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Trotz Corona vier Besprechungen zu aktuellen Filmen im Kino, Jan. 2022, Teil 5

Bei den Berlinale Pressescreenings der Sektion Panorama wurde es wegen der Corona-Epidemie erstmals beängstigend voll im Kino.



Trotz der hohen Inzidenzwerten durch die hochansteckende Omikron-Variante von über 2800 in Berlin-Mitte und von deutlich über 1000 in ganz Berlin und Brandenburg, wurde es am Samstag bei den ersten drei Pressevorführungen der Berlinale-Sektion Panorama richtig voll im 236 Plätze umfassenden Vorführsaal, von denen allerdings nur etwa die Hälfte wegen der Sitzabstandsregelungen belegt werden durfte.

In den Tagen zuvor waren zu Vorführungen anderer Sektion - in teilweise größeren Sälen - leider meist nur 15-30 Zuschauer gekommen, obwohl einige Programmpunkte, vor allem in der Sektion Generation, richtig gut und so anspruchsvoll sind, dass sie sich nicht nur an Kinder und Jugendliche wenden. Tatsächlich sollen fünf Regisseur*innen, die früher ihre Debüts in der Sektion Generation feierten, diesmal auch im großen offiziellen Wettbewerb der Berlinale mit neuen Filmen vertreten sein.

Wir sind gespannt, was uns noch erwartet und lassen uns gerne von weiteren guten Werken in allen Sektionen überraschen.



Nicht nur Spielfilme sind am letzten Donnerstag in den regulären Programm-Kinos und Multiplexen gestartet. Dennoch können wir leider derzeit nicht alles besprechen, weil uns die zahlreichen Berlinale-Screenings und digitalen Streams vom aktuellen Festival Max Ophüls Preis in Saarbrücken fast den Schlaf rauben. Einiges ist aber so wichtig, dass wir es hier und heute dennoch erwähnen wollen.

"AN IMPOSSIBLE PROJECT" Dokumentation von Jens Meurer über das Comeback schon totgeglaubter Techniken und Produkte. (Deutschland, Österreich). Seit 20. Januar 2022 im Kino. Hier der Trailer.



Unsere Kurzkritik:

Schon seit Längerem erlebt die Vinyl-Schallplatte eine unglaubliche Renaissance, obwohl sie in DJ-Kreisen eigentlich nie ausgestorben war. Kein anderes Medium für die Wiedergabe von Musik ist wegen der überdimensionalen Covers großartig anzuschauen, klanglich spitze und zudem in Kleinstauflage herzustellen und zu verbreiten.

Inzwischen produziert fast jeder HiFi-Hersteller neue Schallplattenspieler. Alte bekannte Marken wie Dual wurden aus dem Dornröschenschlaf geholt und mit moderner Technik versehen. Neue Marken und Abtastsysteme sind hinzugekommen. Sogar die komplett vom Markt verschwundene Compact- oder Musikkassette feiert ein kleines Comeback, obwohl es außer ein paar alter Autoradios kaum neue Abspielgeräte gibt. Sonys Walkman ist längst vom Markt verschwunden. Nur sein Name wird in einer digitalen Variante weitergeführt. Dennoch erfreuen sich vor allem Märchenkassetten und preiswerte neue Abspielgeräte für Kinder erneuter Beliebtheit.

Mit der Einführung des iPhones von Apple, das neben dem Telefonieren sowohl Musik speichern und wiedergeben, als auch Fotografieren und Bilder anzeigen kann, hätte vor einigen Jahren niemand mehr an eine Renaissance der analogen Fotografie gedacht.

Aber eine kleine Schaar von Enthusiasten war sich sicher, dass Sofortabzüge, die sich an die Wand pinnen lassen, oder im Portemonnaie auch ohne Handy jederzeit zur Betrachtung zur Verfügung stehen, nie totzukriegen sind.

Die Marke Polaroid war dafür zum Inbegriff geworden. Doch gingen nach der Abwicklung der letzten Polaroid Fabrik leider auch die Herstellungspatente verloren. Da auf der ganzen Welt verstreute Restbestände weiterhin von Besitzern alter Polaroid-Apparat stark gesucht wurden, wurde das Unmögliche versucht, die komplexe Technik komplett neu zu entwickeln, um sie erfolgreich am Markt erneut zu platzieren.

