Neue Filmbesprechungen zu Kinostarts in der 17. KW 2025
Während das GoEast Filmfestival in Wiesbaden am Dienstag zu Ende geht und ab 29. April der Start der 71. Kurzfilmtage in Oberhausen bevorsteht, wollen wir kurz einen Blick auf vier aktuell gestartete Kinofilme werfen.
Im Bereich Arthouse sehenswert sind seit dem 24. April 2025 das litauische Coming-of-Age-Drama "TOXIC" von der Regiedebütantin Saulė Bliuvaitė über ein 13-jähriges Mobbingopfer, das wegen einer leichten körperlichen Behinderung beim Casting das Nachsehen hat. Der Gewinner des Goldenen Leoparden im letzten Jahr in Locarno feierte bereits im Dezember 2024 seine Berlinpremiere beim Filmfestival »Around the World in 14 Films«.
Hier der Trailer:
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Auch das schwedische Drama "JULIE BLEIBT STILL" des belgischen Regisseurs Leonardo Van Dijl über eine talentierte Tennisspielerin, die als Schutzbefohlene Jugendliche in psychische und sexuelle Abhängigkeit des Trainers geriet, fand hohe Beachtung im letzten Jahr in der Cannes-Sektion »Semaine de la Critique« und ist ebenfalls jetzt regulär seit dem 24. April 2025 im Kino zu sehen.
Hier der Trailer:
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Eine längere Besprechung folgt anschließend hier über die warmherzige Tragikomödie mit einem Pinguin, nach einer wahren Begebenheit. Einziger Unterschied im Film zu den gleichnamigen Memoiren von Tom Michell besteht im Alter des Protagonisten. Michell war damals Mitte zwanzig, als er seine Job als Lehrer in einer renitenten Klasse antrat, während im Film Steve Coogan einen griesgrämigen älteren Professor im Argentinien der 1970er Jahre darstellt, der offensichtlich kurz vor seiner Rente steht.
"DER PINGUIN MEINES LEBENS" Tragikomödie von Peter Cattaneo (Großbritannien / Spanien / USA / Irland, 2024; 110 Min.) Mit Steve Coogan, Jonathan Pryce, Vivian El Jaber und den Pinguinen Baba and Richard als Juan Salvador. Seit 24. April 2025 bundesweit im Kino. Hier der Trailer im Verleih von Tobis.
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"QUIET LIFE" schwedisches Drama des griechischen Regisseurs Alexandros Avranas über reale Begebenheiten von jugendlichen Migranten, die aus Angst vor Abschiebung ins dauerhafte Koma fallen. (Estland / Deutschland / Finnland / Frankreich / Griechenland / Schweden, 2024; 99 Min.) Mit Chulpan Khamatova, Grigoriy Dobrygin, Naomi Lamp u.a. seit 24. April 2025 im Kino. Hier der Trailer:

Im Bereich Arthouse sehenswert sind seit dem 24. April 2025 das litauische Coming-of-Age-Drama "TOXIC" von der Regiedebütantin Saulė Bliuvaitė über ein 13-jähriges Mobbingopfer, das wegen einer leichten körperlichen Behinderung beim Casting das Nachsehen hat. Der Gewinner des Goldenen Leoparden im letzten Jahr in Locarno feierte bereits im Dezember 2024 seine Berlinpremiere beim Filmfestival »Around the World in 14 Films«.
Hier der Trailer:
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Auch das schwedische Drama "JULIE BLEIBT STILL" des belgischen Regisseurs Leonardo Van Dijl über eine talentierte Tennisspielerin, die als Schutzbefohlene Jugendliche in psychische und sexuelle Abhängigkeit des Trainers geriet, fand hohe Beachtung im letzten Jahr in der Cannes-Sektion »Semaine de la Critique« und ist ebenfalls jetzt regulär seit dem 24. April 2025 im Kino zu sehen.
Hier der Trailer:
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Eine längere Besprechung folgt anschließend hier über die warmherzige Tragikomödie mit einem Pinguin, nach einer wahren Begebenheit. Einziger Unterschied im Film zu den gleichnamigen Memoiren von Tom Michell besteht im Alter des Protagonisten. Michell war damals Mitte zwanzig, als er seine Job als Lehrer in einer renitenten Klasse antrat, während im Film Steve Coogan einen griesgrämigen älteren Professor im Argentinien der 1970er Jahre darstellt, der offensichtlich kurz vor seiner Rente steht.
"DER PINGUIN MEINES LEBENS" Tragikomödie von Peter Cattaneo (Großbritannien / Spanien / USA / Irland, 2024; 110 Min.) Mit Steve Coogan, Jonathan Pryce, Vivian El Jaber und den Pinguinen Baba and Richard als Juan Salvador. Seit 24. April 2025 bundesweit im Kino. Hier der Trailer im Verleih von Tobis.
