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Stärkere Corona-Auflagen und weitere Filmempfehlungen im Jan. 2022, Teil 3

Corona hält uns weiterhin in Atem. Während die Kinos in Sachsen weiterhin geschlossen sind, soll in Sachsen-Anhalt 2G-Plus vorerst nicht umgesetzt werden.



Der Deutsche Kulturrat frohlockte, dass sich am gestrigen Freitag, den 7. Januar 20222, die Ministerpräsidenten auf eine gemeinsame Linie zum Offenhalten von Kultureinrichtungen geeinigt haben, ohne dabei zu beachten, dass in Sachsen die Kinos wegen der Omikron-Variante jetzt sogar bis mindestens 14. Januar 2022 weiterhin geschlossen sind.

Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hatte am Vorabend im Alleingang versucht Erleichterungen in Sachsen für Kulturveranstaltungen in Innenräumen mit 2G-Plus in Aussicht zu stellen, wurde aber umgehend für die möglichen Lockerungen der Corona-Maßnahmen von den Grünen kritisiert.

Im Nachbarland Sachsen-Anhalt will dagegen Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU), die in einer Videoschalte mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gemeinsam beschlossenen 2G-Plus-Regelungen für Restaurants nicht umsetzen, und zunächst bei den derzeitigen Maßnahmen bleiben. Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) fragt sich, ob 2G-Plus in der normalen Gastronomie jenseits von Diskotheken und Bars sinnvoll sei.

In Berlin steigen die Inzidenzwerte von knapp 650 am Samstag rasant an, sodass die Krankenhäuser die Bundeswehr um Hilfe bitten wollen. Dennoch ist eine Absage der 72. Berlinale vom 10. - 20. Februar 2022 bisher nicht vorgesehen, während das Festival Max-Ophüls-Preis in Saarbrücken seine ab dem 16. Januar 2022 hybrid geplanten Vorstellungen abgesagt hat und ebenso wie das Independent Sundance Film Festival in den USA (20. - 31. Jan. 2022) wieder nur online vor Ort im Stream zu sehen sein wird.

Der Deutsche Kulturrat betont, dass bundesweit der Zugang zu Kultureinrichtungen und Kulturveranstaltungen inzidenzunabhängig für Geimpfte und Genesene (2G) möglich ist, die Länder aber Verschärfungen (2G+) beschließen können.

Neu ist, dass in Abs. 13 des Beschlusses auf die besondere Bedeutung von Kunst und Kultur hingewiesen wird:

„Kulturelles Erleben und künstlerisches Produzieren zeigen gerade in der Pandemie ihre große Bedeutung und ihren gesellschaftlichen Wert. Durch die konkrete Ausgestaltung der Maßnahmen für den Kulturbereich (insbesondere 2G- und 2G-Plus-Regelungen) achten die Länder die im Infektionsschutzgesetz hervorgehobene besondere Begründungspflicht für Beschränkungen des Kulturbetriebs.“

In Berlin hält die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) die neuen von beschlossen Bund und Länder am Freitag beschlossenen 2G-Plus-Regeln für Gastronomie für maßvoll und erhofft sich von den schärferen Maßnahmen nicht nur mehr Sicherheit vor Infektionen, sondern auch noch mehr Schwung für die laufende Kampagne der Corona-Auffrischungsimpfungen.

Einen erneuten Lockdown will Giffey dagegen auf jeden Fall verhindern, so dass eine Schließung von Kinos und somit eine Verschiebung oder Absage der 72. Internationalen Filmfestspiele Berlin, derzeit (noch) nicht zu Diskussion steht.

Bei uns ist allerdings bei einer Kinovorstellung am 29.12.2021 die Corona Warn App. auf ROT umgesprungen. Ein sofortiger Corona-Test war dank Booster-Impfung glücklicherweise negativ.

