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Rumänischer Triumph beim 45. Film Festival in Kairo

Nachdem im letzten Jahr das 1976 gegründete Cairo International Film Festival abgesagt wurde, fand die 45. Ausgabe in diesem Jahr vom 13. - 22. November 2024 wieder statt.



Bericht von Katharina Dockhorn.

Das 45. International Film Festival Kairo, das älteste Event auf dem afrikanischen Kontinent, lockte in den vergangenen Tagen Filmemacher aus aller Welt an den Nil. Zum zweiten Standbein des Festivals sollen die Industry Days werden, die ihr programmatisches Angebot verdreifacht haben.

Mit frenetischem Applaus quittierte das ägyptische Publikum die Hilflosigkeit des rumänischen Diktators Nikolai Ceausescu in der sehenswerten Tragikomödie „The New Year that never came“ von Bogdan Mureșanu über die Ereignisse in seiner Heimat im Dezember 1989.

Hier der Trailer:



Synopsis:
Ein tragikomisches Puzzle von Figuren auf der Suche nach Normalität, Sicherheit, Liebe, Freiheit und Sinn. Und das alles an einem einzigen Tag.

Der Film feierte seine Premiere bei den 81. Internationalen Filmfestspielen von Venedig 2024, wo er als Bester Film in der Sektion Orizzonti ausgezeichnet wurde und auch den Internationaler Kritikerpreis (FIPRESCI-Preis) erhielt.


Ebenso gefeiert wurde der Dokumentarfilm „Madaniya“ des sudanesischen Regisseurs Mohamed Subahi, der drei jungen Leuten folgt, die mit ihren Protesten zum Sturz von Diktator Oma Al Bashir beitrugen.

Das 45. Filmfestival von Kairo setzte in diesem Jahr klare politische Zeichen. Der Westen hätte Filmfestivals mit dem verständlichen Engagement für die Ukraine stark politisiert, so Hussein Fahmy, seit diesem Jahrgang Präsident des Festivals. Explizit erwähnte er Claudia Roths flammende Rede zur Unterstützung der Ukraine zur Berlinale-Eröffnung 2023. Er bedaure diese Entwicklung. Doch Kairo wolle nachziehen und ein sichtbares Zeichen der Solidarität mit den Filmschaffenden aus Palästina setzen.

Palästina auf die filmische Landkarte gerückt

Aus dem Programm aus Spiel- und Dokumentarfilmen ragte der beeindruckende Eröffnungsfilm „Passing Dreams“ von Rashid Masharawi heraus.

Hier der Trailer:



Synopsis:
"Passing Dreams" erzählt die Geschichte eines 12-jährigen palästinensischen Jungen namens Sami. Der Film folgt der Suche des Jungen, der in einem Flüchtlingslager im Westjordanland lebt, auf der Suche nach seiner entflogenen Taube bis nach Bethlehem. Auf dem Weg muss er etliche israelische Checkpoints passieren. Das vor dem Krieg entstandene Roadmovie wirkt heute wie ein Film aus einer vergangenen Zeit.


Mit dem von ihm finanzierten Fund ermuntert Regisseur Rashid Masharawi seine Kollegen aus Palästina auf, weiterhin das eigene Leben einzufangen. Ein wenig ist ihm der Ärger über die Ablehnung des Kompilationsfilms „From Ground Zero“ durch das Festival in Cannes noch anzumerken, wo er auf eigene Kosten ein Special Screening organisierte. Der Film, in dem 30 palästinensische Künstler ihre Gefühle in den Kriegswirren festhielten, lief dann in beim Festival von Toronto.

Wettbewerbsschwerpunkt Afrika

Insgesamt wurden in Kairo 190 Filme in zehn Tagen in verschiedenen Sektionen gezeigt, wobei der Schwerpunkt traditionell auf dem Filmschaffen auf der Region und Afrika ruht. Dem Urteil der Jury stellten sich 17 internationale Produktionen, darunter Australiens Animationshit „Memoir of a Snail“ und Julie Delpys Regiearbeit „Meet the Barbarians“.

