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Erweiterte 2G-Regel bei Kinobesuch auch in Berlin in Kraft - Unsere Filmkritiken

In Berlin ist eine erweiterte 2G-Regel in Kraft getreten, bei der individuelle Vorschriften auch beim Kinobesuch unserer nachfolgenden Filmempfehlungen beachtet werden müssen.



Seit Samstag, den 27. November 2021, ist auch in Berlin eine erweiterte 2G-Regel in Kraft getreten, bei der sogar für doppelt Geimpfte zusätzlich tagesaktuelle Testnachweise und Maskenpflicht bei Veranstaltungen und Kinobesuchen vorgeschrieben werden können.

Dass nicht in allen Filmtheatern einheitliche Regeln herrschen, ist für Kinobesucher derzeit ziemlich verwirrend. Bei einer Einladung zu einer Filmpremiere wurden wir vorsorglich schriftlich darauf hingewiesen, dass zusätzlich zur 2G-Regel (d.H. Zutritt nur für Geimpfte und Genesene) ein tagesaktueller Testnachweis erforderlich ist. Dieser muss in einigen Kinos sogar ausschließlich digital auf modernen Smartphones zum Abscannen vorgezeigt werden. Besitzer älterer Handys ohne Apps oder nur mit Nachweisen durch Aufkleber in einem Impfbuch werden abgewiesen.

In anderen Kinos herrscht dagegen grundsätzlich Maskenzwang auch am Sitzplatz während der gesamten Vorstellung, die vom Security-Personal im abgedunkelten Kino mit Nachtsichtgeräten streng überwacht werden kann.

Es gibt aber auch Filmtheater, die haben jeden zweiten Sitzplatz in einer Art Schachbrettmuster mit Banderolen soweit abgesperrt, dass auch Pärchen aus dem selben Haushalt getrennt sitzen müssen.

Ob den Zuschauer unter diesen Bedingungen ein Kinobesuch noch schmackhaft gemacht werden kann, ist zweifelhaft, zumal beim Kauf von Getränken und Popcorn die Maskenpflicht für die Zeit des Verzehrs vorübergehend wieder entfallen kann. Hier wird also trickreich mit zweierlei Maß gerechnet, um mehr Umsatz durch den Kauf von Esswaren zu generieren.

Für das Virus sind solche Momente ein gefundenes Fressen, auf den Sitznachbarn überzuspringen, wenn dieser in die gemeinsame Popcorntüte greifen will.

Verwundert sind wir auch über die Ankündigung der Berlinale, die 72. Internationalen Filmfestspiele Berlin, dennoch physisch in den Kinos am Potsdamer Platz im Februar 2022 stattfinden zu lassen, während die Messe Berlin die Grüne Woche für Januar 2022 bereits abgesagt hat.

Trotz alledem versuchen wir uns solange am Kinovorführungen zu erfreuen wie möglich, denn das Angebot an guter Leinwandkost ist nach der langen Lockdown-Phase, im Gegensatz zur weitaus weniger aktuellen VoD-Auswahl am heimischen Bildschirm, einfach überwältigend.

So z.B. der Film "France" von Bruno Dumont (Frankreich / Deutschland) über die fiktive Starjournalistin France de Meurs, einer der derzeit interessantesten Filme auf der Französischen Filmwoche in Berlin, der heute nochmals im Cinema Paris am Kurfürstendamm sowie am Mittwoch im FAF in Friedrichshain zu sehen ist.

Hier der Trailer:



Unsere Kurzkritik:

Léa Seydoux spielt darin an der Seite von Laiendarstellern eine Fernsehjournalisten in Krisengebieten, die es mit der Wahrheit der dargestellten Begebenheiten nicht immer so ganz genau nimmt. Mit anderen Worten: Fake News!

Der Betrachter im Kino wird dagegen durch Überspitzung keinen Moment über die fiktiven TV-News im Unklaren gelassen, denn der Regisseur will andeuten, "dass Kino immer nur eine Illusion ist", so sein Statement nach der Vorführung auf der Bühne vorm Publikum.

Allein die Eingangsszene mit Emmanuel Macron, dem Staatspräsidenten von Frankreich, ist so gut zusammengeschnitten, dass der normale Betrachter zunächst keinen Zweifel an der Echtheit der Begebenheit verspürt. Sogar Bundeskanzlerin Angela Merkel taucht später von hinten im Film auf, und war angeblich sofort für die Szene zu haben, so der Regisseur mit einem Schmunzeln auf den Lippen.

Léa Sedoux, die oft für einen unterkühlten Gesichtsausdruck in ihren Filmen bekannt ist, zeigt hier eine Mimik, wie man sie bei Ihr noch nie erlebt hat. Sie versetzt sich mit hohem Ehrgeiz in Szenen, dass ihr sogar manchmal die Tränen kommen, obwohl davon gar nichts für die ursprünglich gedachte Komödie im Drehbuch steht.