Ob das gelang, davon handelt dieser unglaublich spannende Film.

W.F.


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"EINE NACHT IN HELSINKI" Dramödie in Corona-Zeiten von Mika Kaurismäki (Finnland). Mit Timo Torikka, Pertti Sveholm, Kari Heiskanen u.a. seit 20. Januar 2022 im Kino. Hier der Trailer:



Ulrikes Filmkritik:
Original Titel: („Yö armahtaa" - Habt Erbarmen“)

Helsinki im Lockdown. Es ist der 1. Mai. Die Straßen sind leer. Heikki (Pertti Sveholm) ist Inhaber einer Bar. Es war nicht absehbar, dass die Corona-Krise so schwerwiegend und ernst werden würde. Er darf keine Gäste bedienen und hat infolgedessen auch keine Einnahmen. Trotzdem verbringt er die Zeit in seinem Laden. Er hat den Tisch festlich gedeckt und freut sich, dass er mit seiner Tochter das Abendessen einnimmt.

Er wartet und wartet aber sie kommt nicht. Die Tür geht auf und sein Freund und Arzt Risto (Kari Heiskanen) kommt herein. Er will nur ein Glas Rotwein trinken und gleich wieder gehen. Er erzählt, dass eine 14-jährige Patientin von ihm gestorben ist und wie es dann so ist, aus einem Glas werden zwei und drei, denn man merkt ihm an, dass es ihm gut tut, darüber zu sprechen. Trotzdem ist die Stimmung bedrückend. Beide Männer unterhalten sich über ihre Kinder, Existenzsorgen und Eheprobleme. Und wieder geht die Tür auf und ein Fremder tritt ein. Er lässt sich nicht abwimmeln. Er bittet darum, sein Handy aufzuladen, es sei dringend und dann würde er sofort verschwinden. Er stellt sich vor, Juhani (Timo Torikka) sei sein Name. Doch dann passiert etwas, was Heikki und Risto Angst macht. Ist der Fremde etwa der Mörder der gerade gesucht wird? Beide überlegen, die Polizei zu informieren, hören sich aber dann seine tragische Geschichte an, bei der es darum geht, ob er ein Retter oder ein Rächer ist.

Mika Kaurismäki hat das Kammerspiel, das in einer Nacht spielt, fast ausschließlich in den Räumen der Bar, die er und sein Bruder Aki betreiben: der Corona-Bar!, gedreht. Die Bilder sind geprägt von der nächtlichen Dunkelheit. Die Bar ist spärlich beleuchtet. Seine Schauspieler lässt er improvisieren, was dem ganzen eine gewisse Authentizität verleiht und die Atmosphäre realer gestaltet. Ihre Gespräche drehen sich um Menschlichkeit, gegenseitigem Verständnis, Isolation, Einsamkeit und Nöten. Themen, mit denen man sich auch als Zuschauer identifizieren kann.

Gedreht wurde im Frühjahr 2020, während des finnischen Lockdowns.

Gegen Ende betritt die Frau des Arztes die Bar. Sie sprechen über das Für und Wider von Beziehungen. Dann lassen die beiden Männer das Paar alleine. Mann und Frau reden über ihre verschwundenen Träume. Jahrelang hatten sie Schwierigkeiten, miteinander zu reden. Das Paar geht gemeinsam nach Hause.

Heikki und Juhani, der sich nochmals für das Gespräch bedankt, umarmen sich und gehen auseinander. Doch vorher muss Heikki versprechen, dass er seinen Laden nicht anzündet, sondern die Hoffnung auf bessere Zeiten, die da kommen werden, legt.

Kaurismäki: „Es war fast so, als würde man einen Dokumentarfilm drehen, auch wenn alles reine Fiktion war. Es ist ein kollektiver Film, der auf ungewöhnliche Weise in diesen ungewöhnlichen Zeiten gedreht wurde.“ Der Film zeigt, wie wichtig es ist eine menschliche Verbundenheit zu fühlen und auch körperlich zu spüren.

Ulrike Schirm


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"NIGHTMARE ALLEY" Thriller von Guillermo del Toro (USA). Mit Bradley Cooper, Cate Blanchett, Toni Collette u.v.a. seit 20. Januar 2022 im Kino. Hier der Trailer:



Ulrikes Filmkritik:
(Ein düsteres Drama über einen Mann, den sein Ehrgeiz unaufhaltsam zu Fall bringt.)