Hier der Trailer:



Synopsis:
Die Culture-Clash-Komödie führt in ein Dorf in der Bretagne, das Flüchtlinge aus der Ukraine erwartet. Stattdessen kommen syrische Familien.


Für „Spring Came Laughing“ der Ägypterin Noha Adel wurde die Premiere im Wettbewerb das umjubelte Heimspiel. Der Film überzeugte die FIPRESCI-Jury.

„The New Year that never came“ wurde von der Jury unter dem bosnischen Regisseur Danis Tanovic mit der »Goldene Pyramide« ausgezeichnet.

Die »Silberne Pyramide« für die beste Regie ging an den russischen Film „Postmarks“ von Natalja Nazarowa, auch dessen Hauptdarsteller Maxim Stojanow wurde mit einer Pyramide geehrt, während seine Kollegin Alena Kojewanowa mit einer Special Mention bedacht wurde.

Ebenfalls mehrfach ausgezeichnet u.a. mit der »Bronzenen Pyramide« wurde „Malu“ des Brasilianers Pedro Freire – als bestes Debüt sowie Yara de Novaves als beste Schauspielerin.

Hier der Trailer:



Synopsis:
Malu - eine quecksilbrige, arbeitslose Schauspielerin, die mit ihrer konservativen Mutter in einem prekären Haus in einem Slum von Rio de Janeiro lebt - versucht, mit ihrer angespannten Beziehung zu ihrer eigenen erwachsenen Tochter fertig zu werden, während sie von den Erinnerungen an ihre glorreiche künstlerische Vergangenheit lebt.


Ehrungen für Tanovic, Jim Sheridan, Gaspar Noé, Neil Burger und Eric Roberts

Im vergangenen Jahr fiel das Festival, das zu 50% von der ägyptischen Regierung finanziert wird, wegen der politischen Situation nach dem 7. Oktober 2023 aus. Jurypräsident Danis Tanović sagte für diesen Jahrgang erneut zu. Er war überrascht, dass er gemeinsam mit dem ägyptischen Schauspieler Ahmed Ezz mit dem Fatem Hamana Excellence Award ausgezeichnet wurde – der Oscar-Preisträger gestand, er habe die Mails vom Festival nur oberflächlich gelesen.

Für ihr Lebenswerk wurde der ägyptische Regisseur Yousri Masrallah geehrt, Schauspieler Eric Roberts mit der »Goldenen Pyramide«. Er stellte seinen neuen Film „The Contract“ vor, den er unter der Regie von Massimo Paolucci in Italien gedreht hat. Im Gespräch mit dem Amerikaner entstand der Eindruck, dass Schauspielkollege Kevin Spacey ebenso vor der Kamera stand und einen Charakter namens „The Devil“ spielt.

Gaspar Noé und Jim Sheridan waren Ehrengäste des Festivals. Der 75-jährige Ire, der in Dublin das Arabische Film Festival leitet, kündigte im Gespräch seine nächste Regiearbeit an. Er wird den Roman „King oft he Wind“ von Marguerite Henry verfilmen.

Öffnung für Streamingdienste

Erstmals gehörte mit “Echoes oft he Past“ eine Netflix-Serie zum Programm, ab 6. Dezember 2024 ist der achtteilige ägyptische Krimi weltweit zu sehen. Die Tickets für diese und alle Vorstellungen waren heiß begehrt. Für das ägyptische Publikum sind die Vorführungen im traditionellen Festivalzentrum rund um die Oper und im Zentrum der Stadt die einzige Chance, mit dem Weltkino in Kontakt zu kommen. Zum normalen Kinoprogramm gehören ausschließlich Hollywood-Filme, bedauert Hussein Fahmy.

Er hat bereits neue Akzente gesetzt. Das Festival will das Publikum für die eigene Filmgeschichte sensibilisieren und präsentierte mehrere aufwändig digitalisierte Filme wie „Der Löwe der Wüste“ mit Anthony Quinn, Oliver Reed und Sky Dumont. Das Epos um den Widerstand lybischer Stämme gegen die italienische Invasion aus dem Jahre 1979 erstrahlte nicht nur in alter Qualität, es wirkte auch inhaltlich sehr modern.

