Skip to content

Ausweitung der Mediathekennutzung geplant

Bund und Länder planen deutliche Ausweitung der Verweildauer von Programmen in den öffentlich-rechtlichen Mediatheken.



Im neuen Jahr gibt es für Nutzer der Mediatheken von ARD & ZDF möglicherweise einschneidende Änderungen, die viele erfreuen wird. Bund und Länder planen eine Ausweitung der Online-Verweildauer von gesendeten Programmen. Bisher galt, dass ausgestrahlte Sendungen nur für sieben Tage sichtbar online bereitgestellt wurden. Zukünftig soll die selbst auferlegte Verweildauer von Programm zugunsten einer längeren Verweildauer weichen. Grund ist das veränderte Nutzungsverhalten der Zuschauer.

Immer mehr Fernsehzuschauer nutzen die Möglichkeit gezielt Sendungen nur noch auf Abruf online anzusehen. Moderne Smart-TV's mit Internetzugang machen dies möglich. Aber auch am Computer sowie auf Tablets oder sogar am Smartphone werden gezielt Sendungen gesehen. Stattdessen nutzen immer weniger Zuschauer das lineare abendliche Fernsehen, da Ihnen dazu oft die Zeit fehlt. Die Geschäfte haben länger des Abends geöffnet, sodass weder Verkäufer*Innen noch Verbraucher sich pünktlich zur Hauptsendezeit vor den Fernseher setzen können.

Der neue Jugendkanal FUNK von ARD & ZDF, der den KiKA Kinderkanal für die 14- bis 29-Jährigen seit Kurzem ergänzt, sollte deshalb von Anfang an gar nicht mehr im Fernsehen verbreitet werden, sondern nur noch als Online-Angebot für Jugendliche zur Verfügung stehen. In den FUNK-Sender haben ARD und ZDF immerhin 45 Millionen Euro investiert. FUNK ist dennoch der verzweifelte Versuch, mit einem unverhältnismäßig hohen finanziellen Aufwand eine Lücke zu schließen, die es gar nicht gibt, denn dem Gros der angebotenen Formate fehlt das Alleinstellungsmerkmal.

Die Ausweitung der Mediatheken könnte dagegen ein gewiefter Schachzug sein, denn nicht nur Jugendliche suchen gerne gezielt im Netz nach Informationen und Sendungen, die sie möglicherweise versäumt haben. Ein breites Fernsehangebot, dass alle gleichermaßen am Abend interessiert, schaffen vielleicht noch Fußballsendungen oder der Tatort der ARD, ansonsten ist die Medienvielfalt mittlerweile so groß geworden, dass immer weniger Zuschauer regelmäßig vor dem Fernseher sitzen.

Deshalb schwindet auch das das Interesse der Sender sich an Kinofilmen zu beteiligen. Das Zeitfenster, das Ihnen auferlegt, Produktionen erst im Kino angemessen auswerten zu lassen, bevor die Filme im Fernsehen gesendet werden dürfen, ist in unserer schnelllebigen Zeit kontraproduktiv, denn viele Filme haben oft einen aktuellen Zeitbezug, der längst überholt ist, wenn die Filme im Fernsehen laufen dürfen. Deshalb widmen sich die Sender zunehmend Eigenproduktionen und den beliebten Serien, über die sie mit allen Rechten allein verfügen können.

Auch im Kino haben es Filmemacher schwer ihre Dokumentarfilme zu vermarkten, weshalb im neuen Filmförderungsgesetz für Dokus eine Ausnahme vom gesetzlichen Kinozeitfensters vorgesehen ist, sofern die Kinobetreiber damit einverstanden sind. Diese Filme dürfen dann ausnahmsweise früher als üblich über Video on Demand (VoD) vermarktet werden.

Die meisten eigenen TV-Sendungen stehen schon kurz nach Ausstrahlung in den Mediatheken bereit. Beispiele hierfür sind:

• Nachrichtenblöcke
• politische Sendungen
• Informationssendungen
• wissenschaftliche Reportagen
• ganze Fernsehserien

Auf einen Großteil bereits gezeigter Sendungen kann sogar über eine Suchfunktion auch noch Monate später in voller Länge zugegriffen werden. Vereinzelt werden Sendungen sogar exklusiv zunächst nur im Onlineangebot bereitgestellt. Viele Sendungen können abhängig von der rechtlichen Lage für dreizehn Monate archiviert werden. Manche Sendungen dürfen länger angeboten werden, wenn andere dafür bereits früher wieder entfernt werden. Dies soll nun vereinfacht und vereinheitlicht werden, um dem Zuschauer einen besseren Überblick verschaffen zu können. Allerdings werden Spielfilme und Serien nur zum Teil online gestellt. Oftmals gibt es dann lediglich Bilderserien und kleine Ausschnitte oder Trailer.



