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Erste Berlinale Filmkritiken und ein offener Brief der Medienjournalisten

Vier erste Filmkritiken von der Berlinale und ein offener Brief der Medienjournalisten an Kulturstaatsministerin Monika Grütters.



Liebe Leser,

wie von uns zuvor schon berichtet, haben nicht nur Mitglieder des BAF e.V., sondern auch andere Filmemacher, Filmstudenten und Kollegen weiterer Verbände diesmal keine Akkreditierung erhalten. Ihnen wird seitens der Berlinale nahe gelegt, zur Sommerberlinale reguläre Kaufkarten an den Publikumskassen zu erlangen. Jeder Berlinale Besucher weiß wie schwer und wie teuer dies ist. Dabei steht noch nicht einmal fest, ob die Kinos wegen der Corona-Mutanten wirklich im Juni wieder öffnen können.

Besonders ärgerlich aber ist, dass wir trotz erneuter Bewerbung auch kein vergünstigtes Market-Ticket erhalten haben. Sogar unser regulärer DJV-Presseausweis wurde für die Teilnahme an der jetzt im März 2021 stattfindenden virtuellen Berlinale nicht akzeptiert, da wir zuvor immer als Fachbesucher eingestuft worden waren.

Glücklicherweise kann wenigstens unsere langjährige freie Mitarbeiterin Elisabeth Nagy weiterhin am Festival teilnehmen, obwohl es ihr in Pandemie-Zeiten als Soloselbständige schwer fällt, die hohen Akkreditierungsgebühren zu begleichen. Auch die Berufsvereinigung deutscher Medienjournalisten nimmt dies zum Anlass, sich in einem offenen Brief an Monika Grütters und Olaf Scholz zu wenden, den wir im Anschluss an die ersten vier Filmbesprechungen auf Wunsch gerne veröffentlichen möchten.

Doch zunächst die Filmkritiken von Elisabeth Nagy, die sie für uns geschrieben hat.

"Természetes fény" (Natural Light) Drama von Dénes Nagy

Hier der Trailer:



71. Berlinale Wettbewerb
Ungarn / Lettland / Frankreich / Belgien / Deutschland 2020
Regie: Dénes Nagy
Drehbuch: Dénes Nagy
Bildgestaltung: Tamás Dobos
Montage: Nicolas Rumpl
Musik: Santa Ratniece
Szenenbild: Márton ígh
Kostüm: Márton ígh
Make-Up Barbara: "Bibi" Kund
Ton: Dominique Gaborieau
Casting: Dénes Nagy, Zsófia Muhi, Dace Jokste

Elisabeth' Filmkritik:

"Natural Light" von dem zuvor im Dokumentarfilmbereich tätigen Dénes Nagy ("Another Hungary") offenbart das Dilemma der Berlinale im Stream.

Nagy hat sich in seinem Langspielfilmdebüt dem gleichnamigen Roman von Pál Závada ("Das Kissen der Jadwiga") angenommen. "Natürliches Licht" erzählt von einfachen Menschen im zweiten Weltkrieg und von der Zeit davor und danach, die zu Opfern oder zu Tätern werden. Nagy konzentriert sich auf wenige Tage, in der eine militärische Sondereinheit, die der deutschen Besatzermacht angebunden ist, in den sowjetischen Wäldern Partisanen aufstöbern soll. Die Stimmung ist so düster, wie das Filmen mit natürlichem Licht im dunklen Wald und in verschlammten Dörfern bei einer Farbpalette von Grau und Braun nur sein kann. Eines ist dann mal sicher. Die Wettbewerbsjury, die dieses Debüt im Kino sehen darf, sieht einen anderen Film als die Kritikerschar, die sich mit dem Streamingportal begnügen muss. Wie ich sehe, sehe ich nichts. Zumindest nicht viel. Das bedeutet auch, dass die Distanz zwischen Publikum und den Akteuren, deren Ausdruckslosigkeit scheinbar Stilmittel ist, deren Ringen um das Dilemma sich schuldig zu machen sich kaum übertragen kann, weil die Feinheiten fehlen. So kann zumindest ich den Film kaum würdig besprechen.

