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Polnischer Spielfilm gewann in Görlitz - Produzenten vergaben Preis in Laupheim

Der Hauptpreis des 21. Neiße Filmfestivals ging an Debowski-Film, während die Produktionsallianz den Carl Laemmle Preis verlieh. Außerdem ein kurzer Rückblick auf das 15. ALFILM - Arabisches Filmfestival Berlin.



Der polnische Spielfilm "Tyle co nic" (So gut wie nichts) hat am Samstagabend, den 18. Mai 2024, bei der Preisverleihung in Görlitz, der östlichsten Stadt Deutschlands, den Hauptpreis beim 21. Neiße Filmfestival gewonnen.

Hier der polnische Trailer des bereits mit 6 polnischen Auszeichnungen gekrönten Werkes.



„Ein hochpolitischer und leider auch viel zu seltener Blick auf Menschen in großer Notlage. Gefangen zwischen den Vorgaben aus Brüssel, die oft die Bedingungen vor Ort nicht kennen und dem Leben im Dorf, droht eine kleine Gemeinschaft zu zerreißen… Mit präziser Kamera und Montage verfolgt der Film diese gesellschaftliche Spaltung. Er zeigt aber auch die Hoffnung auf eine bessere Zukunft für Menschen, die uns alle ernähren und deshalb nicht egal sein sollten.“, so die Juroren.

Die Jury mit dem deutschen Regisseur, Dramaturgen und Drehbuchautor Olaf Held, der polnischen Regisseurin und Drehbuchautorin Iwona Siekierzyńska und dem tschechischen Festivalleiter, Regisseur und Autoren Vavřinec Menšl musste sich im Wettbewerb zwischen neun Spielfilmen, je drei aus Deutschland, Polen und Tschechien, entscheiden. 

Das Werk von Regisseur Grzegorz Debowski erhielt in Görlitz den mit 10.000 Euro dotierten "Neiße-Fisch: Bester Spielfilm". Der Preis für die beste darstellerische Leistung ging an die polnischen Actricen Magdalena Cielecka und Marta Nieradkiewicz für ihr Spiel im polnischen Roadmovie "Lęk" (Angst).

Hier der polnische Trailer aus 2023



Die Jury hob in ihrer Begründung hervor: „Das Roadmovie zieht seine enorme Überzeugungskraft aus dem Zusammenspiel der beiden Hauptdarstellerinnen. Ihr Aufeinandertreffen als zwei Schwestern, die nur noch wenig Zeit haben, um sich auf den endgültigen Abschied vorzubereiten, überzeugt und bewegt nachhaltig. Sie geben sich gegenseitig den Raum ihre Charaktere auszufüllen und sind beide Haupt- und Nebenrolle in einem.“


Michal Lošonský und Anna Nyitrai wurden für ihre Arbeit am slowakischen-tschechischen Spielfilm „Moc“ (Kraft) von Mátyás Prikler mit dem von der Stadt Görlitz gestifteten Preis für das beste Szenenbild ausgezeichnet.

Hier der Trailer, des tschechischen Films, der seine Premiere auf dem Festival von Rotterdam feierte.



„Grau ist das Set des Films, in dem sich alles um Macht und Einflussnahme dreht. Das passt einerseits perfekt zur Metaphorik, anderseits lenkt dieses Grau nicht unnötig vom Spiel des Ensembles ab. Ganz nach Bertold Brecht erzielt die Verfremdung des Settings einen starken Fokus auf die Erzählung und die politische Brisanz des Films.“, begründete die Jury.


Der Neiße-Fisch für das beste Drehbuch ging an Klaudiusz Chrostowski für den polnischen Beitrag „Ultima Thule“, bei dem er auch Regie führte.

Hier der Trailer:



Die Jury honorierte damit den Minimalismus des Films, der eben auch auf das Drehbuch zurückzuführen ist: „Auslassen und Wesentliches nur so weit zu erzählen, dass den Zuschauenden der berühmte roten Faden nicht verloren geht. Auf Dialoge verzichten und innere Stimmungen in Bildern beschreiben, ist eine große Kunst und leider auch sehr selten im Meer der Filme, die alles zweimal erklären. Das macht den Film „Ultima Thule“ so besonders.“
 

Der polnische Beitrag „Skąd dokąd“ von Maciek Hamela erhielt den mit 5.000 Euro dotierten Preis für den besten Dokumentarfilm im trinationalen Wettbewerb, in dem ebenfalls neun Produktionen konkurrierten. Außerdem wurde der Film mit dem Spezialpreis des Festivals ausgezeichnet, der einen Film aus dem gesamten Programm würdigt, welcher sich im Besonderen dem Verständnis für die kulturellen und ethnischen Unterschiede verschiedener Länder oder den vorhandenen Gemeinsamkeiten widmet.

