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Neue Filmkritiken zu Kinostarts im September 2019, Teil 4 und die Gewinner von Münster

Heute stellt uns Ulrike Schirm wieder drei ihrer aktuellen Film-Rezensionen zur Verfügung. - Außerdem die Gewinner des Filmfestivals Münster.



Bei der Fülle an Filmen, die der Herbst - zum Teil auch in Festivals (mehr dazu morgen) - mit sich bringt, ist es schwer eine Auswahl zu treffen, denn über alle Kinoneustarts können wir mit unserem kleinen Team nicht schreiben, zumal wir alles ehrenamtlich stemmen müssen. Deshalb freuen wir uns immer auch über Zusendungen und noch mehr freiwillige Mitarbeiter, die uns die Arbeit erleichtern könnten.

Als Filmverband müssen wir aber ab und zu auch die anderen Gewerke berücksichtigen und mit entsprechenden Themen bedienen. Eine Demo für „Thursday for Cinema“ wie sie Dieter Kosslick als Ehrenpreisträger der Gilde Filmpreise anlässlich der Filmkunstmesse 2019 mit einem Augenzwinkern vorschlug, um mehr Zuschauer in Kino zu locken, werden wir bestimmt nicht unterstützen, solange die Quantität über die Qualität der Filme herrscht. Einige Highlights im Arthouse Bereich und auf Festivals gibt es glücklicherweise immer mal wieder, im Mainstream überwiegt dagegen leider oft Klamauk.

Das bestätigt sogar Rambo-Erfinder David Morrell, der kein Fan des neuen Streifens "Rambo 5: Last Blood" ist, der seit vergangenen Donnerstag in den deutschen Kinos läuft. Für den Streifen schlüpfte Sylvester Stallone noch einmal in die Rolle des Vietnamveteranen John Rambo.

Auf Twitter schrieb der 76-Jährige: "Der Film ist Pfusch. Ich schäme mich dafür, dass mein Name damit in Verbindung gebracht wird." Morrell teilte in dem Post einen Link zu einer Auswertung mehrerer Besprechungen des Films und kommentierte: "Ich kann diesen Rezensionen nur zustimmen."


Doch bevor wir zu unseren heutigen Filmbesprechungen kommen, wollen wir die Ergebnisse des Filmfestivals Münster nicht verschweigen, die uns kurz vor Mitternacht übermittelt wurden.



Nach fünf Festivaltagen ging das 18. Filmfestival Münster am 22. September 2019 mit der feierlichen Bekanntgabe der diesjährigen Preisträger zu Ende. Trotz des außergewöhnlich sonnig-warmen Wetters für diese Jahreszeit fanden wieder viele Filmfans den Weg in die 45 Vorstellungen mit rund achtzig Kurz- und Langfilmen der europäischen Filmkunst, nahmen an den ausgiebigen Filmgesprächen und Diskussionen teil und stimmten beim Publikumspreis mit ab.

Der Preis für die Beste Regie im Europäischen Spielfilmwettbewerb, dotiert mit 5.000 Euro, ging an den französischen Regisseur Quarxx für sein Spielfilmdebüt "Tous les dieux du ciel - All the Gods in the Sky". Quarxx feierte bereits mit seinen Kurzfilmen große Erfolge bei renommierten internationalen Festivals wie Sundance und Clermont-Ferrand.

Hier der Trailer:



Statement der Jury:
Dem französischen Regisseur und Drehbuchautor Quarxx gelingt mit seinem Debütfilm "Tous les dieux du ciel" ein äußerst kompromissloser Film über Schuld und Sühne, der sich nicht mit Bagatellen aufhält und mit aller Dramatik und Härte erzählt wird.

Es ist die Geschichte des Geschwisterpaares Simon und Estelle, die durch einen Unfall bei einem gefährlichen Kinderspiel ihr weiteres Leben in der Einsamkeit der französischen Provinz miteinander verbringen müssen. Der Regisseur nimmt die einen mit auf die Reise in die wirre Innenwelt des Bruders, der seine schwer entstellte und behinderte Schwester seit fast 30 Jahren pflegen muss.

"Ein mutiger Film für das Kino, für die Leinwand und hoffentlich auch für ein großes Publikum", so urteilt die Jury, bestehend aus dem Schauspieler Götz Otto, dem niederländischen Filmkurator Johan Bunt und dem Kölner Produzenten Herbert Schwering.


Im Kurzfilmwettbewerb mit Beiträgen aus 14 europäischen Ländern wurden Preise mit einer Gesamtdotierung von 4.000 Euro vergeben. Der Große Preis der Filmwerkstatt, dotiert mit 3.000 Euro, geht an "Aquarium", das Kurzfilmdebüt des italienischen Regisseurs Lorenzo Puntoni.