W.F.


Der Film, der auf dem diesjährigen Festival von Cannes seine Premiere feierte, ist längst in Frankreich in den Kinos erschienen. Nur in Deutschland soll er erst im Juni 2022 offiziell in einer Synchronfassung gezeigt werden. Ob dann Macron noch im Amt ist, und der Film somit ggf. gar nicht mehr aktuell wäre, fänden wir schade.

Festivalhits wie die Komödie "Das schwarze Quadrat", die auf den Hofer Filmtagen von den Bayern teilweise frenetisch bejubelt wurde, sind dagegen absolut nicht nach unserem Geschmack, sondern unterirdischer Klamauk, die an Sandra Hüllers Paraderolle in "Toni Erdmann" bei weitem nicht herankommt.

Nachfolgend dazu unsere aktuellen Filmkritiken.

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"DAS SCHWARZE QUADRAT" grotesker Schwank von Peter Meister, bei dem so einiges schief geht (Deutschland). Mit Bernhard Schütz. Sandra Hüller, Jacob Matschenz u.a. seit 25. November 2021 im Kino. Hier der Trailer:



Ulrikes Filmkritik:

Es ist schwarz, einfach nur schwarz und viereckig, schwarz und viereckig auf weißem Grund und sonst nichts. Das schwarze Quadrat zählt zu den Ikonen der modernen Malerei. Der russische Maler Kasimir Malewitsch schuf vor gut 100 Jahren das „Schwarze Quadrat“. Für ihn ein Akt der Befreiung. Er wollte damit die Kunst aus der Knechtschaft der Gegenständlichkeit befreien.

In der gleichnamigen Komödie "Das Schwarze Quadrat" von Peter Meister wurde das millionenschwere Bild aus dem Museum geraubt. Ausgerechnet auf einem Kreuzfahrtschiff sollen die Räuber Vincent ((Bernhard Schütz) und Nils (Jacob Matschenz) die Beute an einen russischen Oligarchen und seiner Assistentin Martha (Sandra Hüller) übergeben.

Ihr Auftraggeber Charlie hat die Abfahrt des Schiffes verpasst. Nun stehen die beiden ohne Ticket da. Um an Bord zu gelangen, überfallen sie zwei Passagiere auf der Herrentoilette und nehmen deren Identität an. Dumm gelaufen. Die beiden gehören zum Unterhaltungsprogramm des Dampfers und Vincent und Nils müssen nun selbst in die Rollen von Elvis und David Bowie als Imitatoren schlüpfen.

Später, nach ihrer Rückkehr in die Kabine, ist das Gemälde plötzlich verschwunden. Da beide keine Künstler sind und sich Vincent ganz besonders bei seiner Darbietung blamiert, begreift man schnell, dass mit den beiden etwas nicht stimmt. Aber nicht nur die Bordpianistin Mia (Pheline Roggan) und die Bordmanagerin Helen (Veronika Trattmannsdorff) sind ihnen auf den Fersen, sondern auch die knallharte Kunsthehlerin Martha.

Außerdem befindet sich auch ein Fahnder der Polizei an Bord. Jetzt ruft auch noch Charlie an, dass die Übergabe des Bildes morgen in der Kabine 9633 stattfindet. Doch ohne Bild, keine Übergabe. Kurzerhand hängt Nils ein Bild im Flur ab und Vincent übermalt es mit einer Mischung aus Kaffeebohnen und Urin, um den perfekten Farbton hinzubekommen.

Inzwischen lagert das zum zweiten Mal geklaute Original hinter der Heizung der Künstlergarderobe, entwendet von Mia und ihrem Freund Levi. Ja und dann klauen Helen und der Security-Mann Bernhard das gefälschte, nach Urin riechende Bild, weil sie es für das echte Meisterwerk halten.

Als Vincent den Verlust der ersten Fälschung wahrnimmt, fertigt er in höchster Eile eine zweite Kopie an und begibt sich mit ihr zur Übergabe. Kann er dem russischen Auftraggeber und Martha seine Fälschung andrehen oder kommt doch noch die Pistole mit Schalldämpfer aus ihrer Handtasche zum Einsatz…?

Was sollen sie auch machen, auf einem Schiff gibt es ja keinen Fluchtweg. Spätestens in der Mitte dieser Klamaukkomödie hat man die Übersicht verloren und es interessiert einen nicht mehr, was mit dem Bild passiert. Ein ganzer „Sack“ voller Tricksereien und Täuschungen ist einfach zu viel. Weniger wäre mehr gewesen. Was nützt es, wenn man zwei Darsteller in noch so schrille Kostüme steckt, wenn sie nichts daraus machen.

