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Rundfunk Berlin-Brandenburg bald ohne UKW?, aber auch ohne DAB+?

Der RBB muss sparen: Im geplanten Rundfunkstaatsvertrag sollen etliche Radiowellen nicht mehr über UKW und DAB verbreitet werden.



Ausnahmsweise geht es diesmal nicht um Film und Fernsehen, sondern um die Radiowellen des Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb).

Aufgeschreckt wurden wir von einer Meldung, die Ver.di über seinen Connexx-av Newsletter vor wenigen Tagen verbreitet hatte. Im aktuellen Gesetzentwurf für den RBB-Staatsvertrag werden nämlich weder UKW noch das zunehmend beliebter gewordene Digitalradio DAB+ mit keinem Wort mehr erwähnt.

Der Entwurf sieht vor, dass fünf der sieben RBB-Hörfunkwellen künftig „ausschließlich über das Internet verbreitet werden“ können. „Ausschließlich“ heißt, dass diese Angebote dann weder über UKW verbreitet werden, können aber auch nicht mehr via DAB+ empfangen werden.

Konkret geht es laut Paragraf 4 des Entwurfs um Radioeins, Fritz, RBB Kultur, Inforadio und Cosmo, die ausschließlich über das Internet verbreitet werden sollen.


Die UKW-Wellen sind eigentlich bereits vom Aussterben bedroht und sollten demnächst durch DAB+ ersetzt werden. Die Verbreitung übers Internet wäre nur eine zusätzliche Option, die aber nicht in staatlichen Händen liegt, sondern von privaten Providern beherrscht wird und somit jederzeit auch für eigene und andere Zwecke wieder abgeschaltet werden könnte.

Beim rbb orientiert man sich offensichtlich an den MDR Jugendkanal "FUNK", ein Internet-Fernsehprogramm, das nicht mehr linear im TV, sondern ausschließlich übers Internet verbreitet wird.

Beim Rundfunkempfang gelten aber andere Regeln. Bisher gibt es so gut wie keine mobilen Radiogeräte, die unterwegs z.B. irgendwo im Auto oder am Strand beim Baden über den neuen, sehr teuren Mobilfunkstand G5 auch Rundfunk empfangen könnten. Dieser ist vorerst für Ballungsgebiete wie Berlin vorgesehen, um in Innenräumen, in denen durch Betonabschirmung kaum ein G4 oder LTE Empfang möglich ist, eine bessere Durchdringung zu ermöglichen.

Für den Rundfunkempfang in Autos ist vom Gesetzgeber DAB+ vorgesehen, der in neuen Automobilen zusätzlich oder ausschließlich zum UKW-Empfänger vorhanden sein muss.

Zwar ist mit einer kompletten UKW Abschaltung in Deutschland kaum vor 2030 zurechnen, aber einzelne Sender könnten davon schon ab 2025 betroffen sein. Auch andere Länder in Europa sind in der DAB+ Verbreitung schon weiter als Deutschland.



Norwegen hat bereits als erstes Land weltweit die nationalen und regionalen UKW-Ketten komplett abgeschaltet. Dabei sind die Reichweiten der Radiosender weitgehend stabil geblieben: 98 Prozent der Hörer sind dem Radio treu geblieben, kauften sich DAB+ Empfänger oder hören jetzt Radio über IP, also über die digitalisierten Telefonfestnetzanschlüsse. 99,5 Prozent der Bevölkerung können in Norwegen Digitalradio empfangen, 60 Prozent der Haushalte besitzen bereits ein DAB+ Radio.

Auch in den Niederlanden erreichen sowohl die landesweiten Privatradios als auch die öffentlich-rechtliche NPO inzwischen eine Abdeckung von je 95 Prozent beim DAB+ Empfang.

Beim rbb drängt die Zeit. Zwar sind derzeit alle UKW-Sender des rbb auch über DAB+ zu empfangen, doch dies soll aus Kostengründen nicht so bleiben. Wenn Ende September 2021 das Berliner Abgeordnetenhaus neu gewählt wird, soll der RBB-Änderungsstaatsvertrag davor noch in Kraft treten.

Nicht nur die Berliner Zeitung, sogar die Süddeutsche Zeitung hat darüber berichtet, weil der Vorgang so unglaublich klingt. Vorgeschlagen wird in dem Entwurf der Neufassung, dass fünf Hörfunkwellen - diejenigen für Kultur, Unterhaltung, Information und ein junges Publikum sowie eines mit dem Schwerpunkt kulturelle Vielfalt - "auch ausschließlich über das Internet verbreitet oder durch vergleichbare Angebote im Internet ersetzt werden" können.

Ein bislang unumstößlicher Grundsatz ist jedoch, dass öffentlich-rechtliche Programme für jeden empfangbar sein müssen. Was unter technischen wie finanziellen Aspekten nicht automatisch gewährleistet ist, wenn dafür ein Internetanschluss oder ein Mobilfunkvertrag notwendig sind.

Eine Übersicht über DAB+ in Europa gibt es hier.

Links: www.rbb-online.de/radio | www.rbb-online.de/fernsehen

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