Industry Days ausgebaut

Das Programm der Industry Days wurde erweitert, und das Festival expandierte mit seinen Vorführungen in einen der Vororte der Metropole am Nil. Alle dortigen Vorführungen seien ausverkauft, betont der Festivalpräsident Hussein Fahmy.

Er holte Mohamed Sayed Abdel Rehim zum Festival, der das Programm der Industry Days grundlegend überarbeitete und ausbaute. Er suchte die Zusammenarbeit mit der Cairo Film Commission und der Chamber of Cinema Industry und öffnete das Event für alle interessierten Filmemacher aus der Region und Studenten. Zur Eröffnung des Marktes kündigte Hussein Fahmy den »Future Generation Award« an, der künftig jedes Jahr verliehen werden soll.

Neben Masterclasses mit Masrallah, Tanović, Sheridan und Noe wurden etliche Panel-Diskussionen zu allen Phasen des Filmschaffens angeboten, wobei der inhaltliche Schwerpunkt auf Koproduktionsmöglichkeiten und Sound lag. Zu den Experten gehörte Location Scout Marcus Bensch vom Studio Babelsberg.

Suche nach Fachkräften

Saudi-Arabien, das mit einem Steuererleichterungsmodell von 40% lockt, will seine Filmindustrie massiv ausbauen. Das aufstrebende Filmland setzt auf seine im regionalen Vergleich höheren Löhne und wirbt überall um Arbeitskräfte. Ägypten fürchten insbesondere um seine gut ausgebildeten Techniker.

Um sie im Land zu halten, möchte Ägypten Investoren und Produktionen aus aller Welt anlocken. Hier lockt ein Steuerrabatt von 30%, außerdem gibt es keine Beschränkung von Arbeitszeiten wie in Europa. Dazu kommen umfangreiche Studiokapazitäten. So gehörte ein Besuch im Komplex der Kairoer Filmstudios zum Programm der Industry Days. In 90 Studios wird vor allem für das Fernsehen produziert. Auf dem Gelände locken Kulissen des riesigen Marktplatzes von Isfahan ebenso wie Straßen von London, wo gerade eine Netflix-Serie entsteht. Abgerundet wird das Angebot mit Post-Production Facilities auf dem neuesten technischen Stand.

Die Cairo Film Commission versprach, alle Anfragen zu Drehorten innerhalb von 14 Tagen zu bearbeiten und bei den Verhandlungen, um günstige Mietpreise zu helfen. Neil Burger, der seinen neuen Thriller „Inheritance“ 14 Tage in Kairo drehte, lobt die Ägypter für ihre Professionalität.

Networking aus allen Ebenen

Die Pitching Session mit Netflix war überbucht, auch sonst waren die kurzen Treffen gut nachgefragt. Chinesische Experten brachten Filmemachern nahe, ihr potentielles Projekt innerhalb von drei Minuten auf den Punkt zu bringen. Für die Vernetzung blieb viel Raum und Zeit, auch weil das abendliche Get Together von einer auf zwei Stunden ausgeweitet wurde.

Die Verantwortlichen wollen die Plattform »Cairo Film Connection« zur wichtigsten Anlaufstelle in der Region zu machen, um Koproduktionen anzuschieben und Filmprojekte zu unterstützen. In diesem Jahrgang werden 18 Filmemacher unterstützt. Dazu kommt der Ausbau der Kooperation mit China, das mit einer großen Delegation angereist war. Sieben Filme aus dem Land der Mitte wurde in Kairo gezeigt, im April werden ägyptische Filme auf dem Filmfestival von Peking laufen. China hat das Filmschaffen aus der Region entdeckt, es stellt 100 Millionen$ für Synchronisation und Untertitelung bereit.

Katharina Dockhorn

Link: www.ciff.org.eg

In der nachfolgenden erweiterten Ansicht haben wir die komplette Liste aller Gewinner*innen des 45. Cairo International Film Festivals (CIFF) eingestellt.

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