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Kino und Film: Bundestag beschließt Fortsetzung der Filmförderung

Neue deutsche Filme und Drehbücher können auch 2025 Förderung von der Filmförderungsanstalt bekommen. Die Ex-Ampelpartner SPD, Grüne und FDP rauften sich noch einmal zusammen und sichern das System der öffentlichen Unterstützung für Filme und Drehbücher. Weitere Reformschritte sollen folgen.



Der Bundestag beschloss gegen das Votum von CDU/CSU und AfD am Donnerstagabend, den 20.12.2024, mit den Stimmen von SPD, Grünen und FDP im letzten Moment noch ein neues Filmfördergesetz, damit neue deutsche Filme und Drehbücher auch 2025 finanzielle Förderung von der Filmförderungsanstalt (FFA) bekommen können.

Das alte Filmförderungsgesetz (FFG) wäre - trotz mehrfacher Novellierung - ohne Nachfolgegesetz zum Jahresende automatisch ausgelaufen. Dann wäre ab Januar 2025 keine Förderung mehr aus Geldern der sogenannten Filmabgabe möglich gewesen.

Mit dem neuen Gesetz soll die Förderung von Filmen effizienter werden, damit wieder mehr deutsche und internationale Produktionen an deutsche Drehorte geholt werden können.

Das neue FFG-Gesetz ist die erste Säule eines Konzepts, das helfen soll, deutsche und internationale Produktionen an deutsche Drehorte zu holen und traditionsreiche Institutionen wie das Studio Babelsberg besser auszulasten. An der Branche hängen Milliardenumsätze und Schätzungen zufolge 120.000 Arbeitsplätze.

Die zweite Säule, genannt Filmförderzulagengesetz, soll erst 2026 umgesetzt werden. Auch am Investitionsverpflichtungsgesetz wird noch gearbeitet.

Film­förderungsanstalt wird zur zentralen Einrichtung

Die Film­förderungsanstalt (FFA) soll künftig zur zentralen Einrichtung der Filmförderung des Bundes werden. Geplant ist weiter, eine verstärkt automatisierte Vergabe der Fördermittel sowie die stärkere Be­rücksichtigung von Geschlechtergerech­tigkeit, Inklusion und Antidiskriminie­rung. Auch die Erhebung der Filmabgabe wurde mit dem Gesetz verlängert - diese müs­sen unter anderem Kinos und Fernsehsen­der an die FFA entrichten.

In der Parlamentsdebatte sagte Roth, sie werde sich weiter dafür einsetzen, dass mit einem Steueranreizmodell und einer Investitionsverpflichtung die nächsten Schritte gegangen würden. Und sie kündigte an: "Für 2025 werden wir eine Brücke bauen." Der Deutsche Filmförderfonds (DFFF) und der German Motion Picture Fund (GMPF) würden verlängert.

Zum 1. Februar 2025 werde die Anreizförderung auf ein international wettbewerbsfähiges Niveau von 30 Prozent angehoben.

Die SPD-Politikerin Michelle Müntefering berichtete von einer Absprache von Finanzminister Jörg Kukies (SPD) mit Roth und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). "Wir werden die Filmwirtschaft auch im kommenden Jahr aktiv und noch attraktiver unterstützen", sagte Müntefering. "Die bis Ende 24 befristeten Förderrichtlinien werden verlängert. Die Fördersätze werden erhöht." Die vorläufige Haushaltsführung stehe dem nicht im Weg.

Das nun beschlossene Filmförderungsgesetz ist die rechtliche Grundlage für die Erhebung der sogenannten Filmabgabe von Nutzern der Produktionen wie Kinos, Videowirtschaft, Online-Anbietern oder Fernsehsendern. Dieses Geld - 2023 waren es rund 50 Millionen Euro - wird als Förderung für neue Produktionen verteilt.

Schnellere Förderverfahren

Das neue FFG soll einige Abläufe einfacher machen. Der seit 2004 im Amt befindliche FFA-Vorstand Peter Dinges erklärte, die Bundesfilmförderung werde unter dem Dach seiner Institution gebündelt. Es werde schnellere und transparentere Förderverfahren geben. Die Selbstverwaltung der FFA werde gestärkt. Das seien gute Voraussetzungen für weitere Reformschritte, meinte Dinges, denn "mit dem Beschluss tritt eine zentrale Säule der Filmreform in Kraft, die von der Filmwirtschaft dringend benötigt wird."

