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Don't make me steal - Ein Manifest von Filmliebhabern

Motion Picture Association of America im Kampf gegen Filmpiraterie.



Auf der CinemaCon der größten Kinomesse der Welt, die vom 28. – 31. März 2011 im Caesars Palace in Las Vegas stattfand, nannte Christopher Dodd, der neue Chef der Motion Picture Association of America (MPAA), als wichtigstes und dringendstes Anliegen den Kampf gegen den Diebstahl bzw. die Plünderung geistigen Eigentums und kündigte drastische Maßnahmen an.
"Unsere Filme werden gemacht, um auf großen Leinwänden in dunklen Sälen voller Menschen gezeigt werden", erklärte er.
Im Schulterschluss müssten Studios und Kinos zusammenarbeiten, um das unerlaubte Filmen und Verbreiten von Film- und Fernsehinhalten zu unterbinden betonte Dodd gegenüber Pressevertretern.

Kurz darauf reichte die MPAA Anfang April eine Urheberrechtsklage gegen den Online-Videoverleih Zediva ein. Der Dienst war erst Mitte März in den USA gestartet. Er bietet seinen Kunden eine Möglichkeit, aktuelle DVDs, die noch nicht als Video on Demand bei VoD-Diensten wie Netflix erschienen sind, über das Web anzusehen. Um den Dienst in Anspruch nehmen zu können, mieten die Nutzer einen Videoplayer online bei Zediva. Die DVDs werden dann wie bei einem DVD-Verleih an der Straßenecke von Angestellten der Firma in den angemieteten Player eingelegt und per digitaler Kabelkommunikation ins Haus des jeweiligen Kunden gestreamt. Die Nutzer können den Player über das Web fernsteuern und sich die Filme zu Hause auf ihrem Computer ansehen. So haben sie auch Zugriff auf Filme, die es nur auf einer DVD und nicht als digitales Image gibt. Außerdem ist der Dienst für Nutzer interessant, die auf dem Lande wohnen, wo es oft weit und breit keinen Videoverleih oder Kino gibt.

In einer Stellungnahme des Filmindustrieverbandes MPAA, heißt es, dass dieser Dienst illegal sei, da angeblich keine Lizenzgebühren an die Urheber gezahlt werden. Tatsächlich werden mit jedem Erwerb einer DVD auch Lizenzen bezahlt. Videotheken müssen allerdings für den Videoverleih in der Regel besonders deklarierte DVDs von den Filmgesellschaften erwerben, deren Preis oft um ein Vielfaches höher ist, als jener, den die Endverbraucher beim Erwerb einer DVD im Kaufhaus oder bei Online-Händler wie Amazon normalerweise zahlen. Durch den Verleih amortisiert sich jedoch auch eine teurere DVD recht schnell.

Die sechs großen Hollywood-Filmstudios fordern nun 150.000 Dollar (106.000 Euro) Schadenersatz für jedes Werk, das Zediva ohne Lizenz gestreamt hat. Außerdem soll der Dienst vom Netz gehen.


Mit Premium-VoD im Kampf gegen Filmpiraterie

Doch auch die Hollywood-Studios versuchen mit neuen Auswertungsformen die Verluste der Finanzkrise wieder wett zu machen. Einige Studios haben bereits begonnen teure Premium-DVDs wenige Wochen nach oder sogar zeitgleich mit dem Kinostart im Markt einzuführen. Fox dagegen setzt auf neuartige, digitale Geschäftsmodelle. Wie Chase Carey, Präsident und Chief Operating Officer (COO) der Muttergesellschaft News Corp., bei der Bilanzpräsentation gegenüber Investoren bestätigte, werde man wahrscheinlich noch in der ersten Jahreshälfte mit Premium-VoD starten - vorausgesetzt, die Auswertungsform beeinträchtigt nicht die Kinoperformance. Premium-VoD sieht eine Digitalauswertung bereits Monate vor DVD-Start zu saftigen Preisen vor, wobei die Marge für das Studio bis zu 80 Prozent betragen könnte.

Die Hollywoodstudios Warner Bros., Sony und Universal wollten sogar schon im April über DirecTV mit der Premium-VoD-Auswertung von vereinzelten Titeln beginnen. Und das bereits ca. 60 Tage nach dem Kinostart. Dass der Online-Video-Verleih Zediva ihnen dabei das Geschäft verhageln könnte, veranlasste ihre oben beschriebene Klage.


