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Locarno: Leopard für indonesisches Historiendrama - Ehrenpreis an John Landis

Beim 74. Filmfestival in Locarno hat der Spielfilm "Die Rache ist mein, alle anderen zahlen bar" den Goldenen Leoparden gewonnen.



Die erste Ausgabe des Locarno Film Festivals unter der neuen künstlerischen Leitung von Giona A. Nazzaro ist erfolgreich am Samstagabend, den 14. August 2021, zu Ende gegangen. Die Auswahl der Filme war klug gewählt, denn neben gehaltvoller Unterhaltung, sorgte oft auch Leichtfüßiges für Abwechslung. Extrem ausgefallene, höchst kunstvoll verschlüsselte Filme gab es kaum.

Elf Festivaltage haben nach einer pandemiebedingten Ausfallzeit im letzten Jahr die Filme endlich wieder auf die Piazza Grande gebracht und mit nur leicht verminderter Bestuhlung das einzigartige Live-Erlebnis des Kinos ermöglicht. Das Publikum von Locarno konnte durch 209 Filme und 310 Vorführungen das kreative Genie von Phil Tippett, die unerwarteten Provokationen von Gaspar Noé, den vielseitigen Charme von Laetitia Casta, die Fantasie von Mamoru Hosoda und den Kindern von Locarno Kids sowie die Entschlossenheit und den Mut von Gale Anne Hurd kennenlernen.

Das von deutschen Produzenten mitfinanzierte Historiendrama des indonesischen Regisseurs Edwin hat den Goldenen Leoparden des 74. Filmfestival in Locarno gewonnen. Der Spielfilm "Vengeance is Mine, All Others Pay Cash" ("Die Rache ist mein, alle anderen zahlen bar") spürt der Historie Indonesiens sowie Fragen der Geschlechtergerechtigkeit nach.

Hier der Trailer:



In der Ballade vom Leben sogenannter kleiner Leute reflektiert der indonesische Regisseur Edwin auf höchst originelle Weise die von Gewalt geprägte jüngere Geschichte seines Heimatlandes. Der Film basiert auf einer Novelle des indonesischen Erfolgsautors Eka Kurniawan.


Darüber hinaus hat im Internationalen Wettbewerb die in einer Gemeinschaftsproduktion vieler Länder realisierte Satire "Nebesa" (dt.: "Himmel") des serbischen Autors und Regisseurs Srdan Dragojevic bei den Kritikern einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen. Eine Auszeichnung gab es jedoch nicht dafür.

Hier der Trailer:



Schwarzhumorig geht der Film anhand der Geschichte einer Flüchtlingsfamilie aus Serbien irgendwo in Osteuropa der Frage nach, ob traditionelle christliche Werte heutzutage noch Bestand haben. Der die Zeit von den 1990er-Jahren bis in eine nahe Zukunft umspannende Film soll im Herbst unter dem Titel "Der Schein trügt" in die deutschen Kinos kommen.


Beifall für deutschen Nachwuchs-Film:

Auffallend viele Schauspieler des deutschen Kinos prägten die Festival-Sektionen. So gewann im Nachwuchswettbewerb »Cineasti del presente« (Filmemacher der Gegenwart) Saskia Rosendahl die Auszeichnung als beste Schauspielerin. Sie verkörpert in "Niemand ist bei den Kälbern" der deutsch-iranischen Regisseurin Sabrina Sarabi eine junge Frau, die mit dem Leben auf dem Land hadert.

Das Drama fesselt insbesondere durch das sensible Spiel der Hauptdarstellerin, welche die 24-jährigen Christin auf einem Bauernhof in Mecklenburg darstellt, die einfach nur wieder weg möchte. Doch wie? Der Film nach dem gleichnamigen Erfolgsroman von Alina Herbing, feierte beim Filmfestival in Locarno am 7. August 2021 seine Weltpremiere und erzählt von der Weite, die einengt, von der Idylle, die erschlägt und vom Aufwachsen in Einsamkeit.


Auszeichnungen für John Landis und Dario Argento.

Bei dem Festival am Schweizer Ufer des Lago Maggiore hat Hollywoods Regie-Legende John Landis (71) zudem am Freitagabend den »Pardo d'onore Manor« bekommen, einen Ehrenleoparden.

John Landis setzte mit den heute Kultstatus genießenden Spielfilmen "Ich glaub', mich tritt ein Pferd" (1978) und "Blues Brothers" (1980) Maßstäbe für einen neuen, frechen und freizügigen Komödien-Stil. Mit dem Video zu Michael Jacksons Hit "Thriller" schrieb er Musikgeschichte.

Am gestrigen Samstagabend wurde auf der Piazza Grande auch dem großen Meister Dario Argento der Lifetime Achievement Award übergeben, für sein Werk und seine überraschende Schauspielleistung in "VORTEX" von Gaspar Noé.

Bereits am 12. August 2021 erhielt der italienische Kameramann Dante Spinotti den Leoparden Preis in Anerkennung seiner künstlerischen Karriere auf der Piazza Grande. Das 74. Locarno Film Festival präsentierte eine Auswahl von Werken, die repräsentativ für seine unermüdliche Erforschung des Lichts im Film und seine Partnerschaft mit Michael Mann stehen: "The Insider" (1999) und "Heat" (1995).

