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Menschen, Tiere, Emotionen: IFA-Großveranstaltung

Von der 'Langen Nacht der Museen' zur IFA - warum Großveranstaltungen so beliebt sind.



Ein Bild sagt mehr als tausend Worte, heißt es. Als wir gestern von den ersten Pressekonferenzen der Internationalen Funkausstellung - pardon besser IFA (Consumer Electronics Unlimited) - mit dem Fahrrad bei langsam untergehender Sonne gemütlich über Berlin-Grunewald nach Hause fuhren, blickten uns stadteinwärts immer mehr Politiker mit beliebigen Gesichtern von Ihren Wahlplakaten an. Beim Autofahren war dies uns früher nicht so aufgefallen. Die Hektik der Großstädte erlaubt keine Ablenkung vom Verkehrsgeschehen. Zu Fuß oder auf dem Fahrrad hat man mehr Zeit, sich intensiver Gedanken zu machen.

Wirklich angesprochen hat uns keines dieser völlig leblosen Wahlplakate. Klare Aussagen sind ebenfalls nicht zu finden. Dabei wissen wir, wie Emotionen in Bildern oder im Film durch entsprechende Fotos oder Grafiken gelenkt, gesteuert und beeinflusst werden können. Ein Graffiti mit Hitlerbärtchen verunstaltet schamlos jedes Gesicht, ist aber anderseits eine eindeutige Botschaft, die jeder zu deuten weiß. Die von Helmut Kohl nach der Wende versprochenen blühende Landschaften sind zwar für viele Ostdeutsche so nicht eingetroffen wie erhofft. Plakate mit solchen Motiven würde aber heutzutage nicht nur zu den Grünen passen. Dergleichen anzuwenden, traut sich jedoch keiner. Dabei stünde eine Kehrtwende für eine bessere oder andere Politik manchem Politiker jeder Partei ganz gut. Vielleicht für eine gesündere Umwelt, weniger Abgase, sauberere Luft, klareres Wasser oder was einem sonst so einfällt. Vielleicht für mehr Kultur und weniger wirtschaftliche Erfolgszwänge.

Kulturelle Institutionen wie der Deutsche Kulturrat haben sich beispielsweise bereits nicht nur gegen die Auflösung der Buchpreisbindung ausgesprochen, sondern generell gegen TTIP, dem Transatlantic Trade and Investment Partnership mit den USA und dem kanadischen CETA-Abkommen, das Kulturschaffenden viele Nachteile bringen könnte. Vor allem sprechen Schiedsgerichte für Investoren, Sonderzugang für Konzerne bei der Gesetzgebung sowie die Aushöhlung von Verbraucher- und Umweltstandards dagegen. Vorteile verspricht sich allerdings die Industrie von TTIP. Insbesondere die Autoindustrie, heißt es. Doch das stimmt nicht ganz. Volkswagen fürchtet im Moment sogar TTIP, wie uns jetzt zugetragen wurde. Der durch den Abgasskandal gebeutelte Konzern müsste große Investitionen tätigen und Anpassungen machen, wodurch das Unternehmen im Vergleich zu anderen Mitbewerbern noch mehr ins Hintertreffen geraten würde. Mercedes-Benz und BMW sind dagegen in den USA so gut aufgestellt, dass TTIP wohl fast ein Wahlgeschenk wäre und Ihnen noch mehr Umsätze bescheren würde.

IFA startet mit Rekordzahlen           
Die Opening Press Conference der IFA startete ebenfalls nicht mit Emotionen über die man schreiben könnte. Zahlen mit einer immer stärker abflachenden Kurve wurden uns dagegen zu Hauf präsentiert. Die Messe will ebenfalls mehr Umsatz machen - egal ob der Kunde es will oder ob es den Journalisten interessiert, der eigentlich gar nicht weiß, wo er all die schwindelerregenden Zahlen dem Leser präsentieren soll. 6000 Journalisten waren im letzten Jahr zur Messe angemeldet, berichtete man stolz. Vielleicht 250 waren in diesem Jahr maximal zur Opening-Pressekonferenz gekommen. Wofür interessiert sich der Rest?!

Die IFA geht in diesem Jahr vom 2.-7. September 2016 mit Rekordzahlen an den Start. Die Messe für Unterhaltungselektronik und Hausgeräte verzeichnet im letzten Jahresvergleich 13 % mehr Aussteller auf einer Fläche von rund 158.000 Quadratmetern. Die Fläche habe sich damit ebenfalls um 5 % vergrößert, teilten die Veranstalter zum ersten Medientag mit. Die IFA gilt traditionell als Impulsgeber der Branche. 35 % der Umsätze weltweit würden im letzten Quartal des Jahres gemacht, sagte Hans-Joachim Kamp, Aufsichtsratsvorsitzender des Branchenverbands gfu – Gesellschaft für Unterhaltungselektronik mbh zum Auftakt der Messe. Er begründete den Umsatzrückgang von fünf Prozent im Vergleich zum Vorjahr unter anderem durch eine Verschiebung im Konsumentenverhalten von Hardware in Richtung technologischer Dienstleistungen. So erfreuen sich Streaming-Dienste höherer Beliebtheit als je zuvor. Von diesem Trend profitieren unter anderem Music Streaming-Endgeräte, die sich laut einer gfU-Umfrage 25 Prozent der Verbraucher bis Ende 2017 zulegen wollen.

