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Trotz wenig froher Aussichten wünschen wir ein glückliches neues Jahr 2025

Der Berliner Arbeitskreis Film e.V. wünscht allen Lesern
einen guten Rutsch ins neue Jahr 2025.




Das Kino Arsenal ist geschlossen. Im ehemaligen Sony Center am Potsdamer Platz gibt es kein Kino mehr. Die Berlinale muss abspecken und das einst von Hannes Brühwiler ins Leben gerufenen American Independent Film Fest UNKNOWN PLEASURES muss sich mit seiner 15. Ausgabe ab dem 2. Januar 2025 im Wolf Kino eine Interimslösung unter dem im letzten Jahr neu eingeführten Kurator Kristofer Woods suchen – die erste Station im Rahmen des Tour-Programms Arsenal on Location.

Kristofer Woods war Co-Founder im Wolf Kino Berlin sowie Program Coordinator für Serien bei der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin (DFFB) und zuletzt Project Manager International Training beim Erich Pommer Institut in Potsdam. Bereits im letzten Jahr leitete er die 14. Ausgabe von UNKNOWN PLEASURES im Kino Arsenal, das erst 2026 in einer neuen Location auf dem Gelände des Silent Green Kulturquartiers wieder eröffnen kann.



Die diesjährige Filmauswahl von UNKNOWN PLEASURES #15 legt vom 2. - 12. Januar 2025 den Schwerpunkt erneut auf Erstlingswerke junger Filmschaffender und Künstler*innen. Neben ihrem Entstehungsland eint sie die Erfahrung von Verlust und lebensverändernden persönlichen, historischen oder politischen Ereignissen. In jedem Film geschieht dies auf eine ganz eigene Art, entsprechend vielfältig sind die Reaktionsmuster, mit denen sich die Arbeiten zur Vergänglichkeit der Dinge verhalten. Dem zentralen Thema des Verlusts stellen die Filme den Moment der Hoffnung zur Seite. Die Arbeiten zeugen von Möglichkeiten, mit denen Trauer verwandelt werden kann – in Gemeinschaft, in Kunst und Erfindungsgeist, in politisches Handeln sowie in Netzwerke der Achtsamkeit und Unterstützung. Sie erinnern uns daran, uns nicht erdrücken zu lassen vom Gewicht des Schmerzes, der Last der Veränderung, sondern Trauer als notwendigen Prozess zu betrachten, um uns zusammenzubringen und gemeinsam die scheinbar unzähligen Kämpfe anzugehen, denen wir uns ausgesetzt sehen, als Individuen wie als ganze Gesellschaft.
(Kris Woods)


Do 2.1., 19h & So 12.1., 16:30h
"GOOD ONE" India Donaldson USA 2024 engl. OF 89'
Hier der Trailer:



GOOD ONE, der Debütfilm von India Donaldson, ist eine in den tiefen ­Wäldern der Catskills im Bundesstaat New York spielende Coming-of-Age-Geschichte. Die 17-jährige Sam geht mit ihrem Vater Chris und dessen ältestem Freund Matt auf eine dreitägige Wandertour. Die beiden Männer richten sich schnell in ihrer männlichen Dynamik ein und tragen vor Sam lange zurückgehaltene Konflikte aus. Die für ihr Alter vernünftige Sam versucht, zwischen den sich befehdenden Männer-Egos zu vermitteln. Als ihr Vertrauen missbraucht wird, erreicht ihre Frustration einen Kipppunkt. Sam hat mit der emotionalen Begrenztheit ihres Vaters zu kämpfen, kann jedoch in diesem Prozess endlich die ihr zugewiesene Rolle der ­„Guten“ in der Familie abstreifen. GOOD ONE fängt den Abnabelungsprozess von den Eltern ein und zeichnet dabei ein witziges, geerdetes und zutiefst sympathisches Porträt weiblicher Jugendlichkeit.