Dénes Nagy und sein Stamm-Kameramann Tamás Dobos ("Genezis", auch ein wunderbarer Berlinale-Beitrag vor drei Jahren, der es leider nie in die deutschen Kinos geschafft hat) bauen auf Atmosphäre. Zumindest die Tonebene und die Filmmusik entfalten ihre Wirkung. Wir sehen die Verrohung und das Leid der Menschen nicht mit den Augen des Korporals Semetka (Ferenc Szabó), sondern folgen ihm durch diese Menschen gewollte Dystopie, die er weitgehend stumm erträgt. Bis es kaum zu ertragen ist. Immer wieder greift er zum Fotoapparat, um ein Gesicht festzuhalten. Als wäre sein Gesicht auch zu einem Foto erstarrt, zeigt sich kaum eine Regung. Das Publikum muss seine Gedanken über das, was er sieht, in sich selbst erschließen.

Elisabeth Nagy


"Wood and Water" Drama von Jonas Bak

Hier der Trailer:



Berlinale Sektion Perspektive Deutsches Kino
Deutschland / Frankreich / Hongkong 2021
Regie: Jonas Bak
Drehbuch: Jonas Bak
Bildgestaltung: Alex Grigoras
Montage: Jonas Bak
Musik: Brian Eno, Alex Purdue
Make-Up: Lena Ackermann, Amrei Portella
Ton: Chris Gayne, Albert Hung Kin Kong, Jeremie Vernerey, Isaac Bertulis

Elisabeth' Filmkritik:

Anke tritt aus der Sakristei. Sie betet und tritt hinaus ins Freie. Es war ihr letzter Tag im Pfarramt. Jetzt ist sie Rentnerin. Zeit zu reflektieren. Doch nur die Tochter ist beim Urlaub an der Ostsee dabei. Bilder aus der Kindheit der Kinder zeugen von all den Jahren, in denen die Familie immer wieder ans Meer fuhr. Die Erinnerungen sind präsent, die Erinnerungen schieben sich vor das Hier und Jetzt und lösen Wehmut aus. Ankes Sohn, Max, ist nicht gekommen. Er wohnt zu weit weg. Drüben in Hongkong, wo gerade Demonstrationen für die Demokratie das Leben in Atem halten. Vielleicht ist für Max die Vergangenheit auch eine andere, als die der Mutter, die seit so vielen Jahren Witwe ist. Ihr fehlt ihr Mann immer noch und Max fehlt ihr auch. Die Sommer der Vergangenheit sind so reich an Erinnerungen, Gefühlen und Harmonie. Dagegen verblast nicht nur die Gegenwart.

"Wood and Water" ist ein ruhiger Film, ein langsamer Film. Manchmal ist mehr Bewegung in einem Schattenspiel auf einer Tür, als in den Bewegungen der Figuren. "Wood and Water" erbittet aber nicht nur Konzentration, sondern Mitgefühl. Vieles bleibt in der Schwebe und folglich bringt man als Zuschauer*in seine eigenen Lebenserfahrungen mit ein. Leidet Anke unter einer Einsamkeit, unter der Zeit, die nun frei und doch so eng umfasst ist? Der Regisseur Jonas Bak wollte die Geschichte vom verlorenen Sohn aus der Sicht der Mutter erzählen und hat seine eigene Mutter in der Rolle von Anke besetzt. Auch er, so schreibt er im Begleitmaterial, habe seine Familie früh verlassen und sich kaum darüber Gedanken gemacht, wie sehr er ihr fehlen würde. Geboren 1985 in Koblenz, studierte er zuerst Regie in Edinburgh, ging dann nach London und schließlich nach Hongkong. Der persönliche Bezug zu dem Thema seines Langspielfilmdebüts ist offensichtlich. Das Motiv der Abnabelung, der Erneuerung und, das spielt mit ein, der räumlichen und zeitlichen Distanz ist universell. Hier führt der Regisseur diese Mutter auf einen Weg der inneren Erneuerung. Sie fasst den Plan und sie setzt ihn auch um, in diese Ferne zu reisen. Sie fliegt nach Hongkong und lässt sich einfach auf die für sie ungewohnten Umstände ein. So ist "Wood and Water" eine Perlenkette an Begegnungen, die sowohl über Anke als auch über die Personen, die sie trifft etwas erzählen. Jede Begegnung ist dabei ein Geschenk. Und man staunt, wie viel möglich ist, wenn man offen auf das Leben zugeht.

Jonas Bak nutzt das Bild des Fensters, dass zuerst nur dem Publikum einen Ausblick bietet, Fenster, denen Anke den Rücken zukehrt. Fenster, aus denen sie dann hinaus blicken wird. Er nutzt das Bild eines Tunnels, um die Mutter auf die Reise zu schicken. Von ihrem kleinen überschaubaren Leben in der Kleinstadt landet sie in dem lauten, hektischen Großstadtleben, in dem nicht nur alles anders getaktet ist, sondern wo Aktivisten auf die Straße gehen und so tagtäglich ihre eigene kleine Existenz in das große Ganze einbringen. Bak gibt dabei nur einen Denkanstoß.

