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FFG und CineEurope - wohin geht die Reise ?

Bundesregierung lehnt kürzere Kino-Sperrfristen ab - Jeffrey Katzenberg glaubt dagegen an VoD-Premiumangebote.



Vom 19.-23. Juni 2016 fand in Barcelona/Spanien zum 25. Mal die CineEurope 2016 statt. Bei der Jubiläumsveranstaltung, der Official Convention of the international Union of Cinemas, ging es mitnichten nur um eine Trade-Show der Produzenten für die nächste Kinosaison - auch wenn dies gerne in den Vordergrund gestellt wird. Neue Teaser und Trailer oder sogar nur skizzierte Ankündigungen der Majors für die nächste Saison, ergeben oft nur einen flüchtigen Eindruck - echte Weltpremieren von Rang und Namen sind vielmehr auf kommenden internationalen Filmfestivals zu sehen von denen Anfang Juli das 51. Karlovy Vary International Film Festival den Anfang macht, direkt gefolgt vom 27. FID - International Film Festival Marseille, das in diesem Jahr mit enorm vielen Erstaufführungen aufwartet. Bald daran schließen sich das 69. Festival del film Locarno und die 73. Mostra in Venedig an, welches das älteste und eines der bedeutendsten Filmfestivals der Welt ist.

Zentraler Punkt der CineEurope war aber die Diskussion um kürzere Sperrfristen für Video on Demand (VoD). Anders als Konkurrent Netflix will Amazon noch am Kinofenster festhalten. Die von der EU geplante Abschaffung des Territorialitätsprinzips für VoD-Plattformen war bei den deutschen Filmproduzenten auf harte Kritik gestoßen, wie wir vor knapp einem Jahr, am 30. Juli 2015 berichteten. Um die deutschen Interessen schert sich die EU-Kommission aber wenig. Vielmehr liegt dem Europäischen Parlament in Hinblick auf das Freihandelsabkommen TTIP die Förderung der europäischen Filme insgesamt am Herzen, um zum US-Import einen kräftigen Gegenpol bilden zu können. Deshalb verfolgt die EU das Ziel stärkerer Verbreitung europäischer Filme und hofft über Day-and-Date-Starts - d.h. den zeitgleichen Filmstart in mehreren europäischen Ländern - die Zeitspanne zwischen der Auswertung in den US-Kinos und der internationalen Auswertung entscheidend verkürzen zu können.

Für Jeffrey Katzenberg, leidenschaftlicher Visionär des Kinos, ehemaliger Besitzer des Dreamworks Animation Studio und Koproduzent des nächsten 3D-Avatar-Films, glaubt, dass die Konsumenten Premiumangebote nutzen wollen, also Filme gegen Aufpreis näher zum Kinostart auch zu Hause als Stream über Abo-Modelle per Subscription-Video-on-Demand (SVoD) zu sehen wünschen. Filmmajors wie Paramount Pictures wollten schon vor einem Jahr testweise das Zeitfenster der Kinoauswertung auf 14 Tage verkürzen. Dass diese zusätzliche digitale Nutzungsofferte der Vermarktung auf der großen Leinwand nicht schade, davon ist Jeffrey Katzenberg überzeugt. Die Kinos sollten sich statt dessen auf ihren Eventcharakter besinnen sowie am Kundenerlebnis arbeiten.



Die Bundesregierung unter Kanzlerin Angela Merkel wendet sich in Sachen Filmförderungsgesetz deutlich gegen eine weitere Flexibilisierung der Sperrfristen. Forderungen des Bundesrats zum FFG, dessen Novellierung bei der Filmförderungsanstalt (FFA) ansteht, werden mit teils sehr drastischen Argumenten beiseite gewischt. In einer Gegenäußerung lässt die Bundesregierung kaum ein gutes Haar an den Vorschlägen des Länderparlaments. So heißt es dazu wörtlich in einem Schreiben an den Deutschen Bundesrat:

