Donnerstags gibt's neue Kinostarts, doch Bemerkenswertes fanden wir nur in der letzten Woche
Den erwähnenswerten Spionage-Thriller "BLACK-BACK" mit Cate Blanchett, der letzte Woche startete, haben wir bereits besprochen. Nachholen wollen wir heute das iranische Menschenrechts-Drama "SIEBEN TAGE" sowie einen kurzen Blick auf die Standing Ovations für Tom Cruise' letzte Mission in CANNES werfen.
Schon seit Mittwoch - und nicht erst am Donnerstag - kann aktuell Tom Cruise in „Mission: Impossible 8 - The Final Reckoning“, der von ihm persönlich in Cannes »Außer Konkurrenz« vorgestellt worden war, auch in den deutschen Kinos bewundert werden.
"MISSION: IMPOSSIBLE - The Final Reckoning" Action-Thriller von Christopher McQuarrie (USA / Großbritannien, 2025; 169 Min.) Mit Tom Cruise, Hayley Atwell, Simon Pegg u.a. seit 21. Mai 2025 im Kino. Hier der Trailer:
Noch sind die Filmfestspiele von Cannes nicht beendet. Die »Goldene Palme« wird erst am Wochenende verkündet. Einen kurzen Rückblick über gezeigte Weltpremieren mit potentiellen Gewinnern kann bei BLICKPUNKT:FILM nachgelesen werden.
+++++++++++++
"SIEBEN TAGE" iranisches Drama von Regisseur Ali Samadi Ahadi nach einem Drehbuch von Mohammad Rasoulof. (Deutschland, 2024; 113 Min.) Mit Vishka Asayesh, Majid Bakhtiari, Tanaz Molaei u.a. seit 15. Mai 2025 im Kino. Hier der Trailer:

Schon seit Mittwoch - und nicht erst am Donnerstag - kann aktuell Tom Cruise in „Mission: Impossible 8 - The Final Reckoning“, der von ihm persönlich in Cannes »Außer Konkurrenz« vorgestellt worden war, auch in den deutschen Kinos bewundert werden.
"MISSION: IMPOSSIBLE - The Final Reckoning" Action-Thriller von Christopher McQuarrie (USA / Großbritannien, 2025; 169 Min.) Mit Tom Cruise, Hayley Atwell, Simon Pegg u.a. seit 21. Mai 2025 im Kino. Hier der Trailer:
Unsere Kurzkritik:
Tom Cruise befreit in der achten "Mission: Impossible" diesmal die Welt persönlich von einer übermächtigen Super-KI, in dem er in zwei atemberaubenden Stunts erneut über die Bösewichte und deren Machenschaften obsiegt. Wie wir bereits letzte Woche über den viel zu lang geratenen Film schrieben, langweilt ansonsten seine angeblich letzte »Final Mission« vor allem in den ersten 90 Minuten mit Rückblenden auf vorherige Werke des Franchises.
Erst danach können zwei besser gelungene Actionsequenzen das Manko aufwiegen. Allerdings soll Cruise - im Gegensatz zu anderen Action Filmen - alle Stunts auch im Alter von fast 63 Jahren noch selbst gemacht haben. Das Besondere aber sei der totale Verzicht auf einen sogenannten »Green-Screen«, früher auch als Blue-Box bezeichnet, sodass die akrobatischen Stunts auf dem Flügel eines Flugzeugs von ihm selbst in luftiger Höhe gemacht wurden. Natürlich am Seil und im Notfall auch mit Fallschirm gesichert. Auf künstliche Effekte sollte wohl möglichst verzichtet worden sein, auch wenn sein urkomisch aussehender schneller Sprint hinter einer startenden Maschine offensichtlich digital beschleunigt wurde.
In seinem fortgeschrittenen Alter soll er aber zumindest einmal vor Anstrengung so erschöpft gewesen sein, dass Tom Cruise sich nach der Akrobatik auf einem Doppeldecker bei zu neige gehendem Sprit beinahe nicht mehr rechtzeitig in den Kabinensitz hinter das Steuer retten konnte. Eine Notlandung mit einseitig belastetem Flügel wäre vermutlich schief gegangen und hätte zur tödlichen Bruchlandung führen können.
