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"My Bloody Valentine" erster Realfilm in Real 3D

Dreidimensionale Filme als neue Chance für das UCI Kino IV "Atelier am Zoo"

Wer dieser Tage die alte West-Berliner City rund um Den Bahnhof Zoo besucht steht vor einer riesigen Baustelle. Trotz Finanzkrise haben sich die Investoren eines Luxushotels gegenüber vom Kino Zoo-Palast, nach Jahren des Stillstandes, durchsetzen können und reißen zurzeit das ursprünglich denkmalgeschützte Schimmelpfeng-Haus ab, das die Kantstraße überspannt und seit den 50er Jahren dem Breitscheidplatz, mit der Ruine der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche, den westlichen Abschluss gab. Gleiches blüht den Kinosälen 5 bis 9 im Zoo-Palast, die ebenfalls für eine Shopping Mall weichen sollen, wie wir bereits am 15. Okt. 08 im BAF-Blog berichteten. Dem UCI-Betreiber war bereits vorsorglich gekündigt worden, um die Baupläne umzusetzen. Höhere Mieten wollte der Betreiber nicht zahlen, da die Besucherzahlen rückläufig waren. Eigentlich sollte sogar der Zoo Palast selbst verkleinert werden und auch das darunter liegende Atelier am Zoo (heute Kino 4) gänzlich verschwinden. Doch die Baumaßnahmen wurden nach Einspruch des Denkmalamtes zurückgestellt und im Augenblick sieht es nur nach Abriss des Anbaus mit den Kinos 5 bis 9 aus, die in den 80er Jahren errichtet wurden. Dazu gehört auch ein Musikcafe, das mittlerweile ein wenig heruntergekommen ist und für die Behörden, wegen lauter Musikbeschallung der Veranda, schon länger als Dorn im Auge gilt.

Das Atelier am Zoo, das in den 50er Jahren wie der Zoo Palast entstand und als Keil unter dem großen Saal gebaut wurde, gleicht mit der ovalen Decke und der indirekten Beleuchtung, in der die eingelassenen Lampen wie ein Sternenzelt funkeln, ein wenig dem Hauptsaal und ist ein historisches Juwel geblieben, das erhaltenswürdig ist. Nur die Projektionstechnik wurde auf den neuesten Stand gebracht, sodass dieser Saal erstmals die digitalen 3D-Filme vorführen kann.

Neben dem Animationsfilm Monsters vs. Aliens 3D, der am Nachmittag in der Kindervorstellung läuft, wird in den Abendstunden hier der erste Realfilm mit der neuen Real-3D-Technik gezeigt. Und wie zu den Kinoanfängen der Gebrüder Lumií¨re am 28. Dezember 1895 in Paris wird der Kinozuschauer gleich am Anfang des Films geschockt. Zwar läuft in der nicht jugendfreien 3D Fassung von „My Bloody Valentine“ kein dampfschnaubender Zug direkt in die Augen des Betrachters, bei der die damaligen Besucher das Kino fluchtartig und schreiend wieder verließen, weil sie glaubten, der Zug würde durch die Leinwand fahren und sie überrollen. Dafür durchschlägt eine Spitzhacke von hinten den Schädel eines Darstellers und das bluttriefende Auge des Schauspielers fliegt direkt in den Saal und lässt die Zuschauer gleich am Anfang zusammenzucken. Und blutig geht es weiter den ganzen Film lang, auch wenn einige Effekte recht eindrucksvoll sind.

Offensichtlich sollte der Regisseur Patrick Lussier mit dem Remake des Horrorstreifens alles Möglichen ausprobieren, damit der Betrachter über die neuen Möglichkeiten des 3D Films nicht im Unklaren bleibt. Hätten die Innenminister, die letzte Woche auf ihrer Konferenz das Verbot von Killerspielen beschlossen, den Film vorher gesehen, dann wäre das Urteil vielleicht anders ausgefallen und Entscheidung nochmals intensiver und differenzierter überdacht worden. Die angeblichen Gewaltspiele wirken im Vergleich zu den brutalen und real wirkenden 3D-Darstellungen des Films recht harmlos. Die Politiker zeigen wie bizarr und weltfremd sie mit der Jugendkultur umgehen und wie sehr sie mit der Dummheit der Wähler rechnen. Jedes Mal, wenn ein jugendlicher Amok läuft, drängt sich ein ganz schlauer Politiker ins Bild und macht allein die bösen Computerspiele als Übeltäter aus. Doch die logische Konsequenz wäre das Verbot aller Gewaltdarstellungen auch in anderen Medien sowie die Abschaffung der Bundeswehr, Verbot von Schusswaffen aller Art, Verbot von Brettspielen, deren Ziel die Vernichtung des Gegners ist (Schach, Dame, Risiko ...). Doch wo bleibt die angemessene Analyse und warum stellt nicht mal jemand die gesellschaftlichen Hintergründe einer Tat wie der in Winnenden infrage?

Das Genre Horror- und Splatterfilm hat sogar seit vielen Jahren ein eigenes Filmfestival, dessen Verbot nie zur Diskussion stand. Hohe Filmkunst ist dennoch in den seltensten Fällen zu erwarten. Doch neue Wege der Darstellung zur Reflexion von Fehlverhalten in der Gesellschaft, dafür scheint auch dieses Genre manchmal gut geeignet zu sein. Es übertreibt und überspitzt, wirkt manchmal primitiv aber es regt auch zum Nachdenken an. Der 3D-Film ist nicht schuld daran, wenn die Szenen allzu real- und wirklichkeitsgetreu wirken. Die neue Technik ist nur Mittel zum Zweck, eine Spielwiese zum Ausprobieren. Andere Filme werden kommen und aus den Fehlern lernen. In manchen Einstellungen hapert es noch. Schwenks wirken ruckartig, die Totale eines Bergwerks mit Kränen und Förderbändern sieht wie die Landschaft einer Modelleisenbahn aus. In den Halbtotalen sind Details dagegen sehr realistisch. In einigen Nahaufnahmen stören zwar Unschärfen am Rand und doch wirkt alles in allem schon recht stimmig, auch wenn einem die Proportionen - vor allem von Personen in der Ganzkörperdarstellung - gegenüber dem konventionellen Film oft ungewohnt klein und dennoch zum Greifen nah, auf der großen Leinwand erscheinen. Für viele werden die 3D-Effekte aber eine Bereicherung des Kinos sein. Die Story eines intelligenten, aber psychisch kranken Menschen dürfte durch den Horrorfilm "Valentine" (Schrei wenn Du kannst) aus dem Jahre 2001 von Jamie Blanks bekannt sein, doch das Ende ist überraschend und lässt einen weiteren Teil von „My Bloody Valentine" erwarten.

In den nächsten Wochen kommen mit „ICE AGE 3“, „CORALINE“ und „UP“ von Disney weitere 3D-Animation-Filme ins Kino. Deren Herstellung ist einfacher, als die eines Realfilmes, wurde im 3Sat Magazin „neues“ am 7. Juni gesagt. Mit der Herstellung von 3D-Dokumentationen beschäftigt sich auch das Magazin „hitec“ in 3sat im September und erst im Dezember folgt mit "Avatar" von James Cameron ein weiterer 3D-Real-Spielfilm.

Weitere Fimktritiken erscheinen regelmäßig unter www.critic.de

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