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Am Donnerstag starteten weitere neue Filme im Kino

Unsere Filmkritiken zu weiteren Filmstarts in dieser Woche. Einer davon hatte seine Premiere bei DOK Leipzig, der andere auf der diesjährigen Berlinale und das dritte Werk ist eine Neuverfilmung eines Klassikers.



"HAPPY" von Carolin Genreith: Seit 16. März 2017 im Kino.
Kamera: Philipp Baben der Erde; Schnitt: Stefanie Kosik-Wartenberg. Mitwirkende: Dieter Genreith, Tukta Supaporn Pimsoda-Genreith.
(Deutschland 2016, 85 Minuten, Verleih: Zorro Film) Hier der Trailer:



Filmkritik:
Carolin Genreith muss nicht in die Ferne blicken, um ihre Themen zu finden. Die Filmemacherin stellte 2013 auf der Berlinale einen liebevollen und auch kecken Blick über das Hobby ihrer Mutter und deren Freundinnen vor. In “Die mit dem Bauch tanzen” suchte sie nicht nur den Kontakt zur Mutter, sondern versuchte auch dem älter werden und der Frauenrolle im Alter zu begegnen. Mit „Happy“, 2016 auf dem DOK Leipzig Dokumentarfilmfestival im November 2016 zuerst vorgestellt, ist es nun der Vater, den sie vor die Linse nimmt. Der Grund ist nicht irgendeiner, auch wenn hier ebenfalls das Alter eine Rolle spielt.

Dieter Genreith hat in Thailand eine junge Frau kennen gelernt und möchte sie heiraten. Tukta ist allerdings nur ein Jahr älter als Carolin. Das wirft die Filmemacherin etwas aus der Bahn. Was sieht diese ihr Unbekannte in ihrem Vater und sind ihre Absichten ehrlich? Nur gut, dass Tukta keinen Vater oder Bruder mit einer Kamera hat, so ein Aufeinandertreffen würde dem Kulturclash eine besondere Note geben. Doch Carolin Genreith geht es um ganz praktische Dinge und auch erst einmal um sehr persönliche. Irgendwie ist es doch peinlich, nicht wahr? Ist ihr Vater ein Sextourist?

Der Begriff passt hier nicht und das stellen Vater und Tochter auch gleich klar. Dieter Genreith hatte seine junge Frau bei einer Reise nach Thailand kennengelernt und ihre Beziehung entwickelte sich über Jahre. Trotzdem stellen sich beide einem Gespräch über Anziehung, Erwartungen, Einsamkeit. An die Liebe gehen Kulturen ganz unterschiedlich heran und Carolin Genreith bleibt neugierig und fährt einfach mal mit nach Thailand. So erweitert sie ihre Sicht auf die neue Lebenssituation des Vaters um eine weitere Facette, nämlich die von Tukta, für die eine Heirat mit Dieter eine Chance ist, gleichzeitig aber auch Verzicht bedeutet. Die Träume, die jeder von ihnen mitbringt, ganz unabhängig von dem realen Lebensweg, schwingen im Hintergrund immer mit, ohne dass einer über diese urteilen oder sie neiden würde.

Letztendlich ist es Dieter Genreith, der dem Film Säule und Stütze ist. Er weiß sich seiner Tochter gegenüber zu behaupten, wenn diese immer wieder mit Fragen und Einwendungen kommt, so dass man mehr als einmal als Zuschauer ob der Privatheit verschämt weghören möchte. So sehr die Frage im Raum steht, ob diese Beziehung mit einen enormen Alters- und einem kulturellen Unterschied praktischer oder emotioneller Natur ist, desto mehr wird klar, dass eben weil die Regisseurin Teil der Mitwirkenden ist, persönlich betroffen sozusagen, eine objektive Außenansicht nicht möglich ist. Es fehlt eine übergeordnete Stimme, die den Blick des Zuschauers unparteiisch leitet.

