Skip to content

Start des 70. Jubiläumsfestivals von Donostia Zinemaldia San Sebastián

Die Internationalen Filmfestspiele von San Sebastián eröffneten am Freitagabend, den 16.09.2022, ihre 70. Ausgabe mit "Modelo 77" ('Prison 77') von Alberto Rodríguez.



"Modelo 77" ('Prison 77'), die neue Filmarbeit des spanischen Filmemachers Alberto Rodríguez, eröffnete am gestrigen 16. September 2022 das 70. Internationale Film Festival von San Sebastián an der Atlantikküste »La Concha«, einer Bucht des spanischen Baskenlands, die wie eine Muschel geformt ist, weshalb wir das alte Festivallogo schöner fanden.



Hier der Trailer:



Der Spielfilm beruht auf wahren Begebenheiten und beginnt in Barcelonas Modelo-Gefängnis. Hier muss Manuel (Miguel Herrán), ein junger Buchhalter, wegen Unterschlagung eine unverhältnismäßig hohe Strafe absitzen. Für das begangene Vergehen droht ihm eine Haftzeit von 6 bis 8 Jahren. Zusammen mit dem Zellengenossen Pino (Javier Gutiérrez) schließt er sich einer Gruppe von gewöhnlichen Gefangenen an, die nach 40 Jahren Diktatur, im Anbruch der Demokratie, jetzt für ihre Rechte und für eine Amnestie kämpfen.


Alberto Rodríguez ist bereits zum fünften Male auf dem Filmfestival von San Sebastian vertreten. Bei seinem Debut im Offiziellen Wettbewerb mit "7 VIRGENES" ('7 Virgins') erhielt im Jahre 2005 der Schauspieler Juan José Ballesta die Silberne Muschel für den besten Hautpdarsteller.

Der neue Film von Alberto Rodríguez wurde zwar ebenfalls im Wettbewerb gezeigt, läuft allerdings außer Konkurrenz.

Die Augen der deutschsprachigen Filmwelt sind aber wohl eher auf Ulrich Seidls neues Werk "Sparta" gerichtet, der am Sonntag als österreichischer Beitrag Weltpremiere feiern soll und sich im Rennen um die "Goldene Muschel" gegen insgesamt 16 weitere Festivalbeiträge behaupten muss.

Das dürfte dem österreichischen Filmemacher diesmal gar nicht so leicht fallen, denn es liegen schwere Beschuldigungen gegen den Regisseur vor, weshalb das kanadische Filmfestival in Toronto den Film in der vergangenen Woche aus dem Programm strich.

Seidl, so die Vorwürfe, habe die minderjährigen rumänischen Laiendarsteller ohne ausreichende Betreuung und Unterrichtung der Familien mit Szenen rund um Alkoholismus, Gewalt und Nacktheit konfrontiert, schrieb der Spiegel. Einige der halbwüchsigen Laiendarsteller sahen sich zu Handlungen vor der Kamera aufgefordert, die ihnen deutlich unangenehm waren, heißt es. Außerdem sollen Regeln zur Arbeit mit Kindern nicht eingehalten worden sein.

Der 69-jährige Starregisseur von "Hundstage" oder "Rimini" wies die Vorwürfe aufs Schärfste zurück und dankte dem Leiter des spanischen Festivals, Rebordinos, dass dieser den Film „trotz des Drucks der Medien und der großen Turbulenzen“ am Sonntag zeigen werde. Ursprünglich wollte Seidl in San Sebastián dabei sein. Ihm sei jedoch klar geworden, dass seine Anwesenheit bei der Premiere die Rezeption des Films überschatten könne, erklärte der 69-jährige Filmemacher. Es sei jetzt an der Zeit, dass „Sparta“ für sich selbst spreche. „Sparta“ soll Anfang Oktober auch in Hamburg beim Filmfest gezeigt werden.

Synopsis:
In dem Film mit Georg Friedrich in der Hauptrolle geht es um einen Mann mit pädophilen Neigungen. Vor Jahren hat es den Mittvierziger Ewald nach Rumänien verschlagen. Jetzt wagt er einen Neuanfang. Er verlässt seine Freundin und zieht in die verarmte, ländliche Einöde, wo er mit Buben aus der Umgebung ein verfallenes Schulgebäude zu einer Festung ausbaut. Die Kinder entdecken dort eine Unbeschwertheit, die sie so nicht kannten, doch der Argwohn der Dorfbewohner lässt nicht lange auf sich warten. Und Ewald muss sich einer lange verdrängten Wahrheit stellen.

