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Feierstimmung im wiedereröffneten "Filmkunst66"

Traditionskino pünktlich zu den Weihnachtstagen frisch renoviert.



Lang ist es her. Im Jahre 1966 übernahm das Ehepaar Stadler in Berlin Charlottenburg das Kino »Capri« an der Ecke Bleibtreustraße/Niebuhrstraße, um es als »Filmkunst 66« fortzuführen. Das Haus auf dem Eckgrundstück war im Krieg zerstört worden, sodass man kurzerhand und unweit vom Kurfürstendamm, im Jahre 1951 einen preiswerten Flachbau als Kinosaal errichtete. Nach der Wende zogen die Preise für Bauland allerdings kräftig an, sodass das Kino auf Dauer leider keinen Bestand haben konnte. Dem "Filmkunst 66" erging es wie den meisten Ku'dammkinos und vielen anderen Kiezkinos. Sie wurden kurzerhand geschlossen und oft von Lebensmittel-Discountern weiter genutzt. Wurden dagegen umfangreiche Sanierungen vorgenommen oder Neubauten errichtet, dann zogen in die Erdgeschosse zumeist teure Modeboutiquen.

Doch das »Filmkunst 66«, welches das Jahr seiner Gründung als Omen in seinem Namen trug, hatte Glück im Unglück und fand gleich nebenan in einem Nachbarhaus wieder Unterschlupf. Anstelle eines großen Saals entstanden allerdings zwei etwas kleinere Kinos, die sich dennocch gut behapten konnten. Im letzten Jahr setzten sich die Stadlers allerdings zur Ruhe und das Kino ging an die Zieglers. Zwar hatte auch die Yorck-Kinokette Interesse an einer Übernahme, doch die Produzentin Regina Ziegler, die vielen auch als ehemaliges BAF-Mitglied bekannt sein dürfte, bekam schließlich 2011 den Zuschlag. Somit ist eines der wenigen Kinos in Berlin-Charlottenburg erhalten geblieben, denn ganz in der Nähe musste das Kino »Die Kurbel« erst kürzlich einem Bioladen weichen.

Das gleiche Schicksal fürchteten bereits einige Anwohner für das »Filmkunst 66«, als im November plötzlich das Kino geschlossen war. Dabei war kurz zuvor erst eine DCP-fähige digitale Projektion eingebaut worden. Allerlei Spekulationen kursierten bei den Berliner, die schon an Insolvenz oder Abschreibungsobjekt glaubten. Doch nichts dergleichen war an der Geschichte wahr. Tatsächlich wollten Regina Ziegler und ihre Tochter dem Trend zu mehr Chick folgen und ließen eine neue Lederbestuhlung mit mehr Sitzabstand einbauen, die aber auch deutlich weniger Platzangebot bietet. Die Preise der Platzkarten dürften deshalb steigen. Vielleicht will man an das Flair der erfolgreichen Astor-Filmlounge am Kurfürstendam anknüpfen, denn auch das Foyer wurde vergrößert und die Kinosäle mit neuer Stoffbespannung versehen.

Das Traditionskino ist nun nach umfassenden Sanierungsarbeiten seit dem 17. Dezember 2012 wieder geöffnet und wartet auf neue Gäste auch zu den Weihnachtsfeiertagen. Mit "Winternomaden" und dem "Venedig Prinzip" laufen zurzeit im Nachmittag bzw. Vorabendprogramm zwei sehr sehenswerte Dokumentarfilme. Ersterer sorgte im Forum der letzten 62. Berlinale für Begeisterung und wurde außerdem mit dem großen Preis »Visions du Réel« als bester Schweizer Film 2012 ausgezeichnet. Hier der Trailer auf YouTube.



Auch der zweite Film, "Das Venedig Prinzip", der eigentlich zum Träumen anregen sollte, zeigt angesichts von täglich fast 60.000 Touristen schnell die Grenzen des Massentourismus auf. Unter diesen negativen Vorzeichen wirft Andreas Pichlers Film Fragen auf, die über eine reine Venedig-Dokumentation weit hinaus gehen. Hier der Trailer auf YouTube.



Programmkino Filmkunst 66
Bleibtreustr. 12
10623 Berlin
Tel.: 030-8821753
Web: www.filmkunst66.de

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