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Traditionsreiche Geyer-Werke werden abgewickelt (Update)

CinePostproduktion-Zweigstellen in Hamburg und Köln werden geschlossen, das Kopierwerk in Berlin ebenso.



Am 21. November 2014 hatten wir es bereits bei uns im BAF-Blog angedeutet. Jetzt ist es amtlich. Die traditionsreichen Geyerwerke, die von der CinePostproduktion übernommen worden waren und sich digital neu aufgestellt hatten, werden trotz schwarzer Zahlen geschlossen.

Für die Mitarbeiter ist die Nachricht zur Weihnachtszeit alles andere als erfreulich. Viele werden schon zum Jahresende entlassen. Für den Rest der Mannschaft, die noch Aufträge im neuen Jahr abwickeln dürfen, kommt das Ende zum 31. Januar 2015, wie uns das Sekretariat des Unternehmens auf unsere telefonische Anfrage mitteilte.

Nachtrag:
Die Befürchtungen etlicher Verbände und vieler Filmemacher, dass die Kürzungen des DeutschenFilmFörderFonds (DFFF) negative Auswirkungen auf die Branche haben könnten, haben sich damit wohl früher als befürchtet bewahrheitet. Allerdings hat Blickpunkt:Film in einem Update vom Nachmittag, den 15.12.14, berichtet, dass das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) möglicherweise auf die Kritik aus der Filmwirtschaft reagiert und nachträglich zehn Mio. Euro aus der Mittelstandsförderung für die deutsche Filmindustrie bereitstellen wolle - offenbar als Ausgleich für die Kürzung des DFFF-Topfes. Dies solle aber erst 2016 erfolgen.

Allerdings waren die Geyerwerke, zuletzt CinePostproduction GmbH, eine 100-prozentige Tochter der CineMedia Film AG, bereits seit 12.08.13 in Insolvenz geraten. Der ungeheuerliche Preisdruck bei sehr hohem Investitionsbedarf in den Dienstleistungsbetrieben geht derzeit an niemandem spurlos vorüber. Beim Verband Technischer Betriebe für Film & Fernsehen (VTFF) war man noch nicht über die Schließung informiert. Um Kosten zu sparen erfolgt der Austritt der Firma bei einer Insolvenz aus dem Verband automatisch. Demzufolge wurde man auch nicht mehr über die neuesten Schritte des Unternehmens auf dem Laufenden gehalten, was man uns gegenüber sehr bedauerte. Man sei derzeit außerdem mit anderen Dingen beschäftigt, erklärte uns Christine Grieb, Geschäftsführerin des VTFF.

Ihr Verband hat nämlich gerade eine enge Zusammenarbeit mit der Allianz Deutscher Produzenten - Film & Fernsehen (Produzentenallianz) vereinbart, die eine politische, medienwirtschaftliche und strukturelle Kooperation ab dem nächsten Jahr vorsieht. Der VTFF wird deshalb mit seinem Büro in die Räume der Produzentenallianz-Hauptgeschäftsstelle in Berlin einziehen, so dass beide Geschäftsstellen die Zusammenarbeit ausbauen und Synergien unter anderem bei der Öffentlichkeitsarbeit realisieren können. Allein der Umzug würde zur Zeit ihre volle Aufmerksamkeit erfordern, sodass kaum Zeit mehr für Nebenschauplätze ausgetretener Firmen übrig bleibt, sagte uns die Geschäftsführerin am Telefon.

Zu den vordringlichen und mit der Produzentenallianz gemeinsamen politischen und medienwirtschaftlichen Themenfeldern zählen derzeit u.a. die Filmförderung auf Bundes- und Länderebene, Urheberrechtsangelegenheiten, Sicherung des Filmerbes, eine gemeinsame Positionierung bei Gesetzesinitiativen sowie Fragen der Vertragsbedingungen zwischen Produzenten und VTFF-Unternehmen auf der einen und Auftrag gebenden Fernsehsendern auf der anderen Seite.

Die Kooperation erstreckt sich auch auf die Bereiche Forschung sowie Fort-und Ausbildung. So sollen Mitgliedsunternehmen des VTFF auch Zugang zu dem neuen AV-Volontariatsprogramm erhalten, das derzeit von der Produzentenallianz entwickelt wird. Auch der Vorstand der Produzentenallianz sieht eine Verbindung zwischen Produzenten und filmtechnischen Betrieben, die über eine Geschäftsbeziehung zwischen Auftraggeber und Dienstleister hinausgeht:

"Die Übergänge sind zum Beispiel bei den VFX-Firmen oder der kreativen Postproduktion fließend, und auch die dringend verbesserungsbedürftigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen auf dem deutschen Produktionsmarkt beschäftigen Produzentenallianz und VTFF gleichermaßen. Ich freue mich, dass wir mit dieser Kooperation künftig mit gebündelten Kräften für die Belange der deutschen Produktionswirtschaft eintreten können", so Alexander Thies, Gesamtvorstandsvorsitzende der Produzentenallianz.