„Der Mensch kommt als blinde, herumtastende Milbe auf die Welt. Er kennt Hunger, die Angst vor lauten Geräuschen und vor dem Fallen. Sein Leben verbringt er auf der Flucht-der Flucht vor Hunger und dem Donnerschlag des Schicksals. Im Moment der Geburt beginnt er zu fallen, durch das Brausen der Zeit, tief hinein in den Abgrund der Dunkelheit“. Oder: „Jemand lässt uns heraus wie eine Kröte aus einer Streichholzschachtel, wir springen und springen und springen, und dieser Kerl ist uns immer auf den Fersen. Und wenn er es leid ist, stampft er uns zu Brei, und unsere Eingeweide spritzen unter dem Stiefel des allbarmherzigen Schicksals hervor. Son of a Bitch!“

Dies sind nur Ausschnitte aus zwei der dramatischen Reden, die Magier Stanton Carlisle im Roman „Nightmare Alley“ (1946) von William Lindsay Gresham hält. Das wuchtig-bittere Werk zeigt einen sezierenden Blick auf den Menschen, seine Ängste und Fehler sowie seinen Kampf um Lebenssinn.

„Der Schriftsteller William Lindsay Gresham ist einer der interessantesten literarischen Köpfe, was die Schattenseiten Amerikas angeht“, sagt Guillermo del Toro im Interview mit CINEMA.
(Quelle: CINEMA 1/22)

In seiner Adaption des Romans „Nightmare Alley“ zeigt Regisseur Guillermo del Toro („Pan's Labyrinth“, „Shape of Water“) die Abgründe der menschlichen Natur.

Im Vorspann sieht man einen Mann eine Leiche entsorgen, indem er sein Farmhaus abfackelt. Er entflieht seinem alten Leben und landet bei einem Wanderzirkus. Es handelt sich um Stanton Carlisle, gespielt von Bradley Cooper. Angelockt wurde er von einem Jahrmarktsschreier, der unglaubliche Sensationen verspricht.

Er trifft auf Schlangenmenschen, die sich verbiegen können, als seien sie aus Gummi, einem Menschen im Käfig, der als Biest bezeichnet wird und und lebenden Hühnern den Kopf abreißt und einer Jungfrau, die unter Starkstrom gesetzt wird. Im Gruselkabinett stehen Gläser mit Missgeburten. Hier fragt ihn niemand woher er kommt und wie seine Vergangenheit aussieht, verspricht ihm der Zirkusdirektor Clem Hoately (Willem Dafoe).

Ein Ort, der in seiner Schauerlichkeit, das Publikum magisch anzieht. Hier kann Stanton ganz von vorn anfangen. Als das „Biest“, ein erbärmlicher Alkoholiker ins Delirium fällt, packt Stanton mit an und hilft dem Zirkusdirektor das „Biest“ vor einer Notaufnahme abzulegen. Nachschub für ihn, findet sich allemal. Es gibt genug Obdachlose, die man mit Alkohol locken kann, indem man ihnen einen Job verspricht. Stanton, der in seiner Verschlagenheit auch äußerst charmant sein kann, schlägt dem Zirkusmädchen Molly (Rooney Mara) vor, für ihre Stromschau, doch einen elektrischen Stuhl zu nutzen, den er entwirft und mit dem sie mehr Eindruck schinden kann, indem sie eine Scheinhinrichtung simuliert.

Der betrügerischen Wahrsagerin Zeena (Toni Collette) bietet er sich als Helfer bei ihren billigen Tricks an und von ihrem Mann Pete (David Strathairn), genannt der Professor, lernt er, wie man Menschen in kürzester Zeit nach ihren Äußerlichkeiten und ihrem Verhalten durchschauen kann. Der Professor war bekannt als Super-Illusionist, bevor er dem Alkohol verfiel.

Wahrscheinlich ist Stanton auch schuld am Tod des Professors, hinter dessen Rücken er auch eine Affäre mit seiner Frau hat. Doch dann verlieben sich Stan und Molly ineinander. Sie verlassen die Zirkustruppe und arbeiten in Zukunft zusammen. Mit ihr als Medium macht er zwei Jahre später Karriere als Magier „The Great Stanton“ in den großstädtischen Cabarets in Amerika.

