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Deutschland ringt um moderne Filmfördermodelle

In der Veranstaltungsreihe "Let's Get Started" wurden zum Auftakt des Jahres die Themen, die besonders im Fokus der Film- und Fernsehbranche stehen, diskutiert.



Erleuchtung bleibt aus!
von Katharina Dockhorn

O Felix Austria. Die Alpenrepublik hat ein neues Anreizmodell zur Finanzierung von Filmproduktionen, das Roland Teichmann, Direktor des Österreichischen Filminstituts, zu Beginn der Veranstaltung „Lets get startet“ von SKW, ILB und Medienboard am 19. Januar 2023 in Berlin vorstellte.

Im Juli 2022 hatte die Regierung angekündigt, die Filmförderung für das 21. Jahrhundert fit zu machen. Ende des Jahres stand das neue Modell, dass ein Problem innovativ angeht, um das auch in Deutschland seit Jahren gerungen wird: Die Darstellung von nach oben ungedeckelten Anreizmodellen im Staatshaushalt.

Während Länder wie Großbritannien und Ungarn Steuervorteile gewähren, deren Gesamtvolumen im Vorfeld nicht planbar sind, geht Österreich den Mittelweg. 15,5 Millionen Euro stellt künftig die Regierung garantiert nach dem bewährten Modell der automatischen Gewährung von Zuschüssen zur Verfügung. Ist der Topf leer, was für 2023 schon absehbar ist, wird die Summe erhöht.

Das wollen wir auch, vor allem wollen wir uns auf ein neues Fördermodell einigen und dies nicht der Politik überlassen. Soweit waren sich Katharina Hiersemenzel, SVP Public Policy der Constantin Film, Jürgen Hofmann, Director Policy, Puvblic & EU Affairs bei Sky, Philipp Kreuzer, CEO von Maze Pictures und Wolf Osthaus, Director Public Policy DACH Netflix einig.

Aber damit hörte die Einigkeit auch auf. Wobei sich alle wohl noch darauf verständigen könnten, noch mehr Steuergelder nach jetzigen österreichischem Vorbild zu erhalten, wie es kurz anklang. Allerdings wird dabei vergessen, dass die Filmfördertöpfe in Deutschland in den vergangenen Jahren stetig wuchsen – was weder zu bemerkenswerten künstlerischen Erfolgen noch dazu führte, dass die Produktion ins Land zurückkehrte. Das einzige Glanzstück „Im Westen nichts Neues“ ('All Quiet on the Western Front'), gerade für 14 BAFTA Film Awards nominiert, wurde in Tschechien gedreht, die gefloppte Mystery-Serie „1899“ in Großbritannien.

FFG spielt im Kontext der Förderung nur untergeordnete Rolle.

Das Filmförderungsgesetz (FFG) spielt für den gesamten Markt nur noch eine untergeordnete Rolle, glaubt man dieser Diskussionsrunde. Einzig die Constantin Film forderte, stärker auf die Referenzförderung zu setzen. Was zu einem geschlossenen System führen würde, in dem die erfolgreichen deutschen Produzenten automatisch Geld für neue Projekte erhalten und nur Brosamen für Nachwuchs und künstlerische Innovation abfallen. Dabei wäre die künftige Ausgestaltung des Gesetzes mit Blick auf Österreich durchaus diskussionswürdig. Das dortige Anreizmodell sieht vor, dass vor der automatischen Förderung von bis zu 30% der im Land anrechenbaren Kosten eine andere Institution das Projekt geprüft haben muss. Analog könnte das in Deutschland die Filmförderungsanstalt (FFA) oder die regionalen Förderer sein.

Fernsehen zieht sich zurück.

Das Fernsehen, das in Deutschland leider das Grüne Licht für den Start eines Drehs gibt, spielt im Nachbarland dagegen nur eine Nebenrolle. Bei der Neugestaltung der Filmförderung wurde, so Teichmann, darauf geachtet, dass der ORF erst an Bord kommen kann, wenn die grundlegenden Entscheidungen gefallen sind. Das wäre, so hieß es vor allem in den Pausen im Publikum, auch hier wünschenswert. Wurde auf dem Podium aber nicht diskutiert. Hier kam nur die Forderung an ARD und ZDF, sich nicht weiter aus der Filmförderung zurückzuziehen. Was angesichts der Drohungen aus der Politik, künftige Gebührenerhöhungen auszuschließen, wohl ein Wunschtraum bleiben wird. Vor allem ist auch nach dem Sinn zu fragen. Die ARD-Anstalten sind jährlich an mehr als 100 Spiel- und Dokumentarfilmprojekten beteiligt, die kaum ausgestrahlt werden (können). Wer sie zwingt, mehr in diesem Sektor zu investieren, muss wohl damit rechnen, das ansonsten gekürzt werden wird – von der Reportage und Talkshow bis zum Fernsehfilm. Was den deutschen Produzenten auch nicht recht sein dürfte.

Außerdem schielt die Branche natürlich ins Erfolgsland Frankreich, aber so richtig wollen das vor allem die Streamingdienste nicht. Die Diskussion fokussierte sich schnell auf den im Koalitionsvertrag verankerten Plan der Bundesregierung, einen Beschluss der EU umzusetzen und die Anbieter zur Finanzierung deutscher/europäischer Produktionen monetär heranzuziehen. Bis zu 25% ihrer Einnahmen in einem Markt können dies sein, was Frankreich längst umgesetzt hat. Dagegen sträuben sich natürlich die Anbieter mit dem Argument, der Markt werde es richten und sie täten genug. Zudem verweisen sie auf das FFG, das sie jetzt mit einem Peanuts-Betrag bereits zur Kasse bittet. Dass der bei der Festlegung ihrer Abgabe in Deutschland natürlich mit berücksichtigt wird, hat vom Staatsministerium für Kultur und Medien (BKM) bislang auch keiner bestritten.

Vision fehlt.

Die Behörde von Claudia Roth (BKM) glänzte auf der Konferenz mit Abwesenheit. Ole Püschel, Leitung Medien & Film bei der BKM, sagte seinen Beitrag ab, der als „Lets get a vision“ angekündigt worden war. Nun darf gerätselt werden, ob die Vision fehlt oder die Erleuchtung der Branche durch Claudia Rothe beim Produzententag am Tag der Berlinale-Eröffnung erfolgt.

Katharina Dockhorn

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