Kinos durch Zweitauswertung in Bedrängnis

Auf der größten Kinomesse der Welt verbreitete sich wie ein Lauffeuer die Nachricht, dass die Hollywoodstudios das seit längerem geplante Vorhaben von Video on Demand (VoD) so schnell in die Tat umsetzen wollen. Inbesondere um die kontinuierlich sinkenden DVD-Erlöse in den USA auszugleichen, haben die vier genannten Studios sich dazu entschlossen, Kinofilme schon nach 60 Tagen als Premium-VoD über den Anbieter DirectTV anzubieten. Unter dem exklusiven Hollywood-Studio-Label "Home Premiere" soll man die Filme für 30 Dollar pro Download ansehen können. Kinobetreiber reagierten entsetzt - sie waren vorab nicht von den Studios informiert worden. Dabei hatte MPAA-Chef Christopher Dodd wenige Tage zuvor noch erklärt, sich für die Aufrechterhaltung des seit nunmehr mehreren Jahren relativ stabilen Auswertungsfensters von im Schnitt etwas mehr als vier Monaten einzusetzen. Auch John Fithian, Präsident der National Association of Theatre Owners (NATO), hatte betont, das Fenster stünde heuer nicht im Fokus der CinemaCon. Doch die Nachricht von dem Premium-VoD-Deal kommt zum jetzigen Zeitpunkt einem Dolchstoß in den Rücken gleich.

Mehrere Filmemacher erklärten sich inzwischen mit den Kinos solidarisch. Ausgerechnet auf der Präsentation von Warner Bros, erklärte Todd Phillips bei der Präsentation seines neuen Films "Hangover 2":
"Ich mache meine Filme für die große Leinwand. Wenn ich für das Fernsehen produzieren wollte, wäre ich Fernsehregisseur geworden. Und ich denke, dass meine Kollegen das genauso sehen."

Die größte US-Kinokette Regal Entertainment Group, würde unter der VoD besonders leiden und will deshalb ab sofort den Einsatz von Trailern für die Filme der vier Studios empfindlich einschränken. Der Werbeboykott ist ernstzunehmende Gegenoffensive, der vermutlich auch andere Kinoriesen wie ABC und AMC Entertainment folgen könnten. Zumindest Cinemark CEO Alan Stock von der drittgrößten US-Kinokette hat Boykottmaßnahmen gegen das geplante Premium-VoD-Angebot der vier Studios angekündigt, wobei sich sogar Avatar Erfolgsregisseur James Cameron auf die Seite der Kinobetreiber stellte. Als Gegenmaßnahme zum Boykott könnten jedoch die Studios die Leihmietsätze drastisch heraufsetzen.


HDF-Kino solidarisiert sich mit den US-Kollegen

Auch der HDF Kino e.V., die Interessenvertretung für Kino, reagierte auf die US-Ankündigung eines 60-tägigen Premium-VoD-Fensters umgehend und äußerte Solidarität mit den US-Kinos.
"Die von den Studios Warner, Sony, Universal und Fox während der CinemaCon 2011 verkündete neue VoD-Strategie ist eine massive Bedrohung der Zukunft des Premium-Abspielorts für den Film: das Kino",
heißt es in einer Resolution, die auf dem Filmtheaterkongress in Baden-Baden am Mittwoch, den 13. April vom HDF-Vize Andreas Kramer verbreitet wurde.


Ich würde niemals stehlen, wenn...

Einer Gruppe von Filmliebhabern ist das zwiespältige gebaren der Filmvertreter und Hollywood-Filmstudios inzwischen zuwider. Einige wollen mit Film gar nicht groß Geld verdienen, sondern das Medium als politische Waffe einsetzen und im Internet verbreiten dürfen. Auf dem 18. Internationalen Trickfilmfest in Stuttgart, das wir am 1. Mai im BAF-Blog ankündigten, wurde deutlich, wie unterschiedlich insbesondere der aktuelle Trickfilm zur Revolution in den arabischen Ländern sein kann. Viele Filmer suchen sich deshalb ihr Publikum im Netz, denn sie verstehen sich als ausschließlich als politische Aktivisten, die ihr Werk gar nicht nicht verkaufen wollen. Andere dagegen wollen bessere Bedingungen heraushandeln, das heißt, sie wünschen sich weniger Reglementierung.

