Unsere Filmkritiken zu Kinostarts in der 2. Aprilhälfte 2024
Mehr als 15 neue Filme in den deutschen Kinos ab der 16. Kalenderwoche 2024, doch nur wenige Werke sind herausragend.
"CIVIL WAR" Science-Fiction-Film von Alex Garland in dem ein Journalisten-Team um Kirsten Dunst in den eskalierenden Konflikt eines blutigen amerikanischen Bürgerkriegs gerät, der im Land immer dramatischere Züge annimmt. (Großbritannien / USA, 2024; 109 Min.) Mit Kirsten Dunst, Wagner Moura, Cailee Spaeny u.a. ab 18. April 2024 im Kino. Hier der Trailer:
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"AMSEL IM BROMBEERSTRAUCH" Drama von der georgischen Regisseurin Elene Naveriani um eine knapp 50-jährige alleinstehende Frau. (Georgien / Schweiz, 2023; 110 Min.) Mit Eka Chavleishvili, Temiko Chinchinadze, Pikria Nikabadze u.a. ab 18. April 2024 im Kino. Hier der Trailer;
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"EVIL DOES NOT EXIST" Tödliches Drama um einen naturliebenden Vater und seine kleine Tochter im Kampf gegen eine profitgierige Firma, die ihr Dorf bedroht. Von "Drive My Car"-Regisseur Ryūsuke Hamaguchi, das im letzten Jahr im Wettbewerb der 80. Internationalen Filmfestspiele von Venedig seine Weltpremiere feierte und den großen Preis der Jury gewann. (Japan, 2023; 106 Min.) Mit Hitoshi Omika, Ryo Nishikawa, Ryûji Kosaka u.a. ab 18. April 2024 im Kino. Hier der Trailer:
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"WHITE BIRD" Mitreißendes Historiendrama von Marc Forster über die kontroverse Unterstützung der Nazis durch junge Franzosen 1942, die u.a. das Verschleppen französischer Juden in KZs ermöglichte. (USA, 2023; 120 Min.) Mit Ariella Glaser, Orlando Schwerdt, Bryce Gheisar u.a. seit 11. April 2024 vereinzelt noch im Kino. Hier der Trailer:
"CIVIL WAR" Science-Fiction-Film von Alex Garland in dem ein Journalisten-Team um Kirsten Dunst in den eskalierenden Konflikt eines blutigen amerikanischen Bürgerkriegs gerät, der im Land immer dramatischere Züge annimmt. (Großbritannien / USA, 2024; 109 Min.) Mit Kirsten Dunst, Wagner Moura, Cailee Spaeny u.a. ab 18. April 2024 im Kino. Hier der Trailer:
Elisabeths Filmkritik:
Bürgerkrieg: Ein bewaffneter Krampf zwischen Gruppierungen eines Staates. Der britische Regisseur Alex Garland ("Ex Machina", "Auslöschung") setzt das Publikum mitten hinein in einen fatalen Kampf. Hintergrundinformationen, wie es zu dem Konflikt kam, welche Gruppierung für was steht, das gibt er uns nicht in die Hand.
Seine Erzählfiguren sind die, die unparteiisch sein müssen, Journalist*Innen. Genauer gesagt, Kriegsberichterstattende. Noch genauer gesagt: Kriegsfotografierende.
Alex Garland eröffnet die Figurenzeichnung mitten in einem Straßenkampf, bei der die Fotografin Lee Smith gefährlich nahe ran geht. Vielleicht ist ihr Name eine Referenz an Lee Miller, der britischen Kriegsfotografin, die im zweiten Weltkrieg, unter anderem, Bilder vom Londoner Blitz und der Invasion der Alliierten lieferte. Lee, gespielt von Kirsten Dunst, ist sowohl forsch, als auch abgeklärt und besonnen. Sie beschützt gleich noch eine junge Kollegin, die noch zu jung und zu unerfahren ist, um ohne eine Portion Glück aus der Szene herauszukommen. Jessie, gespielt von Cailee Spaeny ("Priscilla"), wird sich instinktiv an Lees Fersen heften und mit ihrer Figur spricht sie nicht nur ein junges Publikum an, sondern verweist auch auf eine unbestimmte Zukunft.