Eine lobende Erwähnung geht an die junge Schauspielerin Linde van der Storm im niederländischen Kurzfilm "Till the End of the World" von Florence Bouvy. "Sie hebt den Film auf ein unerwartet emotional komplexes Level und zeigt ihre Verletzlichkeit ebenso wie ihre Stärke mit einer Reife, ohne die die Produktion gescheitert wäre."

Mit dem Publikumspreis im Kurzfilmwettbewerb, gestiftet von den Münsterschen Filmtheater-Betrieben und dotiert mit 1.000 Euro, wurde der britische Beitrag "November 1st" von Charlie Manton ausgezeichnet. Das intensive Mutter-Tochter-Drama besticht insbesondere durch die Performances seiner Hauptdarstellerinnen Lindsay Duncan und Sophia Myles.

In der Sektion Westfalen Connection wurde "Absence of Light" von Beatrice Aliné als bester Film gekürt. Die Westfalen Initiative stiftete das Preisgeld in Höhe von 500 Euro.

Das 19. Filmfestival Münster wird im Herbst 2021 stattfinden.

Filmfestival Münster
Eine Veranstaltung der Filmwerkstatt Münster
Gartenstraße 123 • 48147 Münster
Web: www.filmfestival-muenster.org

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"DOWNTON ABBEY" Historien-Drama von Michael Engler (Großbritannien). Mit Michelle Dockery, Hugh Bonneville, Maggie Smith u.a. seit 19. September 2019 im Kino. Hier der Trailer:



Ulrikes Filmkritik:

1927. Das britische Königspaar, König George V. (Simon Jones) und Königin Mary (Geraldine James) kündigen ihren Besuch auf dem Adelssitz Downton Abbey beim Earl of Grantham (Hugh Bonneville, Paddington 1/2) und seiner Ehefrau Cora (Elizabeth McGovern) an.

Alle sind in hellster Aufregung, besonders das Küchenpersonal, das sich auf das Kreieren genussvoller Speisen konzentriert. Als sie erfahren, dass das Königspaar seine eigenen arroganten Bediensteten mitbringt, fühlen sie sich in ihrer Ehre gekränkt. Das sie so einfach ausgeschaltet werden, wollen sie nicht auf sich sitzen lassen. Wirklich friedlich wird die Zusammenkunft nicht.

Eine Diebin wird enttarnt, eine Erbschaftsangelegenheit sorgt für Aufregung und während die Herrschaften genüsslich speisen, werden Homosexuelle, mit dabei der schwule Diener Thomas, aus einem Tanz-Etablissement abgeführt. Während der königlichen Parade, bei der das Volk aufgeregt Spalier steht, wird ein Attentat auf den König gerade noch verhindert.

Die Fans der mehrfach prämierten britischen Serie „Downton Abbey“, die vor vier Jahren zum letzten Mal im Fernsehen lief, werden an dem gleichnamigen Kinofilm beim Wiedersehen mit ihren liebgewonnenen Protagonisten ihre Freude haben. Besonders an Maggie Smith, die als Violet Crawley, wie immer mit ihren spitzen Bemerkungen, für die meisten Lacher sorgt. Der Film knüpft an das Jahr 1925 an.

Zuschauer, die die Serie nicht kennen, haben es nicht leicht, die Vielzahl der Figuren die auftreten, untereinander und miteinander zuzuordnen. Im Gegensatz zu den Fans der TV-Serie, die in 6 Staffeln Zeit genug hatten, die Figuren kennen und lieben zu lernen, bleiben dem Filmzuschauer gerade mal 122 Minuten. Die bis ins letzte Detail liebevoll ausgestatteten Kulissen und die Kostüme der Figuren, ob Adlige oder Bedienstete, machen den Film auch für Nicht-Fans sehenswert.

Ulrike Schirm


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"SUBMISSION" Drama von Richard Levine (USA). Mit Stanley Tucci, Addison Timlin, Kyra Sedgwick u.a. seit 19. September 2019 im Kino. Hier der Trailer:



Ulrikes Filmkritik:

Ted Swenson (Stanley Tucci) ist Professor für kreatives Schreiben an einer amerikanischen Privatuniversität in Vermont. Die Anzahl seiner Schüler ist überschaubar. Beim Vorstellen ihrer Werke, steht er ihnen mit Rat und Tat zur Seite. Vor etlichen Jahren hat er selbst einen erfolgreichen Roman geschrieben. Sein Verleger drängt ihn, ein weiteres Buch zu schreiben, doch er kommt nur schwerlich damit voran.

Angela Argo (Addison Timlin), eine seiner Schülerinnen hält ihn für den größten Schriftsteller aller Zeiten. „Sein Buch habe ihr das Leben gerettet, nachdem ihr Vater sich umgebracht hat“. Nun hat sie selbst mit dem Schreiben angefangen. Sie bittet ihn, das erste Kapitel ihres Romans „Eier“ zu lesen und hofft auf ein positives Ergebnis.

