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Video-on-Demand - Todesstoß für die Videothek?

Hollywood im Download Portal.



Erst kürzlich schrieben wir über den Streit zwischen 20th Century Fox und der Berliner Videokette Video World. Letztere boykottiert nämlich Fox, seitdem die Filmfirma den Handel bevorzugt und erst 14 Tage später die Videotheken beliefert. Früher war das umgekehrt, berichteten wir hier am 19.07.2011.

Ob Fox mit der bevorzugten Belieferung des Handels wirklich mehr Umsatz macht, darf bezweifelt werden. Der Verkauf von Datenträgern wie Musik CD’s, DVD’s oder sogar hochauflösenden Blu-rays läuft eher schleppend und der Der Handel klagt zunehmend über Umsatzeinbrüche, seitdem die Download Portale durch schnellere Internet Verbindungen immer mehr Zulauf gewinnen.

Echte Filmfans sehen ihre Stars sowieso lieber bei Kinopremieren, und zwar lange bevor die Streifen auf DVD erscheinen. Die Videotheken hatten nur den Vorteil der preiswerten Ausleihe, um bei Großfamilien oder Gruppenabenden den teuren Kinobesuch zu ersparen. Dieser Vorteil wird ihnen jetzt zunehmend genommen, denn Video-on-Demand drängt in den Markt, seitdem die Internetverbindungen immer schneller werden.

Vom Sofa aus bestellt, direkt auf den Fernsehbildschirm: Wohnzimmer-Videotheken sind eine neue Dimension des Filme-Ausleihens. Immer mehr Anbieter mischen mit und stellen Tausende von Filmen und Serien zum Abruf bereit. Manche Dienste sind praktisch, andere weniger. Der große Vorteil ist die schnelle Verfügbarkeit. Oft können die Filme gleich nach der Bestellung wie ein normales Fernsehprogramm abgesehen werden. Langwieriger Nachtdownload, das war einmal.

Jüngstes Beispiel: Kabel Deutschland mit seinem Video-on-Demand-Angebot „Select Video“, das erst kürzlich gestartet ist. Rund 2500 Stunden Programm, davon circa 750 Filme, stehen dem Kabel-Deutschland-Kunden rund um die Uhr zur Verfügung: Hollywood-Blockbuster, aktuelle Filme wie üblich bei der DVD einige Monate nach der Kino-Premiere, Kinoklassiker und Serien. Vorerst allerdings nur für rund 2,3 Millionen Haushalte in Berlin, in München und in Hamburg. In den kommenden zwei Jahren solle das Angebot sukzessive für nahezu alle Haushalte in den für Kabel-Internet aufgerüsteten Kabelnetzen und Städten verfügbar gemacht werden, sagt Magdalena Palewicz, Sprecherin von Kabel Deutschland gegenüber dem Berliner Tagesspiegel.

Weitere Kosten entstehen für die Kunden des größten deutschen Kabelnetzbetreibers – neben der monatlichen Gebühr von 22,90 Euro beim Tarif „Digitaler Kabelanschluss+“ – erst bei Bestellung der Sendungen. Allerdings sind die Filme in der Regel etwa doppelt so teuer, wie bei einer herkömmlichen Videothek. Die Qualität ist aber genauso gut, denn die Filme kommen blitzschnell über das Breitbandkabel und nicht durch den Flaschenhals einer langsamen DSL-Verbindung. Für 48 Stunden können sie auf dem von Kabel Deutschland bereitgestellten HD-Video-Recorder jederzeit immer wieder angesehen werden. Danach erlöscht das Streaming-Angebot.

Zwei verschiedene Wege geht die Telekom. Zum einen mit ihrem IP-TV-Angebot Entertain, das über schnelles aber auch teureres VDSL auf einer Telefonleitung ebenfalls die Filme auf einem speziellen Receiver für 48 Stunden bereitstellt. Zum anderen über Videoload, einem Video-on-demand-Portal auf das der Kunde mit einem PC zugreifen kann. Rund 10 000 Filme können dort als Stream ausgeliehen werden, sie lassen sich aber auch als Kaufvideo herunterladen und auf DVD brennen – einschließlich DVD-Cover zum Ausdrucken. Entertain Comfort kostet zusammen mit der Doppelflatrate für Telefon rund 45 Euro monatlich plus fünf Euro Miete für den Media Receiver. Die teurere Premium-Variante kostet mit dem schnellen VDSL 25 zehn Euro mehr, für VDSL 50 kommen 15 Euro dazu. Die PC-Variante über Videoload ist günstiger, aber in der Qualität manchmal schlechter. Jedenfalls ist das HD-Angebot noch nicht so umfangreich - im Gegensatz zu einer gut sortierten Videothek mit einem reichhaltigen Angebot an qualitativ, hochwertigen Blu-rays.

