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Ein aktueller Filmstart, der in Berlin erst später im Freiluftkino gezeigt wird

In der Weltstadt Berlin, mit Deutschlands größter Kinodichte, dürfen noch keine Kinosäle öffnen.



Wenn am kommenden Donnerstag einige wenige Kinostarts beinahe bundesweit erfolgen, fehlt u.a. die Weltstadt Berlin, in der erst ab 30. Juni 2020 die Filmtheater wieder öffnen dürfen.

Dagegen können Kinos in Kalifornien am kommenden Wochenende nach fast dreimonatiger Corona-Pause wieder ihren Betrieb aufnehmen. Die Gesundheitsbehörde des Westküstenstaates gab am letzten Montag grünes Licht für die Öffnung der Lichtspielhäuser am 12. Juni 2020, allerdings mit vielen Auflagen.

So dürfen nur 25 % der Plätze belegt oder maximal 100 Zuschauer in einen Kinosaal hineingelassen werden. Auch ist das Tragen von Masken neben anderen Hygienevorschriften Pflicht.

Die restriktiven Vorschriften hatten auch in Deutschland einige Kinos bewogen, nicht ihre Kinosäle zu öffnen, da der Betrieb mehr Kosten verursacht, als eingenommen werden kann. Wie von uns berichtet, durften in Berlin allerdings die Freiluftkinos wieder öffnen.

Open-Air-Kinos sind jedoch keine Premierenkinos, sondern unterliegen anderen Gesetzen. Sie spielen ein täglich wechselndes Programm, nur mit gelegentlichen Erstaufführungen.

Berlins Filmkritiker hatten glücklicherweise noch vor der Corona-Krise einige Filme in Pressevorführungen vorab sehen können, sodass ihnen trotz derzeitigen Kinosperrungen, die Möglichkeit gegeben ist, Filme zu besprechen, die noch gar nicht in Berliner Filmtheatern gezeigt werden können. Natürlich gibt es hin und wieder auch die Möglichkeit, einen Link anzufordern, um Filme zu Hause am PC vorab online sehen zu können. Viele bevorzugen jedoch, zur besseren Beurteilung, die große Kinoleinwand.

Dazu gehört die nachfolgende Besprechung einer Dokumentation, die am kommenden Donnerstag zumindest im Rheinland sowie in Stuttgart anläuft, in Berlin aber nur am 16. Juni 2020 im Friedrichshainer Freilichtkino INSEL im Passiopeia ein einziges Mal gezeigt wird. Erwähnenswert ist die Doku aber insbesondere, wegen ihrer Premiere auf dem Filmfestival Max Ophüls Preis, im Januar 2020 in Saarbrücken.

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"WORLD TAXI", Dokumentarfilm von Philipp Majer (Deutschland). Ab 11. Juni 2020 in Köln, Düsseldorf, Stuttgart, Bremen u.a. sowie am 16. Juni 2020 im Berliner Freilichtkino INSEL. Hier der Trailer:



Ulrikes Filmkritik:

Regisseur Philipp Majer (Buch, Regie, Kamera) lädt den Zuschauer in seinem Dokumentarfilm "WORLD TAXI" in die Städte Bangkok, Pristina, Dakar, El Paso und Berlin ein. Er begleitet mit seiner Kamera fünf Taxifahrer*innen 24 Stunden bei ihren Touren und Gesprächen mit ihren Gästen. „Im Taxi gelten andere Regeln-und das überall auf der Welt. Hier können Menschen innerhalb weniger Minuten ihr Herz ausschütten oder brisante politische Meinungen äußern, ohne Konsequenzen fürchten zu müssen“.

Wir lernen Destan kennen, der mit seiner Frau in Pristina im Kosovo lebt, einem Land in dem es trotz der Unabhängigkeit, Misswirtschaft und Korruption blüht und immer noch große Armut herrscht. Destan ist gutmütig und verzichtet auch mal auf das Fahrgeld, wenn er spürt, dass sein Fahrgast wenig Geld besitzt.

Mamadou ist Taxifahrer in Dakar, der Hauptstadt Senegals. Er lebt mit seiner Frau und seinem Sohn in ärmlichen Verhältnissen am Stadtrand und plaudert gerne mit seinen Fahrgästen über die Vorteile einer Zweitfrau. Sein ganzer Stolz ist sein Fahrzeug.

Tony lebt in Bangkok und fährt 6 Tage in der Woche zehn Stunden Taxe. Meistens chauffiert er Rotlichttouristen, denen er erklärt dass eine Straßenseite für Ladyboys reserviert ist und die andere Seite für echte Ladys.

Sergio lebt in der Wüste von Texas in El Paso, direkt an der mexikanischen Grenze. Fast ausschließlich macht er Grenzfahrten nach Juarez, ein Ort mit einer hohen Kriminalitätsrate. Eine seiner Fahrgäste, die sich in den USA keine Krankenversicherung leisten kann, lässt sich dort ihren Magen verkleinern, weil sie ein kleines Kind hat und durch ihr ungesundes Körpergewicht beweglich eingeschränkt ist und mit ihrem Kind nicht so herumtollen kann, wie sie es möchte.

Und dann lernen wir noch Bambi kennen, die Berliner Taxifahrerin, die mit ihrer Dogge zusammenlebt und die nur des nachts unterwegs ist und meistens Nachtschwärmer in die verschiedensten Clubs kutschiert. Ein Fahrgast, kommt nur nach Berlin, um ins Berghain zu gehen. Zwei Lesben, die sich auf Facebook kennengelernt haben, bitten sie um ihre Telefonnummer.

Quer über den Globus hinweg, erfahren wir Alltägliches, Banales, Politisches und Privates, Unterschiede und Gemeinsamkeiten. Obwohl jeder der Fahrer eine individuelle Persönlichkeit ist, haben sie eins gemeinsam: Bevor sie ihre Tour antreten, wird die „Droschke“ geputzt und gewienert. Auf kurzweilige Art taucht man ein in verschiedene Kulturen dieser Welt. Und wenn man in ruhigen Momenten aus dem Fenster schaut, ist es fast so, als ob man selber durch die unterschiedlichsten Orte reist.

"WORLD TAXI" wurde auf dem South Texas International Film Festival 2019 und dem Open Window Film Festival Kolkata 2019 als Bester Dokumentarfilm ausgezeichnet. Ein besonderer Dank des Regisseurs geht an Jim Jarmusch für seinen Spielfilm "NIGHT ON EARTH".

Ulrike Schirm


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