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Zur Wiedereröffnung der Kinos drei aktuelle Filmkritiken

Die Kinos öffnen wieder, CinemaxX hat modernisiert und die Europäische Kommission vergibt 1,5 Mio. € an innovative kulturelle Veranstaltungsorte, wie Kinos oder VOD-Plattformen.



Am Donnerstag, den 1.7.2021 ist es endlich soweit: Alle 31 Kinos der CinemaxX Gruppe öffnen wieder ihre Türen und große Emotionen kehren in einer noch nie dagewesenen Blockbuster-Dichte auf die große Kinoleinwand zurück! Acht Monate waren die Kinos geschlossen. Doch jetzt darf wieder in die großen Kinomomente ein- und abgetaucht werden und nicht nur CinemaxX hält mit über 30 vielfältigen Neustarts das passende Highlight für jeden Geschmack und jedes Alter parat.

Zudem präsentiert sich ein Viertel aller CinemaxX Kinos zur Wiedereröffnung im neuen Look & Feel. Nur in Berlin sind die neuen Recliner-Liegesitze, deren Rückenlehne und Fußteil per Knopfdruck verstellt werden können, noch nicht installiert.

Bereits vor einer Woche war UCI Kinowelt aus der gemeinsamen Vereinbarung mit dem HDF - Kino e.V. ausgeschert und versuchte im Alleingang einen Neustart. Aber die Verleiher zogen nicht alle mit und der erste, der von uns nachfolgend besprochenen Filme, konnte deshalb nirgendwo in Berlin vorab gesehen werden.

Darüber hinaus ist natürlich ein umfängliches Sicherheits- und Hygienekonzept mit fest zugewiesenen Sesseln und vorgegebenen Abstand weiterhin Kernbestandteil des aktuellen Kinobetriebs.



In der Zeit der Pandemie hatte die Europäische Kommission schon im letzten Sommer Kinos und andere kulturelle Institutionen dazu aufgefordert, innovative kulturelle Veranstaltungsorte zu schaffen, besonderes durch verstärkte Zusammenarbeit zwischen Kinos und VOD-Plattformen.

Dazu fließen rund 1,5 Mio. € an vier europäische Kooperationsprojekte von Kinos und kulturellen Einrichtungen oder VoD-Plattformen, damit von den Kinos auch andere kuratierte Inhalte angeboten werden können – nämlich neben Filmen auch alternative Inhalte wie Oper, Konzerte und Theater.

Die gesamte Ergebnisliste gibt es hier.



"FRÜHLING IN PARIS" (o.T. "Seize Printemps") Romanze von Suzanne Lindon (Frankreich). Mit Suzanne Lindon, Arnaud Valois, Florence Viala u.a. seit 17. Juni 2021 noch nicht überall im Kino. Hier der Trailer aus der offiziellen Cannes Sektion 2020:



Ulrikes Filmkritik:
Eine Schülerin erfährt ihre erste zarte Liebe. Start in Berlin am 1. Juli 2021.

Die 16-jährige Suzanne (Suzanne Lindon) lebt mit ihren Eltern (Florence Viala und Frédéric Pierrot) und ihrer großen Schwester im Pariser Viertel Montmartre. Mit ihren Altersgenossen kann sie nicht viel anfangen. Ihre Gespräche über Jungen oder Klassenkameradinnen langweilen sie. Sie wird zwar zu Partys eingeladen, fühlt sich aber unwohl.

Wenn man ihr morgens auf dem Weg zur Schule folgt, sieht man, wie sie einen älteren Mann beobachtet, ihm schüchtern zulächelt und weiter geht. Es handelt sich um den 35-jährigen Theaterschauspieler Raphael (Arnaud Valois). Meistens sitzt er in einem Bistro draußen auf der Straße oder macht seinen roten Motoroller startklar. Es ist Frühling in Paris. Einen Tag geht sie einen Schritt weiter. Sie schleicht sich ins Theater und beobachtet ihn bei den Proben. Am nächsten Tag, als er draußen eine Pause macht, entdeckt er sie und spricht sie an.

