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SPIO fordert unbürokratische Perspektive für die Zukunft der Filmwirtschaft

Die SPIO (Spitzenorganisation der Filmwirtschaft) ist besorgt über einen drohenden Verlust an Vielfalt in der Kinolandschaft und der Filmwirtschaft in Deutschland.



"Kultureinrichtungen dürfen nicht die Letzten sein, die wieder öffnen dürfen"

Der Bund und die Länder hatten bei ihrem letzten Zusammentreffen vereinbart, die für den November beschlossenen Maßnahmen mindestens bis zum 20. Dezember 2020 zu verlängern. Die auf Grund dieses Beschlusses geschlossenen Betriebe und Einrichtungen, wozu auch Kinos zählen, bleiben damit zunächst weiterhin geschlossen.

Bund und Länder gehen jedoch davon aus, dass wegen des hohen Infektionsgeschehens umfassende Beschränkungen bis Anfang Januar (insbesondere im Bereich Gastronomie und Hotels) erforderlich sein werden. Bund und Länder werden vor Weihnachten eine weitere Überprüfung und Bewertung vornehmen. Den kompletten Beschluss vom 25. November 2020 finden Sie hier.

SPIO-Präsident Thomas Negele erklärt hierzu:

„Die Politik stolpert in den Corona-Winter. Die Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) sind sicherlich ein weiterer wichtiger Schritt zur Eindämmung der zweiten Welle der Corona-Pandemie.

Doch die angekündigten Hilfen können nicht Schritt halten. Die Rahmenbedingungen für die Filmwirtschaft ändern sich monatlich. Kinos und Verleih wissen nicht, wann Filmstarts unter welchen Bedingungen wieder möglich sind. Planbarkeit: Fehlanzeige. Statt einem einheitlichen Ausfallfonds gibt es nach monatelanger Verzögerung beim Ausfallfonds II einen Flickenteppich mit großen Löchern.

Mut macht mir der engagierte Einsatz unserer Kulturstaatsministerin Monika Grütters und der Filmländer, wie Bayern und Nordrhein-Westfalen. Meine Hoffnung ist, dass wir in dieser dramatischen Situation auch im Wirtschaftsministerium Gehör finden. Denn wir sind an einem Scheidepunkt: Immer mehr deutsche und europäische Filmunternehmen leiden strukturell.

Das führt zu Konzentrationsprozessen, welche die Vielfalt und Unabhängigkeit unserer Branche in den Bereichen Kino, Verleih und Produktion gefährden. Deshalb bedarf es nicht nur kultureller, sondern auch wirtschaftspolitischer Antworten und Hilfestellungen. Schon heute zeigt zum Beispiel die Nachfrage – von den Kinos bis zu den filmtechnischen Dienstleistern – beim Innovationsprogramm „Digital jetzt“ den Bedarf der Branche.

Wir brauchen eine unbürokratische Fortführung der Novemberhilfen, Planungssicherheit für die Wintermonate und eine Perspektive für die Zeit nach der Pandemie. Die Filmwirtschaft kann in Zukunft entweder Hollywood-Importeur oder Exportchampion werden. Dafür muss die Wirtschaftspolitik mit effektiven Hilfs- und Investitionsprogrammen jetzt die Weichen stellen!“


Planungssicherheit sieht natürlich völlig anders aus - aber die Tatsache, dass Kultur auf den letzten Metern der Novellierung des Infektionsschutzgesetzes nicht mehr unter dem breitgefächerten Deckmantel "Freizeit" geführt wird, sondern nunmehr der Bedeutung der Kunstfreiheit Rechnung trägt, hebt auch Kulturstaatsministerin Monika Grütters hervor.

Somit wird im Zeichen der Corona-Pandemie vor einem noch nicht absehbaren Ende des Lockdowns zumindest allen kulturellen Einrichtungen tatsächlich eine bessere Perspektiven auf eine Wiedereröffnung aufgezeigt, als der Gastronomie- oder Hotelbranche.

Der Beschluss vom 25. November 2020 im Wortlaut:

"Beim weiteren Vorgehen ist zu beachten, dass das Infektionsschutzgesetz vorsieht, bei Beschränkungen des Betriebs von Kultureinrichtungen oder von Kulturveranstaltungen der Bedeutung der Kunstfreiheit Rechnung zu tragen. Sobald dies angesichts der Infektionslage möglich ist, sollten daher die Kultureinrichtungen wieder öffnen können. Die Kulturminister werden beauftragt, hierfür eine Strategie zu erarbeiten, die den notwendigen Vorlauf und hinreichende Planungssicherheit gewährleistet."


