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Heftige Diskussionen auf den MEDIENTAGEN MÜNCHEN

Forderung nach neuer Medienregulierung und sektorübergreifender Rechtsordnung auf den Medientagen in München 2009.



Die alljährlichen Medientage München fanden diesmal vom 28. bis 30. Oktober 2009 statt. Gleich zum Auftakt hat der bayerische Staatsminister Siegfried Schneider für die Medienregulierung eine "sektorübergreifende Rechtsordnung" gefordert.
Weil das Internet für die Meinungsbildung eine wachsende Rolle spiele, bedürfe es einer Neuordnung "die sich von der Fixierung auf den Rundfunk und dessen Regulierungsdichte löse", sagte der Leiter der Bayerischen Staatskanzlei in seiner Eröffnungsrede. "Die Länder hatten möglicherweise in den letzten Jahren zu wenig Mut, neue Wege in der Regulierung zu beschreiten" fuhr Schneider fort und regte Schneider neue ordnungspolitische Diskussionen an.

Zwar dürfe der Staat nicht zu stark in die umfangreichen Informationsangebote von Rundfunk, Verlagen und Internet eingreifen, andererseits gebe es Bereiche wie Jugendschutz oder "Diebstahl geistigen Eigentums", in denen die Medienpolitik gefordert ist und der neue Markt nicht der Anarchie überlassen werden darf. Deshalb müsse das gegenwärtig existierende Medienkonzentrationsrecht zu einem übergreifenden Instrument der Vielfaltsicherung weiterentwickelt werden, lautete Schneiders Credo.

Eine neue Regulierung wünschen sich seit Jahren auch die privaten TV-Anstalten. Vor allem der ProSiebenSAT1 Konzern steckt in durch die Finanzkrise und sinkender Werbeeinnahmen in arger Bedrängnis. Der Weggang von Berlin und Umzug nach München hat nicht die erhofften Einsparungen gebracht, denn der Konzern steht mit 3,43 Milliarden Euro in der Kreide. Deshalb soll der Empfang von Programmen wie Sat1 oder ProSieben kostenpflichtig werden. Die kommerziellen Sender hoffen auf staatliche Unterstützung und wünschen sich am liebsten einen Anteil von den Rundfunkgebühren abzubekommen, die für ARD, ZDF und Deutschlandradio vorgesehen sind. Alternativ sind weitere Modelle denkbar: Wie beim bislang einzigen Abo-Sender Sky (ehemals Premiere) werden Monatsgebühren fällig (Pay-TV) oder der Kunde ruft Programme und einzelne Sendungen gegen Bezahlung ab (video-on-demand).

Alle vorgeschlagenen Modelle läuten jedoch das Ende des Gratis-Fernsehens in Deutschland ein. Das klingt sozial ungerecht und brutal. Doch die heutige Fernseh-Realität ist aber genau das, schreibt der Tagesspiegel in seiner Diskussion zu diesem Thema.
Für ARD und ZDF werden monatlich Zwangsgebühren von 17,98 Euro fällig. Die Akzeptanz sinkt, die Schwarzseherquote steigt, allein die Frage, ob Fernsehen via Computer die volle TV-Gebühr verlangt, beschäftigt die Gerichte seit Jahren. Das alte Gebührenmodell, das die Gebührenpflicht an das Bereithalten eines Empfangsgerätes koppelt, ist im Zeitalter von mobiler Endgeräte, wie Laptop mit ansteckbarem DVB-T Empfänger, Handy-TV und hybrider Alleskönner ein überkommener Witz.

Zu einem anderen Schluss kommt Frank Preuß in seinem Kommentar bei der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung. Seiner Meinung nach braucht kein Mensch Sat.1 oder ProSieben. -
Würden Sie Sat.1 vermissen? Ist die Auswahl an krawalligen Sendeformaten wie beispielsweise mit Dieter Bohlen bei RTL nicht groß genug? Die Drohung, "Vielfalt" werde es beim Wegfall von Sat1 im Fernsehen bald nicht mehr geben, ist der Witz, den die Politiker schon bei der Einführung des Privatfernsehens als solchen nicht erkannten. Vielfalt? Zu sehen ist doch nur noch Programmersatzstoff.

Tatsächlich ist der Informationsgehalt bei den Privaten Sendern nicht immer besonders groß und zuverlässig. Auch Prof. Dr. Wolf-Dieter Ring, Vorsitzender der Gesellschafterversammlung der Medientage München GmbH und Präsident der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM), warnte vor einem Ungleichgewicht. Denn wenn die Balance im dualen Rundfunksystem nicht gewahrt werde, sei die Qualität in Gefahr. Ohne die öffentlich rechtlichen Sender könnte die Meinungsbildung zukünftig sehr einseitig ausfallen. Schon vor Jahrzehnten gab es bald nach Erscheinen der ersten Bildzeitung aus dem Hause Springer erste Studentenproteste und bald war der Spruch "Bild lügt" in aller Munde. Dass die Titelseiten der Boulevardzeitungen oft nur die halbe Wahrheit sagen, ist bekannt. Dass Springer aber nach wie vor Interesse an Sat.1 hat, um auch dort seine Meinung äußern zu können, ist ebenfalls bekannt, da das Interesse am Lesen der Printzeitungen in der Bevölkerung zunehmend nachlässt, müssen neue Geschäftsmodelle kreiert werden. Die Informationen werden von der jüngeren Generation lieber online abgerufen. Dass deshalb ARD und ZDF ihren Auftrag nachkommen und bestrebt sind Informationen nicht nur im Rundfunk und TV zu verbreiten, sondern auch auf das Internet ausdehnen, ist deshalb ebenso gut nachvollziehbar.

Wie sollen Filmemacher weiterhin deutsche Produktionen finanzieren, wenn es die Unterstützung der öffentlich rechtlichen Sender nicht gäbe? Die Filmförderung steckt in der Krise, seitdem die Abgabe der Filmtheaterbesitzer nur noch unter Vorbehalt gezahlt wird. Die Privaten kaufen lieber alte US-Produktionen ein und beteiligen sich immer seltener an großen oder kleinen Filmproduktionen aus Deutschland. Besonders die Dokumentarfilmer können klagen. Ohne öffentlich rechtliches Fernsehen würden innovative Dokumentarfilme bald vom Aussterben bedroht sein, sagten uns gleich mehrere preisgekrönte Dokumentarfilmer anlässlich eines Workshops im Oktober beim iSFF. Dazu gehörten Markus Vetter, Klaus Stern, Helga Reidemeister, Sylvie Banuls sowie Florian Optiz und die alle ohne Unterstützung der Landessender keine Filme hätten machen können. Letztendlich profitierten die Sender von den Dokumentarfilmern, denn deren Filme wurden alle auf Internationalen Festivals mit vielen Preisen ausgezeichnet. Damit konnten die Sender nun erfolgreich werben, was wiederum der Sendequote zugute kam.

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