Unter der Überschrift "Don't make me steal" macht die Gruppe auf ihrer englischen sowie deutschen Webseite konkrete Vorschläge, wie illegale Kopien von Filmen reduziert werden könnten. Ihre Forderungen an die Filmindustrie fassen sie im Digital Media Consumption Manifesto auf www.dontmakemesteal.com zusammen und sprechen damit vermutlich vielen Filmfans aus dem Herzen. Auf dem Achtung Berlin Festival wurde auf der Eröffnung im Kino International am Mittwochabend, den 13. April, explizit darauf hingewiesen, dass der Eröffnungsfilm "DIE LETZTE LÜGE" von Jonas Grosch weder einen Verleih hat, noch mit Unterstützung des Fernsehens gedreht wurde und deshalb noch am gleichen Abend für 12.- Euro als DVD im Kino zu erwerben war. Möglicherweise eine zukünftige Einnahmequelle für Kinobesitzer, von innovativen Filme jenseits der Kinoauswertung zu profitieren.

"Ich verspreche, niemals illegal einen Film herunterzuladen, gäbe es eine legale Alternative", schreiben die beiden Initiatoren Jordi Boggiano und Pierre Spring.
Ihnen geht es dabei nicht nur um die Bequemlichkeit einen Film per Bittorrent herunterzuladen, sondern auch um Preis, Sprache, Auswahl, das Veröffentlichungsdatum und vor allem um die gewährten Rechte, denn oft nur synchronisierte Filme über Web-Portale kaufen zu können, seien keine Alternative für Filmliebhaber. Die Möglichkeit Originalversionen sehen zu können, wird aber einem oft verwehrt.

Ihren Forderungen haben sich bereits rund 800 Personen angeschlossen. Sie fordern unter anderem ein einfaches und transparentes Preismodell, bei dem ältere Filme etwas billiger sind als aktuelle. Die Miete für einen Film sollte maximal ein Drittel eines Kinotickets kosten, der Kauf den Preis einer Kinokarte nicht übersteigen. Eine monatliche Flatrate sollte nicht teurer sein als drei Kinobesuche. Fernsehsendungen sollten rund ein Drittel so teuer sein wie Filme. Bezahlt wird dabei für die Inhalte, nicht für die Bandbreite.

Zudem sollten die Filme in allen Sprachen angeboten werden, in denen sie produziert wurden, und sämtliche Sprachversionen sollten nach dem Kauf zur Verfügung stehen. Fans sollte es zudem erlaubt sein, Untertitel anzulegen und zu verbreiten. Gekaufte Filme sollen außerdem sofort zur Verfügung stehen, ohne Werbung oder die üblichen Warnungen vor Rechteverletzungen. Filme sollten sich zudem anhand von Metadaten auffinden lassen, beispielsweise Veröffentlichungsjahr, Sprache, Land, Genre oder der IMDB-ID.

Neue Filme sollten weltweit gleichzeitig veröffentlicht werden und insgesamt sollte praktisch jeder Film, der jemals produziert wurde, abrufbar sein. Sie sollten sich zudem auf jedem Gerät abspielen lassen, nicht an einen Provider gekoppelt sein und auf DRM verzichten, heißt es unter www.dontmakemesteal.com/de/.


Filmpiraten immer professioneller.

In Deutschland wird die Filmpiraterie ebenfalls streng geahndet, doch die Behörden agieren oft zu langsam. Die GVU deckt Urheberrechtsverletzungen im Bereich Film- und Entertainmentsoftware auf und unterstützt die Strafverfolgungsbehörden. In einer aktuellen Erhebung zum Thema Onlinepiraterie zieht die GVU dabei ein zwiespältiges Fazit. Einerseits sinkt die Anzahl der Piraterieportale, andererseits nimmt die Anzahl der Links jedoch zu. Die Organisation zählte 2010 im deutschsprachigen Raum zwar 15 Piraterieportale weniger, auf den 42 aktiven Plattformen habe sich die Anzahl der Links im Vorjahresvergleich jedoch deutlich erhöht. Bei unautorisierten Filmstreamingplattformen habe sich das Linkangebot gar vervierfacht.

Nutzer von Filesharingportalen - wie z.B Kino.to - werden laut GVU immer öfter und lukrativer entlohnt, wenn sie urheberrechtlich geschützte Dateien zur Verfügung stellen. Die Portalbetreiber ihrerseits verdienen an den bezahlpflichtigen "Premiumzugängen" und insbesondere an Werbeeinblendungen.

Quellen: ZDNet | Golem | VideoMarkt | Blickpunkt Film | 3Sat


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