Wichtig ist diese Passage natürlich vor allem im Kontext der Tatsache, dass einzelne Bundesländer, soweit sie eine Inzidenz von "deutlich weniger als 50" aufweisen, schrittweise Öffnungen vornehmen könnten. Hierzu formuliert der Beschluss beispielhaft Maßstäbe, die von den Hygienekonzepten der Kinos vollumfänglich erfüllt würden.

Aktuell würden mit Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern zwei Bundesländer die notwendigen Voraussetzungen dazu erfüllen. Da jedoch Kinoneustarts bundesweit erfolgen, gibt es bislang aber noch keine Signale, dass man dort einen Sonderweg hinsichtlich der Kinoöffnungen gehen wird, denn Kehrseite der Medaille wäre natürlich, dass ein neuerlicher Flickenteppich bei den Wiedereröffnungen von Kinos entstehen würde - mit all den Verleiher-Problemen, die schon die erste Rückkehr aus einem Lockdown prägten. Somit stellt sich die Frage, welches Szenario vorzuziehen ist: eine frühere Rückkehr für einige Wenige oder ein koordinierter (aber späterer) Neustart für alle Beteiligten.

Zudem gehen Bund und Länder davon aus, dass wegen des hohen Infektionsgeschehens umfassende Beschränkungen bis mindestens Anfang Januar erforderlich sein werden, wahrscheinlich jedoch darüber hinaus, wie gestern nochmals erklärt wurde.

Kulturstaatsministerin Monika Grütters hat dennoch in einem Statement nachdrücklich auf das "wichtige Signal" hingewiesen, dass mit der Klarstellung zur Kultur im Beschluss einher geht. Wörtlich hieß es in einer Mitteilung:

"Für die Kreativen ist es bitter, auch im Dezember ihre Kunst vielfach nicht ausüben zu können, und es ist traurig für uns alle, dass viele Kultureinrichtungen noch länger geschlossen bleiben müssen. Erstmals ist in dem Beschluss aber ausdrücklich klargestellt, dass sie wegen des hohen und auch im Grundgesetz verankerten Rangs der Kunstfreiheit öffnen dürfen, sobald dies unter Beachtung der Infektionslage wieder möglich ist. Dieses wichtige Signal begrüße ich sehr. Die Kulturszene verhält sich seit Beginn der Pandemie sehr solidarisch, obwohl sie in ihrem Lebensnerv getroffen ist und ein großes Opfer bringt. Zudem haben viele Kultureinrichtungen - auch mit Unterstützung des Bundes - in den vergangenen Monaten vorbildliche Hygienekonzepte und Abstandsregelungen entwickelt. Sie waren die ersten, die schließen mussten - sie dürfen nicht die letzten sein, die wieder öffnen dürfen."


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Bernhard Karl, Leiter des Festivals »Around the World in 14 Films«, das eigentlich Anfang Dezember physisch im CineStar Kino der Kulturbrauerei im Berliner Bezirk Prenzlauer Berg seine 15. Ausgabe starten wollte, muss leider ebenfalls auf die Wiedereröffnung des Kinos warten, da das Ende des Lockdowns noch nicht absehbar ist.

Eine Verschiebung bis in den Februar wird wohl wegen der dann anstehenden 71. Berlinale kaum möglich sein.

Vor Kurzem wurde ihm in einem Interview mit Tina Thiele (Casting Network) folgende Gretchenfrage gestellt :

Warum kann ein digitales Festival ein analoges nicht ersetzen?

Seine Antwort:
"Kino muss man physisch erleben, in der Konzentration einer Leinwand im abgedunkelten, neutralen, nicht privaten Raum, zusammen mit anderen Menschen. Kino lässt sich nicht übertragen ins Internet. Kino ist ein einmaliges Gemeinschaftserlebnis, ein Denk-, Fühl- und Begegnungsraum, der „out of space“ stattfindet und virtuell komplett seine Seele verliert, wie auch ein Konzert das tut.

Ich bin mir auch nicht sicher, ob die Gewöhnung an digitale Übertragungen nicht zum eigentlichen Totengräber des Kinos wird"
, so Bernhard Karl weiter.