In San Sebastian tritt Seidl mit "Sparta" im offiziellen Wettbewerb gegen renommierte Regisseure wie den Koreaner Hong Sangsoo ("Walk up"), den Franzosen Christophe Honoré ("Winter Boy") oder den argentinischen Filmemacher Sebastian Lelio ("The Wonder") an.

Unter den "Muschelanwärtern" befinden sich auch interessante Beiträge von jüngeren Regisseuren wie dem Spanierin Pilar Palomero mit "La Maternal" oder der US-Amerikanerin Marian Mathias, die mit ihrem ersten Langspielfilm "Runner" ins Rennen geht. Der Jury unter Vorsitz der US-Schauspielerin und dreimaligen "Golden Globe"-Gewinnerin Glenn Close ("Gefährliche Liebschaften") wird die Wahl nicht leicht gemacht.

Bis zum 24. September 2022 werden in verschiedenen Nebenreihen insgesamt 200 Festivalbeiträge gezeigt, darunter zwei weitere österreichische Produktionen. Gezeigt werden der in Berlin uraufgeführte Dokumentarfilm "Mutzenbacher" der Österreicherin Ruth Beckermann, der für den mit 20.000 Euro dotierten Zabaltegi-Tabakalera Award antritt sowie in der Nebenreihe »Pearls« Marie Kreutzers Sisi-Verfilmung "Corsage", die im Mai auf dem Filmfestival von Cannes gezeigt worden war, und nun sich um den mit 50.000 Euro dotierten Publikumspreis bewirbt.

Ebenfalls am Start sind in der »Pearls« -Nebenreihe die neusten Produktionen von Penelope Cruz ("On the Fringe") und Olivia Wilde ("Don't worry Darling") sowie der in Venedig hochgelobte Film "Argentina" von Santiago Mitre. Mit von der Partie sind außerdem Cannes-Gewinner "Triangle of Sadness" von Ruben Östlund und Francois Ozons Berlinale-Beitrag "Peter von Kant".

Die diesjährige Retrospektive widmet San Sebastian dem französischen Regisseur Claude Sautet (1924-2000), der 1970 mit "Die Dinge des Lebens" seinen großen Durchbruch feierte und als einer der wichtigsten Repräsentanten des französischen Kinos der 1970er und 1980er Jahre gilt. Romy Schneider und Emmanuelle Béart gehörten zu seinen Stammschauspielerinnen.

Beendet wird der offizielle Wettbewerb mit Neil Jordans neuem Detektivthriller "Marlowe". In den Hauptrollen sind die Hollywoodstars Liam Neeson und Diane Kruger zu sehen, die ebenfalls in San Sebastian erwartet werden.

Zugegen sein werden auch die französische Schauspielerin Juliette Binoche und der kanadische Kultregisseur David Cronenberg, die beide zur 70. Jubiläumsausgabe mit dem Festivalehrenpreis ausgezeichnet werden.

Darüber hinaus erhielt am Freitag auf der Eröffnungsgala der Japaner Ryusuke Hamaguchi den FIPRESCI-Preis des internationalen Filmkritikerverbands für seinen oscargekrönten Beitrag "Drive my car" als "bester Film des Jahres".

Das Filmfestival Donostia Zinemaldia San Sebastián, unter der Leitung des Festivaldirektors José Luis Rebordinos, ist zwar unter den großen Filmfestivals das kleinste, gehört aber dennoch neben Cannes, Berlin und Venedig zu den international renommiertesten A-Festivals.

Mit seinen weiteren Nebenreihen »Made in Spain« und »Horizontes Latinos« zählt San Sebastian nicht nur zum wichtigsten Filmfestival im spanischen Sprachraum mit rund 500 Millionen Konsumenten, sondern ist auch ein "Fenster zum lateinamerikanischen Kino".

Link: www.sansebastianfestival.com

Anzeige