Das größte Angebot an Filmen und Serien findet sich bei Maxdome, das inzwischen vollständig zur Mediengruppe ProSiebenSat1 gehört. Die Plattform kommt auf 35 000 Titel, 500 davon werden gratis angeboten. Aktuelle Filme wie „Konferenz der Tiere“ können zum Beispiel für knapp vier Euro 48 Stunden lang angesehen werden, HD kostet einen Euro extra. Videos stehen als Stream zum sofortigen Ansehen zur Verfügung, sie können aber auf dem PC gespeichert werden. Das ist bei langsameren Internetverbindungen hilfreich. Für Vielschauer bieten sich Abos an. Das Premium-Paket kostet rund 15 Euro, die Blockbuster-Option für drei aktuelle Hollywood-Filme gibt es für fünf Euro mehr.

Auf den Trend der Online-Videotheken wollen aber auch die TV-Gerätehersteller aufspringen und machen dadurch das Überleben der Videotheken noch schwerer. Viele Firmen haben bereits ihre Fernseher oder DVD-Recorder mit voller Internet-Fähigkeit aufgerüstet. Über die Netzwerkverbindung der Geräte kann auf die kostenlosen Mediatheken von ARD und ZDF zugegriffen oder sogar YouTube Videos auf dem heimischen Fernseher abgespielt werden. Google Eigner kündigt jetzt sogar Spielfilme in Kinoqualität auf YouTube an, schrieben wir hier am 07.08.2010. Die Branche geht deshalb davon aus, dass der Umsatz von internetfähigen Hybrid-Fernsehgeräten auf mehr als 50% steigen wird.

Der neueste Trend, der den Videotheken den Todesstoß verpassen könnte, ist allerdings Premium VoD, das seit April von den Hollywoodmajors Fox, Sony, Universal und Warner nur zwei Monate nach Kinostart in den USA über Pay-TV-Anbieter vermarktet wird. Bisher kamen bei uns aktuelle Filme erst ein halbes Jahr nach der Kinoauswertung in die Videothek. Der Aufschrei der Kinobetreiber ist zwar groß, doch die Firmen hoffen durch die zeitnahe oder in Zukunft sogar zeitgleiche Vermarktung, die illegale Verbreitung von Raubkopien über das Internet einzudämmen. Mit der hohen Qualität von Premium VoD, so hofft man, Kunden zum Kauf legaler Ware zu bewegen. Das ist gar nicht so leicht, auch wenn die illegale Plattform Kino.to von der Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechten (GVU) geschlossen wurde, wie wir hier am 11.06.2011 berichteten. Inzwischen ist mit Kinox.to ein fast identischer Nachfolger an den Start gegangen, der die GVU sogar verhöhnt und das illegale Videoportal movie2k.to mausert sich zu beliebtesten Filmwebsite, schrieb das Branchenblatt Blickpunkt:Film gestern.

Die Rating-Agentur Moody's steht dem Konzept von Premium VoD ziemlich negativ gegenüber. Sie empfiehlt den Studios, wieder zur vollen Kinoauswertung zurückzukehren und nicht die langfristige Performance der bewährten Vertriebswege zu untergraben. Die Kundennachfrage nach Premium VoD war nämlich sehr verhalten und bisher kein großer Erfolg. Auch laut einer Statistik der Zeitschrift Video-HomeVision bevorzugen weitaus mehr Kunden die Blu-ray, anstelle eines Online Abrufes für die Betrachtung von Kinofilmen zu Hause, weil die Qualität einfach unschlagbar ist.

Quellen: Tagesspiegel | Mediabiz Videomarkt | Blickpunkt:Film | Die Welt | FAZ


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Berliner Film-Blog des BAF e.V. am : VOD versus Videothek Teil II

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Video on Demand lässt die Videothek um die Ecke sterben. In einem Gastbeitrag nimmt Martin Schneider, BWL Student aus Hamburg, zu unserem Bericht „Video-on-Demand - Todesstoß für die Videothek?“ vom 30. Juli 2011 Stellung und ergänzt unsere Ausführ

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