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Die Gewinner des 15. Neiße Filmfestivals 2018 im Dreiländereck

Am Pfingstsonntag ging das 15. Neiße Filmfestival zu Ende.



Mehr als 7.000 Filmfans und Festivalbesucher erlebten bis zum Pfingstsonntag im Dreiländerdreieck an der Neiße interessante und neue Filme, die zum Teil unter dem Festivalfokus „1968“ liefen und auf die Ereignisse vor 50 Jahren und deren Auswirkungen in den drei Nachbarländern sowie weltweit hinwiesen.

Die Neiße-Fische wurden allerdings schon am Samstag Abend im polnischen Zgorzelec beim trinationalen Filmfest vergeben. Das Festival präsentierte in diesem Jahr über 120 Filme in drei Wettbewerben und diversen Filmreihen sowie ein umfangreiches Rahmenprogramm u.a. mit Ausstellungen, Konzerten, Workshops und einer Fachtagung an 19 Spielorten in Deutschland, Polen und Tschechien.

Der mit 5.000 Euro dotierte Neiße-Filmpreis für den besten Spielfilm, der zum zweiten Mal vom Sächsischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst gestiftet wurde, ging im Miejski Dom Kultury an die slowakisch-tschechische Produktion „Nina“ von Juraj Lehotský. Der Film feierte nach seiner Erstaufführung beim Toronto International Filmfestival (TIFF) seine Europapremiere im letzten Jahr in Karlsbad auf dem Karlovy Vary International Film Festival (KVIFF). Die Deutschlandpremiere fand auf dem Neiße Filmfestival statt. Hier der Trailer:



Synopsis:
Nina ist 12. Ihre Eltern lassen sich scheiden und Ninas Welt fällt vor ihren Augen auseinander. Ihre Mutter und Papa sagen zwar, Sie tun nur, was das Beste für Sie sei, aber in der Tat, handeln Sie, als ob Sie sich nur um sich selbst kümmern, ohne die Bedürfnisse des Kindes zu verstehen. Nina fühlt sich verlassen und betrogen – es ist, als gäbe es nichts mehr in der Welt, an das Sie glauben könnte. Ihre einzige Sicherheit im Leben ist das konkurrierende Schwimmen. Am Pool findet Sie Ruhe und Unterstützung und alles, was ihr zu Hause fehlt. Als sie merkt, dass Sie nicht in der Lage ist, einen Schwimm-Wettbewerb zu absolvieren, macht Sie einen radikalen Schritt.

„Der Gewinner überzeugt durch seine einfühlsame und authentische Sichtweise auf ein Kind, das mit den Nachwirkungen der Trennung seiner Eltern zu kämpfen hat. Fast ausschließlich aus der Perspektive des Kindes erzählt, gelingt ihm im Bruch dieses Blickwinkels nach Verschwinden des Kindes sogar eine noch stärkerer Appell darauf, wie sehr es uns allen fehlt, die Welt mit Kinderaugen zu sehen...“, so die Juroren - die deutsche Fotografin und Kamerafrau Marisa Winter, Filmfestival-Programmerin und Kuratorin Ela Wtulich aus Polen und der tschechische Regisseur Štěpán Altrichterin - in ihrer Begründung.


Den von der Sächsischen Zeitung gestifteten Preis für die beste darstellerische Leistung erhielt Barbara Auer für ihre Rolle in „Vakuum“ von Christine Repond. Darin spielt Auer eine Ehefrau, die während der Vorbereitungen für ihren 35. Hochzeitstag erfährt, dass sie HIV-positiv ist und dass ihr Mann sie jahrelang mit Prostituierten betrogen hat. Der Film lief zuerst auf dem Tallinn Black Nights Film Festival (PÖFF). Hier der Trailer:



Den Preis für das beste Szenenbild, gestiftet von der Stadt Görlitz, vergab die Jury an Radosław Zielonka für seine Arbeit an der polnischen Produktion „Cicha noc“ (Stille Nacht) von Piotr Domalewski, der kürzlich auch beim Festival FilmPolska dem Berliner Publikum vorgestellt worden war. Hier nochmals der Trailer:



„Familienleben“ von Rosa Hannah Ziegler erhielt den von der Stadt Zittau gestifteten Preis für den besten Dokumentarfilm im Wettbewerb. Wir hatten den Film bereits auf der letzten Berlinale gesehen. Der Film wurde erstmals auch über Festival Scope im Web verbreitet. Hier die Vorstellung des Films in einem Clip.



