Quo Vadis deutsche Filmfinanzierung?
Bericht von einer Veranstaltung der Filmbranche am letzten Donnerstag beim Medienboard Berlin-Brandenburg.
Kulturstaatsministerin Claudio Roth muss sparen, weshalb über die zukünftige deutsche Filmfinanzierung derzeit eifrig spekuliert wird – auch darüber, was ein deutscher Film ist. Nachfolgend ein Bericht von Katharina Dockhorn.
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Kulturstaatsministerin Claudio Roth muss sparen, weshalb über die zukünftige deutsche Filmfinanzierung derzeit eifrig spekuliert wird – auch darüber, was ein deutscher Film ist. Nachfolgend ein Bericht von Katharina Dockhorn.
Erst zur Berlinale-Eröffnung wird mit Klarheit gerechnet
Manchmal stellt sie der deutsche Film unabsichtlich selbst ein Bein. Da läuft am Donnerstagvormittag, den 25. Januar 2024, in einer exklusiven Pressevorstellung ein von Landes- und Bundesinstitutionen sowie Fernsehsendern hoch finanzierter Film, bei dem der Betrachter nach wenigen Minuten angeekelt und genervt den Kinosaal verlassen will.
Und am Nachmittag diskutiert die Branche bei der Veranstaltung „Let´s get startet. Jahresausblick der deutschen Film- und Fernsehbranche“ von der Kanzlei SKW Schwarz, Medienboard Berlin-Brandenburg und der Investitionsbank des Landes Brandenburg (ILB), wie sie dem Steuerzahler für Filme, die er sich nie ansehen will, das Geld aus der Tasche zieht.
Wobei natürlich alles im Moment nur ein Wunschkonzert ist. Egal ob Novellierung des Filmförderungsgesetz - FFG, Umsetzung der Investitionsverpflichtung für Streamingdienste der EU in deutsches Recht oder Reform des Deutschen Filmförderfonds (DFFF) und des German Motion Picture Fund (GMPF) als Steuerbasiertes- oder Zuschussmodell sowie die gewünschte Förderung von Verleih und Kinomodernisierung – alle Augen sind momentan auf Claudia Roth gerichtet. Auf dem Produzententag der Produzentenallianz am 15. Februar 2024, zur Eröffnung der Berlinale könnte sie dazu die Eckpunkte vorstellen, so die Hoffnung der Branche.
Optimismus überwiegt
Noch sind alle optimistisch, dass der ersehnte Geldregen kommt. 360 Millionen Euro will die Branche pro Jahr an Unterstützung, das sei sehr viel weniger als andere Branchen erhalten, meint Jakob Weydemann, Vorstandsmitglied Produzent*Innenverband. Da war gerade bekannt geworden, dass sich im Vergleich zum Ansatz des Haushalts 2025 durch Finanzminister Lindner ein Loch von 20 Milliarden Euro auftut, das geschlossen werden muss. Und so zeichnet sich ab, dass wohl die Wünsche erfüllt werden, die den Bundeshaushalt nicht weiter belasten.
Beim FFG zeichnet sich nach Worten von Björn Böhning, Geschäftsführer Allianz deutscher Produzenten ab, dass die Referenzförderung künftig höheres Gewicht erhalten wird. Was nicht alle freut: Zum Streitpunkt in den FFA-Gremien der Filmförderungsanstalt wurde in den vergangenen Wochen – so berichten Mitglieder – die Definition "deutscher Film". Bisher wird das rein ökonomisch betrachtet, 10% deutsches Geld machen einen deutschen Film aus. Somit sind „John Wick 4“ und „Die Tribute von Panem“ deutsche Werke.
Wim Wenders „Perfect Days“ oder „Anatomie eines Falls“ und bald auch „Zone of Interest“, die Hunderttausende in die Arthouse-Kinos ziehen und einen starken deutschen künstlerischen Input haben, zählen auf Grund ihrer Produktionsstruktur nicht als deutscher Film. Für die Arthouse-Kinos ist das ein Problem, da sie ja auch daran gemessen werden, wie viele deutsche Filme sie erfolgreich einsetzen. Es bleibt abzuwarten, ob hier ein Passus eingebaut wird, der sich an Qualitätskriterien orientiert.
Streamer mit fadenscheinigen Argumenten
Die Investitionsverpflichtung für Streamer, die bereits 13 EU-Länder ins eigene Recht überführt haben, wird wohl auch kommen. Die Frage ist nur, wie hoch sie ausfallen wird. Frankreich nimmt 25% von deren Umsatz im Land, Spanien 5%. Die Anbieter sträuben sich natürlich mit Händen und Füßen, Inga Moser von Filseck, Head of Public Policy Prime Video EU von Amazon sprach von einem Bürokratiemonster, das die Budgets in die Höhe treibe, und dass stellte klar, dass es nicht die Aufgabe der Streamer sei, die schwächelnde deutsche Produktionslandschaft zu erhalten.
Natürlich seien die Budgets auch Dank des österreichischen Anreizmodells gestiegen, gibt auch Constanze Schumann von der Wiener Rundfilm. Wenn Vollbeschäftigung herrsche, könnten die Kreativen höhere Gagen einfordern. Im Moment liegen deren Forderungen innerhalb der laufenden Tarifverhandlungen auf dem Tisch. 10% wollen die Beschäftigten mehr haben.
Gedeckeltes Zuschussmodell wahrscheinlich
Das reformierte österreichische Modell entpuppt sich als Erfolgsmodell, die Produktion legte kräftig zu. Die Wertschöpfung lag bei 183 Millionen Euro. Auch in Deutschland wird es wohl auf ein Zuschussmodell hinauslaufen – zu ungewiss die Zustimmung der Bundesländer und auch von Finanzminister Lindner zu einem nur bedingt kalkulierbaren Steueranreizmodell. Bleibt die entscheidende Frage, wie hoch der Zuschuss ausfallen wird. Zu erwarten ist leider, dass er sich im bisherigen DFFF-Bereich einpendelt und kaum auf die 30% Österreichs gehen wird. Denn das würde heißen, dass sehr viel mehr Geld aus dem Bundeshaushalt in die Förderung fließen müsse als in diesem Jahr. Oder der Topf wäre irgendwann alle, sodass dann nur noch weniger Filme gedreht werden können.
Katharina Dockhorn
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