Aber damit nicht genug. Auf der Bühne eines Hotels in New York, trifft er auf eine gerissene Psychoanalytikerin Dr. Lilith Ritter (Cate Blanchet), die den „Blender“, der sich für allmächtig hält, durchschaut. Erst will sie ihn hochgehen lassen, überlegt es sich anders und verbündet sich mit ihm und macht ihm einen perfiden Vorschlag, in dem sie seine „spiritistischen Fähigkeiten“ nutzt.

Sie bringt ihn mit einem ihrer Klienten zusammen, Ezra Grindle (Richard Jenkins), ein schwerreicher Industrieller, der vor Jahrzehnten für den Tod einer jungen Frau verantwortlich war und der gegen eine üppige Geldsumme, mit deren Geist in Verbindung treten möchte. Immer stärker beginnt Stan seinen eigenen Lügen zu glauben. Er wägt sich von nun an ganz oben. Seine Gegenspielerin Dr. Ritter, behandelt die Elite der Stadt. Aus den Therapiesitzungen kennt sie deren intimste Geheimnisse, die Stan in privaten Shows zu Geld machen will und in seiner Gier lässt er sich ungeahnt mit gefährlichen Leuten ein. Er will mehr und mehr und mehr.

Guillermo del Toro: „In unserem Film geht es ums Heute und nicht um die 1930er und 1940er. Es geht um Wahrheit und Lüge, um die Gefahr populistischer Auffassungen, die uns blind machen für die Wahrheit“.

Er hat den Roman ohne große digitale Effekte aber mit großartigem Setdesign gedreht, getaucht in Hell-Dunkel- Kontrasten und Sepiatönen. Auch die Nebenrollen hat er mit Stars besetzt.

Ulrike Schirm


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"SING 2 - Die Show Deines Lebens" Animationsfilm von Garth Jennings & Christophe Lourdelet (USA). Mit den Stimmen von Bastian Pastewka, Alexandra Maria Lara, Stefanie Kloß u.a. seit 20. Januar 2022 im Kino. Hier der Trailer:



Ulrikes Filmkritik:
(Ein tierisches Theater für die ganze Familie.)

Nachdem der Koala Buster Moon von einer arroganten Castingdame als hergelaufener Kleinst-Act- Koala bezeichnet wurde, denkt er sich, jetzt erst recht und macht sich mit seiner Musical-Truppe auf den Weg in die glitzernde Entertainment-Metropole Redshore City, wo er eine noch nie dagewesene Weltraum-Show mit dem Titel: NICHT VON DIESER WELT produzieren will.

Einfach wird es nicht. Wer hier zur großen Nummer wird, entscheidet allein der mächtige Wolf Jimmy Crystal. Außerdem muss er Ferkelmama Rosita, Stachelschwein Ash, Elefantendame Meena, und den Jung-Gorilla Johnny motivieren und bei Laune halten. Mit dem Wissen, dass der Wolf einen Lieblingssänger hat, den Rocklöwen Clay Calloway, eine Musiklegende, behauptet Moon einfach, ihn zu kennen und ihn in die Show als Attraktion einzubauen. Außerdem soll auch Calloways verwöhnte Tochter Porsha mitspielen.

Die Sache hat nur einen Haken: Der Löwe hat sich aus Kummer vor 15 Jahren zurückgezogen und tritt nicht mehr auf. Jetzt darf Moon nicht als Lügner dastehen, denn dann ist sein Traum von der großen Show gelaufen. Zusammen mit Ash dem Stachelschwein macht er den traurigen Löwen ausfindig und versucht alles Erdenkliche, um ihn zu überreden. Der Grund ist der Tod seiner Frau Ruby, die sein Ein und Alles war.

Ob das alles so gelingt wie die Truppe sich das vorstellt, ist wieder quietschbunt und unterhaltsam inszeniert. Die Tiere treten wieder herrlich menschenähnlich auf und interpretieren weltberühmte Hits von Prince, Coldplay und mehrere Titel von U2, denn der Löwe wird im Original von Bono gesprochen. Porsha reißt alle vom Stuhl mit dem Song „Girl on Fire“.

Ob das Weltraummusical im kunterbunten Musical SING 2- DIE SHOW DEINES LEBENS ein Knaller wird, sei hier nicht verraten. Auf jeden Fall, das Bühnenbild ist grandios. Ein Film, der gute Laune macht.

Ulrike Schirm


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