Skip to content

Was kommt anstelle des linearen TVs (Update)

Im Rahmen der Berlin Web Week trafen sich 6.000 Besucher bei den Video Days und im Herbst startet in Berlin ein neues Filmfestival, das ausschließlich Fernsehserien zeigt.



Immer mehr junge Leute tummeln sich im Netz und ignorieren lineares Fernsehen. Für sie besteht das Fernsehen der Zukunft aus Apps, denn lineares Fernsehen ist out. Zwar ist Fernsehen immer noch ein tolles Unterhaltungsmittel für die ältere Generation, aber zu viel einseitig in seinen Kommunikationsmöglichkeiten, obwohl es mittlerweile Smart TVs mit Zugangsmöglichkeit zum Internet gibt. Genutzt werden sie bisher nur von Wenigen, denn die Einrichtung einer LAN- oder WLAN-Verbindung ist nicht überall möglich oder für manche zu kompliziert oder vielleicht auch zu teuer, denn ein fester DSL-Anschluss mit permanenter Flatrate sollte neben einem Mobilfunkanschluss schon vorhanden sein.

Nach Meinung von Reed Hastings, dem CEO von Netflix, der das weltweit erfolgreichste Video-on-Demand-Angebot auch auf moderne Smart-TVs bringt, wird in etwa zwanzig Jahren jedes Video im Internet gezeigt werden. Gemessen an der Entwicklung der vergangenen zehn Jahre, ist diese Prognose nicht gänzlich unrealistisch. Hastings glaubt, dass das Fernsehen der Zukunft in Form von Apps daherkommt und die TV-Bildschirme an übergroße iPads erinnern oder vielleicht auch wie Videobrillen aussehen werden. Jedes Angebot wird seiner Meinung nach eine eigene, neue Erfahrung bieten. Und die besten Formate seien gerade erst in der Entwicklung.

Auf der Re:publica, die vom 5.-7. Mai 2015 im Rahmen der Media Convention Berlin stattfand, gab es Hinweise darauf, wie diese Entwicklungen aussehen könnten. Eigenproduktionen, wie sie Netflix und Amazon etabliert haben, erreichen auch den europäischen Markt. Virtuelle Realität kann Fernsehen und Journalismus als erfahrbares Erlebnis präsentieren. Livestreaming-Apps wie Periscope und Meerkat machen Smartphone-Nutzer zu eigenen Sendern, überall und zu jeder Zeit. Sportverbände wie die amerikanische MLB streamen ihre Spiele selbst ins Netz, Spartensender wie die E-Sports-Plattform ESL.tv füllen Nischen. Und große Unternehmen wie Facebook und Google suchen die Zuschauer direkt in den Timelines sozialer Netzwerke.

Klingt kompliziert? Vielleicht zum jetzigen Zeitpunkt. Reed Hastings jedenfalls ist sicher: Ebenso wie vor acht Jahren und vor der Vorstellung des iPhones praktisch niemand von Apps sprach, wird in zehn bis zwanzig Jahren niemand mehr vom linearen Fernsehen sprechen. Schon heute versuchen die nicht nur die öffentlich-rechtlichen TV-Anstalten nach Möglichkeit das Angebot ihrer Mediatheken auszubauen, damit jeder seine Lieblingssendung zu jeder Zeit sehen kann, unabhängig vom linearen Programmraster.

Nicht Technologien sollten reguliert werden, sondern Systeme.
Frank Rieger, Sprecher des Chaos Computer Clubs, ist noch rigoroser, denn naturgemäß ist er wenig daran interessiert, dass fachfremde Politiker neue Technologien immer gleich regulieren oder sogar verbieten wollen. Sein Gegenvorschlag basiert auf den Menschen- und Bürgerrechten, da Menschenwürde wichtiger sei als der Profit. Dementsprechend sollten vielmehr jene Geschäftsmodelle reguliert werden, mit deren Hilfe jemand in menschenunwürdige Arbeit getrieben werden kann, weil Technik ja immer nur ein Werkzeug ist, das dem Menschen eigentlich helfen soll, die Arbeit zu erleichtern.

6.000 Besucher bei Video Days in Berlin.
Gleich zu Beginn der Web Week fanden am 1. und 2. Mai 2015 die Video Days zum ersten Mal in Berlin statt. Zu dem Youtuber-Treffen kamen immerhin 6.000 Besucher und feierten mit über 300 bekannten Video Bloggern, die mit linearem Fernsehen schon lange nichts mehr im Sinn haben. Bekannte Künstler wie Y-Titty, Dat Adam, DieLochis und Alberta nahmen sich Zeit, gaben stundenlang Autogramme und ließen sich bereitwillig mit ihren Fans fotografieren. Aus den USA war Youtube-Star Sam Tsui angereist, aus England kam die erst zwölfjährige Künstlerin Saphirre zum Fantreffen.

Außerdem wurden die Video Days Play Awards vergeben. Die Youtube-Kanäle von Bullshit TV, Freshtorge, Taddl, DieLochis und TopZehn erhielten Auszeichnungen für das Überspringen der Eine-Million-Abo-Grenze. In der Kategorie Information wurde MrWissen2Go und in der Kategorie Newcomer Kim Leitinger geehrt. DarkViktory heimste eine Auszeichnung in der Kategorie "Innovation" ein, NelaLee erhielt einen Play Award in der Kategorie Beauty, Lifestyle, Fashion.

