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Weiter Streit um HDTV Verbreitung via Kabel und IPTV

Volumenbegrenzung bei Telekom-Anschlüssen.



Nachdem die Telekom Ende April öffentlich verbreitete, zukünftig Volumenbegrenzungen für Neukunden einzuführen, gab es sogar unter Politikern erboste Äußerungen über den ehemaligen Staatskonzern. Unter anderem meldete sich der Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) als auch Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) zu Wort. Der FDP-Minister warnte schon am 25.04.2013 in einem Brief Telekom-Chef René Obermann eindringlich vor möglichen Einschränkungen für Flatrate-Kunden.

Doch damit nicht genug. Seit dem 2. Mai 2013 ist klar, dass sogar Bestandskunden zu neuen Verträgen ab 2018 gezwungen werden sollen, wie Deutschland-Chef der Telekom, Niek Jan van Damme, in einem Interview mit welt.de durchblicken lies. Nicht einmal vor Entertain, der TV-Verbreitung über VDSL-Anschlüsse, macht die Volumenbegrenzung dann mehr halt, denn schon der Wechsel eines bestehenden Tarifs reicht aus, um als Neukunde behandelt zu werden. Daraufhin mahnte jetzt auch die Verbraucherzentrale NRW die Telekom am 6. Mai 2013 ab. Der Konzern kann nun bis zum 16. Mai 2013 per Unterlassungserklärung erklären, dass er künftig auf die Verwendung der Klausel verzichtet. Sonst müssen die Gerichte entscheiden, ob die Drosselung zulässig ist, denn die verbleibende Übertragungsrate von 384 KBit/s macht eine zeitgemäße Nutzung des Internets unmöglich. Die Telekom will sich dem Druck jedoch nur beugen, wenn sie die Flatrate in Zukunft teurer anbieten kann, lies der Konzern am 8. Mai 2013 vermelden.


(Videobericht von Reuters)

Ab 2016 will das Unternehmen statt Kapazitätsausweitung vorzunehmen, flächendeckend monatliche Datenvolumen mit Breitbanddrosselung der Übertragungsgeschwindigkeit auf 384 kBit/s einführen – ähnlich wie heute schon bei Mobilfunkverträgen. Zwar sollte zunächst das hauseigene Entertain-Paket ausgeklammert werden, doch mittlerweile wird auch in diesem Bereich über höhere Gebühren nachgedacht. Ist das Volumen überschritten, wird gedrosselt, egal welche Geschwindigkeit man vorher hatte, so die Telekom. Das erbost auch die SPD und könnte durchaus Anlass für eine kartellrechtliche Prüfung sein.

Lars Klingbeil, netzpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, sieht nach der Ankündigung der Telekom zur DSL-Drosselung "gesetzgeberischen Handlungsbedarf zur Sicherung der Netzneutralität. Die Netzneutralität sei die Grundlage für die Freiheit und Innovationsfähigkeit des Internets."

Flatrates sind eine tolle Erfindung – für die Kunden. Doch die Telekom ärgert sich vor allem über Anbieter wie YouTube, die durch ihre kostenlosen Videoangebote enormen Traffic im Netz produzieren, ohne dafür zu zahlen.

Telekom hat Milliardenausgaben und muss sparen.
Mit Entertain hat die Telekom dagegen einen eigenen Video on Demand (VoD)-Dienst im Angebot, den sie sich von den Kunden teuer bezahlen lässt. Doch nach einer Volumenbegrenzung könnte kein Kunde mehr HD-Videos abrufen. Trotz Flatrate würde er dann nochmals zur Kasse gebeten, was die Kunden erzürnt. Vor allem im ländlichen Raum, wo oftmals keine Alternativangebote von Kabelgesellschaften vorhanden sind, würde das den Internetzugang enorm verteuern. Für ein Volumen von mehr als 150 GByte, was in etwa zwei HD-Filmen entspricht, müssten zukünftig möglicherweise statt bisher 40 Euro, dann möglicherweise 80 Euro im Monat gezahlt werden, denn die neuen Volumenmengen stehen bereits fest:

Bei Anschlüssen bis 16 MBit/s sind zukünftig nur 75 GByte enthalten, bei VDSL-Anschlüssen mit 25 oder 50 MBit/s sind es maximal 200 GByte.