Link: www.14films.de

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Für die kleinen Verleiher, wie u.a. dem Verleih Salzgeber von queeren und schwul-lesbischen Filmen, wird die Fortsetzung der Kinoschließung zum Überlebenskampf, weshalb der Verleih auf nicht eingeplantes vorzeitiges VoD-Streaming ausweichen muss, um Geld verdienen zu können.

Gegründet wurde dazu der SalzgeberCLUB, ein eigenes Video on Demand Portal auf Vimeo, das über die Salzgeber Homepage ebenfalls zu erreichen ist.

In einer aktuellen Pressemitteilung heißt es, dass eigentlich das im letzten Jahr in der Cannes Sektion »Un Certain Regard« erstmals gezeigte Liebesdrama "PORT AUTHORITY" von Danielle Lessovitz mit Shootingstar Fionn Whitehead und Queer-Ikone Leyna Bloom, nächste Woche im Kino anlaufen sollte.

Der Verleih hat sich nun leider zum Nachteil der Kinos für einen Ersatzstart entschieden: Ab 17. Dezember 2020 ist "PORT AUTHORITY" sowohl als Video on Demand im Salzgeber Club zu sehen, als auch auf DVD erhältlich.

Hier der Trailer:



Synopsis:
Auf den Treppen zum New Yorker Busbahnhof Port Authority tanzen Wye und ihre Geschwister Vogue. Paul ist gerade in New York gestrandet und beobachtet die junge Frau. Magisch angezogen von ihrer Schönheit und Eleganz, wagt er den ersten Schritt. Und Wye nimmt ihn mit: in die Ballroom-Community und zu ihrer queeren Wahlfamilie, ihrem House. Als Paul realisiert, dass Wye trans ist, muss er seine eigenen Vorstellungen von Identität und Geschlecht hinterfragen – und eine Entscheidung treffen.


Danielle Lessovitz’ Liebesdrama mit Fionn Whitehead und Leyna Bloom wurde u.a. von Martin Scorsese produziert und feierte 2019 in Cannes Premiere. Nach „Paris Is Burning“ und „Pose“ ist "PORT AUTHORITY" in der Gegenwart der queeren Subkultur New Yorks angekommen.

Link: www.salzgeber.de | vimeo.com/salzgeber

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Disney bekräftigt weiteren Streamingdienst.

Im Gegensatz zu den kleinen Verleihern, nutzen Streaming Giganten wie Netflix, Amazon und Disney die Pandemie für ihre Expansion schamlos aus.

In einer Mitteilung an die US-Börsenaufsicht hat die Walt Disney Company noch einmal bestätigt, im nächsten Jahr einen weiteren Streaming-Dienst international an den Start bringen zu wollen.

Wörtlich heiß es: "Das Unternehmen plant außerdem, im Kalenderjahr 2021 ein allgemeines DTC-Videostreaming-Angebot für Unterhaltungszwecke unter der Marke Star außerhalb der USA einzuführen." "DTC" steht für Direct-to-Consumer.


Disneys Pläne, neben Disney+ einen zusätzlichen Dienst international auszurollen, sind nicht neu. Allerdings werden die bisherigen Absichtserklärungen nunmehr durch ein Standard-Dokument an die US-Börsenaufsicht formal bekräftigt.

Soweit bekannt soll das Star-Angebot aus Inhalten von ABC, FX, Freeform, Searchlight und Twentieth Century Fox bestehen und sich tendenziell eher an ein erwachsenes Publikum richten. Unklar dabei ist, ob Star als Zusatzoption in Disney+ integriert oder völlig eigenständig bestehen würde.

Der 10K-Akte an die SEC (United States Securities and Exchange Commission) ist ebenfalls zu entnehmen, dass Disney 2021 mehr Angestellte entlassen wird als noch im September angekündigt: Davon seien in erster Linie Mitarbeiter der derzeit wegen der Pandemie geschlossenen Freizeitparks betroffen. Die Rede ist von 32.000 Angestellten, die in der ersten Jahreshälfte entlassen werden sollen.

Quellen: Filmecho | Blickpunkt:Film | SPIO

Anmerkung: Die wöchentliche Fachzeitschrift Filmecho/Filmwoche, Sprachrohr und Branchenblatt des HDF-Kino e.V., soll wegen andauernder Verluste zum Jahresende eingestellt werden.

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