Elisabeth Nagy


"ZWISCHEN DEN JAHREN" von Lars Henning: Seit 16. März 2017 im Kino.
Mit Peter Kurth, Catrin Striebeck, Karl Markovics (Berlinale, Perspektive Deutsches Kino 2017, Verleih: Temperclayfilm) Hier der Trailer:



Filmkritik:
Ein Mann, Becker, kommt nach 18 Jahre Knast auf Bewährung raus. Dahlmann, der Ehemann und Vater der Frau und der Tochter, die Becker bei einem missglückten Raub vor Jahren erschossen hatte, wartet bereits auf ihn um Rache zu nehmen. Lars Henning (“Kaltfront”) setzt seine beiden Hauptfiguren in die Nacht und den sozialen Schatten. Der Täter von einst will ein neues Leben beginnen und bereut seine Tat ehrlich. Doch der Hinterbliebene kann mit der Vergangenheit nicht abschließen, er sieht keine Zukunft für sich. So soll auch dem Täter keine Zukunft gegönnt werden. Henning gibt beiden Figuren Konturen und Richtung. Beide sind stille männliche Männer, mitunter Arschlöcher, die dennoch irgendwo einen wunden Punkt durchschimmern lassen, so dass man mit ihnen fühlt.

Viel hängt bei einem Genre-Film vom Casting ab. Hier sind es Peter Kurth (“Herbert”) in der Rolle des Ex-Zuchthäuslers Becker und Karl Markovics (“Die Fälscher”) in der Rolle des Hinterbliebenen und Stalkers Dahlmann. Henning fängt im Verborgenen der Nacht und der Anonymität der Stadt an. Es ist die dunkle Winterzeit, zwischen Weihnachten und Silvester. Becker, der als Wachdienstler in Nachtschicht ein Lager beaufsichtigt, steht in der Morgendämmerung auf seinem Balkon und blickt hinaus und es ist, als ob es nie hell werden würde, bis er wieder ganz in der Nacht verschwindet. Dahlmann wartet auf ihn im künstlichen Licht einer U-Bahnstation und in dem ersten Moment des Wiedererkennens liegt schon Bedauern und gleichzeitig die Auflösung.

Nach und nach wird die Schraube angezogen, erst ist die Bedrohung, die von Dahlmann ausgeht, noch direkt und plump. Bald werden die Attacken unberechenbar, subtiler und damit enervierender. Becker geht direkt auf seinen Gegner zu, will sich aussprechen. Ohne das an der Tat von damals zu Rütteln wäre. Vergebung kann ein Hinterbliebener nicht geben und ein Täter nicht erbeten. Doch nach diesem direkten Treffen der Beiden ist schnell klar, dass eine mögliche Zukunft von Becker nicht sein darf. Bitter merkt Dahlmann an, dass er, Becker, mit seiner neuen Freundin und deren Sohn, bereits zwei Familien hätte, während er, Dahlmann, nichts außer der Leere besitzt. Und nun nimmt er Becker die Ruhe, die Sicherheit, den Hund, immer näher kommt er dem Zentrum des stoischen Mannes, der gar nicht anders kann, als die zu beschützen, die das alles eigentlich gar nichts angeht.

Man könnte einwenden, dass das Drehbuch die Männer als die zeigt, die handeln, während die Frauen sich arrangieren und aufpassen, dass ihnen nichts zustößt. Aber die Frauen in Beckers neuem Leben, kommen gut ohne ihn klar. Höchstens der Sohn seiner Freundin, der an ihm hängt, ist in Gefahr, seine Kindheit zu verlieren. Die Geschichte erzählt sich aus der Sicht der Männer und ist in jeder Pore pure Männlichkeit. Anders geht es hier gar nicht. Die Schuld wird hier nicht in Frage gestellt, die Schuld der Männer. Im Gegenteil, durch eine Spirale, die alles aus dem Ruder laufen lässt, quasi eine Wiederholung der Vergangenheit darstellt, legt offen, dass der Mann sich selbst sein größter Feind ist. Damit muss Mann leben.

Elisabeth Nagy




"DIE SCHÖNE UND DAS BIEST" von Bill Condon: Seit 16.03.2017 im Kino.
Mit Emma Watson, Dan Stevens, Luke Evans u.a. (USA 2017, 129 Minuten).

Zum zweiten Mal innerhalb weniger Jahre verfilmten die Walt Disney Pictures die Fantasy-Musik-Romanze "Beauty And The Beast" als Realfilm. Die heutigen technischen Möglichkeiten bewogen wohl das Studio ihren eigenen Zeichentrickklassiker ad acta zu legen. Erst letztes Wochenende hatte RTL 2 im Free-TV die verschwenderisch ausgestattete Realverfilmung aus dem Jahre 2014 gezeigt. Darin spielte Léa Seydoux anstelle ihrer Nachfolgerin Emma Watson die schöne Kaufmannstochter Belle, die sich einem missgestalteten Prinzen opfert, um sein Geheimnis zu lüften.

