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Junge Leute auf Öko-Tour quer durch Berlin

Kaum Autoverkehr zu Himmelfahrt in Berlin.



Man mag es kaum glauben, aber es klingt fast nach Ostalgie, was wir gestern anlässlich des Kirchentages 2017 in Berlin erlebt haben. Was früher nur die FDJ in der DDR geschafft hat, tausende junger Leute gemeinsam für ihre politischen Zwecke auf die Straße zu bringen, schafft auf einmal die evangelische Kirche auf der FAN-Meile am Brandenburger Tor mit ihren linksevangelikal geprägten Parolen ebenfalls mühelos.

Als wir uns am frühen Himmelsfahrt Abend, den 25. Mai 2017, zur Eröffnungsveranstaltung des South European Film Festival (SEEFF) in der Rumänischen Botschaft in Berlin-Mitte auf den Weg machten, gab es kaum Autoverkehr. Die Ökobilanz in der ansonsten so stark mit Abgasen belasteten Hauptstadt musste himmlisch gut ausgesehen haben. Man konnte fast meinen, dass ein autofreier Feiertag zu Ehren Martin Luthers ausgerufen worden war.

Allerdings war der Weg zur Dorotheenstraße etwas umständlicher zu erreichen als sonst. Zahlreiche Straßen waren abgesperrt und einige der über 200 geladenen Gäste aus 19 Nationen kamen zur Eröffnung des SEEFF Filmfestivals nicht ganz pünktlich an. Dennoch ging es auf den Berliner Straßen gesittet zu und die vielen jungen Leute, die mit ihren orangenfarbenen Bioschals schon von weitem zu erkennen waren, achteten vorbildlich auf die Ampelphasen, um Radfahrer und die wenige Autofahrer vorbeizulassen. Ob dies auch am nächsten Tag beim Pokalendspiel im Olympiastadion wieder so friedlich auf Berlins Straßen zugeht, darf bezweifelt werden. Wenn die gelben BVB-Trikots auf die gestreiften Shirts von Eintracht Frankfurt treffen ist sogar meist Zoff angesagt.

Auch im Berliner Verkehrsalltag herrscht im Allgemeinen kaum Rücksichtnahme, denn jeder will meist schnell vorbei und ignoriert nicht nur Geschwindigkeitsvorgaben, sondern leider oft auch rote Ampelphasen.

Während man früher orangenen Tücher und Gewänder meist mit Hare-Krishna-Gesängen assoziierte oder bei lautstark durch die Straßen ziehenden Jugendlichen sogar noch im alten West-Berlin die Ho-Chi-Minh-Parolen im Ohr hat, die zahlreiche Filmemacher dazu inspirierten sich auch filmisch näher mit dem Thema zu befassen, hörte man gestern Abend nach der christlichen Party auf der Straße des 17. Juni kaum einen Laut von den nach Hause strebenden jungen Leuten. Fast still wie Geistergestalten bewegten sich die Horden durch das nächtliche Berlin.

Wie sich die Zeiten geändert haben. Ist der IS daran Schuld, dass aufgeklärte Jugendliche, die ansonsten der Wissenschaft und der Wirtschaftsphilosophie in den Unis frönen, sogar dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen den Rücken kehren und dennoch kaum noch in die Kirchen gehen, plötzlich gemeinsam christliche Massenpartys abhalten?

Einen Vorteil sehen wir allerdings. Das Umweltbewusstsein ist gestiegen, obwohl die Partei der Grünen bei den letzten Wahlen an Zuspruch verloren hat. Eine Politik mit unglaubwürdigen Parolen zieht nicht mehr. Zurück zum Glauben kann aber auf Dauer auch keine Alternative sein, denn das führt unweigerlich weltweit zu Glaubenskriegen.

Schön dass wenigstens die Kirche die zahlreichen Problematiken erkannt hat. Angefangen bei den orangefarbenen Bioschals, die überall verkauft wurden. Auch Einweg-Plastikbecher waren verpönt. Dafür gab es Pfandrückgabestationen für die ausgegebenen Getränkebecher. Womit wir bei unserem eigentlichen Thema wären.



Wer oder was ist FSC?

Per Zufall sind wir auf das FSC-Logo gestoßen. Zwar bezieht sich das Label eigentlich nur auf die Produkt- oder Verpackungsbestandteile, die aus dem Wald stammen, doch es gibt auch Mix-Produkte, die aus Altpapier und anderem wiederverwertetem Recyclingmaterial bestehen, denn schließlich gibt es viele unterschiedliche Gesichter der FSC-Zertifizierung im Wald, weil ja auch jeder Wald etwas anders ist.

Auch die Einbindung indigener Völker, Arbeitsschutz, Artenschutz und das Demokratieprinzip spielen bei der Herstellung alternativer Produkte eine Rolle.