"Eine weitere Verkürzungsmöglichkeit des exklusiven Auswertungsfensters der Kinos auf bis zu drei Monate hätte erhebliche negative Auswirkungen sowohl für die Auswertungschancen vieler Kinofilme als auch für die Kinos und somit mittelbar für das Abgabeaufkommen der Filmförderungsanstalt. Viele Filme benötigen eine mehrmonatige Kinoauswertung, um ihr volles Potential entfalten zu können. Dies gilt insbesondere für den deutschen Film. Untersuchungen der Filmförderungsanstalt haben ergeben, dass deutsche und europäische Filme nach wie vor deutlich länger im Kino gespielt werden als US-amerikanische Produktionen. Dies ist auch erforderlich, damit sich ein Einsatz deutscher und europäischer Filme für Kinobetreiber wirtschaftlich lohnt. Wird das exklusive Auswertungsfenster für Kinos verkürzt, besteht die Gefahr, dass Kinobetreiber vermehrt auf kommerzielle Filme setzen, die einen schnellen Erfolg versprechen. Deutsche Filme, deren wirtschaftlicher Erfolg sich in der Regel erst bei einer längeren Auswertungsdauer einstellt, drohen so aus dem Kinoprogramm zu verschwinden. Ein ausreichender Schutz des Auswertungsfensters trägt insoweit auch zur Programmvielfalt und zum Schutz deutscher und europäischer Filme bei."

Zudem träfe eine erweiterte Verkürzungsmöglichkeit der Sperrfristen potenziell jene Kinos besonders hart, die Filme nicht bereits zum Bundesstart einsetzen könnten. Für diese könnte eine stärkere Flexibilisierung im Ergebnis zu einem kompletten Wegfall des Fensters und damit einem klaren Wettbewerbsnachteil führen. Dies würde der Zielsetzung, eine vielfältige Kinolandschaft zu erhalten, zuwiderlaufen.

Hinzu kommt, dass die Bundesregierung auch Auswirkungen jenseits der für geförderte Filme gesetzlich geregelten Sperrfristen sieht: Sollten diese zu stark erodieren, stünde zu befürchten, dass sich bislang privatrechtlich getroffene Vereinbarungen mit den US-Studios nicht mehr durchsetzen ließen. Ein viermonatiges Kinofenster entspreche der Praxis vieler anderer europäischer Staaten. Eine abweichende deutsche Regelung solle auch vor dem Hintergrund des angestrebten digitalen Binnenmarktes vermieden werden - zumal das Gesetz bereits jetzt eine "erhebliche Flexibilisierung aufgrund des sich geänderten Nachfrageverhaltens" zulasse.

Drohender Missbrauch des "Freischusses".
Kritik übt die Bundesregierung auch am Vorschlag des Bundesrates, die Voraussetzungen für den sogenannten "Freischuss" (die Entbindung des Produzenten von der Pflicht zur Kinoauswertung) zu lockern. Grund ist die Gefahr des Missbrauchs. Dazu heißt es unter anderem:

"Da die Produktionsförderung nach dem Filmförderungsgesetz ausschließlich dem Kinofilm gilt, ist aber sicherzustellen, dass von dieser Möglichkeit nur im Ausnahmefall Gebrauch gemacht wird. Vor diesem Hintergrund ist eine Beschränkung der Antragsmöglichkeit für die Nichtanwendung der Sperrfristenregelungen nach § 56 Absatz 1 FFG zwingend erforderlich. Sollte die Beschränkung gänzlich gestrichen werden, bestünde die Gefahr, dass Filmproduktionen eine Förderung der Filmförderanstalt erhielten, obgleich sie von vornherein nicht mit dem Ziel einer Kinoauswertung hergestellt wurden. Diese Umgehungsgefahr besteht insbesondere bei Filmen, die lediglich mit Referenzmitteln gefördert werden, da im Rahmen dieser Förderart keine Jury über die Kinotauglichkeit des Projekts entscheidet."

Zu breite Prädikatsstreuung.
Abgelehnt wird ferner das Ansinnen des Bundesrates, das Prädikat "Wertvoll" der Film- und Medienbewertung Wiesbaden im Zuge der Referenzförderung zu berücksichtigen. Dieses Prädikat sei zur Auswahl herausragender Filme "nicht geeignet". Die Kriterien der FBW würden keine ausreichend enge Auswahl der prädikatisierten Filme sicherstellen. Dazu schriebt die Bundesregierung:

"Entsprechend erhalten auch solche Filme das Prädikat 'wertvoll', die ausweislich der Jurybegründungen keine überraschend neuen Einfälle böten und deren Plot und Inszenierung letztlich durchschaubar seien. Die Vergabe des Prädikats 'wertvoll' rechtfertigt daher nicht die Senkung der Referenzschwelle um bis zu ein Drittel der sonst erforderlichen Besucher und Besucherinnen."