Der erste Abend nach dieser Einführung führt die Handlung natürlich an die obligatorische Hotelbar, den Treffpunkt aller Kriegsberichterstattenden. Mehrere Generationen treffen hier aufeinander und schließen sich zusammen. Lee will nach Washington, um dem Präsidenten ein Interview abzuringen, bevor seine Zeit abläuft. Es scheint klar, dass sein Regime sich nicht wird halten können. Garland etabliert damit ein Endziel, das zu erreichen zwar ein Höhepunkt zu sein verspricht, aber eigentlich ist die Reise quer durch das Land sein Ziel.
In den 1980ern gab es eine Reihe von Hollywood-Filmen, die sich dem Beruf Kriegsreporter widmeten. Zu den bekanntesten Filmen gehören folgende. "The Killing Fields" (Roland Joffé, 1984) behandelte die Herrschaft der Roten Khmer in Kambodscha Ende der 70er.
"Ein Jahr in der Hölle" von Peter Weir (1982) spielt in Indonesien in den 60ern, als sich der Präsident Sukarno gegen den Westen positionierte. Darin spielte Mel Gibson einen Reporter, der den Kriegsfotografen Billy Kwan, unvergesslich in der Rolle: Linda Hunt, an seiner Seite weiß.
Und auch "Salvador" von Oliver Stone (1986) greift reale Ereignisse auf, in dem er den Reporter Richard Boyle (eine reale Figur) in den salvadorianischen Bürgerkrieg von El Salvador schickt, wo er erkennt, dass der US-amerikanische Geheimdienst CIA seine Finger mit im Spiel hat. Richard Boyle fällt in dem stark verdichteten Plot die Aufgabe zu, die Bilder eines Kriegsfotografen, der im Kampf um Bilder gestorben ist, aus dem Land zu schaffen. Vorbild für den Fotografen war hier John Hoagland, von dem der Satz stammt:
"Um die Wahrheit zu finden, musst du nah rangehen. Gehst du zu nah ran, gehst du drauf".
Tatsächlich stand John Hoagland auf einer der "Todeslisten", er und noch 16 andere.
Einen anderen Fokus auf den Beruf setzt der Thriller "Under Fire" von 1983 (Regie: Roger Spottiswoode), der während des sandinistischen Befreiungskampfes in Nicaragua Ende der 70er spielt. Nick Nolte spielt einen Kriegsfotografen, dessen Figur an dem realen Fotografen Matthew Naythons angelehnt war. "Under Fire" stellt seine Hauptfigur zwischen die Fronten und fragt nach der eigenen Haltung. Hier schlägt der moralische Kompass den beruflichen Eid.
"Civil War" dagegen greift keine realen Konflikte auf, auch wenn es zahlreiche referenzielle Bilder gibt. Alex Garlands Hauptfigur Lee Smith stellt klar, was die Aufgabe der Presse und damit ihre als Fotografin ist. Ihre Rolle sei es folglich keine Fragen zu stellen, sondern zu zeigen, was ist, damit andere sich ein Bild machen und in Folge Fragen aufwerfen können.
Alex Garland verortet die Handlung in einer nahen Zukunft. Doch die Spaltung der US-Amerikanischen Gesellschaft ist für uns so greifbar, dass wir reale Ereignisse wiederzuerkennen glauben.
Ob Alex Garlands Blick auf Amerika und seine Presse Bestand haben wird, wird sich zeigen. Eine persönliche Agenda fehlt den Figuren. Sie werden aus sich selbst heraus angetrieben. Dabei ist Lee Smith die integre, aber aufgeriebene Figur, die zwischen dem Zynismus der Abgeklärten und der Resignation der Älteren und dem waghalsigen Draufgängertum der Jugend steht. Alex Garland und sein Stammkameramann Rob Hardy bedienen sich dabei einer glatten Werbeästhetik, die vielleicht für unsere Zeit steht. Eine Zeit, in der Ehrgeiz um seiner selbst willen ausreicht.
Letztendlich folgen die Figuren keiner Moral und keinem Ethos, sondern der Selbstverwirklichung. Hier gilt es schon als Coming-of-Age-Moment, wenn die junge Jessie feststellt, dass sie noch nie in ihrem Leben so viel Angst gehabt und sich gleichzeitig so lebendig gefühlt habe. Der abgeklärte einsame Cowboy, Lees Kollege Joel (gespielt von Wagner Moura), wirft seine Lethargie auch nur für den ultimativen "Moneyshot" über Bord.
