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Produzentenallianz: „Wohin steuert die Film- und Fernsehwirtschaft?“

Ein bewegtes und bewegendes Fest von Film und Fernsehen am Donnerstag Abend, doch beim Hintergrundgespräch am Vormittag schlägt die Produzentenallianz Alarm.



Anlässlich der diesjährigen Jahresmitgliederversammlung der Allianz Deutscher Produzenten – Film und Fernsehen e.V. mit anschließendem, leider verregnetem Sommerfest im Tipi-Zelt am Kanzleramt am Abend, waren zuvor am Vormittag des 7.7.2022, Pressevertreter/in zum Hintergrundgespräch eingeladen worden:

„Wohin steuert die Film- und Fernsehwirtschaft?“


Wie gestern bereits erwähnt, hat unsere Kollegin Katharina Dockhorn den Termin wahrgenommen, um für uns zu berichten.

Produzentenallianz schlägt Alarm.

Überall auf der Welt profitiere die Film- und Fernsehbranche vom audiovisuellen Boom und einem explodierenden Markt, nur Deutschland bilde die Ausnahme. So die Einschätzung der Produzentenallianz, die eine filmpolitische Agenda der Bundesregierung und einen Zeitplan für die Umsetzung der drei im Koalitionsvertrag formulierten Ziele vermisst.

Die deutschen Produzenten ständen unter enormen ökonomischen Druck, umreißt Björn Böhning, Geschäftsführer der Allianz deutscher Produzenten Film und Fernsehen, im Vorfeld des traditionellen Sommerfestes des Verbandes die aktuelle Situation. Sie sind gebeutelt von einer Teuerungswelle: Die Gagen stiegen in den vergangenen Monaten um rd. 10%, bei den Regisseuren und Autoren von Filmen zwischen 30 und 60 Minuten durch die Vergütungsvereinbarungen mit deren Verbänden um 10-15%. Die Anforderungen aus dem Green-Shooting-Katalog, der im kommenden Jahr bindend wird, schlagen mit 5% Mehrkosten zu Buche. Und natürlich geht die Inflation samt steigender Energiepreise nicht an den Film- und Fernsehsets vorbei.

Auf der anderen Seite ständen Sender und andere Auftraggeber, die die Produzenten mit den Mehrkosten alleine ließen. Die Entwicklung bereite den Produzenten für die öffentlich-rechtlichen Sender große Sorgen, da sie erst 2025 mit mehr Geld für ihre Produkte rechnen können. Wenn überhaupt. Im Moment ist völlig unklar, ob die KEF die Mehrkosten anerkennt und sie in die Empfehlung für die Höhe des Rundfunkbeitrags einfließen können. Die zweite Hürde steht dann auf politischer Ebene in den Ländern an. Die Produzentenallianz lud sich daher zur jährlichen Mitgliederversammlung einen Vertreter der KEF ein, um an ihn den Wunsch nach einem Sondergutachten zur Berücksichtigung der aktuellen Entwicklung heranzutragen.

Corona bleibt ein Problem.

Auch Corona ist nicht vorbei. Weiterhin müssen alle Mitarbeiter an den Sets täglich einen Test machen. Damit sinkt die Ansteckungsgefahr, aber die Sommerwelle macht vor der Branche nicht halt. Die Zahl der Erkrankungen und Ausfälle nimmt zu. Trotzdem ist unklar, ob der Ausfallfonds 2 verlängert wird und sich alle Länder daran beteiligen. Bislang haben nur Berlin und Hamburg ihre Bereitschaft signalisiert.

Kinobesuch halbiert.

Der Kinomarkt wird von zwei Seiten in die Zange genommen. Zum einen fahren die Sender ihre finanziellen Beteiligungen an Kinokoproduktionen weiter kontinuierlich zurück, wie Böhning berichtete. Der Kinobesuch in Deutschland ist um 47% eingebrochen, was auch die Finanzierung der FFA über die Abgabe auf den Verkauf der Kinokarten im kommenden Jahr gefährdet. Für das zweite Halbjahr ist kaum Besserung an der Kinokasse in Sicht, denn die Fußball-WM in Katar 2022 fällt in die sonst besucherstarken Monaten November und Dezember.

Umso erstaunlicher ist in dieser Situation, dass die Produzentenallianz eher verhalten auf die Ankündigungen im Koalitionsvertrag reagiert, in Deutschland zum einen ein Steueranreizmodell anstelle von DFFF und GMPF zu schaffen, und zum anderen die Streamingdienste zu Investitionen gemäß der EU-Richtlinie zu verpflichten. Beide Instrumente müssten gemeinsam mit der Novellierung des FFG gedacht werden, benennt Böhning den gewünschten Rahmen für die gesetzliche Neufassung der Filmgesetzgebung.