Keine Berücksichtigung nicht-gewerblicher Spielstätten.
Auch die Berücksichtigung der nicht-gewerblichen Spielstätten im Rahmen der Referenzfilmförderung lehnt die Bundesregierung ab. Mit der Berücksichtigung von Besuchern, die nicht den marktüblichen Eintrittspreis bezahlt hätten, würden auch Filme honoriert, die nicht ausreichend Zuschauer in die Kinos locken konnten. Das widerspreche dem Grundgedanken der Referenzfilmförderung für programmfüllende Filme. Auch für Dokumentar- und Kinderfilme müsse diesbezüglich keine Ausnahme gemacht werden, da diese bereits vielfältig privilegiert seien, unter anderem durch niedrigere Punkteschwellen.

Belange der Beschäftigten.
Der einzige Punkt, in dem die Bundesregierung dem Bundesrat - wenn auch mit Einschränkungen - zustimmt, ist dessen Eintreten für ein Hinwirken der Filmförderungsanstalt (FFA) auf Tariftreue und faire und angemessene Vertragsbedingungen zwischen Produktionsunternehmen, Beschäftigten und Urhebern sowie Leistungsschutzberechtigten. Hierzu heißt es wörtlich:

"Die Bundesregierung stimmt dem Vorschlag des Bundesrates zu. Die Bundesregierung weist jedoch darauf hin, dass nach ihrem Verständnis die Norm keine Verpflichtung der Filmförderungsanstalt beinhaltet, im Rahmen der Filmförderung die Arbeitsbedingungen der Förderempfänger zu überprüfen oder zu überwachen. Aufgrund der Vielzahl der an geförderten Filmprojekten mitwirkenden Beschäftigten würde eine solche Verpflichtung zu einer deutlichen zeitlichen wie personellen Überlastung der Filmförderungsanstalt führen. Überdies wäre von der Norm aufgrund des weiten Begriffs "Filmwirtschaft" nicht allein das Personal bei Filmproduktionen, sondern auch dasjenige an-derer filmwirtschaftlicher Unternehmen einschließlich der Kinos umfasst. Ein Hinwirken der Filmförderungsanstalt auf die Schaffung und Einhaltung sozialverträglicher Bedingungen für das in der Filmwirtschaft eingesetzte Personal kann dagegen insbesondere darin bestehen, allgemeine Maßnahmen wie die Erstellung empirischer Studien oder die Durchführung von Konferenzen, Tagungen und Fortbildungen zu arbeitsrechtlichen und sonstigen relevanten Themen zu unterstützen."

Das komplette Schreiben der Bundesregierung ist hier als PDF im Wortlaut nachzulesen.



Beim diesjährigen Filmtheaterkongress im April in Karlsruhe sprach der HDF-Vorstandsvorsitzende Thomas Negele in seiner Eröffnungsrede ebenfalls klare Worte:

"Netflix & Co. wollen das Kino loswerden!"
Die Streaminggiganten Netflix und Amazon rütteln (wenn auch in unterschiedlicher Intensität) am Kinofenster - und finden dabei offenbar auch Gehör an höchster (BKM-)Stelle. Oder wie es Negele formulierte: Netflix und Amazon seien erklärtermaßen angetreten, um den Kinos das Wasser abzugraben, um sie "los zu werden". Und wo es nicht die sogenannten "neuen Player" seien, versuche die ARD aktuell noch eine weitere Reform der Sperrfristenregelungen in das kommende Filmförderungsgesetz aufnehmen zu lassen. Offenbar der Preis dafür, seinen Frieden mit einer höchst moderaten Anhebung des prozentualen Abgabesatzes zu machen. Ganz zu schweigen natürlich von der EU, die im Kinofenster und den unterschiedlichen Verwertungszeitpunkten in den Mitgliedsstaaten das Haupthindernis für eine stärkere Verbreitung europäischer Werke zu sehen scheint. Eine Ansicht, der Negele entschieden entgegen trat: "Das Kino und sein exklusives Fenster sind nicht schuld, wenn etwas nicht funktioniert!"

Allerdings gestand der Vorstand des HDF-Kino e.V. ein, dass Filme - insbesondere die sogenannte Mittelware - in vielen Fällen erheblich zu schnell von den Leinwänden verschwinden würden. Eine Situation, an der sich etwas ändern müsse, schließlich solle sich die Kinoauswertung für Produzenten auch dann lohnen, wenn es nicht gleich am ersten Wochenende klappe, so Negele. Sein Rezept zur Bewältigung der Filmflut: Mehr (kleine) Säle, genauer gesagt rund 1000.