Alles andere über den Film kann man bei unserem Kritiker Axel Bussmer hier auf seiner Seite ausführlich nachlesen, dessen sehr lang geratene Besprechung wir diesmal nicht übernehmen wollen.
Interessant aber ist, dass in Cannes das Publikum, das ansonsten nur mit Arthouse verwöhnt wird, den Star wegen seines Mutes in dem Blockbuster mit »Standing Ovations« belohnte.
Auch der vierfache OSCAR-Preisträger Alejandro González Iñárritu („The Revenant“, „Birdman“) ist begeisterter Fan von Schauspieler Tom Cruise und verriet in Cannes, Tom Cruise demnächst in einer nicht-actiongetriebenen Rolle zu zeigen.
Es soll eine wird eine charakterorientierte wilde Komödie von katastrophalen Ausmaßen über die menschliche Natur werden, die auf den Schultern von Tom Cruise ruht. Angeblich soll er soll den mächtigsten Mann der Welt spielen, der eine Katastrophe verursacht und es daraufhin als seine Mission ansieht, der Menschheit zu beweisen, dass er ihr Erlöser ist.
Hoffentlich geht es dabei nicht um die unsägliche Scientology-Sekte, in der Tom Cruise überzeugendes Mitglied ist. Aber genaueres wurde noch nicht verraten.
W.F.
Noch sind die Filmfestspiele von Cannes nicht beendet. Die »Goldene Palme« wird erst am Wochenende verkündet. Einen kurzen Rückblick über gezeigte Weltpremieren mit potentiellen Gewinnern kann bei BLICKPUNKT:FILM nachgelesen werden.
„In die Sonne schauen“ von Mascha Schilinski gelingt meisterhafter Auftakt. Das Generationen-Drama sei ein eindrucksvoller Film geworden, der in den Bann zieht und auch nachwirkt.
Auch „Das Verschwinden des Josef Mengele“ von Kirill Serebrennikov mit August Diehl als Todesengel von Auschwitz berüchtigter Nazi auf der Flucht sei starkes Stück.
Lang anhaltender Applaus für den Horrorfilm „Alpha“ von Julia Ducournau, die 2021 mit „Titane“ in Cannes triumphierte, und auch diesmal mit über zehn Minuten Applaus gefeiert wurde.
Der in Babelsberg gedrehte „Phönizische Meisterstreich“ von Wes Anderson galt bei der 78. Ausgabe des Festival de Cannes als ein meisterhafter Spaß, der zurecht mit langanhaltenden Applaus belohnt wurde und bereits am 29. Mai 2025 in den deutschen Kinos startet.
Christian Petzolds „Miroirs No.3“ mit Schauspielerin Paula Beer konnte in der Sektion Quinzaine überzeugen und wurde bereits in die USA verkauft.
Richard Linklaters „Nouvelle Vague“, quasi ein Making-of von Jean-Luc Godards „Außer Atem“, bezauberte hinreißend!
Viel Gelächter bei „Eddington“ von Indieliebling Ari Aster, der in einem ein irrwitziger Genremix mit Joaquin Phoenix, den Zustand der US-Gesellschaft beschreibt.
„Sirāt“ von Oliver Laxe ist ein surrealer Roadtrip mit Palmen-Aussichten, der berauscht, auch schockt - und zum harten Beat von Tod, Trauer und Familie erzählt.
„Dossier 137“ von Dominik Moll ist ein souveränes, engagiertes Krimi- und Gesellschaftsdrama über Polizeigewalt bei Gelbwesten-Demos, mit einer Ermittlerin, die sich über die Maßen engagiert.
Cannes-Stammgast Sergei Loznitsa überzeugte im Wettbewerb mit „Zwei Staatsanwälte“, einem bitteren Drama zum Stalinismus.
+++++++++++++
"SIEBEN TAGE" iranisches Drama von Regisseur Ali Samadi Ahadi nach einem Drehbuch von Mohammad Rasoulof. (Deutschland, 2024; 113 Min.) Mit Vishka Asayesh, Majid Bakhtiari, Tanaz Molaei u.a. seit 15. Mai 2025 im Kino. Hier der Trailer:
Reginas Filmkritik:
Sieben Tage, um eine Lebensentscheidung zu treffen.
Sieben Tage Hafturlaub werden Maryam wegen einer medizinischen Behandlung gewährt. Für sieben Tage darf die Menschenrechtsaktivistin das Gefängnis im Iran verlassen.