Für Allianz unabhängiger Filmdienstleister (AUF), dem Verband unabhängiger mittelständischer Unternehmen der Filmbranche und Rental-Betriebe aus München, der sich erst im Februar 2014 gegründet hatte, weil er sich nicht mehr optimal beim VTFF aufgehoben fühlte, ist das geringe Interesse des VTTF an den traditionsreichen Geyer-Werken unverständlich. Darunter leiden vor allem die Beschäftigten der Branche, die der Willkür eines Insolvenzverwalter ausgeliefert sind, sagte uns die Geschäftsstelle des AUF am Telefon. Insbesondere wenn der Betrieb die Beiträge für den Verband nicht mehr zahlen kann, sollte man sich ganz besonders für die Beschäftigten in den Betrieben einsetzen, ist die einhellige Meinung des AUF.



Kündigung wegen Eigenbedarf?
Bei der AUF war man bereits über die Schließung der Münchener Niederlassung informiert und vermittelte uns freundlicherweise außerdem den Kontakt zu Markus Bäuerle, technischer Betriebsstättenleiter bei den Geyer-Werken Berlin, wo wir vom Sekretariat die Bestätigung über die Schließung des Berliner Unternehmens erhielten. Grund der Abwicklung ist die Kündigung der Räume durch die Bavaria Film GmbH, die andere Interessen mit dem Grundstück vorhat. Vorteil für die Bavaria könnte die Tatsache sein, dass man als Eigentümer plötzlich Eigenbedarf anmelden kann, um sich ggf. eine Menge Umzug und Umbaukosten zu sparen. Problematisch ist nur, dass unsere GEZ-Gebührengelder, jetzt neudeutsch Rundfunkbeitrag, in die defizitären, öffentlich-rechtliche Beteiligungsunternehmen wie die Bavaria, Studio Hamburg und MCA fließen, um Arbeitsplätze in der privaten Wirtschaft zu zerstören.

So sieht es auch der Vorstandsvorsitzender der AUF, Martin Ludwig, Chef der alteingesessenen Münchener Firma Ludwig Kameraverleih. Er wirft den privaten Tochterfirmen der öffentlich-rechtlichen Anstalten ein ruinösen Preiswettkampf vor, wie er im Handelsblatt vom 11. Dezember 2014 schreibt. Der Artikel ist auf der Facebookseite des AUF nachzulesen.

Bavaria sucht neue Geschäftsfelder
Bekannt wurde, dass die Bavaria Film ihren nichtfiktionalen Programmbereich ausbauen will und in diesem Zusammenhang Oliver Fuchs zum neuen Geschäftsführer der First Entertainment GmbH berufen hat. Tobias Gerlach wird weiterhin Geschäftsführer dieser Gesellschaft bleiben, aber sukzessive den Schwerpunkt seiner Tätigkeit auf die Koordination und den weiteren Ausbau des Digitalgeschäfts aller Bavaria-Beteiligungen legen. Hierfür schafft Bavaria Film die neue Berichtseinheit Bavaria Digital. Die First Entertainment wird in diesem Zuge in Bavaria Entertainment umfirmieren. Alle Maßnahmen werden mit Wirkung zum Beginn des neuen Geschäftsjahres der Gesellschaften umgesetzt, d. h. ab dem 1. Februar 2015.

Pleite durch Dumping
Den Rental Bereich der Firma Panther konnte sich die Bavaria bereits schnappen, nachdem mit der sehr einfachen Methode des Preisdumpings unter dem Schutzmantel der Bavaria Finanzsicherheit die Firma an den Rand des Ruins gebracht worden war. Danach streckte man seine Fühler direkt nach Berlin aus und lies dem Gesellschafter der Berliner Union Film ein Kaufangebot zukommen, um die Postproduktionsressourcen gleich mitnehmen zu können. Andere Dienstleister wie die HD Factory, die erst ein Jahr zuvor auf das Studiogelände der BUFA gezogen war, waren lästig – also sorgte man schon einmal für die Kündigung der Mietverträge, sodass die HD Factory Digital Media GmbH in der Neuköllner Oberlandstraße nur neun Monate überleben konnte.

Panther, die BUFA und auch Studio Hamburg Filmtechnik arbeiteten defizitär, damit kann man sich keine Neuinvestitionen von mehr als 20-25% des Umsatzes leisten. Doch wenn die Cine Mobil GmbH als Tochter der Bavaria Film diverse Firmen samt Equipment preiswert übernimmt - inklusive zahlreicher Alexa Kameras, Optiken und anderer teurer Technik, sieht die Rechnung anders aus. Allein durch Equipment Vermietung ist der Deal zwar nicht zu stemmen, doch die Bavaria kann die Verluste abschreiben, weil Gewinne aus Filmproduktionen ausreichend vorhanden sind, legt Franz Jammer süffisant auf seiner Webseite filmundfernseh dar.

