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Arthouse Kinobetreiber ermahnen Venedigs Filmfestspiele

Internationale Kinobetreiberverbände CICAE & UNIC sowie die AG Kino-Gilde ermahnen Filmfestivals.



Angesichts der gestrigen Eröffnung der Internationalen Filmfestspiele von Venedig, äußerte der Internationaler Kinobetreiberverband CICAE noch einmal seine Forderungen, Produktionen von Streamingdiensten wie NETFLIX nicht mehr zum Wettbewerb zuzulassen, wenn keine regulären Kinostarts geplant sind.

In Frankreich, dem Sitz des Verbandes, werden die Kinozeitfenster deutlich strenger ausgelegt, als in anderen Ländern, weshalb die Internationalen Filmfestspiele von Cannes sich dem Anliegen des Kinoverbandes gebeugt haben und deshalb keine Wettbewerbsfilme von NETFLIX mehr zulassen.

Anders handelt dagegen die Mostra von Venedig. Mit dem letztjährigen Gewinner, der NETFLIX Produktion "ROMA" hatte man sogar einen späteren Oscar-Gewinner im Wettbewerb 2018 präsentiert. Der Streamingdienst NETFLIX versprach zwar den Film auch nach den Festspielen im Kino zu zeigen, präsentierte das Meisterwerk aber nur in ausgesuchten Kinos als dreitägiges Event. In Spanien wurde der Film sogar überhaupt nicht ins Kino gebracht.

Das ärgert natürlich die Filmkunst Kinobetreiber. Sollte diese Masche zur regulären Methode werden, ist es ums Kino schlecht bestellt, so die einhellige Meinung. Alfonso Cuarons "Roma" war nämlich schon kurz nach dem Kinoevent als Stream von zu Hause aus zu sehen.

In diesem Jahr wurden mit Steven Soderberghs "The Laundromat" und Noah Baumbachs "Marriage Story" erneut zwei NETFLIX-Produktionen an den Lido eingeladen, weshalb der Kinobetreiberverband CICAE einen Tag vor Beginn des Festivals seine Mahnung an alle Filmfestivals der Welt erneuerte, die Herausbringung eines Films im Kino als Bedingung für eine Wettbewerbsteilnahme zu machen. Auch der europäische Kinoverband UNIC kritisierte die Mostra bereits kurz nach Bekanntgabe des Wettbewerbsprogramms Ende Juli für die Einladung der beiden Titel.

"Es ist schwer nachvollziehbar, warum Big-Tech-Unternehmen von den gleichen Regeln freigestellt werden sollen, denen Studios, Produzent*innen und Kinos seit Jahrzehnten folgen. Ganz besonders beunruhigt es uns, dass das Filmfestival in Venedig vorbehaltlos einen Streamingdienst umgarnt, dessen Ziel von seinen Partnern als 'Weltherrschaft' beschrieben wird", erklärt der Präsident der CICAE, Christian Bräuer.


Nach Ansicht des Verbands müssten Festivals klare und einheitliche Regeln für große und kleine Player gleichermaßen schaffen und auf deren Einhaltung drängen, um Vielfalt und Rezeption von Filmen zu erhalten.

"Eine dieser Regeln muss das Bestehen auf einer ordentlichen Kinoauswertung für alle Filme in Wettbewerben sein. Kino ist nicht nur aus technischen Gründen der beste Ort, um einen Film zu erleben. Das Kino ermöglicht Filmen, aus vielfältigen Perspektiven vermarktet, gesehen und diskutiert zu werden", so Bräuer.


Es gehe jedoch nicht darum, Streaming an sich auszuschließen, heißt es in der CICAE-Mitteilung weiter.

Streaming sei eine "großartige Art und Weise, Filme und Serien in die eigenen vier Wände zu bringen", biete aber keinen Vergleich zum gemeinsamen Kinoerlebnis. "Wir freuen uns über jedes Streaming-Unternehmen, das seinen Filmen einen echten Kinostart ermöglichen will. Aber jede neue Partnerschaft muss auf den gleichen Werten basieren, wie sie die Kinos mit großen Studios sowie unabhängigen Filmschaffenden und Verleihern über Jahrzehnte aufgebaut haben", so Bräuer.


Venedigs Festivaldirektor Alberto Barbera, verteidigte dagegen seine Entscheidung auch NETFLIX-Produktionen im Wettbewerbsprogramm zu zeigen, sofern die Filme von herausragender künstlerischer Bedeutung sind. Tatsächlich kommen auch andere Kinoproduktionen aus fernen Ländern, die auf den großen A-Festivals gezeigt wurden, häufig nicht in europäische Kinos, weil sich kein Verleih dafür begeistern kann, oder das Risiko scheut, teure Synchronfassungen oder Untertitelungen in den jeweiligen Landessprachen anfertigen zu lassen.

Diese Filme haben dann nur noch eine Chance ans breite Publikum zu gelangen, wenn DVDs, Blu-Ray Discs oder VODs erhältlich sind. Auch auf dem Lande ist es häufig schwer für Kinoliebhaber und Cineasten, jene Filme zu sehen, die nicht vom allgemeinen Massengeschmack bedient werden. So gesehen machen NETFLIX und AMAZON & Co. doch noch einen guten Job, auch wenn es für die AG Kino-Gilde, die sich hinter die Forderungen von CICAE & UNIC stellt, ein Schlag ins Gesicht sein dürfte.

Links: cicae.org/de | www.agkino.de
Quellen: AG KINO-Gilde | Blickpunkt: Film



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