Expansion ist aber beileibe nicht die einzige Maßnahme, für die Negele in Karlsruhe nachhaltig warb. Nicht weniger wichtig war ihm das Thema "Kooperationen", zu denen er jedem Einzelnen nur dringend raten könne. "Einkaufsgemeinschaften sind Pflicht", so sein Credo. Denn niemand dürfe glauben, ein einzelnes Kino könne - egal wie groß es sei - künftig noch "eine Macht" darstellen.

Ohnehin seien Zusammenschlüsse auch ganz im Sinne der Verleiher. Diesen - genauer gesagt den deutschen Dependancen der US-Studios - prophezeite der HDF-Vorstand übrigens eine unsichere Zukunft: "In zwei bis drei Jahren werden wir eine Zentralisierung der Major-Verleiher erleben, dann wird vieles nicht mehr von Deutschland aus gemacht", so seine Prognose.



Am letzten Mittwoch, den 23. Juni 2016 fand im Ausschuss für Kultur und Medien des Deutschen Bundestages die öffentliche Anhörung zur geplanten Novelle des Filmförderungsgesetzes (FFG 2017) statt. Insgesamt 17 Sachverständige standen den Abgeordneten Rede und Antwort. Wir zitieren hier aus dem Newsletter des Bundestages in einer Zusammenfassung:

Kultur und Medien/Anhörung - Änderungen bei der Filmförderung
Welche Regelungen müssen bei der Novellierung des Filmförderungsgesetzes (18/8592, 18/8627) überdacht werden, damit Filme wie "Toni Erdmann" entstehen, wollten die Abgeordneten des Kulturausschuss bei der Anhörung der Experten aus den Reihen der Filmwirtschaft von Janine Jackowski wissen. Jackowski hatte das beim Festival in Cannes mit dem Kritikerpreis ausgezeichnete und vielbeachtete Drama der Regisseurin Maren Ade produziert. Das Filmförderungsgesetz (FFG) verpflichtet die Nutzer von Filmen, Abgaben zu leisten, mit denen die Produktion von Filme unterstützt wird. Alle fünf Jahre wird es novelliert.

Jackowski plädierte wie die Produzentenverbände für Änderungen bei der geforderten Eigenkapitalquote von fünf Prozent der Kosten einer Produktion. Die unterkapitalisierten Firmen können sie nicht aufbringen. Ebenso forderten sie Änderungen bei der Referenzfilmförderung. Sie benachteilige Festivalerfolge. Deren Produzenten kommen erst in den Genuss von Mitteln für die Produktion eines neuen Films, wenn sie 50.000 Besucher ins Kino locken.

Kontrovers diskutiert wurde die Besetzung der Vergabekommission der Filmförderungsanstalt (FFA). In dem Gremium haben künftig die Verwerter die Mehrheit. Die Produzenten fürchten, dass sie vorrangig kommerziell erfolgreiche Projekte auswählen. Stefan Gärtner vom Verband Privater Rundfunk und Telemedien hingegen verteidigte den Vorschlag der Bundesregierung.

Damit Regisseurinnen wie Maren Ade kontinuierlich arbeiten können, soll im FFG eine Frauenquote bei der Besetzung der Gremien eingeführt werden. Der Linksfraktion reicht der Vorschlag der Bundesregierung zur Geschlechtergerechtigkeit jedoch nicht. Sie fordert in einem Antrag (18/8073) ebenso wie Barbara Rohm von der Initiative Pro Quote Regie eine Zielvorgabe von 40 Prozent bei der Mittelvergabe für Filme, bei denen Frauen Regie führen.

Ein weiterer Vorstoß der Linksfraktion geht der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, den Filmschaffenden und dem Bundesverband Schauspiel zu weit. Sie fordern zwar, soziale Mindestanforderungen in die Förderkriterien zu integrieren. Aber sie wollen Firmen nicht von der Förderung ausschließen, die Tarifverträge und Vergütungsregeln unterlaufen haben, wie es die Oppositionsfraktion vorschlägt. Jürgen Kasten vom Bundesverband Regie mahnte an, bei der Prüfung der Kalkulationen durch die FFA zumindest die Einhaltung der Vergütungsregeln im Auge zu behalten.