Hier der Trailer:



Der Film zeigt die ersten Tage der russischen Invasion in der Ukraine und begleitet Menschen, die in einem staubigen Van auf der Flucht sind. Die Dokumentarfilm-Jury mit dem deutschen Regisseur Cem Kaya, der tschechischen Produzentin und Regisseurin Veronika Janatková und dem in Polen lebenden, belarussischen Regisseur Andrej Kuciła hob in ihrer Begründung hervor:

„Durch die Nahaufnahme der im Fahrzeug eingezwängten Passagiere und den Fokus auf ihre Schicksale sowie ihre Erlebnisse in dem bewaffneten Konflikt, erfahren wir Zuschauer unmittelbar die schrecklichen Auswirkungen von Krieg und Zerstörung. Der Film ist eine eindringliche Erinnerung an das, was in jedem Krieg passiert, und eine bewegender Appell an Humanität und Solidarität“.
 

Eine besondere Erwähnung im Dokumentarfilm-Wettbewerb erhielt der deutsche Beitrag „Landshaft“ von Daniel Kötter.

Hier der Trailer, der in Armenien spielt:



Den Preis für den besten Kurzfilm bekam der deutsche Beitrag "The Silence of 600 Million results" von Sophie Lahusen.

Die Publikumspreise für Langfilme gingen zum einen an den deutschen Spielfilm „Rohbau“ von Tuna Kaptan über einen tödlichen Unfall eines Schwarzarbeiters bei einem Luxusbauprojekt. Doch als der ehrgeizige Projektleiter Lutz die Leiche im Rhein verschwinden, um nicht in Schwierigkeiten zu kommen, steht am nächsten Tag plötzlich die Tochter des Verstorbenen auf der Baustelle.

Zum anderen ging der zweite Publikumspreis an den deutschen Dokumentarfilm „Echoes from Borderland“ von Lara Milena Brose über die 15-jährige Nahid, die vor den Taliban geflohen ist und nun verzweifelt versucht an der bosnischen EU-Grenze durchzukommen. Doch aufzugeben ist für Nahid keine Option. Der Film ist heute, den 20.05.2024, letztmalig im Online-Stream beim DOK.fest München für nur 5,- € zu sehen.

Beliebtester Kurzfilm wurde der polnische Beitrag „Na żywo“ (Live-Übertragung) von Mara Tamkovich.

Die vom Strahwalder Künstler Andreas Kupfer gestalteten Preisskulpturen der "Neiße Fische" gingen an Gewinnerinnen und Gewinner in drei Wettbewerben und die Publikumslieblinge.

Das trinationale Festival fand vom 14. - 19. Mai 2024 im Dreiländereck von Sachsen, Tschechien und Polen statt und zeigte länderübergreifend in 19 Kinos insgesamt 90 Spiel-, Dokumentar- und Kurzfilme, wie wir ausführlich am 11. Mai 2024 in einem Vorbericht schrieben.

Link: www.neissefilmfestival.net

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Für sein vielseitiges, eindrucksvolles Lebenswerk als Filmschaffender und Produzent zahlreicher national und international erfolgreicher Kino- und Fernsehproduktionen wurde Martin Moszkowicz am 16. Mai 2024 im Rahmen einer feierlichen Gala im Schloss Großlaupheim mit dem Carl Laemmle Produzentenpreis geehrt.

„Ganz in Tradition von Carl Laemmle steht Martin Moszkowicz für die internationale Ausrichtung der fünften Kunst: Er verbindet hohen künstlerischen Anspruch mit wirtschaftlichem Sachverstand. Als Produzent hat er deutsche Erzählungen in die Welt getragen und ein erhebliches kulturelles Erbe geschaffen, das ein breites Publikum im Kino begeistert“, so ein Auszug aus der Jurybegründung.


Zur feierlichen Gala im Schloss Großlaupheim kamen 400 geladene Gäste aus Film, Fernsehen, Politik und Wirtschaft, darunter Björn Böhning (CEO und Sprecher des Gesamtvorstands der Produktionsallianz), die den inzwischen fast jährlich vergebenen und mit 40.000 Euro dotierten Preis im Jahre 2017 anlässlich des 150. Geburtstags des Filmpioniers und Mitgründers von Hollywood Carl Laemmle gemeinsam mit Carl Laemmles Geburtsstadt Laupheim ins Leben gerufen haben.

Die Produktionsallianz (vormals Produzentenallianz) Allianz Deutscher Produzenten – Film & Fernsehen e.V. vertritt die Interessen von rund 370 Produzenten aus verschiedenen Genres und Formaten.