Die Schauspielgewerkschaft Bundesverband Schauspiel und Vertreter der Produktionsallianz bewerteten das Gesetz ebenfalls positiv. Die FDP hält sich zugute, dass die Förderung unbürokratischer werde. SPD und Grüne begrüßten zwar die Zustimmung der FDP zum Gesetz. Sie kritisierten aber die Bedingungen der Liberalen dafür, so etwa die Streichung eines geplanten Diversitätsbeirats und von Anforderungen an eine nachhaltige Filmförderung.

Kulturstaatsministerin Claudia Roth zeigt sich erleichtert

Nach dem Ja des Bundestags zur neuen Filmförderung zeigt sich Kulturstaatsministerin Claudia Roth erleichtert und sprach von einem wichtigen Erfolg.

"Dieser Beschluss des Parlaments für ein neues Filmförderungsgesetz ist eine sehr gute und wichtige Nachricht für den Film hierzulande", sagte die Grünen-Politikerin. "Damit werden die Rahmenbedingungen für das Filmemachen deutlich verbessert und das Filmschaffen gestärkt."

Es ist die erste Säule eines Konzepts, das helfen soll, deutsche und internationale Produktionen an deutsche Drehorte zu holen und traditionsreiche Institutionen wie das Studio Babelsberg besser auszulasten.

Roth sagte, sie werde sich weiter dafür einsetzen, dass mit einem Steueranreizmodell und einer Investitionsverpflichtung die nächsten Schritte gegangen würden. "Für 2025 werden wir eine Brücke bauen", sagte sie weiter. Künftig laufe statt mit Hilfe von Jurys vieles als automatische Referenzförderung, also bezogen auf frühere Erfolge.

Große Sorgen herrschten bis dato in der Branche

Nun gibt es dank des neuen Filmförderungsgesetzes für Filmproduktionen in Deutschland ab Februar 2025 mehr Zuschuss aus staatlichen Fördertöpfen. In der Branche stieß der Beschluss auf ein euphorisches Echo.

„Ein kleines Wunder ist geschehen“, sagte Starregisseur Volker Schlöndorff der Deutschen Presse-Agentur (dpa). „Das macht uns große Hoffnung für die Zukunft.“

Wegen des Bruchs der Ampel-Koalition war in der Branche befürchtet worden, dass das neue Filmförderungsgesetz scheitern könnte. Zusätzlich beklagten die Filmschaffenden, dass deutsche Drehorte wie das traditionsreiche Studio Babelsberg nicht ausgelastet seien, weil andere europäische Länder mehr staatliche Förderung beziehungsweise Steuervorteile anböten.

Die Ankündigung von Kulturstaatsministerin Claudia Roth im Plenum kam nach Schlöndorffs Worten auch für die Branche überraschend, wie der 85-jährige Regisseur sagte, der zusammen mit Kollegen wie Leander Haußmann und Detlev Buck während der Debatte über die Filmförderung am Donnerstagabend auf der Tribüne im Bundestag saß.

„Wir können es uns nicht leisten, dass noch mehr Talente aus Deutschland abwandern, noch mehr Produktionsflächen brach liegen und der deutschen Wirtschaft noch mehr Innovation und Investition in einer zentralen Kreativ- und Zukunftsbranche verloren gehen“, erklärte Finanzminister Jörg Kukies.

Produktionsallianz spricht von einem Meilenstein

Auch die Allianz Deutscher Produzentinnen und Produzenten spricht von einem Meilenstein und einem hervorragenden Signal für die Produktionsunternehmen und Studios in Deutschland.

Björn Böhning, CEO und Sprecher des Gesamtvorstands der Produktionsallianz:

„Was für ein Meilenstein für die deutsche Film- und Fernsehbranche! Die Erhöhung der bestehenden Förderung des Bundes auf 30% ist ein hervorragendes Signal für die Produktionsunternehmen und Studios in Deutschland und gleichzeitig eine mehr als beruhigende Nachricht für tausende Beschäftigte, die in großer Sorge waren. Mit dieser neuen Film- und Fernsehförderung kann Deutschland im Wettbewerb der internationalen Produktionsstandorte endlich wieder mithalten. Im Namen der deutschen Produktionswirtschaft danken wir der Bundesregierung und den unterstützenden Parlamentarier*innen für ihren Einsatz für die ganze Branche.

Die neue Klarheit beim DFFF I und II sowie GMPF schafft Planungssicherheit für die Produktionen und nicht zuletzt steigert es die Attraktivität für Investitionen aus dem Ausland.

