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Aktuelle Filmtipps zu weiteren Kinostarts Anfang und Mitte Mai 2017

Besonders erwähnenswerte Kinoneustarts von letzter und dieser Woche sowie zwei Dokumentarfilmtipps über Schule und lernen. (UPDATE)



"Expedition Happiness" von Felix Starck.
Mit Felix Starck und Selima Taibi. Seit 4. Mai 2017 im Kino.

Nach dem Kino-Sensationserfolg von „Expedition Happiness“ haben wir uns noch im Laufe des Tages umentschieden und unsere bereits veröffentlichte Kritik zu "DINKY SINKY" von Mareille Klein wieder entfernt, da der auf dem Filmfest München 2016 gezeigte Film laut Auskunft der Agentur Cinemaids vom Verleih Zorro Film kurzfristig zurückgezogen wurde und nicht wie ursprünglich beabsichtigt, am 11. Mai 2017 in den Kinos gestartet war.

Dabei ist Mareille Kleins Werk über die Verbissenheit einer Frau, die mit sich haderte und unbedingt ein Kind haben wollte, durchaus interessant und lehrreich. Im übertragenen Sinne kann es auch auf jede andere Sturheit angewendet werden, frei nach dem Motto: "Koste es was es wolle". Sofern der Film doch noch im Kino anläuft, werden wir darauf zurückkommen.

Felix Starcks dokumentarische Aussteiger-Geschichte „Expedition Happiness“ hat dagegen überraschenderweise bereits am Startwochenende sensationelle 55.000 Besucher in die Kinos gelockt. Regie und Soundtrack stammen aus der Feder von Selima Taibi (alias „Mogli“). Der Film hat nicht einmal einen Verleih und wurde wie sein Debut "Pedal the World" in Eigenregie produziert und selbst in die Kinos gebracht. Hier der Trailer:



„Felix' und Selimas Projekt ist filmische Motivation für die Generation Y, ihre Träume zu leben und sich dabei selbst zu finden.

Synopsis:
Mit seiner Fahrrad-Dokumentation „Pedal The World“ wurde er berühmt, nun geht Felix Starck erneut auf Reisen und hält seinen Trip als Dokumentation fest. Doch anstatt auf zwei Rädern mit Leichtmetallfelgen geht es in „Expedition Happiness“ dieses Mal in einem 13 Meter langen und 18 Tonnen schweren Schulbus auf Tour, den Starck und seine Freundin Selima Taibi eigens für die Reise zu einer Art Wohnmobil umgebaut haben. Nachdem sie gemeinsam mit Berner Sennenhund Rudi einmal quer durch Kanada gereist sind, wollen sie nun den amerikanischen Kontinent vom höchsten Norden bis zum südlichsten Zipfel hinunterfahren – von Alaska bis Argentinien soll die neue Reise mit dem umgebauten Schulbus gehen. Unterwegs führt Starck ein Videotagebuch über die erlebten Abenteuer.

Quellen: Zoom Medienfabrik | Filmstarts


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Drei der nachfolgend besprochenen Filme haben von der deutschen Film- und Medienbewertungsstelle (FBW) in Wiesbaden mit dem Prädikat »besonders wertvoll« die höchste Auszeichnung erhalten, was uns für den hier besprochenen Fantasyfilm ganz besonders freut. Ein einfühlsam erzähltes bildgewaltiges Filmdrama, das ein großes Publikum verdient hat, so die Jury.

"SIEBEN MINUTEN NACH MITTERNACHT - A Monster Calls" von J. A. Bayona. (USA, Spanien, Kanada, Großbritannien, 2016) Seit 4. Mai 2017 im Kino. Hier der Trailer:



Die Romanadaption von "A Monster Calls", wie der Originaltitel lautet, ist zweifellos einer der am meisten bewegenden Filme der letzten Zeit. Eine Geschichte, die einen packt und noch lange nachwirkt. Neben den Fantasy-Elementen einer uralten, zum Leben erwachenden Eibe lieferte das spanische VFX-Haus Glassworks die Animation kleiner Parabeln, die visuell so schön sind, dass sie alleine schon das Kinoticket lohnen. Dabei ist es keine einfache Geschichte, die Regisseur J. A. Bayona seinem Publikum bietet und den meisten Zuschauern die Tränen in die Augen treiben wird.