Ob Alex Garland darüber hinaus eine Position einnehmen will, ist so nicht klar auszumachen. Um Positionen geht es eh nur am Rande. Zumal die Parteien im Kampf selbst gar nicht mehr wissen, wofür sie stehen. Über weite Strecken ist "Civil War" ein generischer Action-Film, der zu sehr auf Distanz zu den Motiven der Figuren geht, als dass man sich involviert. Es bleiben wenige Episoden auf dem langen Weg nach Washington, die sich einbrennen werden. Hier gibt es keine Todeslisten, hier wird aus reinem Hass getötet. Das ist vielleicht der erschreckendste Moment, der sogar ohne Action auskommt und umso eindringlicher aufzeigt, wo wir in der Geschichte der Bürgerkriegskonflikte stehen.
Elisabeth Nagy
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"AMSEL IM BROMBEERSTRAUCH" Drama von der georgischen Regisseurin Elene Naveriani um eine knapp 50-jährige alleinstehende Frau. (Georgien / Schweiz, 2023; 110 Min.) Mit Eka Chavleishvili, Temiko Chinchinadze, Pikria Nikabadze u.a. ab 18. April 2024 im Kino. Hier der Trailer;
Ulrikes Filmkritik:
Beim Brombeerpflücken und dem Genießen der Frucht, vergießt sie alles um sich herum und stürzt eine Böschung hinab, fast bis zum Fluss. Mühsam kommt sie wieder hochgekrochen. Der Unfall, hat sie dermaßen erschreckt, dass sie ihr bisheriges Leben hinterfragt. Etero (Eka Chavleishvili) ist eine äußerlich robuste Frau, alleinstehend führt sie eine kleine Drogerie. Der Sturz führt dazu, dass sie kurz darauf ihren Lieferanten Murman (Temiko Chichinadze) in ihrem Lagerraum verführt.
Dazu muss man wissen, dass sie, mit 48 Jahren noch Jungfrau ist. Für die Frauen in ihrer georgischen Dorfgemeinschaft gilt sie als Außenseiterin. Die Frauen verstehen nicht, dass sie sich bewusst für das Alleinsein entschieden hat. Es gibt eigentlich nur Nemo, eine Dorfbewohnerin, die sie mag und zu ihr hält und der sie alles erzählen kann, ohne spöttisch betrachtet zu werden.
Sie erzählt ihr von dem Sturz, von ihren Herzrhythmusstörungen und wie sie bei den Brombeeren eine wunderschöne Amsel gesehen hat. Sie war schon immer allein. Ihr Vater hat ihr vorgeworfen, dass sie am Tod ihrer Mutter schuld sei. Für die Klatschweiber im Dorf ist und bleibt sie ein „gefundenes Fressen“. Ihre unerwarteten Gefühle für Murman stellen Etero, die bisher nur für Brombeeren wahre Liebe übrighatte, vor eine Entscheidung: Soll sie sich auf die späte Romanze einlassen oder weiterhin unabhängig bleiben.
Wie sie nach und nach die Lust am späten Sex entdeckt, steht im Mittelpunkt dieses für Etero ungewohnten Abenteuers. Bis vor Kurzem hat sie noch von ihrem Ruhestand geschwärmt und erzählt, was sie dann alles zu tun gedenkt. Eines kann man ihr nicht absprechen, sie verfügt über einen trockenen Witz, eine Standhaftigkeit gegenüber den Klatschweibern, die sie mit einem besonders scharfen Blick beobachtet und die nach intensiven Überlegungen, genau weiß, was sie will.
Anfänglich muss man sich an sie gewöhnen aber je länger man ihr folgt, versteht man, dass sie ein Opfer des patriarchalisch geprägten Georgien ist und lernt, je näher das Finale rückt, sie ins Herz zu schließen. Regisseurin Elene Naveriani hat ein Drama zwischen Nähe und Distanz geschaffen, mit Bildern, die sehr kraftvoll sind. Etero eine starke Frau, die erkannt hat, dass das Leben durch einen Unfall, schnell vorbei sein kann und Versäumten eine Chance gibt. Basierend auf dem Roman „Amsel, Amsel Brombeerbusch“ von Tamta Melaschwili.
