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Axel Ranischs »ORPHEA in LOVE« ab Donnerstag im Kino

Der Berliner Mumblecore Regisseur Axel Ranisch hat ein neues Genre erfunden, jetzt kommt sein Opernspielfilm "Orphea in Love" in die Kinos.



Mit Mumblecore, einem Subgenre des Independent-Films, ist der Berliner Regisseur Axel Ranisch auf dem »achtung berlin - new berlin film award« groß geworden. 2012 wurde dort sein Film "Dicke Mädchen" nach einer Erstaufführung auf den Hofer Filmtagen und anschließender Drehbuchauszeichnung beim »Kinofest Lünen« als bester Spielfilm des Berliner Festivals ausgezeichnet.

Charakteristisch für Mumblecore sind kleine bis sehr kleine Produktionsbudgets, improvisierte - aber meist lange Dialoge über zwischenmenschlichen Probleme, die Nutzung von Innenräumen, die Auftritte von Laienschauspielern und Do-it-yourself-Ästhetik.

Auch in den Folgejahren war der Berliner Regisseur regelmäßig Gast des zweitgrößten Berliner Filmfestivals. In diesem Jahr aber - gut 10 Jahre nach seinem Berliner Erfolg - fehlte er auf dem Festival im April.

Stattdessen wurde sein neustes Werk "Orphea in Love" - ein Opernfilm auf dem internationalen Filmfestival von Rotterdam gezeigt, sowie beim Septemberfest der Bayerischen Staatsoper im letzten Jahr mit der Vorführung des Filmes im Nationaltheater.

Erst jetzt, am morgigen Donnerstag, den 1. Juni 2023, bekommen die Berliner Fans sein Opern-Werk im Berliner Kant Kino um 20:30 Uhr in Anwesenheit des Regisseurs Axel Ranisch, des Cast sowie des Filmteams zu sehen. Der Abend wird von Knut Elstermann moderiert.

Axel Ranischs gendergeswappte Orpheus-Variation um eine erfolglose Opernsängerin im Call-Center deutet eine Modernisierung des Stoffes an, kommt aber vor allem in der Feier des Mythos von der Liebe zu sich, schreibt critic.de, denn Ranisch dreht den Urmythos der Oper um.

Als erstes hört man zwar auch im Film die Toccata aus Monteverdis "Orfeo", aber aus Orpheus wird Orphea, mit Namen Nele und der ursprünglich weibliche griechische Baumgeist Eurydike ist nunmehr der junge Bettler Kolya, der Nele antanzt, um sie zu bestehlen. Musikalisch aufgenommen wurde dies angeblich im Theater Vorpommern, in dem als Dankeschön auch eine Vorpremiere des Filmes stattfand. Insgesamt aber feiert Ranisch die Oper, die Liebe und die Kraft der Musik im Alltag. Und das hat sehr viel zauberhafte Poesie.


"ORPHEA IN LOVE" eine Musical-Liebeserklärung an die Oper von Regisseur Axel Ranisch. (Deutschland, 2022; 107 Min.) Mit Mirjam Mesak, Guido Badalamenti, Heiko Pinkowski u.a. ab 1. Juni 2023 bundesweit im Kino. Hier der Trailer:



Ulrikes Filmkritik:

Nele (Mirjam Mesak) hat klassischen Gesang studiert, arbeitet vorübergehend in einem Callcenter und abends in der Staatsoper an der Garderobe. Ausgerechnet an ihrem Geburtstag wird sie bei einem privaten Telefonat erwischt. Ihre Vorgesetzte redet in einer Fantasiesprache auf sie ein. Ein junger Kollege gegenüber fängt an zu singen. Nele und alle Beschäftigten stimmen mit ein. Es entsteht eine Gesangs- und klassische Opernszenerie mit Chor und Tanz. Hauptakteure Nele und der junge Kollege Kolya.

Danach ist alles wieder wie vorher. Der Gesang verzaubert ihren Alltag, besonders dann, wenn es schwierig wird. Aus der Tristesse des Alltags flüchtet sie in ihre geliebte Welt der Oper. Meistens dienen in Kinofilmen Popsongs oder Schlager oder extra komponierte Filmmusik als Untermalung. Hier, in "Orphea in Love" von Axel Ranisch, sind es anspruchsvolle Opernarien und interessante Tanzchoreografien. Ein Spielfilm, mit mehr als einem Hauch von Oper. Es gibt Tanzeinlagen und Musik aus vier Jahrhunderten Operngeschichte, verwoben mit Mythologie.

Nele lebt in einer Wohngemeinschaft. Aufgeregt packt sie das Geburtstagspaket ihres Freundes aus Estland aus. Sie weint und träumt sich ans Meer. Hauptfigur Nele wird von der brillanten estnischen Sopranistin Mirjam Mesak verkörpert.

Ein junger Bettler tanzt vor Nele auf der Straße. Vorgeschickt wird er von einer älteren Frau (Ursula Werner) mit einem Stock. Seine Verrenkungen wirken bedrohlich.

Die Alte mit dem Stock und der junge Bettler Kolya (Guido Badalamenti, Mitglied der Ballettkompagnie des Münchner Gärtnerplatztheaters) tauchen immer wieder auf.

Nele bemerkt, dass Kolya ihr das Portemonnaie gestohlen hat, als er um sie herumtänzelte. Sie ist ihm nicht böse, denn er hat es ihr zurückgegeben. Im Gegenteil, sie hat sich in den kleinkriminellen Straßentänzer verliebt. Ihr Kennenlernen führt bei beiden zu einer schicksalhaften Begegnung. Sie nähern sich mittels einer Symbiose aus Tanz und Gesang einander an, zwei Seelen treffen aufeinander, die zueinander gehören.

Nele trägt ein Geheimnis aus ihrer Vergangenheit mit sich herum, welches Albträume bei ihr auslöst und Kolya wird auch noch ein Opfer eines Autounfalls. Seinen Tod hat Nele unglücklicherweise mitverursacht. In ORPHEA sind die Geschlechterrollen umgekehrt. Orphea ist die Sängerin, Eurydico der verlorene Geliebte, den Nele aus der Unterwelt befreien muss. Sie steigt herab in die Unterwelt. Um Kolya zu retten, soll Nele ihre Stimme dem Talentagenten Höllbach opfern, der in der Staatsoper auf ihre Stimme aufmerksam wurde. Stimme oder Liebe. Eine schwere Entscheidung kommt da auf Nele zu.

Auch wenn Ranisch in seiner Begeisterung seinen Film etwas überladen hat, harmonieren Musik, Gesang und Tanz wunderbar miteinander und man erlebt wunderbare filmische Momente. Hinzu kommt, dass Mirjam Mesak nicht nur eine begnadete Sängerin ist, sondern auch eine talentierte Schauspielerin. Sein Film: Eine Liebeserklärung an die Oper.

Ulrike Schirm


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