Ein Dauerbrenner in den Novellierungsdiskussionen ist die Auswertungskaskade. Zwischen Kinostart und Video-Premiere liegen sechs Monate, nach einem Jahr folgt die Pay-TV-Ausstrahlung und nach 18 Monaten die Free-TV-Ausstrahlung. Keiner aus dem Kreis der Experten konnte sich mit dem Vorstoß von Peter Weber (ZDF) anfreunden, den Fertigstellungstermin eines Films statt des Premierendatums zum Beginn des Zyklus zu machen. Die Mehrheit der Experten setzt weiter auf die Verkürzungsmöglichkeiten der Sperrfristen durch die FFA.

Thomas Frickel (AG DOK) will den Dokumentarfilm zu einem Experimentierfeld für moderne Auswertungsformen machen. Für eine Flexibilisierung der Sperrfristen plädiert auch die Videowirtschaft mit Blick auf begrenzte Marketingbudgets. Christian Bräuer (AG Kino), forderte unter diesem Aspekt ein generelles Umdenken. Das FFG müsse neben der Produktion von Filmen auch deren Ausstattung. (hib/DOC)


Regierungsentwurf sieht notwendige Stärkung der Produktionswirtschaft nicht vor.
Die Allianz Deutscher Produzenten – Film & Fernsehen e.V. wurde durch Mathias Schwarz, den Leiter der Sektionen Kino und Animation vertreten. Im Vorfeld der Anhörung hatte die Produzentenallianz ihre Positionen in einer weiteren Stellungnahme vom 15.6.2016 noch einmal dargelegt (www.produzentenallianz.de/ffg2017).

Eine Reihe der von der Produzentenallianz im letzten Jahr erhobenen Kernforderungen für ein neues FFG wurden in der Anhörung intensiv diskutiert. So kritisierte die Produzentenallianz in Übereinstimmung mit den anderen Produzentenvertretern, dass die Regelungen, die der Entwurf für eine erleichterte Darstellung des Eigenanteils vorsieht, nicht weit genug gehen und die in der konkreten Formulierung des Gesetzentwurfs sogar als missglückt bewertet wurden.

Auch weitere Maßnahmen zur Stärkung der Eigenkapitalposition der Produzenten lässt der Gesetzentwurf vermissen. Die Forderung der Produzenten nach einem nicht verrechenbaren Erlöskorridor in allen Verwertungsverträgen – zumindest für verleihgeförderte Produktionen – wurde erneut auch von den Kreativen unterstützt. Einig waren sich Produzenten und Kreative auch in der Kritik an den Bestimmungen zur Besetzung des Vergabeausschusses, die derzeit eine zwingende Majorisierung durch die Verwerterseite vorsehen.

Überwiegende Zustimmung fand die Forderung, für die Sperrfristen im Laufe des für fünf Jahre geltenden Gesetzes eine Möglichkeit zur Evaluierung und gegebenenfalls Änderung der Sperrfristenregelungen vorzusehen.

Die Novellierung des Filmförderungsgesetzes ist nicht nur für uns Produzenten von herausgehobener Bedeutung, sondern für alle, die mit und für den deutschen Kinofilm arbeiten,“ erklärt Uli Aselmann, Vorsitzender der Produzentenallianz-Sektion Kino. „Man muss allerdings feststellen, dass der Regierungsentwurf eine notwendige Stärkung der Produktionswirtschaft – und wir sind es nun mal, die die Filme machen – im Verhältnis zu den Verwertern nicht wirklich vorsieht. Das ist bedauerlich. Im jetzt parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren müssen wir dafür kämpfen, dass unsere wichtigsten Forderungen wie die Verbesserung der Eigenkapitalbasis oder die maßvolle Modernisierung der Sperrfristenregelung angegangen werden. Immerhin wird das FFG 2017 die Grundlage dafür schaffen müssen, dass es den Kinofilm, wie ihn das Publikum und wir lieben, auch in 10 Jahren noch gibt.“



Belange der Filmschaffenden berücksichtigen.
Anlässlich der Sachverständigenanhörung zur Novelle des Filmförderungsgesetzes (FFG) im Ausschuss für Kultur und Medien des Deutschen Bundestages kritisiert Frank Werneke, stellvertretender Vorsitzender der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), den vorliegenden Gesetzentwurf als wenig beschäftigtenfreundlich:

"Obwohl die Bundesregierung das Filmförderungsgesetz komplett neu aufgesetzt hat, hat sie wieder einmal die Chance verstreichen lassen, die Interessen der im Filmbereich Beschäftigten angemessen zu berücksichtigen. Das Gesetz geht an den Filmschaffenden vorbei und sollte dringend überarbeiten werden."