Er lädt sie zur Vorstellung ein. Tag für Tag kommen sie sich näher. Suzanne, die in Jeans und einem weißen lässigem Hemd unterwegs ist, fragt ihren Vater, ob er Frauen in Röcken oder in Hosen hübscher findet. Er entscheidet sich für Röcke. Am nächsten Tag verlässt sie das Haus im Minirock. Und wieder richtet sie es so ein, dass sie Raphael trifft. Er begrüßt sie mit einem Handkuss. Suzanne strahlt. Zwischen den beiden entwickelt sich eine scheue Romanze. Sie reden nicht viel. Es gibt einen wunderschönen Moment. Beide sitzen draußen, jeder an seinem Marmortisch und doch nebeneinander. Er fragt, ob sie klassische Musik mag und setzt ihr Kopfhörer auf. Es erklingt eine Ouvertüre von Vivaldi. Beide fangen im Sitzen an zu tanzen, in synchronen, hingebungsvollen Bewegungen, die Augen geschlossen, mit Armen und Oberkörper, in harmonischem Gleichklang. Ein Tanz, der mehr als alle Worte sagt. Ein Moment der ungezwungenen Leichtigkeit und Harmonie.

Gefunden haben sich zwei Suchende, die in einer zarten, frühlingshaften Liebe zueinander finden. Für Suzanne ist es die erste Liebe.

Es ist der erste Film der 21-järigen Suzanne Lindon, Tochter von Sandrine Kiberlain und Vincent Lindon. Das Drehbuch hat sie schon geschrieben, als sie noch zur Schule ging und sie sich ähnlich fühlte. Sie bezaubert nicht nur in der Hauptrolle sondern führt auch noch Regie und singt auch noch. Unter Tränen gesteht sie ihrer Mutter, dass sie sich in einen Erwachsenen verliebt hat.

Die Schule ist aus und es beginnen die Ferien.

Sie singt: „Ich wandere durch die Straßen der Stadt, eine Wohnung, eine Party. Ich warte auf etwas, das für immer im Gedächtnis bleibt. Ein Junge, der Anfang des Sommers. Ich weine allein in meinem Zimmer”¦“ Suzanne erinnert an die junge Charlotte Gainsbourg. Ein neues Talent ist geboren.

Der Film war unter der offiziellen Auswahl der 56 Filme, die im Programm der Filmfestspiele von Cannes 2020 gezeigt werden sollten, wenn das Festival wegen der Pandemie nicht ausgefallen wäre. Stattdessen wurde er als einer von 50 Filmen für das internationale Filmfestival in Toronto 2020 ausgewählt.

Ulrike Schirm


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"DER SPION" (o.T. "The Courier") Spionage-Thriller von Dominic Cooke (Großbritannien). Mit Benedict Cumberbatch, Merab Ninidze, Rachel Brosnahan u. a. Ab 1. Juli 2021 im Kino. Hier der Trailer:



Ulrikes Filmkitik:
Ein britischer Geschäftsmann wird im Kalten Krieg zum Agenten.

Am 22. Oktober 1962 lauschten 100 Millionen US-Bürger schockiert ihrem Präsidenten John F. Kennedy: Die Sowjetunion hatte auf Kuba Atomraketen stationiert, nur knapp 200 Kilometer von der Küste Floridas entfernt. Die Kuba-Krise brachte die Welt an den Rand eines Atomkrieges und war der Höhepunkt des Kalten Krieges.

Das ist der Hintergrund des Spielfilms: "DER SPION"

Als der Rüstungswettlauf zwischen den USA und der UdSSR im Jahr 1960 auf einen Höhepunkt zusteuerte, beschließt der hochdekorierte Sowjetoffizier Oleg Penkowski (Merab Ninidze) klammheimlich mit dem Westen zu kooperieren. Für ihn stellt das Vorgehen Nikita Chruschtschows eine Gefahr für den Weltfrieden dar. Geschickt wendet sich Oleg, über amerikanische Touristen, hilfesuchend an die amerikanische Botschaft in Moskau. Der M16 in Person von Dickie Franks (Angus Wright) und die CIA-Agentin Emily Donovan (Rachel Brosnahan) beschließen einen harmlosen Geschäftsmann zu rekrutieren, der in Moskau mit Oleg Kontakt aufnehmen soll.