Zukunftsweisende, spannende Entwicklungen, Innovationen und Trends spielen eigentlich bei der IFA seit jeher die Hauptrolle. Zu hören war davon am ersten Pressetag noch nichts. Am heutigen Donnerstag wird Alexander Dobrindt, Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur, auf der opening Gala eine Ansprache halten. Am Freitag wird einer der Keynote-Sprecher Dr. Dieter Zetsche sein, Chairman des Vorstands der Daimler AG und Leiter der Mercedes-Benz Cars. Nach einem blassen Microsoft-Sprecher im letzten Jahr ohne überzeugende Aussagen, hofft man von Mercedes-Benz diesmal mehr über Innovationen und Zukunftsaussichten zu hören. Mit dem Konzeptfahrzeug F 015 hat Daimler seine Vision vom Automobil der Zukunft bereits auf anderen Messen vorgestellt. Diese Automobil wird autonom und emissionsfrei fahren und vollständig vernetzt sein - und dem Fahrer Gelegenheit geben, die Zeit unterwegs anders zu nutzen. Ob sich damit das Wohlbefinden der gestressten Großstädter steigern lässt, oder noch mehr Arbeit vom Büro vorab ins Auto verlagert wird, muss sich erst noch erweisen. Hier ein Clip:



Smartphone Benutzer, die nur noch auf ihr Handy gucken und nicht mehr in die Natur, kennt man schon zur Genüge. Entspannung bringt das nicht. Warum wollen eigentlich so viele Bürger in die Großstädte ziehen, in Anonymität der Hochhäuser mit engem Zuschnitt, überteuerten Mieten oder in Hinterhöfe von kaum preiswerteren Mietskasernen, obwohl es auf dem Lande viel gemütlicher und billiger zugeht? An der Fahrzeit oder Entfernung zur Arbeit kann es kaum liegen. Ins Umland gelangt man vergleichsweise fast genauso schnell, wie man in der gleichen Zeit auf einer kurzen Strecke im Verkehrsstau der Innenstadt vorwärts kommt.

Das kulturelle Angebot ist allerdings in Großstädten stärker ausgeprägt. So lockte die "Lange Nacht der Museen" am letzten Samstag, den 27. August 2016, insgesamt 28.000 Besucher zur bisher heißesten Museumsnacht in die zahlreichen und attraktiven Angebote von 18:00-02:00 Uhr nachts. Großer Anziehungspunkt war u.a. die Spanische Nacht am Kulturforum und im Museum für Naturkunde wollten alle den Saurier Tristan sehen, der es offensichtlich den Berlinern angetan hat und die von uns bisher so schmerzlich vermissten Emotionen schürte. Zum ersten Mal dabei und auf Anhieb Publikumsmagnet war auch das Deutsche Spionagemuseum und im gerade wiedereröffneten Zeiss-Großplanetarium gingen 3200 Neugierige auf Tour durch das Universum. Eine neue Technik und noch mehr Möglichkeiten von eindrucksvollen Filmvorführungen im Kuppelkino soll den Besuchern auch zukünftig Weltraumabenteuer bieten.

Besonders viele Besucher interessierten sich auch für die Hochbunkerführungen des Berlin Story Museums am Anhalter Bahnhof. Darüber hinaus zogen außergewöhnliche Aktionen und Experimente im Deutschen Technikmuseum (das nach längerer Pause wieder dabei war) und im Science Center Spectrum in ihren Bann. Berlin kann also durchaus mit interessanten Angeboten Besucher anlocken.

Und auch zur IFA wird es wieder in den Ausstellungshallen voll werden. Nur ihr Angebot richtig vermitteln, das kann die Messe offenbar nicht. So verkümmert der Sommergarten am Funkturm tagsüber. Erst abends wenn die Messe geschlossen ist starten Konzerte gegen extra Eintrittsgebühr. Früher war das anders. Damals, im alten West-Berlin, lockten noch ARD und ZDF auch tagsüber die Besucher ohne Aufpreis in den Sommergarten, um das Messeerlebnis mit der Präsentation bekannter Stars zu steigern. Heute wird leider nur noch auf Konsum gesetzt - nicht mehr auf Erlebnisse und Emotionen.

Nur Acer, der Computerriese, der wie unser BAF-Filmverband auf 40 Jahre Geschichte zurückblicken kann, versuchte ein wenig mit Gefühlen bei seiner Produktpräsentation auf seiner eigenen PK zu spielen. Im Mittelpunkt standen Haustiere. Die Pets. Denen soll auch bei Abwesenheit des Herrchens etwas geboten werden. Lichtsignale, die von einer Rundum-Kamera ausgehen und vom Smartphone aus der Ferne überwacht und gesteuert werden können, sollen die Tiere animieren, sich nicht zu langweilen. Die Wirkung soll einem virtuellen Pokemon für Tiere entsprechen. Ob's den hilft? Lassen wir uns überraschen!

Link: www.ifa-berlin.de

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