Insbesondere kritisiert der ver.di-Vize, dass soziale Mindestanforderungen in den Förderkriterien der Filmförderungsanstalt vernachlässigt würden. Eine Folge sei, dass auch Filmproduktionen gefördert würden, die finanzielle und sozialrechtliche Mindeststandards auf Seiten der Beschäftigten missachteten.

"Wenn sich ein Filmhersteller auf eine Förderung bewirbt, soll er auch darlegen, welche Mindestregelungen bei ihm gelten und ob ein Tarifvertrag vorliegt", forderte Werneke. "Oft wird auch bei nicht-tarifgebundenen Produktionen mit Tarifgagen und Beschäftigungsbedingungen kalkuliert, ohne diese wirklich zu gewähren. Hier braucht es ein Bewusstsein der Fördergremien, dass diejenigen, die ein Filmwerk handwerklich und kreativ erst möglich machen, auch angemessen entlohnt und abgesichert sind."

An diesem Punkt müsse die Bundesregierung noch nacharbeiten und einen entsprechenden Vorschlag des Bundesrates befolgen. Als positiv wertete Werneke die nun vorgesehene und von ver.di seit längerem geforderte Neuregelung, wonach Filmproduktionen künftig tarifvertragliche Urhebervergütungen als sogenannte vorabzugsfähige Kosten geltend machen können. Das heißt, dass vor der Rückzahlung von Fördergeldern zunächst urheberrechtliche Vergütungen an die Kreativen geleistet werden können. "Damit wird nicht nur eine Gesetzeslücke geschlossen. Vor allem profitieren Urheberinnen und Urheber von dieser Regelung", so Werneke.


Forderung zum Erhalt der Filmkritik.
Der neu gegründete Berufsverband deutscher Medienjournalisten e.V. (BVMJ) würde sich freuen, wenn die Forderung zum Erhalt der Filmkritik als eigenständige journalistische Form in das Gesetz aufgenommen werden könnte. Wenn es um die Anerkennung der Meinung von Journalistinnen und Journalinnen sowie die Sicherung ihrer Arbeitsgrundgrundlagen geht, werden sie vom FFG seit Jahrzehnten im Stich gelassen. Der Golden Globe wurde ersatzlos aus der Kriterien gestützten Referenzenfilmförderung gestrichen und es hat sich leider eingebürgert, dass nicht alle von der FFA geförderten Filme der Presse vorab gezeigt werden, so die inoffizielle Stellungnahme des Verbandes in Gründung.

• Der BVMJ mahnt daher an, die Filmjournalisten als Teil der deutschen Filmkultur nicht zu vergessen.

• Die Preise der Kritiker-Jurys der FIPRESCI, der Internationalen Assoziation der Filmkritik, sollten gleichberechtigt zu Lola und Oscar in die Kriterien gestützte Referenzförderung aufgenommen-werden. Die Preise werden weltweit auf mehr als 60 Festivals vergeben. In Deutschland unter anderem auf der Berlinale, dem Internationalen Kurzfilmfestival in Oberhausen, dem Internationalen Dokumentarfilmfestival in Leipzig und dem Internationalen Kinderfilmfestival „Schlingel“.

• Die Marketing-Budgets der Filme müssen steigen. Die Mittel sollten gezielt dort eingesetzt werden, wo die kritische und lustvolle Auseinandersetzung mit dem Kunstwerk Film gepflegt wird.

• Produzenten und Verleiher, die FFA-Förderung erhalten, müssen reguläre Pressevorführungen in Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg Köln, Leipzig, München und Stuttgart durchführen. Ansonsten wird der Förderbescheid widerrufen.

• Der Filmjournalismus braucht seinen eigenen Sitz im Verwaltungsrat der FFA. Da weder der DJV noch ver.di oder der Verband der Filmverleiher e.V. (VdFK) sich in den vergangenen Jahren mit Vorschlägen für die eigenen Mitglieder in die Diskussionen um die Zukunft des FFG eingebracht haben, meldet der BVMJ als einziger Vertreter der Kolleginnen und Kollegen sein Interesse an.