Ein ganz wichtiger Aspekt bei einer Komödie ist das Timing. Auch das stimmt hier leider nicht. Auf den Hofer Filmtagen war das „Schwarze Quadrat“ der Publikumshit und wurde zu einer der witzigsten deutschen Komödien gekürt. Okay, über Humor lässt sich nicht streiten, oder Humor ist, wenn man trotzdem lacht.

Ulrike Schirm


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"RESPECT" ein ergreifender Musikfilm über den Aufstieg der „Queen of Soul“ Aretha Franklin von Liesl Tommy (USA). Mit Jennifer Hudson, Forest Whitaker, Marion Wayans, Audra McDonald, Albert Jones u.a. seit 25. November 2021 im Kino. Hier der Trailer:



Ulrikes Filmkritik:

Aretha Louise Franklin, geb.: 25. März 1942 in Memphis Tennessee, gestorben: 16. August 2018 in Detroit.

Ihr musikalisches Spektrum umfasste R&B, Gospel, Jazz, Dance und Pop. Die „Queen of Soul“ hatte 4 Kinder: Edward Franklin, Clarence Franklin, Teddy Richards und Kecalf Cunningham. Noch kurz vor ihrem Tod wünschte sie sich, sollte ein Film über ihr Leben gedreht werden, dann soll Jennifer Hudson ihre Rolle übernehmen.

Regisseurin Liesel Tommy hat ihren Wunsch erfüllt. Mit ihrem Biopic RESPECT schildert sie Arethas Aufstieg zum globalen Superstar, überschattet von Missbrauch, Gewalt Alkohol und Depressionen.

Schon als kleines Mädchen wird sie von ihrem Vater Clarence La Vaughn Franklin, ein bekannter Baptistenprediger und Bürgerrechtler, nachts aus dem Bett geholt, um vor prominenten Gästen zu singen. Ree (Skye Dakota Turner), wie sie sie alle nennen, war gerade mal 10 Jahre alt. Dass sie in seinem Haus missbraucht wurde, wird Gott sei Dank nur kurz angedeutet. Ihre Eltern leben getrennt. Das kleine Mädchen hat eine innige Beziehung zur Mutter. Als sie erfährt, dass ihre Mutter gestorben ist, ist ihre Traurigkeit so groß, dass sie verstummt, doch ihr Vater zwingt sie zu singen. Die konfliktbeladene Beziehung zwischen Vater und Tochter zieht sich durch den ganzen Film. Auf seinen Missionsreisen tritt er mit ihr in riesigen Arenen auf und zwingt sie, ausschließlich im Dienste des Glaubens zu handeln. Der autoritäre Vater, der seine Tochter nicht einmal vor Missbrauch schützen konnte, wird von Forest Whitaker gespielt. Als Ree längst erwachsen ist, bestimmt der Pastorenvater immer noch über sie. Alles, was sie außerhalb seiner Aufsicht tun möchte lehnt er ab. Es dauert lange, bis diese begnadete Sängerin endlich ihre eigene Stimme findet.

1960 unterschreibt sie, erwachsen geworden, ihren ersten Plattenvertrag, vermittelt von dem Musikproduzenten Ted White (Marlon Wayans) bei Columbia Records. Ihn hat sie auf einer Party ihres Vaters kennengelernt und sich in ihn verliebt. Ihr Vater droht ihm, sich ja von der Familie fernzuhalten. Er scheut sich nicht davor, seiner erwachsenen Tochter (Jennifer Hudson) vor dem Columbia Boss, eine Ohrfeige zu geben, weil sie endlich rebelliert und Ted später sogar mit einer Pistole zu drohen. Obwohl Aretha eine LP nach der anderen aufnimmt, bleibt der Erfolg aus. Auch die Beziehung zu Ted, ihrem Mann und Manager geht in die Brüche. Auch er fängt an, über sie zu bestimmen.

Ein Ereignis krempelt ihr Leben um. Als sie zu Ehren ihres Idols, der erfolgreichen Sängerin Diana Washington (Mary J. Blige) einen Song von ihr singt, rastet die aus. Sie fordert Aretha auf, endlich ihre eigenen Lieder zu schreiben.

Aretha wechselt die Plattenfirma. Jerry Wechsler von Atlantic Records schickt sie nach Alabama, wo sie den Song: „I Never Loved a Man the Way I Love You“ aufnimmt, der ihr zum Durchbruch verhilft.