Fr 3.1., 19h & Sa 11.1, 16:30h
"FAMILIAR TOUCH" Sarah Friedland USA 2024 engl. OF 91'
Hier der Trailer:



FAMILIAR TOUCH ist ein Coming-of(-old)-Age-Film, gedreht in Villa Gardens, einer Seniorenwohngemeinschaft mit Ganztagsbetreuung in Los Angeles, deren Bewohner und Pflegekräfte an dem Projekt mitgewirkt haben, sowohl vor als auch hinter der Kamera. Der Film begleitet die 80-jährige Ruth bei der Umstellung ihres Lebens auf betreutes Wohnen und beschreibt, wie sie mit widersprüchlichen Beziehungen zu sich selbst und ihren Pflegern konfrontiert wird, während sich bei ihr Erinnerungen, Altersidentität und Wünsche verschieben. FAMILIAR TOUCH ist eine generationenübergreifende Produktion, inspiriert von der Arbeit der Autorin, Regisseurin, Betreuerin von Demenzkranken und Kunst-­Lehrerin für ältere Erwachsene Sarah Friedland. Die Perspektive der Protagonistin einnehmend zeigt sie, wie Ruth sie selbst bleibt, obwohl ihre Welt eine andere wird.

Sa 4.1., 18:30h
"EXHIBITING FORGIVENESS" Titus Kaphar USA 2024 engl. OF 117'
Hier der Trailer:



EXHIBITING FORGIVENESS ist das Kino-Debüt des Künstlers Titus Kaphar. Tarrell, ein anerkannter Maler, muss sich mit den emotionalen Narben seiner Kindheit auseinandersetzen, als sein Vater La‘Ron nach jahrelanger Abwesenheit unerwartet wieder auftaucht. Tarrell, der mit seiner Frau Aisha und seinem Sohn Jermaine zusammen lebt, verarbeitet die schmerzhafte Vergangenheit in seiner Kunst. Als deutlich wird, dass La‘Rons Bemühungen um eine Aussöhnung aufrichtig sind, spricht sich auch Tarrells Mutter Joyce für Vergebung aus. Doch der Film zeigt, was vielleicht noch viel schwieriger ist als Vergebung: Vergessen. „Tarrells künstlerische Vision gibt jeder Szene ihre spezielle Färbung. Echte Gemälde werfen als Zwischen-Ansichten ein Licht auf den kreativen Prozess, der zum Träger einer Bewältigung vergangener Traumata wird. Der Film erkennt an, dass durch Sucht verursachte Versehrungen irreparabel sein können und dass selbst angesichts glaubhafter Vergebung ein vollständiges Vergessen oft unmöglich ist. Unter den richtigen Umständen kann es jedoch der kreative Prozess selbst sein, der einen Raum für Heilung bietet.“ (Titus Kaphar)

So 5.1., 18:30h
"TENDABERRY" Haley Elizabeth Anderson USA 2024 engl. OF 117'
Hier der Trailer:



Haley Elizabeth Andersons Debütfilm taucht ein in das Leben, die Gedanken- und Gefühlswelt von Dakota, einer dominikanischen Amerikanerin in ihren Zwanzigern, die sich gerade in Süd-Brooklyn niedergelassen hat. Schnell verliebt sich Dakota in Yur, einen sie anhimmelnden ukrainischen jungen Mann aus Coney Island. Das Idyll der beiden wird jäh unterbrochen, als ein Krankheitsfall in Yurs Familie ihn zurück in seine Heimat beordert und der Ausbruch des Krieges seinen Aufenthalt dort auf unbestimmte Zeit verlängert. Es folgen Tage, Nächte, Wochen, Jahreszeiten bestimmt von Lohnarbeit, Zufallsbegegnungen, schlechtem Benehmen, Einsamkeit und nicht zuletzt von andauernder Veränderung. Die Erzählweise arbeitet mit Verschiebungen und Sprüngen und bettet Archivmaterial des Künstlers Nelson Sullivan ein, das die New Yorker Queer- und Nightlife-Szene der 80er Jahre dokumentiert. Andersons Darstellung vom Leben einer jungen Erwachsenen in der Großstadt zeugt von Vertrautheit und Verständnis, dasselbe gilt für ihre Beschwörung eines Brooklyns der Straßenecken, U-Bahnhöfe, Kellerbars, dreckigen Wohnungen und der lädierten Schönheit Coney Islands.

