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Eine traurige Meldung und eine aktuelle Filmkritik zum kommenden Kinostart


Unsere Leser haben es vielleicht inzwischen gemerkt, dass die Anzahl unserer Filmkritiken in letzter Zeit rapide abgenommen hat, denn unsere deutsch-ungarische Filmkritikerin Elisabeth Nagy (gesprochen: "nodch") ist nach schweren gesundheitlichen Problemen am Freitag, den 13. Juni verstorben. Ihre letzten beiden Einträge hatte sie exklusiv für uns Anfang April geschrieben. Gott hab sie selig!

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"FRISCH" schmerzhaftes Sozialdrama über zwei ungleiche Brüder von Damian John Harper nach dem gleichnamigen Roman von Mark McNay. Der Regisseur studierte an der Hff München, sein Abschlussfilm "LOS ÁNGELES" wurde 2014 auf der 64. Berlinale als Bester abendfüllender Spielfilm mit dem First Steps Award ausgezeichnet. Sein zweiter Spielfilm "IN THE MIDDLE OF THE RIVER" feierte 2018 seine Weltpremiere auf dem Filmfest München wo er den Preis für das Beste Drehbuch erhielt. Die 98 Minuten lange deutsche Produktion "FRISCH" der Weydemann Bros. GmbH (Berlin/Köln) mit Louis Hofmann, Franz Pätzold, Sascha Gersack, Canan Cir Ela Pinar Erincin, Bogdan Bozidar Kocevski und Selo Zejhun Demirov wurde zwischen 2022-2024 gedreht und startet am 3. Juli 2025 im Kino. Hier der Trailer:



Ulrikes Filmkritik:

Wie heißt es immer so schön? Blut ist dicker als Wasser. Das dachte auch Kai (Louis Hofmann, 24) und fühlte sich sich seinem großen Bruder Mirko (Franz Pätzold, 27) gegenüber verpflichtet. Nach dem Tod ihrer Mutter wollten sie, ähnlich wie die Apachen aus einem Western zusammenhalten. Da ahnte Kai noch nicht, dass auch Blut fließen wird in dieser visuell spannenden Adaption des gleichnamigen Romans von Mark McNay über zwei ungleiche Brüder. Noch ist Kai froh, dass Mirko erst einmal nicht in seinem Alltag auftauchen wird. Doch dann läuft die Zeit gegen ihn.

Heute wird sein gewalttätiger Bruder vorzeitig aus dem Knast entlassen. Und genau heute Abend wird er zu Kai nach Hause kommen, um sich das Geld zurückzuholen, das Kai für ihn aufbewahren sollte. Es handelt sich, um 10.000 Euro. Doch das Geld wurde ausgegeben.

Kai lebt mit seiner Frau Ayse (Canan Kir, 23) und seiner Tochter Jenny (4) in einer verwahrlosten Gegend im Ruhrpott. Kai verdient sein Geld mit schweißtreibender Maloche im Schlachthaus, im Gegensatz zu seinem Bruder der zwischen seinen Gefängnisaufenthalten als Dieb, Dealer und Schläger unterwegs ist. Familie und Freundschaft existiert für ihn nicht. Kai schuftet, wie auch sein Onkel Andy (Sascha Gersack) im Schlachthaus, um seiner Familie ein besseres Leben zu bieten.

Die 10.000 Euro sind in die Unterstützung seiner Familie geflossen. Vorschuss wird im Schlachthaus nicht gewährt. Sein Onkel gibt ihm 5.000 Euro als Vorschuss, damit er seine Schulden bezahlen kann. Er muss das Geld in Raten zurückzahlen. Kai versucht das Geld mit Gewinneinsätzen bei Pferderennen zusammenzukriegen. Doch dann hat er es auch noch mit Schuldeneintreibern zu tun.

Als sie jünger waren, hat Kai seinen Bruder, der ihn immer „Kleiner“, nennt, bewundert. Doch als Ehemann und Vater, kann er dessen Lebenswandel, zwischen Schlägereien, Dealen, kaum noch mitansehen. Er hat immer mehr Angst vor ihm. Er ist auf der Suche nach einem neuen Job. Auch dann, wenn Mirko ihn nicht direkt zusammenschlagen würde, stünde Kai bei ihm in der Schuld. Auch wenn er ihn nicht zusammenschlägt, zwingt er Kai, so wie früher, als Drogenkurier für ihn zu arbeiten. Auch Ayse meldet sich zu Wort. Sie bittet ihn, endlich seine Familie an die erste Stelle zu setzen, schließlich habe er auch ein Kind. Sie dealen, was das Zeug hält. Es kommt der Moment, wo sich Kai endlich gegen Mirko wehrt.

Schluß mit den großen Plänen, die sie mal hatten. Kai ist verzweifelt. Für ihn gibt es nur noch einen einzigen Ausweg: Er muss die Polizei einschalten um Mirko zu überführen, sogar auch dann, wenn er sein eigenes Leben riskiert. Die Falle der Polizei klappt zu, doch in letzter Sekunde entkommt Mirko, außer sich vor Wut nach Rache sinnend. Kai bleibt nichts anderes übrig, als zu Hause Türen und Fenster zu verriegeln. Ein atemloses, authentisches, schonungsloses Drama, über die rohe Dynamik zweier ungleicher Brüder, angesiedelt im „WILDEN WESTEN DES RUHRPOTTS.

Ulrike Schirm


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