Ulrikes Filmkritik:
Inspiriert wurde der Film von der echten Geschichte eines Englischlehrers, der in den 1970er Jahren als Aushilfe an einer Privatschule in Buenos Aires anheuert, während sich die Militärs an die Macht putschten. In Argentinien herrscht Chaos, Unruhen und ein Wirtschaftskollaps.
Mr. Tom Michell (Steve Coogan) ist kurzfristig eingesprungen. Nun muss er sich mitten in den Unruhen mit schwachen, sturen und rebellischen Schülern herumschlagen. Er soll den Jungen englisch beibringen.
Das erste, was er ihnen erklärt, ist die Bedeutung von Sarkasmus. Doch bevor es ernst wird, ist er mit seinem Mitbewohner nach Urugay gefahren, wo beide sich entspannen wollen. Während der Busfahrt, erzählt Toms Kollege die Geschichte von seiner Ehefrau, die ihn verlassen hat und eine gute Tänzerin war. Die beiden Männer tanzen gern und am nächsten Tag geht Tom mit seiner Tanzpartnerin am Strand entlang. Sie finden dort einen ölverklebten Pinguin, nehmen ihn mit und duschen ihn ab. Dabei beißt der Pinguin kurz zu. Die Frau zieht ihren Strumpf aus und wickelt ihn um den Schnabel des Tieres, damit er ruhig bleibt.
Eigentlich war Tom an einem One-Night-Stand interessiert, doch die Frau gesteht ihm, dass sie verheiratet ist und wieder nach Hause muss. Jetzt ist Tom mit dem Pinguin alleine. Er bringt ihn wieder zum Strand. Doch der Pinguin läuft ihm hinterher. Als er beim Kaffee trinken von Gästen befragt wird, ob es sein Pinguin ist, antwortet Tom ganz cool: „Ich wollte nur eine Frau beeindrucken weil ich Sex mit ihr wollte. Jetzt habe ich keinen Sex aber einen Pinguin“. Der kleine Vogel denkt überhaupt nicht daran wieder zu verschwinden, sondern folgt ihm auf Schritt und Tritt, wenn er nicht gerade in einer Tasche hockt. Bei der Rückfahrt wird Tom erwischt und soll Zoll in Dollars für das Tier bezahlen. Er behauptet, das Tier in einen Zoo zu bringen und schleppt es weiter mit sich herum.
Der Internatsdirektor hämmert ihm nochmals ein, die Schüler auf die mittlere Reife vorzubereiten. Wohin mit dem Pinguin? In Toms Unterkunft herrscht Rauchverbot, keine laute Musik und keine Tiere. Also kommt der Pinguin nachts ins Bad und tagsüber ist sein Quartier die Terrasse. Es ist ihm klar, das putzige Watscheltier wird er nicht mehr los. Nach und nach erobert der ungewollte Mitbewohner Toms Herz und er gibt ihm den Namen Juan Salvador.
Im Klassenraum machen die Schüler wieder was sie wollen Tom stellt den Schülern den Pinguin vor und handelt mit ihnen einen Deal aus. Sie dürfen das Tier mit Fisch füttern. Juan Salvador wird schnell zum Klassenclown und Motivator für die Schüler. Obwohl er nicht gut riecht und seine Kotspuren hinterlässt, taugt er gut als Metapher. Juan Salvador macht was er will und watschelt immer aufrecht. Und außerdem ist er ein guter Zuhörer. Toms Mitbewohner erzählt Juan, was für eine Wut er auf auf seine Frau hat, weil sie ihn verlassen hat. Juan hält seinen Schnabel und hört ihm gut zu.
Tom bittet seine Schüler sich im Klassenraum auf den Boden zu legen, damit Juan Salvador nicht immer nur ihre Beine sieht, wenn er herumwatschelt. Dank des drolligen Pinguins haben sich die Schüler verbessert. Die Lernschwachen sind nicht mehr letzte. Es werden sogar Preise an sie vergeben. Juan Salvador wurde zu einem Seelentröster für die rebellischen Jungen. Freundschaft entsteht manchmal dann, wenn man sie überhaupt nicht erwartet.
Mit feinem britischen Humor und leisen Zwischentönen erzählt der PINGUIN MEINES LEBEN seine wahre Geschichte über Veränderungen und das Chaos im Leben. Steve Coogan brilliert als mürrischer Außenseiter, dessen trockener Witz und seine kauzige Art dennoch zeigt, dass er ein gutes Herz hat, besonders in dramatischen Momenten, schaut er nicht weg. Entstanden ist eine tiefgründige und warmherzige Komödie. Zwei Jahre ist Tom nach Juan Salvadors Ableben noch geblieben und hat ein Buch über seine Freundschaft mit dem Pinguin geschrieben. Einer seiner Schüler hat ihn mit wunderbar verständnisvollen Worten getröstet. Und Tom selbst hält eine bewegende Rede über seinen Pinguin.