Die Jury – Dunja Bialas (D), Redakteurin des Online-Filmmagazins „artechock“, Diana Tabakov (PL), Akquise-Chefin und Programmerin der internationalen Plattform Doc Alliance Films, und Adam Łšlesicki (CZ), Vorstandsvorsitzender der "Filmstiftung Władysław Łšlesicki" und Direktor des DOC LAB POLEN – hob in ihrer Begründung hervor:

„Es zeugt von großer dokumentarischer wie auch erzählerischer Begabung, wenn Rosa Hannah Ziegler es in ihrem Debüt schafft, gleichermaßen große Nähe und klaustrophobische Beklemmung entstehen zu lassen – dieser Film ist ungemütlich. Mit stets respektvoller Empathie portraitiert die Regisseurin eine auseinandergefallene Familie am Rande des Nervenzusammenbruchs, die nur ganz allmählich beginnt, Bewusstsein zu fassen und wieder handlungsfähig zu werden... Rosa Hannah Ziegler lässt in starken und eindringlichen Bildern einen Kosmos von Chaos und trotziger Zärtlichkeit entstehen und zieht uns soghaft und unausweichlich in die wahre Geschichte eines eigentlich unmöglichen Familienlebens hinein.“


Den Preis für den besten Kurzfilm erhielt „Him & Her“ von Nathalie Lamb, ein Stop-Motion-Animationsfilm über ein Paar in einer Fernbeziehung: In einem Telefonat zwischen ihm und ihr träumt er davon, in einem Baumhaus zu leben, das während des Gespräches wächst und sich verändert. Doch sie träumt von Karriere.

Über den vom Studierendenrat der Hochschule Zittau/Görlitz gestifteten Preis entschieden der polnische Regisseur Sabin Kluszczyński, der tschechische Produzent Petr Horák und Juliane Fuchs, Autorin, Produzentin und Kuratorin für Film, TV und Festivals. In der Begründung der Jury heißt es:

„Wir haben uns für einen Film entschieden, der seine Spielzeit wirklich ernst nimmt. Er ist sehr kurz, dabei aber genau auf den Punkt, und überzeugt durch großartiges Handwerk und eine einfache Geschichte, die jeder von uns schon erlebt hat.“


Der Spezialpreis des Filmverband Sachsen wird jährlich an einen Film vergeben, der sich mit Respekt und Toleranz anderen Kulturen nähert und einen Weg zum Dialog bereitet. Der Dokumentarfilm „Najbrzydszy samochód świata“ (Das hässlichste Auto der Welt) von Grzegorz Szczepaniak erfüllte nach Meinung der Jury - Marta Trzeciak, Kulturmanagerin und Pädagogin aus Polen, Martin Musí­lek, Intendant des Theaters Varnsdorf, und Steffen Schmidt, Geschäftsführer des Filmverband Sachsen - diese Kriterien. Hier der Trailer:



„Wir haben uns für einen Film entschieden, der auf unprätentiöse Weise an ein düsteres Kapitel europäischer Geschichte erinnert und in dem auf eindrucksvolle Art gezeigt wird, dass es sich immer lohnt, genauer hinzusehen. Weil man dann sogar hinter einer etwas maroden Fassade viel menschliche Wärme, Zärtlichkeit und respektvolles Miteinander entdecken kann. Grzegorz Szczepaniak ist es gelungen, so nah an seine Protagonisten heranzukommen, dass sie uns die Kamera vergessen lassen. Und doch hat er genug Distanz gewahrt, um diesen beiden bewundernswerten Menschen gerecht zu werden und vor allem, trotz - anfangs Lachsalven hervorrufender - Komik, sie nicht der Lächerlichkeit preiszugeben. Am Ende dürfen wir dann miterleben, wie auch ‚Das hässlichste Auto der Welt’ in seinen mehr als wohlverdienten Ruhestand gehen darf“, so die Begründung der Jury.


Der Ehrenpreis des Neiße Filmfestivals wurde in diesem Jahr an den Regisseur Christian Petzold verliehen. Petzold gilt als Vertreter der sogenannten "Berliner Schule". Wie kein anderer entlockt er der Provinz wie auch der Großstadt einzigartige Geschichten, persönliche Schicksale und große Tragödien. Zu seinen Protagonisten geht er auf gehörigen Abstand und kommt ihnen trotzdem nahe. Petzold durchleuchtet die Widersprüche menschlicher Existenz. Er ist einer aus dem Westen, der Filme über den Osten macht, in der Perspektive einer gemeinsamen Vergangenheit.

Auch die Meinung des Publikums war gefragt:

Der Publikumspreis für den besten Langfilm des Festivals ging an den israelisch-deutschen Dokumentarfilm „Muhi – Generally Temporary“ von Rina Castelnuovo-Hollander und Tamir Elterman über einen durch Kriegseinwirkungen verkrüppelten Palästinenser Jungen aus dem Gaza-Streifen und seinen Großvater, die aus paradoxen Umständen seit sieben Jahren in einem israelischen Hospital leben, ohne Hoffnung auf eine Rückkehr in ihre Heimat. Hier der Trailer:



Der beliebtester Kurzfilm wurde die polnische Produktion „Wolka“ von Radosław Dąbrowski.

Link: www.neissefilmfestival.net
Quelle: 15. Neiße Filmfestival â„… Kunstbauerkino / Großhennerdorf



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