Link: www.kulturrat.de

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"WANDA, MEIN WUNDER" Tragikomödie von Bettina Oberli (Schweiz). Mit André Jung, Agnieszka Grochowska, Marthe Keller, Jacob Matschenz, Birgit Minichmayr u.a. seit 6. Januar 2022 bundesweit (soweit geöffnet) im Kino und am 8. Januar 2022 in Anwesenheit der Regisseurin um 19:35 Uhr in der Kulturbrauerei Berlin. Hier der Trailer:



Ulrikes Filmkritik:

„Überlass mich nicht diesen Verrückten“, sagt Josef (André Jung) in Anspielung auf die eigene Familie zu seiner Pflegerin Wanda (Agnieszka Grochowska), die sich rund um die Uhr um den 70-jährigen Patriarchen der wohlhabenden Wegmeister-Gloor Dynastie kümmert, weil dieser nach einem Schlaganfall gelähmt ist. Wanda reist regelmäßig von Polen in die Schweiz, um Josef zu pflegen und seiner Frau im Haushalt zu helfen. Das wohlhabende Paar lebt gemeinsam mit ihrem Sohn Gregor, einem Vogelliebhaber, der ausgestopfte Vögel sammelt, in einer komfortablen Villa mit Seeblick. Tochter Sophie kommt nur zu besonderen Anlässen vorbei.

Die bevorstehende Feier zu seinem siebzigsten Geburtstag interessiert Josef nicht. Für ihn zählt nur noch die Fürsorge von Wanda. Ehefrau Elsa (Marthe Keller) sieht die „Freundschaft“ zwischen Wanda und ihrem Gatten mit gemischten Gefühlen. Dass Josef die zweifache Mutter für nächtliche Intimitäten bezahlt, ahnt die Familie nicht.

Sophie (Birgit Minichmayr), die wegen Josefs Geburtstages angereist ist, findet in Wandas Kellerzimmer ein Bündel Schweizer Franken und bezichtigt Wanda des Diebstahls. Für Sophie, die Wanda ziemlich von oben herab behandelt, ein gefundenes Fressen. Der schlitzohrige Josef hat sofort eine Erklärung parat. Wandas Eltern, die einen Bauernhof haben, brauchen dringend eine Kuh. Dafür habe er ihr das Geld zugesteckt, nimmt er sie in Schutz. Für Wanda ist das alles zu viel. Sie kehrt zurück zu ihren Kindern, die bei den Großeltern leben. Zuhause stellt sie fest, dass sie von Josef schwanger ist. Währen dessen hat Gregor, der in Wanda verliebt ist, ihrer Familie eine Kuh besorgt. Dumm nur, dass die in einer Mietwohnung in Danzig lebt.

Wandas überraschende Schwangerschaft bringt das fragile Gefüge der Schweizer Familie total durcheinander und die Lebenslügen aller werden schmerzlich sichtbar. Mit ihrem gesellschaftlich kritischen Film hat sich Regisseurin Bettina Oberli am Beispiel von Wanda den Frauen angenommen, die ihre Heimat verlassen, um in Deutschland oder der Schweiz Menschen pflegen, ihre Kinder zurücklassen und mit Geld unterstützen. Sie kommen meist aus dem Ostblock. Ungarn, Polen oder Tschechien. Drei Monate dürfen sie bleiben, dann müssen sie wieder zurück, um danach erneut einreisen zu können. Oberli hat das ernste Thema leicht verpackt. Bittere Wahrheiten hat sie mit komischen Momenten verbunden, ohne ihre Figuren der Lächerlichkeit preiszugeben.

Als Wanda mit ihrer polnischen Familie in der Schweiz auftaucht und man ihr einen finanziell hochdotierten Deal anbietet, bleibt sie standhaft und nimmt ihn nicht an. Jetzt versteht man den Schmerz, der sich hinter Sophies kratzbürstigem Verhalten verbirgt. Übrigens, die Kuh weidet friedlich im Schweizer Garten.