Elisabeth Nagy


"Die Saat" Drama von Mia Maariel Meyer

Hier der Trailer:



Berlinale Sektion Perspektive Deutsches Kino
Deutschland 2021
Regie: Mia Maariel Meyer
Drehbuch: Mia Maariel Meyer, Hanno Koffler
Bildgestaltung: Falko Lachmund
Montage: Gesa Jäger
Musik: Dürbeck & Dohmen
Szenenbild: Tanja Arlt
Kostüm: Bettina Marx
Make-Up: Heidi Wick, Heike Walter-Thomae
Ton: Christoph Schilling
Casting: Marion Haack, Jacqueline Rietz

Elisabeth' Filmkritik:

"Menschen wie du, fallen immer auf die Fresse". Es spielt keine Rolle, welche Figur das im Laufe der Handlung sagen wird. Dieses Gefühl der Ohnmacht, gegen das man sich auflehnt, mit man sich arrangiert, mit dem man handelt, dem man ausweicht, gegen das man anbrüllt, und schließlich die Fäuste ballt, dieses Gefühl trägt den Film. Dabei will die Regisseurin Mia Maariel Meyer gar keine Ambivalenzen zeigen. Es gibt keine, es gibt nur diese Ohnmacht. Diesen Druck. Der uns allen nicht unbekannt ist. Den wir alle spüren. Der uns zermürbt und die nächsten Generationen mit auf den Weg gegeben wird.

Rainer (Hanno Koffler) hat schon verloren. Er verlässt die Stadt mit Frau und Tochter, ein weiteres Kind ist unterwegs, als Opfer der Gentrifizierung. Aber alles wird gut. Er hat einen Job als Bauleiter, für den er sich über viele Jahre abgeschuftet hat. Er hat sich hochgearbeitet, das wird schon. Ein neues Haus im Umland. Gut, es ist baufällig, aber das wird schon. Doreen (Dora Zygouri), die Tochter, 13 Jahre alt, vermisst ihre Freunde, aber in der Nachbarschaft wohnt ein fast gleichaltriges Mädchen. Es könnte so einfach sein. Es ist aber nicht einfach.

Mia Maariel Meyer ("Treppe Aufwärts") baut in ihrem zweiten Film einen enormen Druck auf, der nicht nachlässt, der immer weiter anzieht. Und wenn man denkt, gleich explodiert die Stimmung, hält sie kurz inne, um den Druck aus einer anderen Richtung zu verstärken. Rainer verliert den Job als Bauleiter, ein anderer wird eingesetzt. Der Bauinvestor (Robert Stadlober) ist an den Werten der vorangegangenen Generation nicht interessiert. Loyalität passt nicht zu Profitstreben. Man wundert sich, dass Rainer die leeren Versprechungen auf zukünftige Projekte, Wenn - Dann, glaubt. Aber was bleibt ihm übrig.

Die Degradierung ist der Anfang, Rainers Arbeitskampf für seine Mitarbeiter so nobel wie vergebens. Ja, vielleicht ist es manchmal zu schwarzweiß gezeichnet, wenn Doreen von der Nachbarstochter nur gemobbt wird, weil diese das kann. Das Publikum denkt, irgendwann fliegt der Deckel vom Topf, irgendwann entlädt sich der Druck. Aber der Druck steigt und die Dramaturgie wechselt stetig zwischen der Erzählung vom Vater und der der Tochter hin und her, so dass man kaum zum Atmen kommt. "Die Saat" ist ein sehr körperlicher Film. Die Kamera geht nahe ran an die Figuren und an die Situationen. Die Situationen überfordern. Alle, immer wieder und immer mehr.

Das Drehbuch schrieb Mia Maariel Meyer zusammen mit Hanno Koffler, für ihn ein Debüt. Er übernahm auf gleich die Hauptrolle. Die Produktion war mehrere Jahre in der Mache, als Covid-19 zuschlug. Man drehte mit "Hygienebeauftragten", mit eigenem Konzept, von Ende Juli bis Anfang September 2020. "Die Saat", produziert von Kurhaus Production ("Kopfplatzen") und dem SWR bzw. arte, hat bereits mit missingFILMs einen Verleih an der Hand.