Insbesondere vor dem Hintergrund, das in drei Jahren der Traffic durch Smart-TV oder und anderer neuartiger online Angebote nochmals um einiges größer sein wird als heute, reichen diese Volumina niemals aus.

Die Telekom rechtfertigt die Preise dagegen mit Kapazitätsengpässen, die durch intensivere Nutzung in den nächsten Jahren entstehen. Scheinbar will die Telekom den neuen und teuren, wenn auch schnellen LTE-Funkstandart, als Basis für eine Preisanpassung heranziehen. Zurzeit nutzen immer weniger Kunden einen Festnetzanschluss. Smartphone und Tablets haben neue Sehgewohnheiten hervorgerufen. Doch mit ultra-hochauflösendem Fernsehen (4K-TV) kann sich das Blatt schnell wieder wandeln. Einige Firmen wie Blackberry sehen das Interesse an Tablets bereits wieder schwinden und glauben, dass der Kunde sich auf große Flachbildschirme auch am Arbeitsplatz zurückbesinnen wird. Dies könnte eine Chance für die Kabelanbieter werden, die bereits jetzt mit aggressiven Preisen die Telekom auch im DSL-Geschäft zu unterbieten versuchen.




Ärger bei der Kabeleinspeisung von ARD & ZDF.
Obwohl Kabel Deutschland gerade mit "all inklusiv"-Angeboten die Telekom in allen Kommunikationsbereichen auszustechen versucht und wegen der großen Bandbreiten des Kabels vorerst auch nicht über eine Drosselung nachdenken muss, wird auch Kabel Deutschland weiter in den Netzausbau investieren müssen, um das Geschäft am Laufen zu halten. Aber das ist nicht ohne zusätzliche Einnahmen möglich. Kabel Deutschland will deshalb nicht nur die Kunden, sondern auch alle Programmanbieter zur Kasse bitten. Darunter fallen nach Meinung von Kabel Deutschland auch die öffentlich-rechtlichen Programme von ARD und ZDF. Doch diese weigern sich, da sie einen kostenneutralen Programmauftrag haben. In einer Pressemeldung vom 7. Mai 2013 heißt es sogar, dass das Landgericht Berlin gerade eine Klage von Kabel Deutschland gegen den Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) abgewiesen hat, mit der die öffentlich-rechtlichen Sender verurteilt werden sollten, weiterhin für die Verbreitung ihrer Programme in den Kabelnetzen zu bezahlen.

Bereits eine erste, vorangegangene Klage hatte keinen Erfolg und die Berliner Kammer verwies nun den Kabelbetreiber auf die gesetzliche Pflicht, die öffentlich-rechtlichen Programme zu verbreiten. Kabel Deutschland ist jedoch der Ansicht, dass diese im Rundfunkstaatsvertrag festgeschriebene Verbreitungspflicht nicht kostenlos erfolgen muss und will weitere Instanzen anrufen.

Kabel Deutschland will Geld von Sendern für Kabelverbreitung.
Wie es weiter geht ist offen, denn Kabel Deutschland hat bereits bei der analogen Kabelverbreitung etliche Sender gestrichen oder speist viele davon nur noch lokal in den jeweiligen Bundesländern ein und will dies vermehrt auch im digitalen Bereich durchsetzen. Deshalb gibt es auch keine kostenlose Verbreitung von 3sat-HD, Arte-HD oder der dritten HD-Programme im Kabel. Wer diese HD-Sender hochauflösend sehen will, muss auf Satellit oder Entertain der Telekom ausweichen. Bei letzterem wird aber nur HD-Ready-Qualität angeboten, d.h. die Auflösung ist auf maximal 720P begrenzt.

Um dennoch neue Kunden zu bekommen und keine zu verlieren, wird massiv mit den privaten Sendern geworben, deren HD-Empfang jetzt aber mehr kostet. Dafür wurde die Gebühr für SD-Programme gesenkt. So verbreitet Kabel Deutschland seit dem 2. Mai 2013 weitere 18 digitale private TV-Sender in Standard Definition (SD) unverschlüsselt in seinem Netz. Bereits seit April 2013 sind neun Sender der RTL- und ProSiebenSat.1-Gruppe sowie Sport 1 digital unverschlüsselt zu empfangen.