Ihr Augenmerk fällt auf Greville Wynne (Benedict Cumberbatch). Noch hört er sich das Angebot amüsiert an, denn von den wahren Hintergründen ahnt er nichts. Seiner Ehefrau Sheila (Jessie Buckley) erzählt der Familienvater, dass er nach Moskau fliegt, um seine Geschäfte auszubauen. Er soll sich wie ein ganz gewöhnlicher Geschäftsmann verhalten, den niemand mit der Regierung in Verbindung bringt, bläut man ihm ein. Als es darangeht, Geheimdokumente aus Moskau herauszuschmuggeln, amüsiert er sich nicht mehr. Trotzdem macht er weiter. Im Laufe der Zeit entwickelt sich eine Freundschaft zwischen Wynne und Oleg. Auf Wynnes Schultern lastet plötzlich eine große Verantwortung. Zuhause kommt es zu Streitigkeiten. Aufgrund eines Seitensprungs ihres Mannes, wird Sheila misstrauisch. Die ständigen Reisen ihres Mannes nach Moskau, lassen sie aufhorchen. Die beiden Männer ahnen nicht, dass auch in den Reihen des M16 Agenten für die Gegenseite spionieren.

Dominic Cooke hat das Drama, was auf wahren Begebenheiten basiert, solide inszeniert. Er nimmt den Zuschauer mit in die frühen 1960er Jahre. Hat Archivmaterial aus der damaligen Zeit eingebaut, wie Ansprachen von John F. Kennedy, die aussagen, wie brisant die Lage ist, zumal es nur angemessene Schutzräume für die Regierung gibt. Ostdeutschland riegelt die Grenzen in Berlin ab.

In der Arktis testet die Sowjet-Union eine starke Atombombe.

Es gibt Momente, da hätte ich mir mehr Tiefgang gewünscht. Gerade, was die politischen Hintergründe betrifft. Zum Ende nimmt die Spannung zu. Es kommt noch einmal zu einer unter die Haut gehenden Begegnung zwischen Wynne und Oleg Penkowsky. Ein derart komplexes Thema in nur 111 Minuten unterzubringen, ist gar nicht so einfach. Besonders, was das gewissenlose Treiben der verschiedenen Geheimdienste betrifft.

Ulrike Schirm


Anmerkung der Redaktion:
Erstaunlich gut gelungen ist die Maske des Hauptdarstellers Benedict Cumberbatch. Für die Szenen im Gefängnis muss dieser enorm abgenommen haben, oder digital bearbeitet worden sein.

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"PERCY" (o.T. "Percy vs Goliath") Biopic Gerichtsdrama von Clark Johnson (Kanada/USA). Mit Christopher Walken, Christina Ricci, Zach Braff u.a. ab 1. Juli 2021 im Kino. Hier der Trailer:



Ulrikes Filmkritik:
Ein kleiner alter Farmer kämpft gegen den Chemiegiganten Monsanto.

Der Monsanto-Konzern blickt auf eine lange Skandal-Chronik zurück, von Agent-Orange über PCB bis zum Dioxin. Derzeit stammen 90% aller weltweit angebauten Gen-Pflanzen von Monsanto. Das global agierende Unternehmen verfolgt ein atemberaubendes Ziel: Es will die globale Landwirtschaft vollständig unter seine Kontrolle bringen. Das patent geschützte Saatgut erlaubt es Monsanto, Landwirte vertraglich zu binden. Die Ernte gehört keineswegs dem Landwirt allein, sondern das Patentrecht sichert Monsanto Lizenzrechte.

Eines der bekanntesten Opfer Monsantos ist der kanadische Farmer Percy Schmeiser. Er war nicht einmal Kunde Monsantos. Laut Schmeiser wurden seine Felder durch die Gen-Saaten des Konzerns kontaminiert. 2018 wurde der Gigant von der deutschen Bayern AG aufgekauft.

(Quelle: GREENPEACE)

Regisseur Clark Johnson hat Schmeisers Kampf gegen den Chemie-Riesen verfilmt.

Der 67-jährige Percy (Christopher Walken) versteht die Welt nicht mehr, als ihm 1998 eine Klageschrift des Konzerns ins Haus flattert: Er soll auf seinen Rapsfeldern ohne Lizenz das gentechnisch manipulierte Saatgut des Unternehmens verwendet haben. Nun soll er Schadensersatz zahlen. Der rechtschaffende Landwirt ist sich keiner Schuld bewusst.