Mo 6.1., 18:30h
Anschließendes Gespräch mit Madeleine Hunt-Ehrlich (per Video)
"THE BALLAD OF SUZANNE CÉSAIRE" Madeleine Hunt-Ehrlich USA 2024 engl. OmeU 75'
Hier der Trailer:



THE BALLAD OF SUZANNE CÉSAIRE rekonstruiert das Leben der aus der Karibik stammenden Surrealistin Suzanne Césaire. Der Film untersucht die Beziehungen zu ihrem Ehemann, dem Aktivisten, Politiker und anti-kolonialen Schriftsteller Aimé Césaire sowie zum Surrealisten André Breton. Bei Dreharbeiten auf dem Gelände eines Baumarchivs in Südflorida befasst sich eine kleine Gruppe von Filmemachern und Schauspielern mit dem vermeintlichen Paradies der historischen und politischen Erinnerung. Inspiriert von der Struktur von Césaires eigenen Schriften, die häufig koloniale Normen aufgegriffen und auseinandergenommen haben, dekonstruiert der Film das Genre des Kostümfilms bzw. der filmischen Biografie, indem er ständig changiert zwischen konventionellem Kino und analytischen experimentellen Szenen, dadurch von der Unmöglichkeit handelnd, ein Vermächtnis wiederauferstehen zu lassen, das in Teilen dem Vergessen anheimgefallen ist.

Di 7.1., 18:30h
Anschließendes Gespräch mit Courtney Stephens und Callie Hernandez (per Video)
"INVENTION" Courtney Stephens USA 2024 engl. OF 72'
Hier der Trailer:



Nach dem überraschenden Tod ihres für Verschwörungstheorien empfänglichen Vaters erbt dessen Tochter sein Patent für ein experimentelles Heilgerät. INVENTION schildert den Prozess der Trauer um ein nicht unproblematisches Elternteil und macht das Filmemachen selbst zu einem Element dieses Prozesses. Der Film fik­tionalisiert die Folgen, die der Tod ihres Vaters für die Schauspielerin Callie Hernandez hatte und zeigt Archivbilder aus der Zeit zwischen den späten 90er Jahren bis 2020 von dessen Fernseh-Auftritten als Arzt für alternative Heilmethoden. INVENTION entstand in Zusammen­arbeit der Regisseurin Courtney Stephens mit der Schauspielerin und Filmemacherin Callie ­Hernandez. Er erkundet die Konstruiertheit von Fantasie in Reaktion auf einen Verlust und handelt, ohne es zu wollen, auch von der Art und Weise, wie die amerikanische Öffentlichkeit den derzeitigen nationalen Niedergang sowie die Entwicklung einer randständigen Kultur der Alternativmedizin in den letzten 25 Jahren verarbeitet. „Ich war an den beunruhigenden Aspekten von Unumkehrbarkeit interessiert. Daran, was das mit einem Menschen macht. Was wir in Echtzeit nicht ändern können, aber trotzdem andauernd versuchen. Trauer kann eine Verschwörung an sich und für sich selbst sein. Das wollte ich im Verlauf der Arbeit an INVENTION untersuchen. Und das haben wir dann auch getan.“ (Callie Hernandez)

Mi 8.1., 19h
"EEPHUS" Carson Lund USA 2024 engl. OF 98'
Hier der Trailer:



Carson Lunds Spielfilmdebüt ist ein eindrücklicher, elegischer Baseballfilm, angesiedelt in den 90er Jahren in Massachusetts. Den Hintergrund der Geschichte bildet ein beliebter Sportplatz, der dem Bau eines Schulgebäudes weichen muss. Ein letztes Mal spielen hier zwei Amateurmannschaften gegeneinander. Während die Partie in die Verlängerung geht, leben die Spieler gemeinsame Erinnerungen aus, Beziehungen untereinander, sanfte Rivalitäten. In einem leisen, nostalgischen Ton fängt der Film zweierlei ein: die Schönheit des Sports und das Vergehen von Zeit. „In dem Film geht es weniger um das spezifische Spiel als vielmehr um die Möglichkeiten, die dieser Sport grundsätzlich eröffnet: Weltflucht, Mannschaftsgeist und ein tieferes, mehr Gelassenheit freisetzendes Gespür für vergehende Zeit, als jede Schufterei während der Arbeitswoche herzustellen vermag.“ (Carson Lund)

WOLF KINO BERLIN
Weserstraße 59
12045 Berlin-Neukölln
Link: wolfberlin.org/de


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