Flucht, um mit der Familie im Exil in Deutschland zu leben oder Widerstand in einem harten und gefährlichen Kampf im autoritären Mullah-Staat Iran?
Ihr Bruder und ihr Ehemann in Deutschland haben heimlich schon einen detaillierten Fluchtplan ausgearbeitet. Mit Hilfe von Schleppern und Freunden soll Maryam aus dem Iran in die Türkei geschleust werden, um dann mit ihrer Familie nach Deutschland zu reisen.
Doch will Maryam das wirklich?
Sie wünscht sich sehnsüchtig, ihre beiden Kinder und ihren Mann wiederzusehen und mit ihnen zusammen zu sein. Doch eine Flucht ins Exil nach Deutschland würde bedeuten, dass sie ihre politische Arbeit im Iran für die Rechte der Frauen nicht mehr ausführen kann.
"SIEBEN TAGE", so heißt das ergreifende Drama des iranischen Regisseurs Ali Samadi Ahadi.
Der Film stellt zentrale Fragen: wie weit kann der Widerstand gegen ein autokratisches, menschenverachtendes System gehen und wie hoch ist der Preis dafür?
Um ihre Familie zu sehen, begibt sich Maryam auf den langen Weg über die Fluchtrouten im Norden des Irans in die Türkei. Eine Route voller Hindernisse und Gefahren. Der Film begleitet sie auf ihrer strapaziösen Reise. Ein gefährlicher Weg über die Berge mit vielen Stationen und unvorhergesehen Hindernissen, Schneestürmen und eisigen Temperaturen. Nicht immer ist sich Mayram sicher, ob sie ihren Begleitern trauen kann und den richtigen Weg zum Treffpunkt erreichen wird.
In Deutschland sind ihr Mann und ihre Kinder mit einem Flugzeug in die Türkei gestartet, um an der türkischen Grenze auf Maryam zu warten. Wird sie mit ihrer Familie nach Deutschland kommen?
Regisseur Ali Samadi Ahadi sagt zu seinem Film:
„Seit mehr als 45 Jahren stehen Millionen Menschen von Iranern immer wieder vor der Frage: soll ich bleiben, die Situation ertragen und versuchen, sie zu verändern? Oder soll ich das Land verlassen, ein neues Leben in Frieden und Freiheit beginnen und von dort aus etwas bewirken? Sie sind sich bewusst, dass der Preis des Bleibens sehr hoch ist, während der Weg ins Exil mit Schmerzen verbunden ist…
Unsere Hauptprotagonistin Maryam steht vor genau diesem Dilemma, sie weiß, dass die Wahrscheinlichkeit einen Großteil ihres Lebens im Gefängnis zu verbringen sehr hoch ist, wenn sie bleibt.
Wenn sie das Land verlässt, kann sie mit ihrer Familie in Frieden und Freiheit leben, aber sie wird nie die Wirkung erzielen, die sie im Land selbst erzielen könnte.“
Das Drehbuch zu "SIEBEN TAGE" stammt vom oscarnominierten Regisseur und Drehbuchautor Mohammad Rasoulof.
Rasoulofs Filme handeln immer wieder von den Repressionen durch das ultra-religiöse Regime im Iran. Wegen seiner systemkritischen Haltung saß er viele Male im Gefängnis, bekam immer wieder Arbeitsverbot. Seine Filme erregen international großes Aufsehen, wurden vielfach prämiert.
Vor einem Jahr entschloss sich Mohammad Rasoulof endgültig zu einer Flucht nach Deutschland, nachdem ihm wieder Haft bevorstand. Seinen letzten Film "DIE SAAT DES HEILIGEN FEIGENBAUMS" konnte der Regisseur nach geglückter Flucht 2024 sogar persönlich in Cannes vorstellen. Das Werk gewann den „Preis der großen Jury“, beim Deutschen Filmpreis wurde der Film kürzlich mit 2 Lolas ausgezeichnet.
Noch im Iran schrieb Mohammad Rasoulof das Drehbuch zu SIEBEN TAGE. Bereits vor seiner Flucht bat er seinen Kollegen Ali Samadi Ahadi in Deutschland, das Projekt zu übernehmen, weil der Druck im Iran auf ihn zu groß sei.
