu setzen. Wir haben nur diesen einen Planeten“.

Sogar ein Treffen mit dem Papst ist angesagt. Die gesamte katholische Kirche steht hinter Greta. Auch Arnold Schwarzenegger trifft sie persönlich. Egal, wo sie auftaucht, tausende von Gleichgesinnten wollen ihr Idol Greta sehen. Das Mädchen muss von der Polizei geschützt werden. Entspannung und Ruhe findet sie zuhause bei ihren Hunden und Pferden. Sie nimmt ihre Aufgabe ernst. Auf keinen Fall will sie zu denen gehören, die nur reden aber nicht handeln. Besonders krass, der Auftritt im Plenarsaal in Brüssel. Jean-Claude Juncker referiert über wassersparende Klospülungen. Unter Tränen redet Greta weiter. „Wenn Klospülungen die Lösung wären, wäre es keine Krise“. Es kommt ihr vor, als spreche sie vor einem ausgeschalteten Mikrofon. Hunderte von Stunden ist sie herumgereist, beseelt von dem Gedanken, sich nicht Hoffnungen und Zukunftsträume zerstören zu lassen.

Leider begleiten auch Hassmails und Beschimpfungen ihren Weg. Putin, Bolsanaro und Trump machen sich über sie lustig. Sie wird als Hysterikerin bezeichnet, die nur Blödsinn redet, depressiv ist und erst dann protestieren soll, wenn sie die Fakten kennt. Sie soll endlich die Klappe halten. Der Hass steigert sich bis hin zu Morddrohungen. Schon früh hat sie die Erfahrung gemacht, wie es ist, als Kind überall ausgegrenzt zu sein. Nie wurde sie zu Geburtstagsfeiern und Partys eingeladen. Offensichtlich hat sie daraus gelernt, ihr Selbstwertgefühl nicht von der Meinung anderer abhängig zu machen und somit den Hass an sich abprallen zu lassen und strikt ihren eigenen Weg zu gehen. Auf Schmeicheleien legt sie keinen Wert.

Wie einfach wäre es, den Flieger nach New York zu nehmen, um an der Einladung zum UNO- Klimagipfel 2019 teilzunehmen. Stattdessen laufen die Vorbereitungen für ihren Segeltörn in die USA. Es steht ihr eine anstrengende Reise bevor. Der Abschied von ihren Hunden fällt ihr schwer. Ein Vergnügen ist die Bootsfahrt nicht. Schreiben kann sie nicht. Ihr wird übel. Ihre Eindrücke spricht sie unter Tränen auf ihr Handy.

„Hier an Bord muss ich an die Gegenwart denken, nicht an die Zukunft“. Gott sei Dank ist ihr Vater bei ihr. Sie trägt eine Verantwortung, der sie kaum noch gewachsen ist.

Tausende von Menschen begrüßen sie. Willkommen zum Klimagipfel 2019. Sämtliche Staatsoberhäupter sind versammelt. Es fällt ihr berühmter Satz „HOW DARE YOU“. Zwischen Wut und Tränen hält sie ihre Rede. Zurück in Schweden setzt sie ihren Klimastreik fort, begleitet von Hunderttausenden Aktivisten weltweit. Sie geht auch wieder zur Schule und hat ihr erstes Jahr am Gymnasium begonnen. Allein 2018 gab es mehr als 200 dokumentierte Morde an Aktivisten.

Der schwedische Filmemacher Nathan Grossmann hat sich im August 2018 einfach mit seiner Kamera zu Greta gesetzt. Schon während des ersten Tages blieben Leute stehen und stellten Fragen, die sie mit erstaunlicher Ernsthaftigkeit beantwortet. Und dann entwickelten sich die Dinge sehr schnell. Plötzlich wurde auch in anderen Teilen Schwedens gestreikt, dann in Finnland und Dänemark. Grossmann war so beindruckt, dass er unbedingt einen Film über Greta und ihr persönliche Geschichte machen wollte.