Damit der Endverbraucher die Möglichkeit hat, sich aktiv für ein Produkt entscheiden, welches verantwortungsvolle Waldbewirtschaftung fördert, werden FSC-zertifizierte Produkte im Handel mit einem Label gekennzeichnet. Dazu hier ein Kurzfilm:



Der neue FSC-Kurzfilm stellt vereinfacht und locker illustriert dar, worum es bei FSC geht und wieso es sich lohnt beim nächsten Einkauf gezielt auf das FSC-Zeichen zu achten. Nachdem wir schon mehrfach über die Cinema for Peace Organisation und über die WWF Petition zum UNESCO Weltnaturerbe geschrieben haben, glauben wir, dass es an der Zeit ist, sich mit dem Klimawandel und dem Abholzen der Wälder auch filmisch näher zu befassen.

Immerhin konnten schon einige Filmemacher im Auftrag des Fernsehens oder im Auftrag von Unternehmen beim jährlich vergebenen Wirtschaftsfilmpreis des BMWi im Berliner Kino International mit Themen wie Umweltschutz und Nachhaltigkeit punkten. Anlässlich des friedlichen Kirchentages wollen wir hiermit nur den Anstoß dazu geben, über eine alternative Gesellschaftsordnung nachzudenken, denn Berlin ist nach dem gestrigen Tag offensichtlich nicht nur eine Hauptstadt von Atheisten, die sich über ein Kreuz auf dem Humboldtforum streiten müssen.

Übrigens während wir am Vatertag - wie oben erwähnt - einer Veranstaltung in der rumänischen Botschaft beiwohnten, saß unsere treue Filmredakteurin Ulrike Schirm vor der Glotze, um über den Kirchentag zu rezensieren:

Ulrikes TV-Kritik:

Obwohl ich die Kirchentagsaktivitäten nur am Fernsehschirm mehr oder weniger verfolgt habe, ist mir aufgefallen, wie die Masse der jungen Leute mit einer erstaunlichen Freundlichkeit und einem enormen Umweltbewusstsein, sich in unserer Stadt bewegen. Ich frage mich, wo sind diese friedliebenden Menschen eigentlich sonst.

Stirnrunzelnd habe ich mir das Spektakel am Brandenburger Tor mit Barack Obama und Angela Merkel angesehen.

Merkel, die ganz offensichtlich den Kirchentag benutzt, um auf Stimmenfang zu gehen und mit Obama auf schon fast auf eine symbiotische Weise verbunden ist, entlarvte sich mächtig , als ihr ihre Gesichtszüge entglitten, bei der Frage eines höflichen jungen Mannes, wie Obama das Töten von Zivilisten rechtfertigt, die bei seinen angeordneten Drohneneinsätzen "versehentlich" getroffen werden.

Diese Frage schmeckte Merkel absolut nicht. Obama rechtfertigte die Einsätze lapidar mit der Ausführung, dass der Einsatz von Drohnen weitaus zielgerichteter sei, als der Abwurf von Bomben. Merkel sprang ihm sofort zur Seite. Weder aus seinem Mund, noch aus ihrem fiel auch nur ein Satz des Bedauerns oder Mitgefühls. Ich habe mich fremdgschämt über die Arroganz dieser beiden Menschen. Man müsste ihm den Friedensnobelpreis sofort aberkennen. Diese Blöße, die sich beide ausgerechnet auf dem Kirchentag gegeben haben, zeigt mir wieder, wie empathielos Politiker offensichtlich sind und wohl auch sein müssen, um dieses Geschäft überhaupt machen zu können... Gott sei Dank, gab es vereinzelte Buhrufe aus der Menge und das mit recht.

Von den, von Merkel gebilligten millionenschweren Waffenlieferungen ganz zu schweigen. Die Kosten der Sicherheitsvorkehrungen, die diese Veranstaltung mit sich gebracht haben, will ich gar nicht reden.

Andererseits kann man nicht verhehlen, dass es für ganz viele Menschen, ein erfreuliches und unvergessliches Erlebnis war, Obama live zu erleben, denn der Jubel war gross. Naja, gemessen an Donald Trump, verständlich. Man könnte auch sagen, das kleinere Übel. Auf jeden Fall, war es sehr mutig von dem jungen Mann, diese Frage überhaupt zu stellen.

Ulrike Schirm


PS post sciptum:
Am Freitag war der Kirchentag noch nicht beendet, dafür brach am späten Abend ein Verkehrschaos aus, denn tausende von Radfahrern hatten sich in der Torstraße versammelt, um gemeinsam und ökologisch gesinnt über die Charlottenstraße Richtung Norden zu fahren. Der Fahrradkorso soll die Unglücksorte, an denen Radfahrer in letzter Zeit verstorben sind, anfahren, um den verunglückten und verstorbenen Radfahrern zu gedenken.


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