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Zwei Kinofilme über Mütter jetzt zur 20. KW 2024 in den Lichtspielhäusern

Unsere Besprechungen zu aktuellen Kinofilmen beleuchten eine Doku sowie einen Spielfilm über zwei Mütter und ihre Sorgen mit Kindern.



Trotz der bereits erfolgten Preisverleihung beim DOK.fest München (siehe unsere Gewinnerliste vom 7. Mai 2024), sind zahlreiche Filme des Festivals noch bis zum 20. Mai 2024 im Online-Stream für nur 5,- € pro Werk zu sehen.

Auch ein Dokumentarfilm über die Ausnahmekünstlerin Joana Mallwitz befindet sich darunter, obwohl das Werk über die Dirigentin Joana Mallwitz, die im letzten Jahr als künstlerische Leiterin des Konzerthausorchesters Berlin berufen wurde, seit heute deutschlandweit im Kino läuft und auf der großen Kinoleinwand mit perfektem Surround-Sound weitaus eindrucksvoller zu erleben ist.

Doch bevor wir auf den langen Kinofilm näher eingehen, empfehlen wir hier einen knapp 30 Minuten langen Videorundgang durch die 6. Symphonie von Beethoven mit Joana Mallwitz auf YouTube in voller Länge anzusehen, der in Kurzform mehr über das musikalische Können und die die Arbeitsweise der Künstlerin aussagt als die lange Kinodokumentation, die sich mehr mit ihrer Familie und dem stressreichen Umzug der neuen Chefdirigentin des Konzerthauses Berlin befasst. Mit Verve, Witz und Fachkenntnis seziert Joana Mallwitz nachfolgend in ihren Expeditionskonzerten zwei Meisterwerke der Musikgeschichte.

Hier der Clip von BR-Klassik:



Wer beindruckt ist und zudem noch etwas über den betrunkenen Beethoven erfahren will, kann gleich weitergucken und von Joana Mallwitz eine Einführung in Beethovens Siebte Symphonie gern hier bei einem weiteren Clip folgen:



Während die beiden Beethoven Clips schon vor drei Jahren zu Corona-Zeiten im Staatstheater Nürnberg aufgenommen wurden, ist der aktuelle lange Kino-Dokumentarfilm über Joana Mallwitz neueren Datums.

"JOANA MALLWITZ - Momentum" Dokumentation von Günter Atteln über die Chefdirigentin und neue künstlerische Leiterin des Konzerthausorchesters Berlin. (Deutschland, 2023; 88 min.) ab 15. Mai 2024 bundesweit im Kino. Hier der Trailer:



Unsere Kurzkritik:

Ihr Look hat sich mittlerweile etwas geändert. Joana Mallwitz, die inzwischen 38-jährige Tochter einer Lehrerin und eines Lehrers ist reifer geworden. Allerdings sind die Anforderungen an sie als Chefdirigentin des Konzerthauses Berlin am Gendarmenmarkt auch gestiegen. Dort fungiert sie zudem als erste künstlerische Leiterin in dieser Position überhaupt.

Das Dirigieren galt jahrzehntelang als eine Domäne von Männern. Nun folgt mit Joana Mallwitz eine Frau an der Spitze der meistgefragten Orchester Deutschlands.

Im Gegensatz zu dem US-amerikanischen Spielfilm-Musikdrama "TÁR" von Todd Field, das 2023 auf der 73. Berlinale den tiefen Fall einer von Cate Blanchet gespielten fiktiven Dirigentin zum Thema hatte, zeigt die Weltpremiere auf dem DOK.fest München den realen Aufstieg einer außergewöhnlichen Frau und Mutter eines dreijährigen Sohnes, den sie mit ihrem Mann, dem Tenor Simon Bode gezeugt hat.

Eine passende Wohnung in Berlin zu finden ist nicht einfach. Der Film folgt zum einen der gestressten Familie, die einen Umzug von Nürnberg nach Berlin plant, zum anderen aber auch die Herausforderungen, die auf die facettenreiche Chefdirigentin in Berlin warten. Der Terminkalender ist voll, der Druck ist hoch, ohne perfekte Abstimmung mit ihrem Mann wäre das Pensum nicht zu bewältigen.

Mit geschickten Filmschnitten führt Regisseur Günter Atteln kunstvoll durch zwei Jahre des Alltags der Dirigentin zwischen Pult, Kind und Partner. Zum Schluss erlebt das Kinopublikum mit Ausschnitten aus einer Aufführung im Konzerthaus Berlin den Höhepunkt ihrer glanzvollen Karriere.

W.F.


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Sogar stets besorgte Helikopter-Müttern kann leider mal ein Unglück widerfahren, denn Kinder brauchen Freiräume und lassen sich nicht immer anleinen. Das nachfolgend besprochene Spielfilmdrama über einen im Koma liegenden Sohn, basiert auf dem gleichnamigen Roman von Julien Sandrel aus dem Jahr 2018, während das von Juliette Sales und Fabien Suarez geschriebene Drehbuch zum Schluss mit einer hoffnungsvollen, wenn auch medizinisch etwas zweifelhaften Überraschung aufwartet.