Der BVMJ hätte sich die im Vorfeld des Novellierungsprozesses angekündigte große Reform des FFG gewünscht. Einige Neuregelungen des jetzt vorliegenden Entwurfes gehen in die richtige Richtung, aber nicht weit genug.

1. Abgabeaufkommen.
Der Verband begrüßt die Erhöhung des Abgabesatzes von ARD und ZDF als Nutzer deutscher Kinofilme auf drei Prozent und freut sich über die freiwillige Aufstockung der Beiträge auf 4 Prozent. Dies darf nicht zu Kürzungen bei den regionalen Filmförderungen bzw. den Direktinvestitionen führen. Zudem muss der Eindruck vermieden werden, dass die Redakteure der öffentlich-rechtlichen Sender über das grüne Licht für eine Filmproduktion entscheiden.

Langfristig muss überlegt werden, auch der Kartenverkauf auf Festivals und- wie von den Ländern vorgeschlagen –nicht kommerzielle Abspielstätten in das Abgabesystem einzubeziehen. Dabei müssen allerdings – analog zu den Filmtheatern – hohe Freibeträge für kleine Veranstalter gelten.

2. Gleichberechtigung von Frauen.
Der Verband begrüßt die Verschlankung der Gremien ebenso wie die Frauenquote. Sie geht nicht weit genug, womit der Verband sich den Forderungen der Partei "Die Linke" anschließt. Nicht nur unter den Entscheidern über Förderanträge sollten Frauen gleichberechtigt vertreten sein. Damit insbesondere Regisseurinnen kontinuierlich und mit auskömmlichen Budgets arbeiten können, braucht der deutsche Film eine Quote von Regisseurinnen in allen Förderarten und Budgetklassen.

3. Genrevielfalt fördern.
Der Dokumentarfilm, der Kurzfilm, der Animationsfilm und der originäre Kinderfilm fristen bei der Förderung durch die FFA eine Randexistenz. Filmförderung muss auch zur Genrevielfalt beitragen;

4. Spitzenförderung.
Die angestrebte künstlerische Spitzenförderung ist nur durch die Verbesserung der Ausbildung der Filmemacher, die weitere Unterstützung von Aus- und Weiterbildung möglich.

5. Drehbuchförderung.
Der Ausbau der Drehbuchförderung ist ein erster Schritt in diese Richtung. Die Autoren müssen allerdings frei entscheiden können, welche Hilfe sie benötigen. Ein weiterer Faktor ist die Zeit, die für die Entwicklung von Büchern und Projekten bleibt. Innerhalb der Initiative „Der besondere Kinderfilm“ wurden die Regeln gerade nachjustiert, um den Autoren die Möglichkeiten zum weiteren Feilen an den Stoffen zu geben. Dies muss für alle gelten.

6. Einhaltung von Tarifverträgen und Vergütungsregeln.
Vier von zehn Mitarbeitern aus Filmcrews können nicht von ihrer Arbeit leben, nur einer von zehn kann für das Alter vorsorgen. Altersarmut ist vorprogrammiert. Der BVMJ schließt sich den Forderungen von ver.di an, die Förderung an die Einhaltung von sozialen Mindeststandards zu koppeln. Ein Aufblähen der Bürokratie ist nicht zu fürchten, wenn die beiden Produzentenverbände mit Sitz in der FFA nur Mitglieder organisieren, die sich zur Tarifbindung bekennen. Es würde wahrscheinlich auch reichen, die FFA zu verpflichten nur dann tätig zu werden, wenn es von Gewerkschaften und Berufsverbänden konkrete Hinweise auf das Unterlaufen von tariflichen Vereinbarungen oder der kalkulierten Kosten gibt.

7. Kriteriengestützte Referenzfilmförderung.
Bei der Anerkennung der FBW-Gutachten schlägt der BVMJ einen Kompromiss zwischen der Haltung der Länder und dem Bund vor. Für Spielfilme wird nur das Prädikat „Besonders wertvoll“ in die Bewertung einbezogen, bei Kurz-, Experimental, Dokumentar- und Kinderspielfilme auch das Prädikat „wertvoll“. Letzteres auch für alle Hochschulfilme und Debüts.

Quellen: Bundestag | Blickpunkt:Film | HDF | ver.di | Produzentenallianz | Medienjournalisten

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