Elisabeth Nagy


"In Bewegung bleiben" Dokumentarfilm von Salar Ghazi

Hier der Trailer:



Sektion Perspektive Deutsches Kino
Deutschland 2021
Regie Salar Ghazi
Drehbuch Salar Ghazi
Bildgestaltung Salar Ghazi
Montage Salar Ghazi
Musik Gert Anklam, Beate Gatscha
Ton Salar Ghazi, Christina Kotzamani, Kirstin Mascher

Elisabeth' Filmkritik:

"Gehen oder Bleiben?", fragt die Sektion Perspektive Deutsches Kino, und auch: "Wo wollen wir leben?"

Diese Frage stellte sich für die Tänzer und Tänzerinnen in der DDR ganz real und immer wieder. Der Regisseur Salar Ghazi stellt uns die Geschichte einer Truppe von neun Tänzer und Tänzerinnen vor, von denen fünf ihre Heimat verlassen haben. Dabei ist gar nicht mal der Fakt interessant, dass sie rüber gemacht haben oder nicht, sondern die Entscheidung dafür oder dagegen, die sich nicht von heute auf morgen kristallisierte, sondern wohl überlegt sein wollte. Ghazi nennt diese Dokumentation, die er konzentriert in Schwarz-Weiß erzählt, "schwarzweiße DDR-Tanzgeschichte(n) in Grautönen". In der Tat ist "In Bewegung bleiben" eine Geschichte über den Tanz in der DDR, aber eben auch die persönliche Geschichte einiger Akteure. Dazu gehören Birgit Scherzer, Steffi Scherzer, Klaus Dünnbier, Mario Perricone, Raymond Hiblert, Thomas Vollmer, Uwe Küßner, Sven Grützmacher, Mario Nätzel und Roland Gawlik. Roland Gawlik hatte damals eine VHS-Kamera ins Land geschmuggelt und damit die Truppe bei den Proben und privat aufgenommen. Auf dieses Material kann Salar Ghazi, der hauptberuflich als Editor arbeitet, zurückgreifen und die Geschichte zwischen den persönlichen Geschichte sichtbar machen.

1988 führte die Choreographin Birgit Scherzer an der Komischen Oper in Berlin, Hauptstadt der DDR, das Stück "Keith" auf. Inspiration war das Album "Köln Concert" von Keith Jarrett. Diese berühmte Konzertaufnahme war auch eine Lieblingsplatte von Ghazi. Über einen Freund hatte er Birgit Scherzer und ihre Familie kennengelernt und ihre Arbeit verfolgt. Das Stück wurde ein Erfolg, was gar nicht mal so selbstverständlich war. Ghazi setzt in seiner Dokumentation weit vor diesem Erfolg an. Die Tänzer und Tänzerinnen kamen teilweise aus einfachen Verhältnissen. Die DDR hat sie zu "Leistungsträgern" gemacht, die das Land auch im Ausland repräsentieren sollten. Sie waren somit privilegiert. Das änderte nichts an der Tatsache, dass sie nicht frei in ihren Entscheidungen waren. Will man so leben? Wenn man die Chance hat, bei einem Gastspiel im Ausland einfach "da zu bleiben"? Den Fall der Mauer 1989 konnte keiner vorhersehen.

20 Jahre später machte sich Salar Ghazi auf, um die Mitwirkenden des Stückes "Keith" einzeln aufzusuchen und ihre Geschichte mit der Kamera festzuhalten. Er arbeitete zwar für das Fernsehen, aber niemand interessierte sich für dieses Thema. Das hinderte Salar Ghazi nicht, mit ganz langem Atem, dieses Vorhaben umzusetzen. Die Produktionszeit zog sich somit über 12 Jahre hin und es gab exakt Null Förderung. Ghazi machte das Beste daraus. Ohne Förderung war der Regisseur und Kameramann und Cutter frei in seinen Entscheidungen. Das Material, Interviewaufnahmen mit den Beteiligten, verknüpft mit den Privataufnahmen von Roland Gawlik, bestimmte die Form. Kapitelsetzungen takten das große Ganze, das die Lebensentwürfe, die Entwicklung, Erarbeitung und die Entscheidungsfindungen chronologisch und quasi in Parallelmontage aufbereitet. So erst wird ein vielschichtiges Bild daraus. Ghazi konnte sich die Freiheit nehmen, genau hinzuhören und den Akteuren die Zeit zu geben, ihre Geschichten mit all den Zweifeln und den Wissen um Verantwortung und dem Drang der persönlichen Entfaltung nach und nach einzubringen. Zu verstreut leben die Akteure heute, die Interviews führten Ghazi bis nach Santiago in Chile. Die Interviews ergänzen sich in der Montage, ergeben ein flüssiges Erzählen, das nach und nach in die Tiefe geht. Das ist spannend, auch wenn man sich für Tanz nicht speziell interessiert.