Ob die Märchenvorlage wirklich zweimal innerhalb so kurzer Zeit verfilmt werden musste, sollte jeder selbst entscheiden. Vielleicht ist das neue Musical weniger düster, etwas kindlicher und somit besser für Jüngere geeignet. In der diesjährigen Neufassung nahm Disney zudem feministische Kritiken auf und stellt die Filmheldin nicht mehr als zarte Unschuld vom Lande dar, sondern als patente junge Frau. Hier der Trailer:



Filmkritik:
Im Jahre 1991 war "DIE SCHÖNE UND DAS BIEST" der erste Animationsfilm, der zwei Oscars gewann (Bester Originalsoundtrack, Bester Song), drei Golden Globes, 4 Grammy Awards, sowie zahlreiche weitere Preise. Unvergessen Cocteaus "LA BELLE ET LA BÈTE", mit dem wunderbaren Jean Marais, der damals den Prinzen spielte.

Nun also das Musical mit Emma Watson als schöne Belle und Dan Stevens als verwunschenes Biest. Die kluge und anmutige Belle lebt mit ihrem exzentrischen Vater Maurice (Kevin Kline) in einem kleinen Dorf. Ihr Traum ist es zu reisen, die Welt kennenzulernen. Den arroganten, verliebten Gaston (Luke Evans), der sie penetrant hofiert und sie unbedingt heiraten will, weist sie energisch ab. Als sich ihr Vater auf Reisen begibt, sich im Wald verirrt und in die Fänge des Biests gerät, das ihn auf seinem Schloss gefangen hält, bietet Belle sich unerschrocken an, ihre Freiheit für die des Vaters zu tauschen. Als sie in dem Schloss ankommt, überfällt sie doch eine seltsame Furcht. Bis hierhin wirkt alles ziemlich hausbacken. Es ändert sich in dem Moment, als die verzauberten Gegenstände im Schloss ins Spiel kommen. Die können als Folge des Fluchs sprechen. Wir begegnen dem Kerzenleuchter Lumií¨re, im Original gesprochen von Ewan McGregor, der Kaminuhr von Unruh (Ian McKellen), der Teekanne Madame Pottine (Emma Thompson),deren Sohn Tassilo (Nathan Mack), Madame de Garderobe (Audra McDonald), dem Staubwedel Plumette (Gugu Mbatha-Raw), sowie dem Cembalo Maestro Cadenza (Stanley Tucci).

Sie alle hoffen inbrünstig, dass sich das junge Mädchen in das ungehobelte Biest verliebt. Mit der Zeit, erkennt Belle das gütige Herz hinter dem als Bestie daherkommenden Prinzen. Sie entdeckt seine Liebe zur Literatur, die sie mit ihm teilt, besonders beeindruckt ist sie, als das Biest sein eigenes Leben in Gefahr bringt, um sie zu schützen. Sie setzt alle Hingabe daran, ihn langsam zu einem besseren Wesen zu machen und erweckt ihn nach und nach zu einem neuen Leben. Aus dem ehemals hochnäsigem Prinzen entwickelt sich ein liebevoller Mensch, der wie ein Phönix aus der Asche entsteigt und von seinem Fluch befreit wird. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben Belle und der Prinz noch heute glücklich miteinander.

Die Austattung lebt von liebevollen Details. Die Kostüme, der Zeit entsprechend, perfekt in Szene gesetzt. Man sollte das Musical unbedingt im Original sehen. Schon wegen der Songs. Ich bin gespannt, ob die Botschaft heute noch aktuell ist. Wir leben im Zeitalter des Beauty-Wahnsinns. Frauen und Männer legen sich unter`s Messer, rackern sich im Fitnessstudio ab, es zählt nur noch der äußere Glanz, Hässlichkeit und Alter ist verpönt. Innere Werte? Wen interessiert das noch? Auf jeden Fall sehr amüsant die Dialoge der sprechenden Gegenstände. Teilweise sehr witzig pointiert.

Ulrike Schirm

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