50 Jahre Zoo-Palast - keine Jubiläumsfeier (update)
In der Tagespresse wurde bereits teilweise über das bevorstehende Ende des Zoo-Palastes berichtet, wir wollen noch ein paar Hintergründe nachliefern. Die positive Nachricht zuerst. Der Zoo-Palast bleibt stehen. Der Denkmalschutz konnte erfolgreich opponieren, doch für die Filmfreunde und Anhänger alter Kinotradition folgt der Schlag ins Gesicht, denn es bleibt nur die äußere Hülle des Kinos bestehen. Im Innern wird alles entkernt.
Vor einem Jahr berichteten wir bereits im Blog und im damals noch jungen BAF Forum über den geplanten totalen Abriss des Zoo-Palastes. Es folgte eine rege Diskussion im Forum, an der sich sogar ein bekannter Filmhistoriker aus Frankfurt beteiligte. Leider haben wir die erregten Äußerungen nicht mehr parat, um sie hier nochmals einzustellen. Eine Datensicherung konnte wegen eines Server Ausfalls nicht mehr rechtzeitig erfolgen. Nach einem notwendigen Providerwechsel mussten wir uns außerdem entschließen, das Forum vorerst aus administrativen Gründen nicht gleich wieder online zu stellen. Unser Blog-Tagebuch soll die Ereignisse von damals dennoch aus dem Gedächtnis widerspiegeln.
Der Zoo-Palast war bei seiner Eröffnung 1957 der größte Kinosaal Deutschlands. Er fasste 1204 Personen. Zusammen mit dem Atelier am Zoo, das nochmals 550 Personen Platz bot, wurde er schnell zum Zentrum der Berlinale, die zuvor noch direkt am "Kudamm" in der ehemaligen Filmbühne Wien ihre Filmpremieren gezeigt hatte. Doch das ist schon lange Geschichte. Auch die meisten weiteren Kinopaläste am Kurfürstendamm sind mittlerweile geschlossen, obwohl z.B. die Räume des ehemaligen Gloria Palastes, direkt an der Gedächtnis Kirche, noch kurz zuvor für den Denkmalschutz aufwendig restauriert worden waren. Das Entree mit der Wendeltreppe ist heute noch zu besichtigen. Im Innern aber wird Kleidung statt Filmkunst verkauft. Das gleiche Schicksal blühte dem Marmor Palast, dem Astor und bald dem Atelier am Zoo. Statt eines Kinos soll eine Shopping Mall vom Bahnhof Zoo bis zum Bikini-Haus an der Budapester Str. quer durch den Zoo-Palast verlaufen. Auch der Große Saal der vor zehn Jahren von UCI noch aufwendig mit breiterer Bestuhlung versehen worden war, wird kein weiteres Jubiläum mehr feiern.
Geplant ist nach diversen Protesten, einen deutlich verkleinerten Saal zu behalten, der allerdings weniger als die Hälfte an Zuschauern fassen wird. Ein paar weitere Schachtelkinos sollen dann noch im Bikini Haus entstehen, dort wo früher die Berliner Filmfestspiele ihren Sitz hatten. Manch einer wird sich evtl. an viel zu kleine Vorführstätten für den Filmmarkt in diesem Gebäude erinnern, die sonst als Sichtungsplätze für die Auswahlkommission benutzt wurden. Dabei benötigt die Berlinale bei steigenden Besucherzahlen große Säle. Die Aufführungen können während des Festivals nicht beliebig oft wiederholt werden. Um mehr Kapazitäten zu haben, müssten die Säle vergrößert statt verkleinert werden. Auch der Berlinale Palast am Potsdamer Platz wird bald nicht mehr ausreichen, um eine adäquate Filmgala den internationalen Gästen bieten zu können. Zumal der Saal als Theater konzipiert wurde und von den oberen Rangplätzen keine optimale Sicht- und Tonverhältnisse bietet. Man könnte zwar ins ICC am Funkturm ausweichen, doch dieses Kongresszenttrum ist angeblich teilweise Asbest verseucht und soll ebenfalls entweder abgerissen oder über mehrere Jahre aufwendig, Stück für Stück, renoviert werden. Allerdings fehlen die Gelder, so dass es vielleicht bald für immer geschlossen ist.
Zurück zum Zoo-Palast. Warum der Umbau und Teilabriss? Der erste Schritt war auf Drängen neuer Investoren, den Tunnel an der Gedächtniskirche zu zuschütten. Das verursacht zwar mehr Stau, doch für Ladengeschäfte soll es ideal sein, wenn die Autofahrer beim Stillstand des Verkehrs sich in Ruhe die Auslagen der Geschäfte ansehen können. Seitdem rund um die Uhr verkauft werden kann, erhofft man sich offensichtlich mehr Einnahmen aus Artikeln für Touristen, als aus Einahmen für Kultur, wie es Kino nun einmal sein sollte. Das Riesenrad am Zoo wurde zwar auf das Jahr 2009 verschoben, doch dann soll eine richtige Kirmes die Kassen klingeln lassen. Oder auch nicht, denn die City West hat mit der City Ost eine starke Konkurrenz. Wichtige Theater in Berlin Mitte, diverse Cinemaxx- und Cinestar-Abspielstätten, sowie die Staatsoper am Bebelplatz Unter den Linden werden wahrscheinlich vermögenderes Publikum anziehen, so dass die City um den Bahnhof Zoo ohne kulturelle Highlights dennoch öde und unattraktiv bleibt. Vielleicht ist Bahnchef Mehdorn ein Visionär und hat lässt deswegen keinen ICE Fernzug mehr am Bahnhof Zoo halten.
Hier noch ein Veranstaltungstipp zum Nachkriegskino:
Das Kolloquium der Deutschen Kinemathek präsentiert:
„Vom Trümmerfilm zum Zoo Palast“
22. und 23. Juni 2007
Kino Arsenal, Filmhaus (2. UG)
Potsdamer Straße 2 / im Sony Center
In den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Kino wieder zum magischen Ort in Deutschland. Die Zuschauer wollten sich für Stunden hinwegträumen aus der düsteren Realität, und Filme wurden zur Überlebenshilfe in einer Zeit, in der nichts selbstverständlich war. Das zweitägige Kolloquium „Vom Trümmerfilm zum Zoo Palast“, das die Deutsche Kinemathek im Juni veranstaltet, erinnert an diese Jahre mit Filmen, Vorträgen und Gesprächen. Auf dem Podium werden Zeitzeugen ebenso vertreten sein wie Historiker und Filmwissenschaftler.
www.Deutsche-Kinemathek.de
Mit freundlichen Grüssen
T.Wyss
Deutsche Kinemathek
Tel.: 030 / 30090333 - 31
(update vom 29.06.07)
Nach Intervention der Berliner Filmfestspiele wurde heute bekannt, dass nunmehr im großen Saal des Zoo Palastes 850 statt 650 Plätze übrig bleiben sollen. Mit weniger als 700 Plätzen würde die fast immer ausverkaufte Panorama Sektion nicht mehr finanzierbar sein, meinte Dieter Kosslik Leiter der Berlinale. Dazu muss allerdings der Architekt noch einmal umplanen, da auch UCI Kino-Betreiber mit weniger als fünf von heute neun Abspielstätten das Kino nicht mehr wirtschaftlich betreiben kann. Wie oben erwähnt fällt das Atelier am Zoo auf jeden Fall den geplanten Läden zum Opfer. Bleibt zu hoffen, dass die Sitzreihen nicht allzu eng werden, um ausreichend Kinosessel unterbringen zu können.
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