"SIEBEN TAGE" ist angelehnt an das Leben von Narges Mohammadi, eine der bekanntesten iranischen Menschenrechtsaktivistinnen, die sich insbesondere gegen die Unterdrückung von Frauen und Minderheiten engagiert. 2023 erhielt Mohammadi den Friedensnobelpreis. Seit den 1990 er Jahren wurde sie immer wieder inhaftiert und von ihrer Familie getrennt. Nach einem kurzen Hafturlaub Ende 2024 aus medizinischen Gründen, hat sie die Haft nicht mehr angetreten, mit allen Konsequenzen, die daraus folgen können. Mohammadis Kinder und ihr Ehemann leben seit 10 Jahren im Exil in Frankreich.
Narges Mohammadi ist überzeugt, dass die internationale Unterstützung, die Medien und die Weltöffentlichkeit eine wichtige Rolle für die Frauenbewegung im Iran spielen können. Sie stelle fest, dass der Widerstand gegen das autoritäre Mullah Regime wachse und die iranische Gesellschaft sich in den letzten Jahren verändert habe.
Die Dreharbeiten zu "SIEBEN TAGE" fanden aus Sicherheitsgründen zu großen Teilen in Georgien statt, nur wenige, wesentliche Szenen drehten Ali Samadi Ahadi und sein Team verdeckt im Iran.
Es sind beindruckende Bilder, die Kameramann Mathias Neumann schafft, minimalistisch, oft dicht bei den Schauspieler:innen, viele Aufnahmen mit der Handkamera, die die beklemmende, intensive Atmosphäre des Dramas verstärken.
In bewegenden Einstellungen schildert der Film, wie sich Maryam und ihre Familie im winterlichen Grenzgebirge der Türkei treffen. Nach anfänglichem Zögern entsteht wieder eine warme Vertrautheit zwischen Maryam, ihrem Ehemann Behnam, (Majid Bakhtiari) und den Kindern. Die Familie erlebt ausgelassene Tage. Doch die scheinbare Harmonie trügt. Behnam erfährt es als Erster und später auch die Kinder Dena (Tanaz Molaei) und Alborz (Sam Vafa): Maryam wird nicht mit ihnen zusammen nach Deutschland kommen.
Sie will in den Iran zurückkehren und ihren Kampf fortführen. Verzweifelt fragt Dena ihre Mutter: „Warum zählen deine Ideale mehr als ich?“
SIEBEN TAGE thematisiert die Zerrissenheit der Aktivist:innen, die sich unter Lebensgefahr gegen das willkürliche Unrechtssystem im Iran einsetzen, um für Freiheit und Menschenrechte zu kämpfen. Und der Film zeigt, wie schwer diese Entscheidung wiegen kann. Oft verbringen sie viele Monate, gar Jahre von ihrer Familie getrennt im Gefängnis, in einem Land, in dem die Hinrichtungen zunehmen.
Wie kann der Widerspruch gelebt werden, zwischen den Werten, für die man kämpft und der Familie?
Dieser Zwiespalt der Gefühle wird besonders deutlich durch das großartige Spiel von Vishka Asayesh als Maryam. Ihr gelingt es, oft in Großaufnahme, die schmerzhafte Gespaltenheit zu zeigen, die Zweifel und die Trauer. Sie ist gefangen zwischen der Liebe zu ihrem Mann und den Kindern und ihrer Aufgabe als Freiheitskämpferin für die Rechte der Frauen im Iran – ein Kampf, den sie nicht aufgeben kann und will.
SIEBEN TAGE ist ein hochaktueller, intensiver und dabei eher leiser Film, ein fesselndes Drama über den Preis der Freiheit und den Mut zum Widerstand.
Am Ende steht ein Zitat der Friedensnobelpreisträgerin Narges Mohammadi:
„Ich hoffe, meine Kinder wissen, dass ich, wie alle „Ungehorsamen“ und „Gebrandmarkten“ Mütter auch eine liebende Mutter war, deren Herz immer noch vor intensiver Sehnsucht nach ihren Kindern schlägt“
Narges Mohammadi, Evin Gefängnis, 2024
Regina Roland (filmkritik-regina-roland.de)
Kommentare
Ansicht der Kommentare: Linear | Verschachtelt