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Berlin Art Week & Gallery Weekend im Sept. 2022 mit Ergänzungen

Nach einem heißen und ausgelassenen Sommer läutet die Berlin Art Week (14.-18.9.22) den Kunstherbst ein.



Das Kunsterlebnis zur ART WEEK wird für Besucher von auswärts in Berlin besonders leicht gemacht, da die Berliner Galerien fast alle gleichzeitig öffnen. Einige sind etwas früher dran, andere erst gegen Ende der Woche. Aber immer mit hohem Anspruch ihren Besucherinnen und Besuchern ein Erlebnis zu bieten. Innovativ, bemerkenswert, hochkarätig, manchmal unbequem und auf die beste Art und Weise störend, zeigen sie die Vielseitigkeit und Qualität ihrer vielfältigen Programme.

Soy Capitán, die Galerie im Zentrum von Kreuzberg, stellt Caroline Wong vor, die das durch und durch ambivalente Verhältnis von Frauen und Essen in Pastellfarben auslotet.

Contemporary Fine Arts zeigt endlich wieder Gemälde der Malerin Cecily Brown, die aus Tausenden von Schichten zu bestehen scheinen, die nie ganz entwirrt werden können.

Hannah Sophie Dunkelberg hingegen widmet sich bei Efremidis eher dem gerittenen Pferd als dem Reiter und gönnt dem "müden Pferd(en)" eine wohlverdiente Pause auf verschiedenen Möbelstücken.

Die Fotografin Sybille Bergemann hat derzeit mehrere große Auftritte in der Stadt. Unter anderem bei Kicken Berlin, wo geschickte Einführungen in das Werk des Künstlers gemacht werden.

Überhaupt scheint nach der Berlin Photo Week, deren Ausstellungen zumeist noch bis Ende Oktober weiterhin geöffnet sind, vielerorts Foto- und Videokunst in der Gunst der Galerien und Käufer zu stehen.

Am Dienstagabend präsentierte der Neue Berliner Kunstverein (n.b.k.) zur grandiosen Eröffnung des BAW Gartens, dem Zentrum der Berlin Art Week 2022, in der großen Exhibition der vom Abriss bedrohten Uferhallen, in der Gruppenausstellung "On Equal Terms" u.a. ein Video-Triptychon von Bianca Kennedy mit schnell wechselnden Filmausschnitten von Badewannen-Szenen aus bekannten Hollywoodwerken. Mal komisch, dann voyeuristisch und schließlich blutig ernst.

Zwei Ausschnitte aus einer 3-Kanal-Video-Installatin von Bianca Kennedy mit Badewannenszenen als Filmstill. (Foto © BAF)

Auf dem Gelände, das derzeit wegen langwieriger Bauarbeiten auf der nahezu total gesperrten Uferstraße nur zu Fuß zu erreichen ist, gibt es aber noch viel mehr zu entdecken, denn drumherum hatten rund 20 Werkstätten und Ateliers ihre Studios geöffnet, sodass wir mit einigen Künstlern sehr interessante Gespräche führen konnten.

Es gäbe noch viel mehr zu berichten, aber unsere Zeit wird knapp, denn um 18:00 Uhr lädt am heutigen Mittwochabend, den 14.09.2022, die Galerie König zu Vernissage von Norbert Biskys überdimensionalem Werk in die St. Agnes Kirche in Berlin Kreuzberg in der Alexandrinenstraße ein.

Und um 19:00 Uhr starten dann die Kunstwerke (KW), dem Institute for Contemporary Art, im Tieranatomischen Theater der Charité Rachel Rossins Netzkunst "THE MAW OF" über Gehirn-Computer Schnittstellen, die sowohl dort auf kreisrunden Screens, als auch online als Virtual Reality Umgebung mit 3D-Brillen bewundert werden kann.

Am Donnerstagmittag, den 15.09.2022 eröffnet zudem die Positions Berlin Art Fair von Jarmuschek + Partner gleich in zwei Hangars des Flughafens Tempelhof ihre Kojen und lädt ein zum Rundgang.

Besonders beachtenswert ist dort die Sonderausstellung mit Werken von dem 2008 verstorbenen jüdischen Künstler Boris Lurie, der nach seiner Befreiung aus einem Konzentrationslager zunächst nach New York ging und dort 1959 die radikale avantgardistische Anti-Kunst-Establishment-Bewegung "NO!art" ins Leben rief. Später besuchte er für längere Zeit auch Paris, bevor er bis zu seinem Lebensende wieder in New York arbeitete.

Boris Lurie Art Foundation @ Positions Berlin 2022 (Foto © BAF)

Auch das Kunsthaus Dahlem (Käuzchensteig 8 · 14195 Berlin), zeigt anlässlich des 90. Geburtstags von Boris Lurie bis zum 30. Oktober 2022, die Ausstellung "Kunst nach der Shoah": Wolf Vostell im Dialog mit Boris Lurie.

Dazu gibt es hier bei uns ein knapp 30 Minuten langes Video, das im Mai im Kunstmuseum Den Haag aufgenommen wurde und den Betrachter mit der schmerzhaften Zeit des Holocaust konfrontiert. Indem die beiden verstorbenen Künstler die entsetzlichsten Bilder von Kriegsverbrechen mit oberflächlichen Werbebildern kombinieren, ist ihre Arbeit auch eine Anklage gegen die Nachkriegskonsumgesellschaft.



