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Weitere Kritik am Entwurf zum Urhebervertragsrecht

Appell der Verbände für ein faires Urhebervertragsrecht.


Schon in unserem Beitrag vom 2. März 2016 schrieben wir, dass die Berliner Wirtschaft vor Verschärfung des Urhebervertragsrechts warnt, denn der Ministeriumsentwurf zur Neufassung des Urhebervertragsrechts stößt auf Ablehnung in Berliner Wirtschaftskreisen. Am 16. März 2016 wurde nun der Regierungsentwurf zum Urhebervertragsrecht im Bundeskabinett beraten und stieß sofort auch auf deutliche Kritik bei weiteren Branchenverbänden.



So erklärte Jürgen Kasten, Geschäftsführer des Bundesverbands Regie (BVR), dass eine Novellierung des Urheberrechtsgesetzes Urheber und ausübende Künstler stärken und ihnen mehr Rechtsansprüche und Verfügungsmöglichkeiten als bisher geben sollte, doch der aktuelle Regierungsentwurf sei vielmehr ein "Verschlimmbesserungs-Gesetz". Hauptkritikpunkt des BVR ist, dass das Schlichtungsergebnis zur Aufstellung Gemeinsamer Vergütungsregeln nach wie vor unverbindlich ist und damit weiter umgangen werden kann. Verschlechterungen sieht der Verband hier u.a. im Bereich der Mehrfachnutzung, wo den Urhebern ein Anspruch auf Vergütung für jede Werknutzung gegeben werden hätte sollen, und bei den Fristen für einen Rechterückkauf des Urhebers. Auch werde die "Schlechterstellung von Film-Urhebern gegenüber bestimmten allgemeinen Verfügungsrechten" weiter vorangetrieben.

Da der vorgelegte Entwurf noch die parlamentarische Beratung passieren muss, appelliert der BVR an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages, "diese dreiste Mogelpackung zu stoppen und zu eigentlichen Novellierungsziel zurück zu finden: die Stärkung der vertraglichen Stellung von Urhebern."
Die Stellungnahme des BVR hier im Wortlaut


Noch deutlicher wurde Thomas Frickel, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft der Dokumentarfilmer (AG DOK), die mit rund 800 Mitgliedern einer der größten deutschen Filmverbände ist. Beklagt werden bereits seit Jahren buy-out-Praktiken und die chronische Unterbezahlung der ihr angeschlossenen Filmschaffenden. Dokumentarfilmer zählen zu den am schlechtesten bezahlten Kreativen des deutschen Medienbetriebs. Ein funktionsfähiges Urhebervertragsrecht hätte das ändern können.

"Doch nun wissen wir: Die Ankündigung des Koalitionsvertrags, die Situation für uns und unzählige andere Urheber zu verbessern, war nur ein leeres Versprechen", so die AG DOK

Durch den nun vorgelegten Regierungsentwurf zur Reform des Urhebervertragsrechts mutiert eine der wichtigsten kulturpolitischen Diskussionen des letzten Jahres zu einem absurden Lehrstück politischen Umfallertums. Was als Initiative zur Stärkung der Urheber begann, ist entgegen allen öffentlichen Beteuerungen des Justizministers in der „Ressortabstimmung“ zwischen BMJV, Wirtschaftsministerium und Kanzleramt noch auf der Zielgeraden zu einem lupenreinen Verwerter-Gesetz umgegossen worden. Alles, was die Defizite der ersten Urheberrechtsreform von 2002 im Sinne der Urheber hätte korrigieren können, wurde systematisch aus dem Referentenentwurf eliminiert, unverändert blieb nur die Präambel, die sich im neuen Kontext des Gesetzestextes wie eine zynische Verhöhnung der Urheber lies, heißt es in einer Verbandsmitteilung der AG DOK, die hier im Wortlaut abgerufen werden kann.

"Lieber gar keine Reform als so eine", schließt die AG Dok ihre Stellungnahme zu dem vorgelegten Entwurf, der ihrer Ansicht nach bestehende Ungerechtigkeiten zementiere und die Urheber auch weiterhin "zum Freiwild übermächtiger Verwerter" mache. Auch die AG Dok kritisiert die Streichung einer ursprünglich vorgesehenen gesonderten Vergütung des Urhebers für die Mehrfachverwertung. Auch der "von uns als dringend notwendig erachtete Schutz der Leistungsschutzrechte von Filmproduzenten gegenüber den übermächtigen Fernsehsendern" habe nach Angaben der AG Dok keinen Eingang in den Gesetzesentwurf gefunden. Deutschlands Dokumentarfilmschaffende fühlen sich "von der Bundesregierung verschaukelt, verraten und verkauft", so die AG Dok.



Einzig die Allianz Deutscher Produzenten - Film & Fernsehen schlägt versöhnlichere Töne an, die hier im vollen Wortlaut nachzulesen sind.

"Wir freuen uns, dass im Regierungsentwurf durchaus pragmatisch die zunächst vorgesehenen Regelungen eines unbegrenzten Auskunftsanspruchs eingeschränkt wurden, die einen ungeheuren bürokratischen Aufwand bedeutet hätten, ohne auf der Urheberseite für eine nennenswerte Vergütung zu sorgen. Wir begrüßen auch, dass das für uns Produzenten fatale Konzept eines Rechterückrufs nach fünf Jahren bei anderweitiger Verwertungsmöglichkeit in ein Kündigungsrecht nach zehn Jahren mit Fortbestand eines einfachen Nutzungsrechts umgewandelt wurde. Dem Ziel, die Position der Urheber zu stärken, ohne die Geschäftsmodelle der Verwerter zu gefährden, ist der Regierungsentwurf damit jetzt näher gekommen, auch wenn aus unserer Sicht in einigen Punkten noch deutlicher Nachbesserungsbedarf herrscht", erklärt der Vorstandsvorsitzende der Produzentenallianz, Alexander Thies.


Unterschriften-Aktion zur Novelle des Urhebervertragsrechts.
Bereits zuvor konnten in einer Erklärung für ein faires Urhebervertragsrecht, die von der Initiative Urheberrecht verbreitet wurde, binnen weniger Tage 6000 Unterschriften gesammelt werden. In der Initiative arbeiten über 35 Verbände und Gewerkschaften zusammen, die die Interessen von insgesamt rund 140.000 UrheberInnen und ausübende KünstlerInnen vertreten.

Wir haben den Link zur Unterschriftenaktion auf Change.org am 29. März 2016 im BAF-Blog veröffentlicht, und bitten unsere Leser die Petition zu unterschreiben.

Quellen: AG DOK | BVR | Initiative Urheberrecht | Produzentenallianz | Blickpunkt:Film

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