Sein Urteil lautet lautet: „Gut. Weiter schreiben“. Nach und nach gerät er in den Bann ihrer sexuellen Fantasien, die sie ihm Kapitel für Kapitel zum lesen gibt. Um weiterschreiben zu können, bittet sie ihn, beim Kauf eines neuen PC's zu begleiten, da ihr alter hinüber ist und sie niemanden kennt, der ein Auto hat.

Swenson ist nicht unbedingt ein kluger Mann. Das Publikum ahnt mehr als er. Er ist höflich, freundlich und zuvorkommend. Nach kurzem zögern, willigt er ein. Der Kauf endet in ihrem Zimmer im Studentenwohnheim. Angela verführt ihn. Als ihre Berechnungen nicht aufgehen, entpuppt sie sich als regelrechtes Miststück. Sie klagt ihn der Vergewaltigung an. Das von der Universität einberufene „Gericht“, bestehend aus seinen Professorenkollegen, hält ihn für schuldig. Das es gar nicht zu einem sexuellen Akt kam, da ihm beim küssen ein Zahn abgebrochen ist, steht nicht zur Debatte. Es hört ihm sowieso keiner zu. Auch seine Frau (Kyra Sedgwick) nicht mehr.

Die Vorlage für „Submission“ (Hintergründe, Unterwerfung) liefert der Roman „Blue Angel“ von Francine Prose. Der Titel ist angelehnt an den Film „Der blaue Engel“ mit Marlene Dietrich in der Titelrolle. In dem Film gibt es eine Szene, in der wandert Professor Unrath durch verschneite Strassen, wahnsinnig vor Gram, gebrochen und erniedrigt wegen seines eigenen Ruins. Er starb in seinem Klassenraum allein und verlassen.

„Submission“ ist ein wichtiger Film, nicht nur, weil hier die Frau als Täterin einen Mann zerstört und in die Rolle des Opfers schlüpft, weil ihre Berechnungen nicht aufgegangen sind und der man auch noch glaubt und die obendrein als Siegerin mit einem Buchvertrag nach Hause geht und man den Spieß einfach mal umgedreht hat, sondern weil hier schonungslos gezeigt wird, wie hoffnungslos die Situation des wirklichen Opfers ist und wie feinfühlig und unvoreingenommen die zuständige Gerichtsbarkeit solche Fälle auf Herz und Nieren prüfen muss.

Ulrike Schirm


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"AD ASTRA – ZU DEN STERNEN" Sci-Fi-Drama von James Gray (USA). Mit Brad Pitt, Tommy Lee Jones, Ruth Negga u.a. seit 19. September 2019 im Kino. Hier der Trailer:



Ulrikes Filmkritik:

Noch läuft „Once Upon a Time“ in den Kinos, wo wir Brad Pitt als schlagkräftigen Stuntman sehen können. Nun bricht er auf zu den Sternen, Richtung Mond, Mars und Neptun, auf den Spuren seines verschollenen Vaters.

In „AD ASTRA“ verkörpert Pitt den Astronauten Major Roy McBride, der in einer fernen Zukunft die Welt retten soll. Sein Vater, der Weltraumpionier Clifford McBride (Tommy Lee Jones) brach etwa 20 Jahren davor mit seiner Besatzung ins Weltall auf, um auf dem Jupiter nach hochentwickeltem außerirdischem Leben zu suchen. Er hat mit streng geheimen Material experimentiert. Irgendetwas muss schief gelaufen sein. Eine Energiewelle aus dem All hat bereits 43.000 Menschen den Tod gebracht. Es wird vermutet, dass Roy's Vater, den man bereits für tot erklärt hat, doch noch am Leben ist und damit zu tun hat. Sein Sohn soll nun versuchen, Funkkontakt mit ihm aufzunehmen.

Vordergründig erzählt das Science-Fiktion-Drama die Geschichte eines Auftrags, hintergründig schildert der Film ein bewegendes Psychogramm einer Vater-Sohn-Beziehung.

Nirgendwo kommt man mehr ins Grübeln und Nachdenken als in den dunklen und geräuschlosen Tiefen des Alls. So zurückgenommen und verletzlich und nachdenklich, sah man Brad Pitt bisher noch nie. Auch in nicht gerade zimperlichen Action-Szenen, strahlt er eine fast unheimliche Ruhe aus. Es sind die kleinen und feinen Nuancen, die sein Spiel begleiten und die erahnen lassen, was er fühlt.

Es ist nicht nur Brad Pitt, der diesen Film so sehenswert macht. Es sind auch die großartigen atmosphärischen Bilder, die eine Art Sogwirkung erzeugen. Gleichzeitig ist es eine beängstigende Zukunftsvision, die Regisseur James Gray („Die versunkene Stadt Z“) zeigt. Teile des Mondes sind Kriegsgebiet und auf dem Mars lagern Atomwaffen. Da kann man auch auf der Erde bleiben.

Ulrike Schirm








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