Die Galerie Carlier Gebauer, die wir bereits vorab besuchen konnten, eröffnet im Rahmen der Berlin Art Week eine neue Ausstellung erst am 16.09.2022 in der Markgrafenstr. 67, in 10969 Berlin. Hier ist in einem Nebenraum u.a. noch einmal das beindruckende 4K Video "WOLF and DOG" von der in Berlin lebenden Künstlerin Astra Gröting zu sehen, das dort erstmals zum Gallery Weekend im Frühjahr präsentiert worden war.

Hier der Trailer aus dem »Making-of« zum knapp 10 Min. langen Video:



Die Schnittstelle zwischen den Welten des Hörens und des Sehens hat sich auch die noble Galerie Kewenig in der Brüderstr. 10 in 10178 Berlin diesmal zu eigen gemacht. David Dorell kuratiert dort Werke sehr unterschiedlicher Künstler mit "Paracusia: Of Sounds and Visions", deren Klänge sich durch das ganze Gebäude ziehen.

Paracusia markiert aber auch das Ausstellungsdebüt des mit dem Silberne Löwen von Venedig ausgezeichneten filmischen Triptycon "YEAR ZERO", des britischen Künstlers Haroon Mirza, das vollständig während des Lockdowns entstanden ist und auf drei hochkant stehenden Videoscreens gezeigt wird.

Galerie Kewenig Filmstill: PARACUSIA Triptychon "Year Zero" von Haroon Mirza
(Foto: © BAF)

Die Arbeit ist Teil von Mirzas "modularer Opern" -Serie, die von ihm komponiert und in Zusammenarbeit mit Musikern, einem Sänger und Designer realisiert wurde. Das Werk ist inspiriert von den weit verbreiteten Smartphone-Aufnahmen von Italienern, die zu Beginn der Pandemie von ihren Balkonen und Fenstern aus singen, wobei ihre kleinen, aber mitreißenden Balkonauftritte ein kollektives Gefühl von Optimismus und Einheit einfangen.


Video-Triptychons scheinen derzeit im Trend zu liegen. auch die oben genannte Galerie König präsentierte ein solches mit wabernden Blasen und Wellenmustern. Auch im Obergeschoss der entweihten Kirche St. Agnes schwebt eine riesige, aufgeblasene und bunt leuchtende Blase des dänischen Künstlers Tue Greenford, die ein wenig an merkwürdige Himmelserscheinungen im aktuellen Film "NOPE" von Jordan Peele erinnern mag.

Installation von Tue Greenford in der Galerie König, Berlin (Foto © BAF)

Hauptattraktion im Basement ist aber ein Gemälde von Norbert Bisky an der Decke der ehemaligen Kapelle, für das extra eine Sitzbank mit Liegeposition aufgestellt wurde, damit sich die Besucher nicht die Hälse verrenken müssen. Dort taumeln seine inzwischen erwachsen gewordenen Jünglinge orientierungslos durch die Luft. Ein Zeichen vielleicht für eine verzweifelte Welt im Umbruch.

Am Freitagabend gibt es noch vor Sonnenuntergang auf der Terrasse vom »Haus am Waldsee« in Berlin-Zehlendorf eine Performance für absurdes Theater mit verkleideten Krankenschwestern und ihren vermeintlichen Patientinnen, passend zur Ausstellung "Female Remedy", einer Sittenkomödie der Amerikanerin Leila Hekmat im Innern des Hauses, das zu einem religiösen Sanatorium für Frauen, mit Krankenhausbetten und Operationssaal, umgestaltet wurde.

Blick in die Ausstellung "Female Remedy" von Leila Hekmat im Haus am Waldsee.
(Foto © BAF)

Woran die ins Hospital Hekmat eingewiesenen Damen genau leiden bleibt unklar. Klar ist nur, dass es ein Heilungsort zur Selbstfindung für reuelose Frauen sein soll, um ihre Stärken zu stützen, zu stählen und zu festigen.

Später am Abend kann man sich in der Neuen Nationalgalerie von elektronischer Musik berauschen lassen. Am Samstag, den 17. September 2022, geht es weiter mit Konzerten und Performances von rund 50 Ensembles der Freien Berliner Szene bei einem Rundgang in der sogenannten FAHRBEREITSCHAFT der Haubrock Foundation in der Herzbergstraße 40-43 in 10365 Berlin-Lichtenberg.

Bis zum 18. September 2022 laden auch zum dritten Mal die Wilhelm Hallen mit rund 300 Werken von 80 Künstlern nach Berlin-Reinickendorf in die Kopenhagener Straße 60-72 in 13407 Berlin ein. Last but not least seien noch das Haus am Lützowplatz in Berlin-Tiergarten erwähnt sowie ab Samstag, den 17.09.2022 ab 18:00 Uhr in der Halle 2 des KINDL - Zentrum für zeitgenössische Kunst in Berlin-Neukölln eine Vernissage mit neuen Werken von Mona Hatoum und Rémy Markowitsch.

Link: berlinartweek.de

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