Was wie ein Fantasyfilm anmutet, ist eigentlich eine Jugendgeschichte für (junge) Erwachsene. Die Verfilmung basiert auf dem vielfach preisgekrönten, gleichnamigen Roman von Patrick Ness, der die Idee seiner Schriftstellerkollegin Siobhan Dowd weiter entwickelt – sie konnte das Buch wegen ihres Krebstodes nicht beenden. Die emotionale Geschichte in einer Gratwanderung zwischen Fantasie und Realität gelingt dank der hervorragenden Darsteller: Sigourney Weaver, Felicity Jones und Liam Neeson als Monster die an der Seite des jungen Conor spielen. Dieser wird von dem schottischen Newcomer Lewis MacDougall dargestellt, der schon zwei Jahre zuvor in "PAN" überzeugte und wahrscheinlich Ende des Jahres außerdem in "BOUNDARIES" zu sehen sein wird.

Ulrikes Filmkritik:
Leicht hat es der 13-jährige Conor (Lewis McDougall) wahrlich nicht. Seine Mutter (Felicity Jones) liegt im Sterben, in der Schule wird er drangsaliert, seine strenge Großmutter (Sigourney Weaver) will ihn unbedingt zu sich holen und dann taucht auch noch sein auswärts lebender Vater auf, der längst eine neue Familie hat und mischt sich in das strapazierte Gefühlschaos des völlig überforderten Jungen ein.

Es ist 7 Minuten nach Mitternacht, Conor kann wieder nicht schlafen, als er durch das geöffnete Fenster, eine Stimme hört, die seinen Namen ruft. Eine riesige, knorrige Eibe, die eigentlich auf dem nahen Friedhof steht, befindet sich auf einmal in seinem Garten. Der Baum hat sich in ein furchterregendes Monster mit glühenden Augen verwandelt. Erstaunlicherweise verspürt Conor keine Furcht. Schlimmer als sein nächtlicher Alptraum kann für ihn nichts mehr sein. Nacht für Nacht träumt er, dass seine Mutter in einen tiefen Abgrund gerissen wird und er mit all seiner kindlichen Kraft versucht sie festzuhalten. Das Monster spricht zu ihm: „Ich werde dir drei Geschichten erzählen und danach wirst du mir eine vierte erzählen“. In den folgenden Nächten, immer um 7 Minuten nach Mitternacht, erwacht der Baum zum Leben und macht dem Jungen klar, dass ganz schlimme Dinge auch guten Menschen passieren können. Conor weiß genau, dass es in den Worten des Monsters um die Wahrheit seines Albtraums geht. Doch niemals wird er die verraten.

Der Monster-Baum wird zum Freund eines kleinen Jungen, der im realen Leben keine Freunde hat und mit Hilfe seiner Fantasy etwas gefunden hat, was ihn glücklicherweise mit seinen Schuldgefühlen, seinen Ängsten und auch Schwächen konfrontiert und dem viel zu schnell erwachsen gewordenen Jungen eine therapeutische Hilfe ist. Die Vorlage zum Film beruht auf einem Jugendbuch von Patrick Ness, dessen gleichnamiger Roman von J.A. Bayona ("The Impossible") in überwältigenden Bildern, ergreifend und beeindruckend in Szene gesetzt ist. Realität und Träume verwachsen miteinander. Tiefgründig, erschütternd, ehrlich. Die sensationelle Verfilmung, in der ein 13-jähriger Junge die Hilfe eines Monsters sucht, um die Wahrheit und den Schmerz über den bevorstehenden Verlust seiner Mutter zu bewältigen und sich von seinen Seelenqualen zu befreien.

Ulrike Schirm


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"Get Out" von Jordan Peele: Seit 4. Mai 2017 im Kino. Mit Daniel Kaluuya, Allison Williams, Catherine Keener u.a. (USA, 2017)

Horrorfilme werden normalerweise von uns aussortiert, denn es gibt nur wenige gute Filmkunst darunter. "Get Out", den wir allerdings nicht selbst, sondern nur unsere Filmkritikerin Ulrike Schirm gesehen hat, ist zugleich aber auch eine Anklage gegen zunehmende Rassismus-Tendenzen in unserer Gesellschaft, wodurch das Werk einen wichtigen, sozialkritischen Touch bekommt und zurecht mit dem Prädikat der FBW-Filmbewertung ausgezeichnet wurde. Die fünfköpfige Expertenrunde der FBW war von dem Mix aus Thriller, Horror, Komödie und Zeitkritik sowie der filmischen Perfektion schwer beeindruckt. Hier der Trailer:



Ulrikes Filmkritik:
Ein junger Schwarzer irrt in einer typisch weißen Vorortsiedlung in der Dunkelheit umher. Er wird von einem Auto verfolgt. Das lässt Böses erahnen.