Als nächstes folgt die in Baden-Baden ansässige Produktionsfirma Maran Film GmbH, ein gemeinsames Tochterunternehmen von SWR und Bavaria Film. Sie wird zum 30. Juni 2015 ihre Tätigkeit beenden. Das von Sabine Tettenborn geführte Unternehmen ist bislang noch für die Realisierung aller "Tatorte" und mehrerer Fernsehfilme des Südwestrundfunk verantwortlich. Stoffentwicklung und Produktionsbetreuung seiner filmischen Eigenproduktionen will der SWR ab dem nächsten Jahr selbst übernehmen.

SWR-Fernsehdirektor Christoph Hauser begründete die Maßnahme mit wirtschaftlichen Erwägungen im Zusammenhang mit dem Sparpaket zur Neuausrichtung des SWR-Fernsehens. "Ein künftig verändertes Mengengerüst unserer Eigenproduktionen und die daraus folgenden wirtschaftlichen Konsequenzen zwingen uns zu dem Entschluss, diese in der ARD einzigartige Konstruktion zu beenden."

Bavaria-Geschäftsführer Christian Franckenstein räumte ein, man respektiere die Entscheidung des SWR, "weil das praktizierte Geschäftsmodell der Maran Film unter wirtschaftlichen Aspekten nicht mehr zeitgemäß ist."

Neue Hoffnungen für CinePostproduction München?
Am 1. Dezember 2014 kamen Gerüchte auf, dass die MTI Teleport München GmbH Teile der CinePostproduction vom Insolvenzverwalter gekauft hat. Diesmal war die Bavaria, die ebenfalls an einer Übernahme interessiert war, gescheitert. Die MTI Teleport hatte schon vor Jahren das ZDF Gelände in Unterföhring gekauft und nach langen Querelen mit den Bavaria Studios dafür gesorgt, dass der Standort Unterföhring von der Bavaria aufgegeben wurde. Die wirtschaftliche Stärke der MTI Teleport lässt zumindest Hoffnungen aufkommen, dass einen Teil der Mitarbeiter übernommen wird und sich ein stärkerer Gegenpol zur Bavaria entwickelt. Das Berliner Gelände in der Harzer Straße in Neukölln ist allerdings Eigentum der Bavaria und kann nicht in Gänze übernommen werden. So kann die Bavaria recht bald auf gut und teuer eingerichtete und ausgebaute Räume zurückgreifen, in der sie vermutlich Teile der D-Facto Motion GmbH unterbringen wird. Nur so lässt sich die Weigerung der Bavaria deuten, die Mietverträge mit der CinePostproduction langfristig zu verlängern.

NACHTRAG vom 5.02.2015

Der für die im August 2013 in Insolvenz gegangene CineMedia und ihre Tochterfirma CinePostproduction zuständige Insolvenzverwalter Stephan Ammann (Pluta Rechtsanwalts GmbH) hat die CinePostproduction veräußert. Käufer der Assets ist die in Unterföhring bei München ansässige MTI Teleport München. Der Betrieb soll nun doch mit einem Teil der ehemaligen Mitarbeiter fortgesetzt werden. MTI konnte offensichtlich die Kündigung der Räumlichkeiten zu anderen Mietkonditionen neu aushandeln.
Mehr dazu im Februar nach der Berlinale.

Was bisher geschah
Die Mitarbeiter der ehemaligen Geyer-Kopierwerke wechselten in eine Transfergesellschaft, mit dem Ziel, dort für andere Tätigkeiten qualifiziert zu werden. Durch diese und weitere Maßnahmen konnte das Ziel des Insolvenzverwalters erreicht werden, die Betriebsteile, die sich mit Ton, digitaler Bildbearbeitung, der Lagerung von Filmmaterial und dem DCP-Geschäft befassen, an den Standorten München und Berlin zu erhalten, wodurch das Unternehmen stabilisiert werden konnte. Rund 110 Mitarbeiter beschäftigte CinePostproduction zuletzt.

"Der Geschäftsbetrieb wurde nahtlos fortgeführt", erläutert Insolvenzverwalter Wolfgang Bernhardt. "Alle zu Beginn des Insolvenzverfahrens bestehenden Projekte wurden termingerecht fertiggestellt und es konnten seither auch zahlreiche neue Projekte akquiriert werden. Das Vertrauen der Kunden kehrte zurück, der Geschäftsbetrieb lief ganz normal weiter. Die CinePostproduction ist operativ rentabel, wir können deshalb Gespräche mit Übernahmeinteressenten ohne Druck führen, was wir auch tun".

Der größte Gläubiger der CinePostproduction ist der Pensionssicherungsverein, an dem das Geschäft letztendlich scheitern könnte. Es steht derzeit noch keine Quote fest, mit der die Forderungen der Gläubiger befriedigt werden können, hieß es im September.

CinePostproduction GmbH
Geyer Berlin
Harzer Straße 39
12059 Berlin
Link: www.cinepostproduction.de

Quellen: Franz Jammer filmundfernseh | film-tv-video | Blickpunkt:Film

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