Er könne sich nicht vorstellen, dass der Staat in Vorleistungen gehe ohne dass es die private Verpflichtung gäbe, so Böhning weiter. Im Moment schafft aber eher der Staat die Anreize, damit Netflix & Co hier investieren. Beinahe 100 Millionen deutscher Steuergelder fließen über den German Motion Picture Fonds an deutsche Produkte der Streamer, aber auch in hochpreisige Serien der privaten und öffentlich-rechtlichen Sender. Letztere müssten dann in das Steueranreizmodell einbezogen werden, wie es in anderen Ländern längst Standard ist.

Langer Schatten der Diskussion um Steueranreizmodelle.

Bei den Bedenken gegenüber einem Steueranreizmodell spielen wohl die verhärteten Fronten nach den Diskussionen der vergangenen Jahre eine Rolle. Vor allem das Studio Babelsberg hatte das international bewährte Modell immer wieder gefordert, um Stars wie George Clooney, Brad Pitt oder Charlize Theron zu locken. Deutsche Produzenten konnten im Gegensatz zu ihnen sicher sein, die eingeplante Förderung über den DFFF zu erhalten.

Die Zurückhaltung gegenüber dem Vorhaben dürfte vor allem dem fehlenden Eigenkapitalecke der Produzenten geschuldet sein, auf das der DFFF Rücksicht nimmt. Er sieht vor, dass in bestimmten Produktionsphasen Abschläge ausgezahlt werden. Bei einem Steueranreizmodell, wie es Bundestagskulturausschuss vorgestellt wurde, würde die Gutschrift erst nach Abschluss des Projektes erfolgen. Zwischenfinanzierungen wären dann nötig, die die Budgets weiter nach oben treiben könnten. Ein Anreizmodell müsste daher so ausgestaltet werden, dass die Mehrkosten abbildbar sind und an bestimmten Punkten der Produktion bereits Abschreibungen vorgenommen werden können.

Streit um Mittelverteilung im FFG kündigt sich an.

Bei den Diskussionen um die Novellierung des FFG zeichnet sich weiterer Zündstoff an. Für das BKM hatte Dr. Andreas Görges im Kulturausschuss angekündigt, dass mehr Geld in die Verwertung fließen soll. Das würde Abstriche in der Produktionsförderung bedeuten. Böhning aber sieht die Verleiher bereits gut mit finanziellen Mitteln zur Herausbringung ausgestattet und auch die Kinos in der Pflicht, um das Publikum zu werben.

Katharina Dockhorn


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Traditionelles Sommerfest zur Jahresmitgliederversammlung.

Am Abend feierte die Allianz Deutscher Produzenten – Film und Fernsehen e.V. (Produzentenallianz) dann ihr traditionelles Produzentenfest im Tipi am Kanzleramt. Rund 700 persönlich geladene Gäste aus Film- und Fernsehwirtschaft, Schauspiel, Politik und Verbänden kamen zu diesem wichtigen Netzwerkevent der Filmbranche in Berlin. Vorstandsvorsitzender Alexander Thies und Geschäftsführer Björn Böhning hoben erfolgreiche Film- und Fernsehproduktionen ebenso heraus, wie die Arbeit der Produzentenallianz als zentrale Anlaufstelle der Produktionsbranche.

Die Regierende Bürgermeisterin von Berlin, Franziska Giffey, unterstrich die besondere Bedeutung der Hauptstadt für Film und Fernsehen und sorgte mit ihrem Grußwort für einen heiteren und gastfreundlichen Einstand des Abends.

„Gerade in unserer Branche sind der persönliche Austausch und das Networking besonders wichtig. Ich bin froh, dass wir nach zwei Corona-Jahren mit unseren Mitgliedern wieder persönlich in Berlin zusammenkommen konnten. Schön, dass so viele Freund:innen und Förderer der Branche unserer Einladung gefolgt sind“, freute sich Geschäftsführer Björn Böhning, der seit Mai dieses Jahres im Amt ist. „Das gibt Rückenwind für eine erfolgreiche Film- und Fernsehpolitik in Deutschland.“


Einen besonderen Dank richtet die Produzentenallianz an die treuen und die neuen Sponsoren. Das diesjährige Produzentenfest wurde ermöglicht mit freundlicher Unterstützung von: Sixt movies, Commerzbank, Deutsche Automatenwirtschaft, Living Berlin, no limits media, Arri rental, adag payrol service, Cinemobil, cineplus, Günther Rohrbach Filmpreis, Studio Funk, Optical Art, B2Btrip und Tipi am Kanzleramt Berlin sowie vielen Gastropartnern auf der Eventfläche. Für die Umsetzung des Events gilt dem Team der Produzentenallianz Services ein herzlicher Dank.

Link: www.produzentenallianz.de

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