Ulrike Schirm
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"EVIL DOES NOT EXIST" Tödliches Drama um einen naturliebenden Vater und seine kleine Tochter im Kampf gegen eine profitgierige Firma, die ihr Dorf bedroht. Von "Drive My Car"-Regisseur Ryūsuke Hamaguchi, das im letzten Jahr im Wettbewerb der 80. Internationalen Filmfestspiele von Venedig seine Weltpremiere feierte und den großen Preis der Jury gewann. (Japan, 2023; 106 Min.) Mit Hitoshi Omika, Ryo Nishikawa, Ryûji Kosaka u.a. ab 18. April 2024 im Kino. Hier der Trailer:
Ulrikes Filmkritik:
Takumi (Hitoshi Omika) und seine Tochter Hana (Ryo Nishikawa) leben im Dorf Mizubiki in der Nähe von Tokio. Sie führen ein bescheidenes Leben im Einklang mit der Natur. Wunderschöne Baumkronen strecken sich gen Himmel. Im Wald wächst wilder Wasabi. Der Witwer Takumi holt die kleine Hana von der Schule ab, trägt sie Huckepack durch den Wald und erklärt ihr was für unterschiedliche Bäume dort wachsen. Es liegt noch Schnee. Ein trauriger Anblick: Ein erschossenes Rehkitz.
Takuni ist sehr hilfsbereit, bekannt im Dorf als ein Mann für alles. Er kümmert sich um die Wälder, er holt Quellwasser für das örtliche Udon Restaurant und erledigt alle möglichen, anfallenden Arbeiten.
Durch den bevorstehenden Bau eines Luxus-Campingplatzes, eine sogenannte „Glamping Anlage“, droht das ruhige und beschauliche Leben der japanischen Dorfgemeinschaft zerstört zu werden.
Allen ist klar, dass so ein Bau schwerwiegende Folgen für das ökologische Gleichgewicht der Region und dem Leben der Bewohner mit sich bringt. Um die Bewohner zu beruhigen, schickt die Firma zwei Vertreter nach Mitzubiki, damit die skeptischen Bewohner erfahren, was sie vorhaben.
Die Anwesenden können Fragen stellen. Angeblich sollen alle Vorbehalte berücksichtigt werden. Man schwärmt von einem Touristen-Hotspot, von dem die Gemeinde nur profitieren kann. Dass es den zukünftigen Betreibern nur darum geht, Subventionen abzugreifen ist allen versammelten schnell klar. Auch der Gemeindevorsteher ist dagegen. Da das Quellwasser für die Gemeinde lebenswichtig ist, müsste ein Klärwassertank für mindestens 50 Personen gebaut werden.
„Sie wollen uns den Wölfen zum Fraß hinwerfen, um Profit zu machen“. Wegen der Subventionen muss alles schnell gehen.
Das Projekt wimmelt von Schleimscheißern. Es kommt zu keiner Einigung. Takumi pocht auf ein weiteres Treffen. Es erscheinen ein Mann und eine Frau. Sie bringen Takumi eine Pulle Alkohol mit, die er nicht annimmt. Die drei gehen zusammen essen. Um Takumi zu locken, schlägt ihm der Mann vor, ihn als Platzwart anzustellen. Das lehnt er ab. Er erklärt den beiden, was es alles zu bedenken gibt, sollte der Platz gebaut werden. Der Mann, der zum ersten Mal in seinem Leben Holz hackt, scheint langsam zu verstehen, worüber Takumi spricht. In der Ferne hört man Gewehrschüsse, Rehe werden gejagt, während die kleine Hana mal wieder allein im Wald unterwegs ist. Takumi geht sie schnellstens suchen.
Die Dorfbewohner wehren sich anfänglich noch verbal doch als sie bemerken, dass man sie nicht ernst nimmt, wird ihre Ablehnung massiver.
Nach seinem preisgekrönten Drama „Drive My Car“ (2021) hat Regisseur Ryusuke erneut mit der Komponistin Eiko Ishibashi zusammengearbeitet. Für ihn sind Bild und Musik untrennbar miteinander verbunden. Er nimmt sich viel Zeit für jede Einstellung und für jeden Dialog und für die Tätigkeit seiner unterschiedlichen Figuren. In ruhigen Einstellungen entscheidet sich Hamguchi mit seinem Kameramann Yoshio Kitagawa eine meditative, poetische Parabel über die intensive Beziehung zwischen den Menschen und der Natur sowie den negativen Auswüchsen des Kapitalismus. Die Rolle, die der Mensch dabei spielt, damit die Schönheiten der Natur nicht zerstört werden, sind seine Inspiration für eine wunderschöne Bildsprache und malerischer Musik.