Schon wie seine Vorfahren (Ur-Großvater und Großvater) benutzt er ausschließlich den Samen von seinen eigenen Pflanzen. „Samen war früher das Wertvollste, was man hatte“ sagt er. Eine ungeheuerliche Anschuldigung, durch die er sein Land verlieren kann. Es bleibt ihm nichts anderes übrig: Er muss sich einen Anwalt nehmen. Er tut sich mit Jackson Weaver (Zach Braff) zusammen. Unterstützt wird er von der Anti-GVO-Aktivistin Rebecca Salcau (Christina Ricci).

Die einzige Erklärung wie der durch Stichproben gefundene Monsanto-Samen auf sein Feld gelangen konnte ist, der Wind hat ihn von benachbarten Feldern herüber geweht, als ein Sack bei einem Transport von Monsanto-Gut, bei der Vorbeifahrt, gerissen ist.

Für das Gericht ist seine Erklärung irrelevant. Für ihn und seine Frau Louise (Roberta Maxwell) ist die ganze Angelegenheit mehr als unangenehm. In dem kleinen Dorf Bruno in der kanadischen Provinz Saskatchewan kaufen die meisten Bauern Monsanto-Saat ein. Vor denen steht Percy nun in Verdacht, sich um die Lizenzgebühren drücken zu wollen und somit ein Dieb zu sein. Das kann er nicht auf sich sitzen lassen. Der scheue Mann wagt es mit Hilfe der resoluten Aktivistin und seinem Anwalt den steinigen Weg bis vor das Oberste Gericht Kanadas zu gehen. Auch wenn das seiner Frau nicht ganz geheuer ist, steht sie an seiner Seite.

Rebecca ist es gelungen, ihn dazu zu bewegen, mit ihrer Organisation zusammenzuarbeiten, den Kontakt mit der Presse aufzunehmen und auf Veranstaltungen aufzutreten. Sie organisiert Spendenaktionen, um das Geld für seine Prozesse zusammenzukriegen. Percy erhält viel Zuspruch auf den Versammlungen. Er möchte jetzt nur noch klären, ob es ein multinationales Patentrecht auf Saatgut und Pflanzen geben darf. Der Kampf „David gegen Goliath“ ist eröffnet.

Sechs Jahre lang kämpfte der wahre Percy Schmeiser dagegen an. Er wurde zur Symbolfigur für zahlreiche Landwirte auf der ganzen Welt. Sogar nach Indien ist er gereist. Er erfährt eine traurige Tatsache: Ganz viele indische Baumwollanbauer haben sich wegen Monsantos Lizenzgebühren hochgradig verschuldet.

Johnson hat dieses Drama ganz auf Percy Schmeiser zugeschnitten und setzt diesem ehemals menschenscheuen und gewissenhaften Landwirt ein Denkmal, der sich im Namen der Gerechtigkeit zu einem Kämpfer entwickelt hat. Der Oberste Gerichtshof entschied, dass die geforderten Zahlungen von Monsanto an ihn, eingestellt wurden. Aber sein Saatgut musste er ihnen überlassen.

Johnson lässt seinen Film mit einigen Zeilen aus dem Song „This Land is Your Land”¦" ausklingen.

Passt.

Ulrike Schirm


Anmerkung der Redaktion:
Dieses Gerichtsdrama ist leider ein wenig stoisch und ohne Ironie aufbereitet worden. Packende Gerichtsdramen können anders aussehen, wie z.B. die Verhandlungen über den Mauretanier ("THE MAURTANIEN"), ein Biopic-Drama von Kevin Macdonald (USA) über einen unrechtmäßig Gefangenen im Lager von Guantanamo Bay auf Kuba.

Eine ebenfalls wahre Geschichte, die auf dem New York Times-Bestseller „Guantánamo Diary“ von Mohamedou Ould Slahi basiert.

Der Film, mit Jodie Foster als Verteidigerin und Benedict Cumberpatch als Staatsanwalt, lief im Berlinale Gala Special bereits ab 10. Juni 2021 in den Berliner Berlinale-Open-Air-Kinos sowie im Kino Central am Hackeschen Markt, dem einzigen Berliner Kino, das vor dem 1. Juli 2021 geöffnet hatte. Der Film ist jetzt neben anderen Kinos auch dort weiterhin zu sehen.

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