Ulrike Schirm


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Für diejenigen, die sich wegen der stetig steigenden Corona-Inzidenzzahlen nicht ins Kino trauen, zeigt der Arthouse-Streamingdienst MUBI in seiner kuratierten Filmauswahl zu Jahresbeginn in der Reihe »FROM FRANCE WITH LOVE« vier neue französische Filme von jungen Filmemacher*innen aus der 2022er Festivalauswahl:

"HONIGZIGARRE" von Kamir Aïnouz (2020, Frankreich, Algerien, Drama) – ab 20. Januar 2022 bei MUBI.

Die 17-jährige Selma stammt aus einer bürgerlichen algerisch-französischen Familie und lebt in Paris. Als sie sich im College in Julien verliebt, während ihre Mutter nach einem potenziellen Ehemann für sie sucht, wird ihr zum ersten Mal bewusst, welche Auswirkungen die patriarchalischen Vorschriften auf ihre Intimität haben.


"PLAYLIST" von Nine Antico (2021, Frankreich, Komödie) – ab 28. Januar 2022 bei MUBI.

Regisseurin Nine Antico, selbst Graphic Novel-Künstlerin, beschreibt in PLAYLIST turbulent, ironisch, witzig und durchgehend in schwarz-weiß das Leben einer jungen Pariserin: Sophie erhält einen Job bei einem Pariser Comicverlag, obwohl sie viel lieber ihre eigenen Graphic Novels veröffentlichen würde. Als sie ihrem Freund erzählt, dass sie schwanger ist, gerät auf einmal alles aus den Fugen – ihr Freund verlässt sie und Sophie kehrt zurück in ihr Leben als Kellnerin. Gemeinsam mit ihren Freundinnen durchlebt sie das ziemlich typische Leben von jungen Frauen in Paris mit Mitte/Ende 20, auf der Suche nach Liebe und dem Sinn des Lebens. Ironisch hat Regisseurin Nine Antico dem Guardian gegenüber mal gesagt, ihr Film sei zu 73 Prozent autobiographisch, was die große Authentizität des Films erklären würde.


"EIN LAND DAS SICH FÜR WEISE HÄLT" von David Dufresne (2020, Frankreich, Dokumentarfilm) – ab 1. Februar 2022 bei MUBI.

In David Dufresnes Dokumentarfilm, der 2020 auf zahlreichen internationalen Festivals wie in Cannes, Toronto, beim CPH-DOX in Kopenhagen und dem New York Film Festival lief, hinterfragt und konfrontiert eine Gruppe von Bürgern ihre Ansichten über die soziale Ordnung und die Legitimität des Einsatzes von Polizeigewalt.


"DER NACHTARZT" von Elie Wajeman (2020, Frankreich, Drama, Thriller) – ab 8. Februar 2022 bei MUBI.

Mikael ist ein Nachtarzt. Zwischen zwei Patienten aus schwierigen Stadtvierteln behandelt er diejenigen, die niemand sehen will. Eines Nachts nimmt er sich vor, auszusteigen und sein Leben neu zu gestalten. Doch der Preis, den er dafür zahlen muss, ist hoch.


Darüber hinaus präsentiert der handverlesene Streamingdienst MUBI, der auch als hinzubuchbarer, eigenständiger Channel in der Amazon Prime Video App für Prime-Abonnenten direkt auf TV-Geräten aufgerufen werden kann, vom 14. Januar - 14. Februar 2022 in Kooperation mit »My French Film Festival« die 12. Ausgabe des Online-Filmfestivals von UniFrance für ein weltweites Publikum.

In 30 Lang- und Kurzfilmen mit Untertiteln in zehn Sprachen wird die Vielfalt und Vitalität des neuen französischen Films auch den Heimkinoliebhabern gezeigt.

Link: mubi.com/de
Quelle: SteinbrennerMüller Kommunikation

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