Hamaguchi: „Man zerbricht, wenn es kein Gleichgewicht gibt“. Das Ende seines Films "Evil Does Not Exist", entspricht seinem Wunsch, dass man sich als Zuschauer Gedanken macht, warum ist das wohl so passiert, sagt er im Interview.
Ulrike Schirm
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"WHITE BIRD" Mitreißendes Historiendrama von Marc Forster über die kontroverse Unterstützung der Nazis durch junge Franzosen 1942, die u.a. das Verschleppen französischer Juden in KZs ermöglichte. (USA, 2023; 120 Min.) Mit Ariella Glaser, Orlando Schwerdt, Bryce Gheisar u.a. seit 11. April 2024 vereinzelt noch im Kino. Hier der Trailer:
Ulrikes Filmkritik:
"White Bird", ein Drama, dass im besetzten Frankreich spielt, als jüdische Kinder, direkt aus der Schule heimtückisch in die KZs geschickt wurden, ohne dass die Eltern etwas davon wussten, eingebettet in eine Rahmenhandlung: Julian (Bryce Gheisar) hat seinen Mitschüler Auggie (Jacob Tremblay) derartig gemobbt, dass er von der Schule flog. Auf einer neuen Schule soll er sich nun beweisen.
Aus diesem Grund erzählt ihm seine jüdische Großmutter Sara (Helen Mirren) eine tragische Geschichte aus ihrer Kindheit im besetzten Frankreich, um an sein Gewissen zu appellieren. Eine Zeit, in der die Judenhetze ihren Anfang nahm. Die Kinder in der Schule verstehen nicht, warum sie auf einmal so gehasst werden. Die ersten Verhaftungen finden statt.
Die 15-jährige Sara (Ariella Glaser) geht auf die Lafayette-Schule, zeigt ihrer Lehrerin fantasievolle Zeichnungen, die sie gemalt hat, scherzt und lacht mit ihren Mitschülern und muss abrupt um ihr Leben laufen, da die Wehrmacht plötzlich in der Schule auftaucht und nach jüdischen Kindern sucht. Sie muss schleunigst einen Ort finden, wo sie sich verstecken kann. Sie hetzt erst einmal durch ihren geliebten Wald.
Der Einzige, der ihr hilft, ist der von allen Mitschülern gehänselte Julien (Orlando Schwerdt), der wegen seiner Krücken verspottet wird. Auch Sara hat ihm keine Aufmerksamkeit geschenkt.
Julien versteckt Sara in der Scheune seiner Eltern, wo sie sich auf dem Heuboden verkriechen kann. Es ist eine lange Zeit, die sie sich verstecken muss. Um ihr diese schreckliche Zeit zu verschönern, bringt er ihr nicht nur Stifte und Bücher, sondern unternimmt mit ihr gemeinsame Ausflüge in die Fantasie.
Die berührendsten Momente in diesem Film: Weil Julien noch nie in Paris war, unternimmt er mit Sara eine imaginäre Autofahrt, mit seiner Vorstellungskraft von dieser Stadt und zu Saras besonderem Vergnügen, schlüpft er in die Rolle von Charlie Chaplin. Und weil es so schön war, fahren sie einige Tage später nach New York. Die Scheune ist jetzt Saras zuhause und ihr Beistand ist Julien. Seine Eltern versuchen herauszufinden, wo Saras Eltern sein könnten. Sie müssen jetzt höllisch aufpassen, denn einige Jungen aus ihrer Klasse, die Julien ständig als Krüppel bezeichnen, haben Lunte gerochen, wo Sara sein könnte. Eine Klicke, die nicht lange fackelt, zuzuschlagen.
Es ist eine tragische Geschichte über Hilfsbereitschaft und Menschlichkeit, aufwühlend und bewegend und herzergreifend gespielt von den jugendlichen Darstellern, in einer düsteren Zeit, verfilmt nach Raquel J. Palacio Jugend-Roman „Wunder“ aus 2017.
Ulrike Schirm