Zusammen mit dem neuen FFG sind wir der großen Filmreform mit drei Säulen sehr nah: Bessere Förderung, ein international wettbewerbsfähiges Anreizmodell und zusätzlich noch eine Investitionsverpflichtung, die fairen Wettbewerb schafft. Mit der heutigen Ankündigung ist viel davon erreicht. Unsere Branche kann mit neuer Zuversicht auf das kommende Jahr 2025 blicken.“

„Das ist einfach großartig für den deutschen Film. Die Mühen und der Einsatz der Branche hat sich gelohnt. Unser Dank gilt Allen, die sich dafür eingesetzt haben. Der Filmstandort Deutschland ist damit wieder attraktiv geworden. Das ist die beste Nachricht überhaupt!“

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) lobte den Beschluss zum Filmfördergesetz ebenfalls.

„Nun ist die Förderung für weitere fünf Jahre gesichert und wird noch dazu reformiert“, erklärte er. „Das kann aber nur ein erster Schritt sein. Es braucht weitere Anpassungen, damit der Filmstandort Deutschland wettbewerbsfähig bleibt.“

AG Kino mahnt: „Kinos dürfen nicht vergessen werden“

Die AG Kino-Gilde, der Verband der deutschen Filmkunsttheater, begrüßt zwar, dass nun endlich Klarheit für das Filmförderungsgesetz (FFG) und der erste Schritt der überfälligen Strukturreform der nationalen Filmreform geschaffen wurde. Doch während die Novelle in einigen Bereichen für wichtige Fortschritte sorgt, bleiben für die Kinos wesentliche Probleme ungelöst. Der Verband sieht daher weiterhin dringenden Handlungsbedarf und fordert substanzielle Nachbesserungen im weiteren Reformprozess.

Christian Bräuer, Vorsitzender der AG Kino mahnt:

„Für die Kinos, besonders die Arthouse- und Landkinos, bleibt die Situation katastrophal. Während Filmproduktionen trotz nicht verabschiedetem Haushalt gefördert werden können, stehen diese Kinos nun gänzlich ohne Mittel da. Die weiteren Reformschritte dürfen nicht lange auf sich warten lassen, denn durch die Nichtverabschiedung des Bundeshaushalts und durch die im neuen Filmförderungsgesetz gestrichene Kinoreferenzförderung bleiben wesentliche Bausteine der Kinoförderung ungeklärt. Wir brauchen endlich Planbarkeit und Verlässlichkeit – sonst gerät die Zukunft vieler Kinos in Gefahr, weil notwendige und oft bereits geplante Investitionen auf unbestimmte Zeit verschoben werden müssen.

Die Arthousekinos leisten einen entscheidenden Beitrag zur Filmkultur. Sie zeigen mehr Filme, gestalten mehr Filmreihen, Sonderveranstaltungen und Publikumsgespräche denn je und arbeiten aktiv an einer Publikumsentwicklung, die auf die gesamte Filmbranche einzahlt. Damit sind die Arthousekinos auch filmwirtschaftlich ein Eckpfeiler – die meisten anspruchsvollen Filme erreichen in diesen Kinos den größten Teil ihrer Besuchenden. Es reicht nicht aus, allein die Filme in Masse herzustellen. Die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Filmwirtschaft lässt sich nur mit einem Ansatz steigern, der auch die Herausbringungsstrategien und die lokale Marketingarbeit von Verleih und Kino umfasst. Frankreich macht bestens vor, wie das geht!“

Es gibt weitere kritische Stimmen, wie Filmkritiker Rüdiger Suchsland jüngst auf Artechock kommentiert:

"Nach über­ein­stim­mendem Urteil vieler verschie­dener Stimmen aus der Branche – sowohl auf der Seite der Macher und Film­schaf­fenden wie auch auf Seiten der Verwerter – ist der in aller­letzter Minute entstandene Kompro­miss ein fauler Kompromiss. »Ein Desaster auf allen Ebenen«, weil Rot-Grün vor der FDP einknickte, sodass ein Filmfördergesetz kommt, das schlechter ist als keines. Zu der Ironie gehört auch, dass ausge­rechnet das, was sich viele aus diesem Kultur­be­trieb so wahn­sinnig wünschen, nämlich Diver­sität, jetzt nach hinten zu ihren Ungunsten zuschlägt. Am Ende freuen sich wieder wie schon am Anfang die großen Produzenten am meisten. Aber weil jeder etwas anderes zu kriti­sieren hat, ist der Kompromiss vielleicht dann doch nicht so schlecht."

Link: www.ffa.de
Quellen: ARD / Artechock / dpa / Produktionsallianz / SteinbrennerMüller Kommunikation

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