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Neue Horizonte in der Kulturhauptstadt Breslau

16. T-Mobile International Filmfestival in der westpolnischen Stadt Wrocław, zu deutsch Breslau.





In diesem Jahr ist die westpolnische Stadt Wrocław, zu deutsch Breslau, neben dem spanischen Donostia-San Sebastián eine von zwei Kulturhauptstädten Europas, die wir beide bereits am 10. Januar 2016 ausführlich im BAF-Blog vorgestellt hatten.

Insbesondere das San Sebastian Film Festival ist als eines der bedeutenden A-Filmfestivals bekannt. Es findet vom 16.-24. September 2016 statt und wird in diesem Jahr u.a. die amerikanische Schauspielerin Sigourney Weaver, bekannt aus der Alien-Saga, mit dem Donostia Award auszeichnen.

In Breslau wurde am Donnerstag, den 21. Juli 2016, das 16. t-mobile new horizons Filmfestival eröffnet. Obwohl erst 16 Jahre jung, gilt es als eines der interessanten Filmfestivals Europas. Das »Neue Horizonte« ist ein Festival für Filme, die Grenzen des konventionellen Kinos überschreiten. Es ist ein Festival der Kinovisionäre, der kompromisslosen Künstler, die den Mut haben, den selbstgewählten Weg ohne Rücksicht auf die Moden vorwärts zu marschieren und über die wichtigsten Dinge mit der eigenen, einmaligen Sprache zu erzählen. Es findet bis zum 31. Juli 2016 statt und zeigt neben dem Wettbewerb in ausgesuchten Festspielkinos bei dem derzeitigen warmen Sommerwetter auch auf dem zentralen Marktplatz vor dem Rathaus jeden Abend ab 22:00 Uhr Open-Air Filmvorführungen für hunderte von Zuschauern.

Das wiederum erinnert an die abendlichen Open-Air-Filmvorführungen des Internationalen Filmfestival von Locarno, das jedes Jahr im August im Kanton Tessin in der Schweiz stattfindet. Dort versammeln sich auch in diesem Jahr zum 69. Mal vom 3.-13. August 2016 bis zu 8000 Zuschauer um Highlights des A-Filmfestivals auf einer übergroßen Leinwand auf der Piazza Grande zu sehen.

Das Filmfestival in Breslau ist jünger und muss sich unter den großen Festivals erst noch behaupten. Doch in dem diesjährigen Kulturjahr ist es auch für Überraschungen gut. Dazu zählen die neuen Filme von Pedro Almodóvar ("Julieta" – der auch das Festival eröffnete), Ken Loach ("Ich, Daniel Blake") sowie von Cristian Mungiu ("Bacalaureat") – frisch aus Cannes. Bei dem ersten handelt es sich um die in neunzig Filmminuten erzählte Lebensgeschichte der Titelfigur, die wir dabei beobachten, wie sie sich entscheidet, die Vergangenheit wieder zum Leben zu erwecken - eine Schlüsselentscheidung für sie selbst und für ihre Familie. Hier der Trailer:



Im zweiten Film, dem Gewinner der Goldenen Palme, verfolgen wir das Schicksal eines Mannes, der Schlaganfall erlitten hat und gegen die herzenslose Bürokratie kämpft, um finanzielle Unterstützung zu bekommen. Auch hier der Trailer:



Der dritte Film, der für die Regie ausgezeichnet wurde, ist ein bewegendes Portrait eines Vaters, der alles zu tun bereit ist, damit die Tochter eine wichtige Prüfung besteht, die für ihre zukünftige Karriere von Bedeutung sein kann. Es gibt allerdings ein Problem – einen Tag vor der Prüfung wurde das Mädchen vergewaltigt und ist nun kaum in der Lage, an der Prüfung teilzunehmen. Der Vater schreckt sogar vor Bestechung nicht zurück, um dem Kind eine bessere Zukunft zu ermöglichen. Hier der Trailer:



Wettbewerbsfilme
Dieses Jahr kämpfen über 200 Filme aus der ganzen Welt um Preise in folgenden Wettbewerben – dem Internationalen Wettbewerb Nowe Horyzonty, dem Wettbewerb "Filme über Kunst", dem Wettbewerb der Polnischen Kurzfilme und der Europäischen Kurztfilme sowie dem Wettbewerb „Vergrößerung“. Im Hauptwettbewerb soll der bewegende "Oscuro animal" von Felipe Guerrero laufen, die Sensation des Festivals in Rotterdam, der über Frauen im Schatten des Konflikts und der männlichen Gewalt in Kolumbien handelt. Hier der Trailer:



Beim Wettbewerb "Filme über Kunst" dürfte die Doku-Fiction "Waiting for B" des brasilianischen Filmemachers Paul Cesar Toledo, der Fans der amerikanischen Sängerin Beyoncé (Inhaberin von mit 20 Grammys) mit der Kamera beobachtet, für besonderes Interesse sorgen, denn die Brasilianer sind keine Traditionalisten – sie stammen aus den LGBT-Kreisen.

Nanni-Moretti-Retrospektive
Der größte Star des Festivals dürfte Nanni Moretti sein (der Regisseur kommt nämlich persönlich nach Wroclaw), seit ca. einem Jahrzehnt der wohl wichtigste italienische Regisseur (und auch Denker), Laureat der Goldenen Palme für "Das Zimmer meines Sohnes". Die Retrospektive wird eine Gelegenheit, seine Filme besser kennenzulernen, darunter auch einige Titel wiederzuentdecken. Am Sonntag, den 24. Juli 2016, wird auf dem Market Square seine italienisch, französich, deutsche Koproduktion "My Mother" aus dem Jahre 2015 ab 22:00 Uhr gezeigt. Die Retrospektive lohnt sich auch wegen des genialen Jerzy Stuhr, der in "Habemus papam" mitspielte. Hier der Trailer:



Das Publikum von Nowe Horyzonty erwartet auch ein anderes filmisches Festmahl – die sechsstündige Filmoper "River of Fundament" von Matthew Barney, amerikanischen Künstler, Filmemacher, Performer, Experimentkünstler, die frei auf den Hauptmotiven des Romans "Frühe Nächte" von Norman Mailer basiert. Der Inhalt ist eine besondere Wanderung – in umgedrehter Form – vom Tod bis zum Leben. Wie immer bei Barney sorgt nicht nur die philosophische sondern auch die visuelle Schicht für Begeisterung. Hier der Trailer:



Bis zum 25. September 2016 verbindet an den Wochenenden ein Kulturzug der DB mit Musik und Lesungen Berlin und Wrocław. Eine einfache Fahrt kostet 19 Euro. Sie startet um 8:30 ab Berlin-Lichtenberg. Zwischenstopp ist um 8:36 Uhr in Berlin-Ostkreuz. Die Kulturzug-Tickets gelten auch bei den Bussen und Straßenbahnen der MPK Wrocław im Breslauer Stadtverkehr an dem jeweiligen Wochenende der Nutzung. Am 27.08. und 28.08.2016 verkehrt der RE 5825 wegen Bauarbeiten bereits 8.03 Uhr ab Berlin-Lichtenberg.

Link zum Filmfestival: www.nowehoryzonty.pl/index.do

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