Je freier sie singt, desto gefühlvoller wird ihr Gesang. Der an Ted gerichtete Song „The Greatest Thing, You`ll Never Learn….“ singt sie mit einer solchen traurigen Emotion, die zutiefst berührt. Und da sie sich schon lange für Martin Luther King und die schwarze Bürgerrechtsbewegung einsetzt, wird ihr absoluter Hit „Respect“ zur Hymne der Entrechteten und auch für sich selbst. Endlich, endlich wehrt sie sich. Martin Luther King wurde erschossen. In der vollbesetzten Kirche singt sie unter Tränen für ihn. Trotz ihres riesigen Erfolgs, findet sie ihren persönlichen Erfolg im Gospel und ihrem Glauben. Sie kehrt zurück in den Schoß der Kirche, wo sie sich am sichersten fühlt. Das Album „Amazing Grace“ welches in der Kirche aufgenommen wurde, wurde zu ihrem meistgekauften Album.

Jennifer Hudson spielt die Aretha der Jahre 1960-1972. Liesl Tommy nimmt sich viel Zeit für die einzelnen Stationen im Leben dieser begnadeten Sängerin. Von Missbrauch und Gewalt aber auch wie es ihr gelingt, ihre Dämonen abzuschütteln und zur Soul-Königin aufzusteigen. Beeindruckend das eindringliche Spiel von Oscar-Preisträgerin Jennifer Hudson („Dreamgirls“). Alle Songs werden von ihr gesungen. Die authentische Ausstattung lässt einen nicht nur mitreißenden Soul erleben, sondern nimmt einen auch mit auf eine Zeitreise. Freunde des Souls, erleben mitreißende 140 Minuten.

Achtung: Unbedingt den Abspann ansehen. Es folgt noch ein Auftritt der wahren Aretha Louise Franklin.

Ulrike Schirm


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"HANNES" eine Tragikomödie über das Loslassen und Abschiednehmen von Hans Steinbichler (Deutschland). Mit Leonard Scheicher, Johannes Nussbaum, Gabriela Maria Schmeide, Verena Altenberger u.a. seit 25. November 2021 im Kino. Hier der Trailer:



Ulrikes Filmkritik:

Zwei 19-jährige Jungen, Hannes der Draufgänger (Johannes Nussbaum) und Moritz der Träumer (Leonard Scheicher) wurden am selben Tag und am selben Ort geboren, lagen auf der Säuglingsstation nebeneinander und waren schon als Kinder unzertrennlich. Sie wuchsen wie Zwillinge auf.

„Da wo du hingehst, will auch ich hingehen“ schworen sich die beiden. Und wenn sie eines Tages genug Geld beisammen haben, wollen sie zum Kap Hoorn reisen. Beide sind begeisterte Motorradfahrer. Bei einem gemeinsamen Ausflug, verunglückt Hannes mit dem Motorrad und liegt seitdem an Schläuchen und Geräten auf der Intensivstation mit einem schweren Schädelhirntrauma im Koma.

Moritz fühlt sich zutiefst schuldig, weil sie ihre Maschinen getauscht haben und Hannes mit dem schadhaften Bike von Moritz auf der Bergstraße wegrutschte und den Abhang hinabstürzte. Täglich geht Moritz ins Krankenhaus, legt sich in voller Montur zu ihm ins Bett, liest ihm aus ihrem Kinderbuch „Die Brüder Löwenherz“ vor und will ihm so nah wie möglich sein. Damit Moritz seine Zivilstelle als Pfleger in einem katholischen Wohnheim für psychisch erkrankte Menschen nicht verliert, übernimmt er seinen Job und zieht in Hannes leeres Zimmer. Der introvertierte Träumer hat es mit seiner Körperpflege nicht so genau genommen. Jetzt duscht er regelmäßig, schneidet sich seine langen Haare ab und übernimmt zum ersten Mal in seinem Leben so etwas wie Verantwortung. Es hilft alles nichts, er versucht, so gut er kann, Hannes zu helfen, auf den Weg ins Hier und Jetzt zurückzufinden. Und damit Hannes nichts versäumt, führt er dessen Tagebuch weiter und erfährt dabei, was sein Freund so über ihn denkt.

Bei seinem Bemühen, Hannes so gut wie möglich zu ersetzen, trifft er im Wohnheim auf gutgewillte Schwestern, eine attraktive Ärztin, auf seine alte Klassenlehrerin und auf Hannelore Elsner in ihrer letzten Rolle, die eine Patientin spielt, die unter psychotischen Schüben leidet. Irgendwie passt das, denn es geht in „Hannes“ ums Loslassen und Abschied nehmen.

Hans Steinbichler hat den Roman von Rita Falk aus dem Jahr 2012 als leicht überdrehte Tragikomödie gedreht. Er lässt den Zuschauer ein Wechselbad der Gefühle erleben und verbindet Tiefgang mit Humor, pendelt zwischen Momenten von großer Wahrhaftigkeit, Vergangenheit und Gegenwart, Hoffnung und den Schuldgefühlen eines jungen Mannes, der es gewohnt war, in den Tag hineinzuleben und der, indem er das Leben seines Freundes einnimmt, erwachsen wird. Das Ende ist bewegend.

Ulrike Schirm

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