Veranstalter Christoph Krachten zu den Video Days: "Es hat sich gezeigt, dass Berlin neben Köln als zweiter Standort für die Video Days die richtige Entscheidung war. Die Community hat uns herzlich willkommen geheißen. Damit bilden die Video Days einen fulminanten Auftakt der Berlin Web Week. Ich danke dem Medienboard Berlin-Brandenburg für die Unterstützung ohne die dieser Erfolg nicht möglich gewesen wäre."

Erfolg für Babelsberg mit US-Serienstaffel.
Vom Netflix-Boom scheint auch endlich Studio Babelsberg zu profitieren. Zwar war das Jahr 2013 erfolgreich gewesen, doch bereits 2014 schrieb das Studio wieder rote Zahlen, nachdem einige internationale Produktionen weggebrochen waren. Nun jedoch soll eine komplette US-Serienstaffel in Deutschland gedreht werden. Mehreren amerikanischen und britischen Medienberichten zufolge hat der Pay-TV-Sender Showtime bestätigt, dass die fünfte Staffel des Serienerfolgs "Homeland" in Berlin und dort zum Großteil im Studio Babelsberg entstehen soll. Für das Studio sind das gute Nachrichten. Für die Kinos weniger, denn sie profitieren selten von den TV-Serien der amerikanischen Kabelsender und VoD-Anbieter.

NACHTRAG:
Nur einige Filmfestspiele setzen auf die neue Form der Serienfilm-Unterhaltung und ergänzen damit ihr Programmangebot.

Dazu gehört das Internationale Filmfest Potsdam, das letztes Jahr seine Premiere in den Thalia Kinos Babelsberg hatte und dieses Jahr als Serienfestival Berlin unter dem Namen »SERIENALE« sich neu aufstellt und im Delphi Filmpalast am Zoo sowie im Soho Haus Berlin vom 9.-11. November 2015 stattfinden wird.

Auch das Filmfest München zeigt vom 25.06. bis 04.07.2015 in einer speziellen Sektion nur Serienfilme.

Independent Kinos wollen Einkaufsgemeinschaft.
Für die Kinos sind die neuen Video-on-Demand-Angebot eine zunehmende Bedrohung. Schon jetzt leiden die Videotheken stark unter dem Angebot im Netz und immer mehr Videotheken können die Miete für die Geschäftsräume nicht mehr aufbringen und müssen schließen. Damit es auch den unabhängigen Kinos nicht bald so ergeht, ist die Gründung einer bundesweiter Einkaufsgemeinschaft geplant, um Filmeinkauf und Marketing zu vereinheitlichen, und um somit Kosten zu reduzieren. Nur die Filmdisposition soll weiterhin jedem Einzelnen überlassen bleiben.

Am 29. April 2015 trafen sich in Frankfurt am Main zehn Kinobetreiber, um Ideen und Argumente hinsichtlich der Gründung einer bundesweiten Einkaufsgemeinschaft für Kinos auszutauschen. Im Rahmen dieses Treffens wurde beschlossen, dass unter Berücksichtigung kartellrechtlicher Grundlagen eine solche Gemeinschaft gegründet werden soll. Das Hinzunehmen weiterer Bereiche wie Technik, Concessions oder weiterer Bereiche soll gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunkt ins Auge gefasst werden.

Neue "Kinobetriebsstudie“ liefert Marktdaten zur Kinowirtschaft.
HDF Kino e.V. und AG Kino Gilde e.V. sehen derzeit allerdings noch keine direkte Bedrohung durch Video on Demand (VoD) von Netflix, Amazon, Videobuster oder Maxdome. In einer gemeinsamen Studio haben sie gerade erstmalig gebündelte Marktdaten zur Kinowirtschaft veröffentlicht, die sogar einen Aufwärtstrend zeigen. Das ist vor allem der Digitalisierung der Kinos geschuldet, was einen Vertrieb der Filme vereinfacht hat und Kosten drücken konnte. Dagegen steht Mindestlohn, der die Kosten der Kinobetreiber vor allem für fest Angestellte Vorführer in die Höhe treibt. Positive Ergebnisse lieferten auch die über 50-jährigen, die wieder verstärkt ins Kino gehen, um ein Gemeinschaftserlebnis mit Lachen und Weinen zu haben, während die Generation der 15-29-jährigen die Kinos zunehmend meiden und andere Interessen verfolgen.

Weitere Infos zur Studie hier beim HDF. (Nachtrag)
Quellen: Blickpunkt:Film | Golem | HDF Kino

Anzeige

Trackbacks

Keine Trackbacks

Kommentare

Ansicht der Kommentare: Linear | Verschachtelt

Noch keine Kommentare

Kommentar schreiben

Standard-Text Smilies wie :-) und ;-) werden zu Bildern konvertiert.
Die angegebene E-Mail-Adresse wird nicht dargestellt, sondern nur für eventuelle Benachrichtigungen verwendet.

Um maschinelle und automatische Übertragung von Spamkommentaren zu verhindern, bitte die Zeichenfolge im dargestellten Bild in der Eingabemaske eintragen. Nur wenn die Zeichenfolge richtig eingegeben wurde, kann der Kommentar angenommen werden. Bitte beachten Sie, dass Ihr Browser Cookies unterstützen muss, um dieses Verfahren anzuwenden.
CAPTCHA

Formular-Optionen

Kommentare werden erst nach redaktioneller Prüfung freigeschaltet!