Obwohl Spielfilme zum Schutz des Kinos nahezu nicht in den Mediatheken vermarktet werden dürfen, ist die Produzentenallianz gegen die geplante deutliche Ausweitung der Verweildauer von Programmen in den öffentlich-rechtlichen Mediatheken. Laut Produzentenallianz gefährdet die von den Bundesländern geplante Ausweitung das Geschäftsmodell und die Zukunftschancen der deutschen Produktionsunternehmen. Indem wertvolle Produktionen langfristig kostenlos zugänglich gemacht werden und damit eine kommerzielle Nutzung unmöglich würde, verhindert die kostenlosen Mediatheken von ARD & ZDF eine Wertschöpfung der deutschen Produzenten und die Entwicklung eines florierenden Programmarktes.

Dazu erklärt Alexander Thies, Vorsitzender der Produzentenallianz: „Schon die derzeit zulässigen Verweildauern beeinträchtigen die Marktentwicklung spürbar. Eine weitere Ausdehnung der Mediathekennutzung unserer Werke hätte schwerwiegende Folgen für die deutsche Produktionswirtschaft. Daher wenden wir uns gegen jede Lockerung der geltenden Beschränkungen.“

Schon bei den geltenden Verweildauern brauchen wir einen marktkonformen finanziellen Ausgleich für die verringerten ökonomischen Chancen,“ so Alexander Thies weiter. „Ein erster Teilerfolg ist der Mediatheken-Gewinnzuschlag von bis zu 1 % der kalkulierten Herstellungskosten bei vollfinanzierten Auftragsproduktionen, den das ZDF in seinen neuen Rahmenbedingungen angekündigt hat. Das ist ein beachtlicher Schritt, den es jetzt zunächst einmal zu würdigen gilt. Davon betroffen sind freilich nur die vom Sender vollständig finanzierten Auftragsproduktionen.“

Bei Ko- und teilfinanzierten Produktionen sowie bei Förderproduktionen werden die Herstellungskosten nicht vollständig von der jeweiligen Sendeanstalt getragen. Dort muss es dem Produzenten möglich sein, sein Investment durch die Auswertung von Zweitverwertungsrechten zu refinanzieren, indem er diese z. B. an einen DVD-Vertrieb oder eine kommerzielle VoD-Plattform lizenziert. Rechte für kostenlos zugängliche Programme sind aber wertlos – niemand würde dafür Geld ausgeben. Deshalb müssen Programme, in die auch der Produzent investiert hat, von einer längerfristigen Mediathekennutzung ausgenommen werden. Nur so können der Bestand und die Entwicklung einer vielfältigen Produzentenlandschaft und qualitativ hochwertige und konkurrenzfähige Programme erhalten werden.“

PS post scriptum:
Wir vom BAF sehen die Lage etwas anders. Bei einer zunehmenden Ausweitung der VoD-Angeboten besteht für Filmemacher und vor allem für Dokumentarfilmer auch die Chance mit den neuen Medien lukrativ zu experimentieren. Zwar beherrschen US-Hollywood-Produktionen noch das Angebot auf Maxdome und anderen Plattformen, doch dies könnte sich mit gewissem Nachdruck auch ändern. Wenn die Mediatheken hier eine vorbildliche Vorreiterrolle übernehmen und die Filmemacher gerecht entlohnen, dürften die Zuschauer zunehmend Gefallen auch an anderen Angeboten wie an besonderen Filmen auf VoD-Plattformen finden. Dadurch würden höchstwahrscheinlich sowohl eher selten gesehene Werke wie auch Filmemacher profitieren. Und ein steigender Bekanntheitsgrad durch neue Vermarktungsformen wirkt sich meist auch positiv auf die Produktionswirtschaft aus.

Laut dem Marktforschungsunternehmen GfK ist das "Musik-Streaming" seit 2016 durch Millionenfache Abrufe in der breiten Masse angekommen, was ein großartiges Signal für die Kreativbranche ist. 2017 könnte es dadurch auch positive Entwicklungen beim Video-Streaming geben und den rückläufigen Verkauf an DVD's durch kostenpflichtige Downloads und Online-Betrachtungen ausgleichen.

Über die Produzentenallianz:
Die Allianz Deutscher Produzenten – Film & Fernsehen ist die maßgebliche Interessenvertretung der deutschen Produzenten von Film-, Fernseh- und anderen audiovisuellen Werken. Sie vereint mehr als 240 Produktionsunternehmen aus den Bereichen Animation, Dokumentation, Kinofilm, TV-Entertainment, TV-Fiktion und Werbung.

Link: www.produzentenallianz.de
Quelle: Produzentenallianz

Anzeige