Eigentlich wollte Tom nur seine Ruhe haben und seine kratzbürstige Einstellung zum Leben genießen. Als Sofia, die Enkelin seiner Haushälterin auf der Strasse von Militärs verschleppt wird, hätte er reagieren müssen. Das er es nicht tat bereute er sehr. Setzt sich aber für ihre Freilassung ein.
Ulrike Schirm
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"QUIET LIFE" schwedisches Drama des griechischen Regisseurs Alexandros Avranas über reale Begebenheiten von jugendlichen Migranten, die aus Angst vor Abschiebung ins dauerhafte Koma fallen. (Estland / Deutschland / Finnland / Frankreich / Griechenland / Schweden, 2024; 99 Min.) Mit Chulpan Khamatova, Grigoriy Dobrygin, Naomi Lamp u.a. seit 24. April 2025 im Kino. Hier der Trailer:
Ulrikes Filmkritik:
Schweden 2018. Eine russische Familie, Sergei (Grigoriy Dobrygin und seine Frau Natalia (Chulpan Khamatova) sind mit ihren beiden Töchtern, Katja und Alina dem russischen Regime aus politischen Gründen entronnen und haben vorläufig in Schweden Schutz gefunden. Sergei ist von Beruf Lehrer. Die Familie hat sich schon nach und nach integriert. Die Kinder haben bereits die Sprache gelernt, Katja singt im Chor und Alina ist eine erfogreiche Turmspringerin. Sie warten darauf, eingebürgert zu werden.
Am Abend vor dem Termin bei der Ausländerbehörde, wo sie ihre Aufenthaltsgenehmigung erhalten sollen, sind sie einer unmenschlichen Vorgehensweise ausgeliefert. Es wird ihnen plötzlich mitgeteilt, dass sie abgeschoben werden. Beide Mädchen fangen an zu weinen. In Russland wurde ihr Vater attackiert und bedroht. Mit der Hilfe eines Schleusers war ihnen die Flucht gelungen.
Plötzlich fällt die jüngere Tochter in ein tiefes Koma. Das kleine Mädchen wird in eine Klinik eingeliefert. Das Personal verhält sich äußerst merkwürdig, fast roboterhaft. Katjas Eltern dürfen ihre Tochter nur durch eine Fensterscheibe betrachten. Man schreibt ihnen vor, ein Lächel-Seminar zu besuchen, so wie Ängste und Sorgen vor ihren Kindern zu verbergen. Die Chance wieder zu erwachen, sinkt mit jedem neuen Tag. Den verzweifelten Eltern wurden bei ihrer Anhörung, die einem Verhör glich, nicht geglaubt. Der Stress dieser Vernehmung hat bei Katja dafür gesorgt, bewusstlos zu werden. Die besorgten Eltern ergreifen Maßnahmen, die das Problem allerdings noch verschärfen. Sie widersetzen sich den Behörden, auf die Gefahr hin, dass sie niemals Asyl in Schweden erhalten werden.
Regisseur Alexandros Avranas weist mit dieser fiktiven Geschichte auf ein wahres, reales Problem hin. Es handelt sich um das sogenannte „Child – Resignationssyndrom“ das es wirklich gibt. Besonders Kinder aus Kriegsgebieten, die in ihre Heimat zurückkehren sollen, fallen aus Verzweiflung ins Koma. Es ist die Folge auf schwere Traumata. Alina möchte ihre Schwester besuchen. Es wird ihr nicht erlaubt. Die Familie muss Einspruch erheben.
Katjas Blut wurde untersucht, um festzustellen, ob sie vergiftet wurde. Es gibt angeblich Migranten, die ihre Kinder vergiften, um ihren Aufenthalt zu erzwingen. Katja befindet sich in einem großen Krankenhaussaal. Es sind viele Betten belegt. Den Eltern hat man versucht das Lächeln und eine aufrechte Haltung beizubringen. Es ähnelt einer surrealen Szenerie. Die Mutter ist vor Sorge ausgerastet. Auch sie war Lehrerin, sie hatten ein schönes Haus, einen Garten und nun werden sie mit Misstrauen begutachtet.
Alina darf endlich ihre Schwester besuchen. Sie bringt ihr ein Geschenk mit. Katja reagiert noch immer nicht. Alina versucht alles Mögliche um die schwedischen Behörden davon zu überzeugen, dass ihr Vater misshandelt wurde. Nur wenn der Asylantrag bewilligt wird, wird auch ihre kleine Schwester wieder gesund. Plötzlich heißt es, dass sie in Schweden bleiben können, wenn sie ihre Töchter nicht mehr sehen. Einer empathievollen Betreuerin haben sie einen Unterschlupf zu verdanken.
Das Drama ist großartig inszeniert und von allen beeindruckend gespielt. Für Eltern ist "QUIET LIFE" ein absoluter Horror. Gezeigt wird ein Drama über die Angst und das Misstrauen gegen Flüchtlingsfamilien.
Ulrike Schirm