Die Entwicklung der Akteure bleibt dabei, wie der Titel auch schon sagt, "in Bewegung". Der Film greift auf, dass sich das Leben entwickelt und dass das Phänomen Zeit über den Körper mitentscheidet. "In Bewegung bleiben" greift viele Gedanken auf. Somit ist nicht nur die Frage gestellt, "wo wollen wir leben", sondern auch "wie können wir leben".

Elisabeth Nagy


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Offener Brief zu den Akkreditierungsgebühren der Berlinale
von der Berufsvereinigung Deutscher Medienjournalisten

22. Februar 2021

Prof. Monika Grütters
Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien
Bundeskanzleramt
Platz der Republik 1
11011 Berlin

Olaf Scholz
Bundesminister für Finanzen
Wilhelmstraße 97
10117 Berlin

Sehr geehrte Frau Prof. Grütters
Sehr geehrter Herr Scholz

Wir freuen uns, dass die Bundesregierung der Berlinale mit zehn bis 15 Millionen Euro zusätzlich unter die Arme greifen will, damit sie in diesem Jahr als Branchenevent als auch Publikumsfestival stattfinden kann.

Die Filmkritiker aus aller Welt sind allerdings sehr verärgert, dass Maßnahmen zur Sicherheit des Publikums und zur Digitalisierung unterstützt werden und Marktteilnehmer finanziell entlastet werden, bei uns aber nichts ankommt. Obwohl klar ist, dass sich die Verdienstmöglichkeiten bei der Berichterstattung nahezu halbieren.

Die Leitung der Berlinale hat sich entschlossen, die Teilnahmegebühren für Marktteilnehmer auf ein Drittel bis ein Viertel des bisherigen Beitrags zu reduzieren. Für uns bleiben sie gleich. Das sorgt für Unmut, auch unter dem Aspekt, dass der Europäische Filmmarkt der Berlinale traditionell nach fünf, sechs Tagen beendet ist. Wir können sonst über zehn, elf Tage berichten, in diesem Jahr werden es nur sechs Tage sein. Außerdem ist es der Berlinale-Leitung nicht gelungen, alle Rechteinhaber zu überzeugen, ihre Filme den Journalisten zur Sichtung zur Verfügung zu stellen. Alleine im Wettbewerb sollen drei Titel betroffen sein.

Damit setzt sich eine Politik fort, die eine Seite der Filmbranche mit Fördergeldern überschüttet, die berichterstattenden Kollegen, die sich auf hohem professionellen Niveau mit der Kunstform Film auseinandersetzen, aber im Regen stehen lässt. Dies setzte sich auch in der Corona-Pandemie fort. Millionenschwere Hilfsprogramme wurden für Filmproduzenten, Verleiher, Kinos und Weltvertriebe aufgelegt. Für uns blieben die Grundsicherung und mit erheblicher Verspätung anlaufende Hilfsprogramme.

Für uns ist auch nicht nachvollziehbar, warum die Berlinale für die Ausstellung eines einfachen Badges den Teilnehmern höhere Kosten berechnet als die deutschen Behörden für die Ausstellung eines fälschungssicheren Personalausweises. Und ganz grundsätzlich nicht, warum Filmfestivals im Gegensatz zu allen anderen Institutionen und Veranstaltern in diesem Land auf die kosten für die Akkreditierung auf die Berichterstattenden umlegen.

Wir bitten Sie daher als politisch Verantwortliche für die Verwendung der Hilfsgelder der Leitung der Berlinale aufzuerlegen, uns die Akkreditierungsgebühren in diesem Jahr zu erlassen. Das Filmfest in Hamburg, das Filmfestival in Saarbrücken und zahlreiche internationale Festivals wie zuletzt das renommierte Event in Rotterdam haben zudem bewiesen, dass sie in diesem besonderen Jahr ohne Akkreditierungsgebühren auskamen.

Wir glauben, dass dies ein wichtiges Zeichen wäre, dass sie auch ein Herz für uns haben. Und es wäre auch ein wichtiges Signal für die Kollegen aus aller Welt, dass Sie in Berlin willkommen sind.

Für Rückfragen stehen wir Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen
Andrea Dittgen


Berufsvereinigung deutscher Medienjournalisten (BVMJ)
c/o Andrea Dittgen, Schreinerstraße 29, 10247 Berlin
Der Vorstand:
Ingrid Beerbaum, Andrea Dittgen, Katharina Dockhorn, Karsten Kastelan


Web: bvmj.de
Mail: info@bvmj.de

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