Zugänglich gemacht werden der Spielfilmsender Tele 5, die Kinderprogramme Nickelodeon und Anixe, das Comedy-Angebot Comedy Central, der österreichische Privatfernsehsender Servus TV, das Frauenprogramm Sixx und das Männerprogramm DMAX, die Nachrichtensender N24 und CNN, der Jugend- und Musiksender Viva, Eurosport, die Teleshopping-Sender Channel21, Hse24, QVC, Juwelo TV und 1-2-3.tv sowie das religiöse Angebot Bibel TV.

Der Grund für das kostenlose Angebot ist aber ein ganz anderer: Das Bundeskartellamt hatte nämlich Strafen in Höhe von 55 Millionen Euro gegen die beiden TV-Sendergruppen ProSiebenSat.1 und RTL verhängt, weil diese bei der Grundverschlüsselung "wettbewerbswidrige Absprachen getroffen" hätten. Die Sender mussten sich verpflichten, ihre wesentlichen Programme in SD-Qualität für einen Zeitraum von zehn Jahren unverschlüsselt über Kabel, Satellit und IPTV anzubieten. Kabel Deutschland musste deshalb am 3. April 2013 die Grundverschlüsselung für das Standardformat (SD) aufgeben. Verbraucherschützer raten Kabelfernsehkunden, die einen digitalen Zusatzvertrag haben, zu überprüfen, ob dieser noch notwendig ist oder gekündigt werden kann. Bisher kostete das einfachste digitale Abo 2,90 Euro pro Monat, nun ist es kostenlos zu haben. Für das neue High-Definition-Angebot "Kabel Digital HD" berechnet Kabel Deutschland jetzt allerdings einen Euro mehr; also 3,90 Euro monatlich.

ARD sieht Einsparpotentiale - ZDF ist dagegen.
Nicht eingeschlossen ist die Verbreitung von verschlüsselten HD-Programmen. Die öffentlich-rechtlichen Programme verlangen aber generell die kostenlose Verbreitung aller ihrer Programme im Kabel - einschließlich der digitalen Ableger wie Eins Festival und ZDF Neo, wogegen sich Kabel Deutschland wehrt und weiter vor Gericht streiten will. Um zu einer Einigung zu kommen - und um auch die Kosten im Programmangebot zu senken - hatten die ARD-Intendanten bei einem Treffen in Berlin radikale Einschnitte beim Digitalangebot von ARD und ZDF angeregt. So könnte die Anzahl von aktuell sechs Digital-Kanälen auf drei eingedampft werden.

Nach den Vorstellungen der ARD sollen Eins Festival und ZDF Neo zu einem Programm für junge Familien verschmolzen werden. Aus der Fusion von ZDF Kultur und Eins Plus soll ein Programmangebot für 14- bis 29-Jährige entstehen und aus den Infokanälen Tagesschau 24 und ZDF Info ein gemeinsamer Nachrichtenkanal geschmiedet werden. Beim ZDF stoßen die Vorschläge auf große Ablehnung. In einer Pressemitteilung heißt es zu den ARD-Plänen spitz:

"Es ist zwar nachvollziehbar, dass sich die ARD am Erfolg der ZDF Digitalkanäle ZDF Neo und ZDF Info beteiligen möchte, die beide mit 0,9 und 0,6 Prozent Marktanteil weit mehr Zuschauer erreichen als die Digitalableger der ARD. Das ZDF sieht in dem Vorschlag aber keine Sparpotentiale, sondern lediglich kompliziertere Strukturen. Das ZDF schlägt stattdessen vor, dass die ARD einen Jugendkanal verantwortet, während das ZDF die ihre beiden Ableger ZDF Neo und ZDF Info stärker auf die Zielgruppe der 30- bis 50-Jährigen ausrichtet."

Der Verband Privater Rundfunk und Telemedien (VPRT) begrüßt natürlich den Vorschlag der ARD als "klare Kehrtwende hin zum Ansatz 'Weniger ist Mehr'". Dass jedoch das ZDF durch politisches Taktieren dem Auftrag der Bundesländer, ein einheitliches Konzept vorzulegen, missachtet, ist äußerst bedauerlich. Als Anstalt des öffentlichen Rechts sollte es möglichst ebenso effizient seinen Auftrag erfüllen.

Links: www.telekom.de | www.kabeldeutschland.de
Quellen: Redaktion Onlinewelten | GameStar.de | Welt | Reuters | Golem.de | ZDNet

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