Der Film- und Fernsehproduzent Günter Rohrbach ehrte den Preisträger in seiner Laudatio: „Martin Moszkowicz hat die besondere Begabung und das sichere Gespür dafür, was die Menschen sehen und erleben wollen, was sie zum Lachen und zum Weinen bringt und im Innersten bewegt. Darum geht es beim Film. Darum ging es dem Menschen, den wir heute ehren, ein Leben lang.“

Preisträger Martin Moszkowicz betonte in seiner Dankesrede: „Dieser Preis ist eine unglaubliche Ehre für mich, denn er verbindet sich mit einer ganz besonderen Persönlichkeit. Carl Laemmle war unerschütterlicher Optimist, Enthusiast und Visionär, ein großes Vorbild für mich persönlich und für mein filmisches Schaffen.“

Allerdings gab es auch Gegenstimmen von 16 zeichnenden Verbänden, die ca. 5.000 Mitglieder repräsentieren, in Form eines 'Offenen Briefes' gegen die Auswahl des Preisträgers, weil sie dem Produzenten Moszkowicz „Machtmissbrauch“ vorwerfen, da er nichts unternahm die toxischen Arbeitsbedingungen in der Filmbranche nachhaltig zu verbessern. Dazu schreibt der angesehene Filmkritiker Rüdiger Suchsland auf "artechock" sinngemäß:

Konkret ging es den angeblich '16 Kleinstverbänden', wie es der geschei­terte Polit-Karrie­rist Björn Böhning etwas arrogant formulierte - obwohl er selbst als CEO der Produktionsallianz nur relativ wenige Mitglieder hat - um die „physische und psychische Gesundheit“, die einige von Ihnen - vornehmlich Frauen - durch den sogenannten Til-Schweiger-Fall erlitten hatten. Offensichtlich werden der Carl Laemmle Preis und der Schweiger-Fall instru­men­ta­li­siert, um eine »Fairness« auf der Veranstaltung in Laupheim zu promoten. Die Rolle der Constantin beim Schweiger-Film "MANTA MANTA - Zwoter Teil" und die sozi­al­po­li­ti­sche Debatte um arbeits­recht­liche Themen, die Martin Moszkowicz angeblich ohne Widerspruch duldete, arten nun in ein diffuses Moral-Bashing auf Filmsets aus, was man besser den Gerichten überlassen sollte und nicht der Jury ankreiden kann.


Der deutsch-jüdische Filmproduzent Martin Moszkowicz war bis zum 1. März 2024 Vorsitzender des Vorstandes der Constantin Film AG. Als Produzent, Executive Producer, Co-Produzent verantwortete er zahlreiche national und international erfolgreiche Spielfilme, darunter "MONSTER HUNTER", "FACK JU GÖTHE 1-3", "DAS PERFEKTE GEHEIMNIS", "DER VORNAME", "DER NACHNAME", "DER FALL COLLINI", die "RESIDENT EVIL"- und „Eberhofer"-Reihe und erst jüngst die Nibelungenverfilmung "HAGEN" sowie "THOSE ABOUT TO DIE". Er engagiert sich seit vielen Jahren für den Filmnachwuchs und leitet seit 2019 als Professor die Abteilung V (Produktion und Medienwirtschaft) der Hochschule für Fernsehen und Film (HFF) in München.

Auch Carl Laemmle (*1867 in Laupheim; † 1939 in Beverly Hills) war ein deutscher Filmproduzent jüdischer Herkunft, der 1886 in die Vereinigten Staaten emigrierte und 1912 die berühmten Universal Pictures gründete. Bis 1936 produzierte er Filme wie „Der Glöckner von Notre Dame“, „Das Phantom der Oper“ oder „Im Westen nichts Neues“, für den er 1930 den Oscar erhielt.

Link: www.produzentenallianz.de

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Zum Schluss unserer heutigen Artikel ein kurzer Rückblick auf 15 Jahre ALFILM. Das Arabische Filmfestival Berlin fand vom 24. – 30. April 2024 diesmal mit Festivalcenter im neuen Sinema Transtopia in Berlin Moabit statt, wie wir am 20. April 2024 in einem Vorbericht über das Festival schrieben.

Das Headquarter befand sich somit ganz in der Nähe vom Silent Green Kulturquartier mit dem zukünftigen Kino ARSENAL - Institut für Film und Videokunst e.V., das zum Jahresende den Potsdamer Platz leider räumen muss und in den Jahren zuvor als Festivaltreffpunkt von ALFILM fungierte.

Mit über 7.000 Besucher*innen war die 15. Ausgabe von ALFILM die bisher erfolgreichste seit Gründung des Festivals. Das Programm des 15. ALFILM umfasste 50 Filme aus 13 Ländern der arabischen Welt, ein Spotlight mit dem Titel Here and Elsewhere: Palestine in Arab Cinema and Beyond, zahlreiche Konzerte und Live-Performances, Master Classes und Diskussionsrunden. Das Festival, das an sieben Orten über die Stadt verteilt stattfand, bot sowohl seinem Berliner Publikum als auch seinen arabischen und europäischen Gästen einen Raum der offenen Solidarität mit Palästina und des konstruktiven Dialogs.

“ALFILM hat einen sicheren Raum und eine Atmosphäre der Solidarität geschaffen, die wir in diesen schwierigen Zeiten dringend brauchen."

In diesem Sinne und in der Hoffnung, die Palästinafrage im öffentlichen Diskurs in Deutschland weiterhin sichtbar zu machen, plant ALFILM in den kommenden Monaten und im Laufe des Jahres zahlreiche Filmvorführungen und Kooperationen.

Link: www.alfilm.berlin

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