Woher nimmt sie ihren Mut und ihre Energie? Herausgekommen sind persönliche Einblicke in ihr Familienleben und hinter die Kulissen ihrer politischen Aktivitäten. Es ist erstaunlich mit welcher Offenheit sie über ihre autistische Störung spricht. Man versteht nicht, warum dieses, eigentlich schüchterne Mädchen, das konsequent ein Ziel für unser aller Wohl verfolgt, mit so viel Hass überschüttet wird. Beim Ansehen des Films, hätte ich sie am liebsten fest in den Arm genommen.

Ulrike Schirm


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"SAG DU ES MIR" das Spielfilmdebüt einer mitreißende Tragikomödie von Michael Fetter Nathansky (Deutschland, 112 Min.). Mit Gisa Flake, Christina Große, Marc Ben Puch u.a. seit 15. Oktober 2020 im Kino. Hier der Trailer:



Ulrikes Filmkritik:

Einfach so, so scheint es, stößt ein Mann eine Frau von einer Eisenbahnbrücke vor der Neustädter Havelbucht in Potsdam. Seine Identität und die Gründe für sein Handeln sind völlig unklar. Kennen sich Opfer und Täter?

In seinem Abschlussfilm an der Universität in Babelsberg erzählt Michael Fetter Nathanski ein Verbrechen aus drei unterschiedlichen Perspektiven: Der von Silke, die geschubst wurde, der von ihrer Schwester Moni, die ihr helfen will den Täter zu finden und der vom Täter René, der selber nicht so richtig weiß, warum er es getan hat. Das erinnert an Kurusowas „Rashomon“ (1950) in dem er ein grausames Verbrechen aus vier unterschiedlichen Perspektiven schildert.

Moni (Christina Große) ist extra aus Mallorca, wo sie seit zwanzig Jahren lebt, nach Potsdam in die Plattenbausiedlung gereist, in der Silke (Gisa Flake) lebt, um ihrer Schwester zu helfen, den Täter zu finden. Nach mehrmaligem Klingeln erscheint Silkes Kopf weit oben auf dem Balkon. „Wat machst 'n du hier“ brüllt sie herunter. „Jut siehste aus“ ruft Moni zurück. „Det kannste doch von unten ja nich sehn“. Dass sich Moni jetzt einmischt, gefällt Silke nicht. Doch Moni setzt alles daran, den Täter zu finden. Sie hat extra Deniz (Walid Al-Atiyat) engagiert, der sich an Silkes Arbeitsplatz umhören soll. „Mit dem Selbstmord menes Arbeitskollegen, hat der Sturz aba nüscht zu tun.“ Deniz schnüffelt weiter. Er findet heraus, dass Silkes Nachbar René (Marc Ben Puch) ein Polizist, Silke die Schuld an dem Selbstmord seines Bruders gibt und der Stoß von der Brücke aus Rache geschah. Jetzt übt Moni böse Rache an René. Doch ganz so einfach ist es nicht. Nathansky macht es dem Zuschauer nicht leicht.

René ist entsetzt über sich selbst. „Ick hab ne Frau von der Brücke runter jeschmissen. Seh ick so aus wie'n Mensch, der völlig am Arsch iss und einfach 'ne Frau von 'ner Brücke schmeißt“, fragt er seinen Freund. Er fragt alle, die er kennt, ob mit ihm irgendetwas nicht stimmt Er geht auch zu Silke und sagt ihr, dass er es nicht wollte. Und wenn sie mal Hilfe braucht, kann sie sich jederzeit an ihn wenden. Auch seine Mutter stellt er zur Rede, ob mit ihm in der Kindheit etwas nicht stimmte. Monis und Renés Blickwinkel sind nur zwei von drei Kapiteln, die etwas Neues erzählen und das zuvor Gezeigte revidieren. In den Dialogen werden versteckte Hinweise gegeben.

Während René noch über sich nachdenkt, tüftelt sich Silke eine unerwartete Geschichte für ihre Schwester aus und gibt der Handlung eine total andere Richtung.