Schon zum Anfang des Festivals, nämlich am 4. August 2021, wurde die französische Schauspielerin Laetitia Casta mit dem Excellence Award Davide Campari 2021 ausgezeichnet. Mit dem Award würdigt das Locarno Film Festival künstlerische Persönlichkeiten, die das zeitgenössische Kino geprägt haben.

Die Liste der Auszeichnungen des Locarno Film Festivals wurde dieses Jahr um einen neuen Preis erweitert: Der »Locarno Kids Award la Mobiliare« ging an eine Persönlichkeit, die das Kino dem jüngeren Publikum näher bringt. Anlässlich der Präsentation von "Belle: Ryū to sobakasu no hime" (Belle, 2021) auf der Piazza Grande wird der Meister des Animationsfilms Mamoru Hosoda den ersten Preis in Japan entgegennehmen.

Hier der Trailer:



In seinem Film hinterfragt Hosoda, wie die sozialen Netzwerke die Beziehungen innerhalb der jungen Generation verändert haben.


Alle Preisträger nochmals im Überblick:

Concorso internazionale

Pardo d’oro (Goldener Leopard), Grosser Preis der Stadt von Locarno für den besten Film
SEPERTI DENDAM, RINDU HARUS DIBAYAR TUNTAS (Vengeance is Mine, All Others Pay Cash) von Edwin, Indonesien / Singapur / Deutschland

Premio speciale della giuria (Spezialpreis der Jury) der Gemeinden von Ascona und Losone
JIAO MA TANG HUI (A New Old Play) von QIU Jiongjiong, Hong Kong / Frankreich

Pardo per la migliore regia (Leopard für die beste Regie) der Stadt und Region Locarno
Abel Ferrara für ZEROS AND ONES, Deutschland / Vereinigtes Königreich / Vereinigte Staaten

Pardo per la migliore interpretazione femminile (Leopard für die beste Darstellerin)
Anastasiya Krasovskaya für GERDA von Natalya Kudryashova, Russland

Pardo per la migliore interpretazione maschile (Leopard für den besten Darsteller)
Mohamed Mellali und Valero Escolar für SIS DIES CORRENTS (The Odd-Job Men) von Neus Ballús, Spanien

Besondere Erwähnungen
SOUL OF A BEAST von Lorenz Merz, Schweiz
ESPÍRITU SAGRADO von Chema García Ibarra, Spanien / Frankreich / Türkei

Concorso Cineasti del presente

Pardo d’oro Concorso Cineasti del presente für den besten Film
BROTHERHOOD von Francesco Montagner, Tschechien / Italien

Premio per il miglior regista emergente (Preis für die beste Nachwuchsregie) der Stadt und Region Locarno
Hleb Papou für IL LEGIONARIO, Italien / Frankreich

Premio Speciale della giuria Ciné+
L'ÉTÉ L'ÉTERNITÉ von Émilie Aussel, Frankreich

Pardo per la migliore interpretazione femminile (Leopard für die beste Darstellerin)
Saskia Rosendahl für NIEMAND IST BEI DEN KÄLBERN von Sabrina Sarabi, Deutschland

Pardo per la migliore interpretazione maschile (Leopard für den besten Darsteller)
Gia Agumava für WET SAND von Elene Naveriani, Schweiz / Georgien

First Feature

Swatch First Feature Award (Preis für den besten Debütspielfilm)
SHE WILL von Charlotte Colbert, Vereinigtes Königreich

Besondere Erwähnung
AGIA EMI (Holy Emy) von Araceli Lemos, Griechenland / Frankreich / Vereinigte Staaten

Pardi di domani

Concorso Corti d'autore

Pardino d’oro Swiss Life für den besten Autorenkurzfilm
CRIATURA (Creature) von María Silvia Esteve, Argentinien / Schweiz

Concorso internazionale

Pardino d’oro SRG SSR für den besten internationalen Kurzfilm
FANTASMA NEON (Neon Phantom) von Leonardo Martinelli, Brasilien

Pardino d’argento SRG SSR im internationalen Wettbewerb
LES DÉMONS DE DOROTHY (The Demons of Dorothy) von Alexis Langlois, Frankreich

Preis für die beste Regie Pardi di domani – BONALUMI Engineering
Eliane Esther Bots für IN FLOW OF WORDS, Niederlande

Preis der Medien Patent Verwaltung AG
IMUHIRA (Home) von Myriam Uwiragiye Birara, Ruanda

Besondere Erwähnung
FIRST TIME [THE TIME FOR ALL BUT SUNSET - VIOLET] von Nicolaas Schmidt, Deutschland

Kurzfilm vom Locarno Film Festival, der für die European Film Awards kandidiert
IN FLOW OF WORDS von Eliane Esther Bots, Niederlande

Concorso nazionale

Pardino d’oro Swiss Life für den besten Schweizer Kurzfilm
CHUTE (Strangers) von Nora Longatti, Schweiz

Pardino d'argento Swiss Life im nationalen Wettbewerb
AFTER A ROOM von Naomi Pacifique, Vereinigtes Königreich / Niederlande / Schweiz

Preis für das beste Schweizer Nachwuchstalent
Flavio Luca Marano und Jumana Issa für ES MUSS (It Must), Schweiz

Link: www.locarnofestival.ch/LFF/

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