"DAS ZIMMER DER WUNDER" Drama von Lisa Azuelos über eine besorgte Mutter, die die Träume ihres im Koma liegenden zwölf Jahre alten Sohnes zu erfüllen versucht. (Frankreich, 2023; 94 Min.) Mit Alexandra Lamy, Muriel Robin, Hugo Questel u.a. ab 15. Mai 2024 im Kino. Hier der Trailer:



Ulrikes Filmkritik:

Thelma (Alexandra Lamy) ist mit ihrem Teenager-Sohn Louis (Hugo Questel ), den sie Lou-Lou nennt, was er gar nicht mag, unterwegs. Als sie kurz telefoniert, wurde er beim Skaten von einem Auto angefahren. Seine alleinerziehende Mutter macht sich Vorwürfe, dass sie nicht aufgepasst hat.

Der Junge ist in einem kritischen Zustand und liegt im Krankenhaus im Koma. Gott sei Dank, sind seine Werte stabil. Gerne würde Thelma bei ihm übernachten, doch das Pflegepersonal ist dagegen.

Sie nimmt sein Skate-Board und geht traurig nach Hause.

Louis liegt auf der Neuropädiatrie. Drei Monate später, Louis liegt noch immer im Koma. Thelma hat in seinem Tagebuch eine Liste mit Dingen gefunden, die er vor dem Ende der Welt noch schaffen will. Täglich ist sie ihm Krankenhaus und spricht mit ihm.

Wenn Thelma keine Zeit hat, wacht seine Oma Odette (Muriel Robin) an seinem Bett. Thelma hat eine Idee: In ihrer Verzweiflung beschließt sie eine Challenge von 10 Stationen, eine nach der anderen für ihn abzuarbeiten. Sie will ihm dann davon am Krankenbett erzählen, in der Hoffnung, dass er sie in seinem komatösen Zustand hören kann und vielleicht davon so inspiriert wird, dass er endlich wieder aufwacht und zurück ins Leben findet.

Da sie Louis vor dem Unfall nicht mehr so recht verstanden hat, ist es auch ein Weg für sie, ihm wieder näher zu kommen, in dem sie es ist, die seine Träume für ihn erfüllt. Ihre erste Challenge führt sie nach Japan. Dort lebt ein berühmter Manga-Zeichner den Louis verehrt, sein Wunsch: Eine Signierung des berühmten Künstlers auf seinem Skateboard.

Louis liebt sein Wolfs-Manga, dass er in seinem Tagebuch nachgemalt hat. Nach vielen Bemühungen findet Thelma die Person, die ihr den Satz: „Möge der Wolf sie immer beschützen“, mit auf den Rückweg gibt. Ein Abenteuer folgt auf das nächste. Einige sind amüsant, andere wiederum anstrengend. Besonders die, bei denen Thelma die Unterstützung von vielen anderen bekommt, sind ganz mitreißend.

Als sie das Wolfs-Manga illegal auf die Wand einer Militärkaserne malt und von der Polizei mitgenommen wird fiebert man mit ihr, während ihr Freund und Student Etienne (Xavier Lacaille) sich als Anwalt ausgibt. Auf humorvolle Weise holt er sie heraus. Sie hat noch so einige Abenteuer vor sich, amüsante und solche mit ungeahnten Wendungen. Über dem Ganzen schwebt die Angst, schafft es der Junge oder nicht. Natürlich drückt man Mutter und Sohn die Daumen. Komik und Tragik wechseln sich ab. Es gibt realitätsnahe- und märchenhafte Momente.

Es grenzt an ein Wunder, dass die alleinerziehende Thelma, die schon genug Probleme hat den Alltag zu finanzieren es schafft, in der Welt herumzureisen, ohne danach zu fragen, wie. Auf Louis Liste stehen noch Positionen, die sie nach Schottland führen und nach Portugal. Auch das Erfüllen von Louis Träumen ist ein Wunder wie in einem Märchen. Sogar das Skaten hat sie gelernt, um Louis damit zu überraschen. Die Ärztin rät ihr darüber nachzudenken, die überlebenswichtigen Geräte vielleicht doch abzuschalten.

Sie erzählt daraufhin dem Jungen alles über seine Geburt und dass sie stark genug sei, wenn er gehen würde. Sollte er jedoch aufwachen, braucht es noch eine lange Zeit, bis seine Erinnerungen zurückkommen.

Ach ja, und da wäre ja noch etwas: „Mama sagen, dass ich sie liebe“.

„Das Zimmer der Wunder“ ist ein sehenswerter Film, der einen nicht unberührt lässt. Das Ende lockt einem noch ein Lächeln ins Gesicht. (Thelma und der Wolf)

Alexandra Lamy („Willkommen im Hotel Mama“) überzeugt mit ihrem eindringlichen Spiel.

Ulrike Schirm


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