Die ausgeklügelte Erzählweise verleihen der Geschichte ihren besonderen Reiz. Mit jedem Perspektivwechsel öffnet er den Blick auf die bittere Wahrheit seiner drei Protagonisten. Jeder von ihnen hat sein ganz persönliches Päckchen zu tragen. Das macht Nathanski mit großer Sensibilität.

Das er seine Darsteller so herrlich erfrischend berlinern lässt, gibt dem Ganzen obendrein eine wunderbare Authentizität.

Ulrike Schirm


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"BRUNO" Drama von Karl Golden (Großbritannien, 95 Min. OFmdU) über die zu Tränen rührende Geschichte eines Obdachlosen, der seinen entlaufenen Hund sucht. Mit Diarmaid Murtagh, Woody Norman, Seun Shote u.a. seit 15. Oktober 2020 im Kino. Hier der Trailer:



Ulrikes Filmkritik:

Daniel (Diarmaid Murtagh) lebt mit seinem Hund Bruno auf der Straße. Seinen kargen Unterschlupf, nahe den Bahngleisen, ohne Strom und Wasser, hat er verloren. Er streift mit seinem treuen Hund durch die Straßen Londons. Es zieht ihn immer wieder zu einem Spielplatz, besonders des Nachts. Er räumt den liegengelassenen Müll weg.

Als er eines Nachts ein Feuer sieht, rennt er hin um es zu löschen. Eine Horde Jugendlicher schlägt brutal auf ihn ein. ein. Hilflos liegt er am Boden. Als ein Krankenwagen mit lauten Sirenen eintrifft, flüchten die Täter. Sein Hund Bruno, der auf ihn abseits gewartet hat, läuft noch dem Krankenwagen hinterher. Er kann ihn aber nicht mehr einholen. Als er am nächsten Tag entlassen wird, begibt er sich wieder zum Spielplatz und ruft seinen Hund. Wieder und Wieder. Als er sich dort zum Schlafen legt, entdeckt er einen kleinen Jungen. Er gibt ihm seinen Schlafsack, damit er nicht friert. Das schüchterne Kind, gibt ihm am nächsten Morgen den Schlafsack zurück und weicht nicht mehr von seiner Seite. Es will nicht nach Hause. Alles Zureden hilft nicht. Sein Name ist Izzy (Woody Norman). Er ist siebeneinhalb. Gemeinsam machen sie sich auf die Suche nach Bruno.

Malik (Seun Shote) ein guter Kumpel von Daniel, der eine Reinigung besitzt und Daniel hin und wieder unterstützt, hilft ihm bei der Suche, indem er seine Telefonnummer auf den Handzetteln schreibt, die die beiden verteilen, um Bruno zu finden. Beim Zettel verteilen, wird Daniel von einem Mann erkannt. Daniel will nicht mit ihm reden. Abrupt lässt er ihn stehen. Die Begegnung reißt ganz offensichtlich eine Wunde in ihm auf.

Eigentlich kann er sich auch nicht um Izzy kümmern. Alle Versuche, den Jungen nach Hause zu bringen, scheitern. Letztlich kümmert er sich dann doch rührend um ihn. Die Suche nach Bruno verknüpft die Schicksale der vermeintlich Heimatlosen in einem ergreifenden Film, der durch die Straßen Londons führt. Daniels starke Affinität zu dem Spielplatz, wird gegen Ende des Films auf herzzerreißende Weise sichtbar. Eine Antwort, die zu Tränen rührt.

Die Idee zu dieser zutiefst bewegenden Geschichte hatte Regisseur Karl Golden, als ein obdachloser Mann an ihm vorbei eilte, gebrochen und in Aufruhr, blutüberströmt. Die Überlegung, was den Mann in diesen emotionalen Zustand versetzt hat, inspirierte ihn zu diesem stillen, kleinen und dennoch großen Film. Eine Perle am Indie Filmhimmel. Gedreht mit einem geringen Budget aber ganz viel Herzblut.

Diarmaid Murtagh („Vikings“, „Troja – Untergang einer Stadt“) ist die perfekte Besetzung für die Rolle des mit dem Schicksal hadernden Daniel. Kamera: Jalaludin Traurmann.

Ulrike Schirm


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