Chris (Daniel Kaluuja) und Rose (Allison Williams) sind seit fünf Monaten ein Paar. Es wird Zeit, dass sie ihren Freund endlich ihren Eltern vorstellt. Chris ist nicht unbedingt erfreut, denn er befürchtet auf Grund seiner Hautfarbe könnte es Komplikationen geben. Trotzdem entschließt er sich, seiner Freundin den Gefallen zu tun. Rose beruhigt ihn: „Meine Eltern sind keine Rassisten. Mein Vater würde sogar Obama ein drittes Mal wählen“. Die Begrüßung verläuft ausgesprochen herzlich. Rose Vater Dean (Bradley Whitford) und Mom Missy ( Catherine Keener) sind gebildete Leute, die in einem gutbürgerlichen Vorort von New York leben. Trotz aller Herzlichkeit beschleicht Chris ein ungutes Gefühl. Irgendetwas stimmt hier nicht. Die beiden schwarzen Angestellten wirken merkwürdig abwesend und verhalten sich äußerst devot.

Der als TV-Komiker bekannte New Yorker Jordan Peele liefert in seinem Debütfilm auf grandiose Weise unerwartete Facetten. Horrorelemente, die stark an Hitchcock erinnern, dann wieder durchaus komische Momente, die das Publikum kurz durchatmen lassen, um die verstörenden Ereignisse um so wuchtiger zu verfolgen. Ich werde einen Deibel (Teufel) tun und mehr verraten. Peele schafft es genial, eine langsam voranschreitende, äußerst bedrohliche Atmosphäre aufzubauen, bis hin zu einem blutigen Showdown. Ein Albtraum, indem sich die bürgerliche weiße Mittelschicht in ihrem unterschwelligem Rassismus mehr als böse selbst entlarvt. Erschreckend zeitgemäß.

Ulrike Schirm


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"BERLIN REBEL HIGH SCHOOL" - Nur das Ziel ist der Weg
Dokumentarfilm von Alexander Kleider: Seit 11. Mai 2017 im Kino. Hier der Trailer:



Isoldes Kurzrezension:
Der Filmemacher hat Berliner „Underdogs“ in einer Berliner Schule für Erwachsenenbildung (SFE) auf ihrem Weg zum Abitur begleitet und auch deren Lehrer porträtiert. Alexander Kleider war selbst Schüler der SFE und machte dort  im Jahre 2000 sein Abitur. Aufgrund seines Vertrauensverhältnisses hat sich die Vollversammlung für ein Filmprojekt bereit erklärt. Die Schule ist ein basisdemokratisches Projekt: kein Direktor, keine Noten. Bezahlt werden die Lehrkräfte von den Schülern, die gemeinsam über alle organisatorischen Fragen abstimmen. Damit ist die Schule erfolgreich geworden und schafft es nach oben in den Schulwettbewerben. Alle Schüler, die auf die Kreuzberger Schule gehen, haben irgendwann die Schule „geschmissen“ und deshalb oftmals die letzte Chance, das Abitur zu schaffen.

Alexander Kleider  erzählt mit viel Witz und Humor von einer radikal anderen Idee von Schule, die Freiheit und Gemeinschaftlichkeit zusammenbringt. „Er lässt seine Protagonisten für sich sprechen und arbeitet präzise heraus, dass Spaß und Lernen sich nicht ausschließen, dass Konkurrenz nicht zum Erfolg führen muss und antiautoritär nicht Laissez-faire bedeutet“, so der Verleih. Der Film war nominiert für den Deutschen Filmpreis und bekam zurecht das Prädikat „Besonders wertvoll“.

Isolde Arnold


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"ZWISCHEN DEN STÜHLEN" Dokumentation von Jakob Schmidt.
(Deutschland 2016. 102 Min.) Ab 18. Mai 2017 in den Kinos. Hier der Trailer:



Isoldes Kurzrezension:
„Ich möchte Lehrer sein, bei dem man merkt, du strengst dich an und es kommt was zurück“, das sagt Katja, eine der drei angehenden Lehrer, die Jacob Schmidt durch ihr Referendariat, den praktischen Teil der Ausbildung von Lehrern für das staatliche Schulsystem, begleitet. Sie lehren, während sie selbst noch lernen und vergeben Noten, während sie selbst benotet werden. In dieser ersten Testphase ihres Lehrerseins müssen Katja, Anna und Ralf den Schulalltag bewältigen, Schüler motivieren und benoten, strukturiert Wissen vermitteln, sich Gehör verschaffen  und sind unterschiedlicher, wie man nur sein kann. Sie zweifeln, hinterfragen, möchten am liebsten aufgeben”¦ .

Daraus ist ein spannenden Film entstanden. Und mit Empathie ist man bei den Protagonisten und nimmt teil auch an deren inneren Prozessen des sich Entscheiden Müssens, was nach der Prüfung kommt.

Isolde Arnold



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