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Dokumentarfilmer über Sendeanstalten verärgert (UPDATE)

Unmut über ARD und ZDF: AG DOK wendet sich an die Ministerpräsidenten.



Über die bedrohliche, schlechte finanzielle Situation von journalistischen Beiträgen der Dokumentarfilmer haben wir schon einmal am 4. März 2011 im BAF-Blog geschrieben. Doch getan hat sich gar nichts. Nun greift Thomas Frickel, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Dokumentarfilm (AG DOK) das Thema der unlauteren Zweitverwertung noch einmal auf.

Als Reaktion auf die vor einigen Monaten ergebnislos abgebrochenen Verhandlungen mit ARD und ZDF über die Rahmenbedingungen bei der Dokumentarfilmproduktion hat sich die Arbeitsgemeinschaft Dokumentarfilm am 31. Mai 2012 in einem Schreiben an die Ministerpräsidenten aller 16 Bundesländer gewandt. Darin kritisieren die Dokumentarfilmer zunächst, dass die in einer Protokollerklärung der Ministerpräsidentenkonferenz 2008 verabschiedete Maßgabe an die öffentlich-rechtlichen Sender nach ausgewogenen Vertragsbedingungen und einer fairen Aufteilung der Verwertungsrechte bis heute noch nicht umgesetzt wurde. So dürften sich nach Auskunft der AG DOK freie Autoren, Regisseure und Produzenten bei der Kalkulation ihrer Arbeiten nicht an den tatsächlichen Kosten eines Films, sondern nur "an den einseitigen Vorgaben der öffentlich-rechtlichen Auftraggeber" orientieren. Die bei reinen Auftragsproduktionen zum Teil gezahlten Pauschalbeträge würden manchmal nicht mal die Hälfte der Produktionskosten decken.

Dokumentarfilmer: "Illegale Downloads schaden uns weniger als ARD und ZDF"

Der Verband kritisiert darüber hinaus, dass freie Autoren, Regisseure und Produzenten von Dokumentationen u.a. für Wiederholungen und die Internetverwertung keine zusätzlich Vergütung erhalten. Die Vertragsbedingungen der Öffentlich-Rechtlichen seien weit schlimmer für den deutschen Dokumentarfilm als alle jemals illegal kopierten Filme. Wiederholungsrechte und Internetverwertungen würden den Kreativen durch Knebelverträge weggenommen.

"Alle Welt redet in diesen Tagen über Internet-Piraterie. Aber keiner redet darüber, dass ARD und ZDF jeden Tag Inhalte ins Netz stellen, ohne den Urheber dafür zu bezahlen. Durch diese Piraten-Mentalität verursachen die öffentlich-rechtlichen Sender der deutschen Dokumentarfilmbranche und weiten Teilen der Kreativwirtschaft immense wirtschaftliche Schäden", so der AG-DOK-Vorsitzende Thomas Frickel. Die Dokumentarfilmer fordern die Ministerpräsidenten daher in ihrem Schreiben auf, "diesen Missständen ein Ende zu setzen und regulierend einzugreifen".

"Alle illegalen Downloads haben der deutschen Dokumentarfilmbranche materiell weniger geschadet als die Vertragspraxis von ARD und ZDF an einem einzigen Tag." Das hat die AG Dokumentarfilm laut einem Bericht des Magazins Carta erklärt.

Die Organisation AG DOK, die sich als medienpolitische Interessenvertretung des Dokumentarfilms versteht, kritisierte in einem Brief an die Ministerpräsidenten der Länder die Vertragsbedingungen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und verlangt "ausgewogene Vertragsbedingungen und eine faire Aufteilung der Verwertungsrechte".

Wiederholungsrechte, Internetverwertungen, Ausschnittrechte und viele andere Refinanzierungsmöglichkeiten würden freien Dokumentarfilm-Autoren, -Regisseuren und -Produzenten durch Knebelverträge weggenommen - und zwar ohne jede zusätzliche Vergütung. Dass so etwas in einem System möglich ist, das mit Milliardenbeträgen öffentlich finanziert und durch die politisch verfasste Öffentlichkeit kontrolliert wird, sei skandalös.

Der AG Dokumentarfilm gehören nach eigenen Angaben bundesweit rund 870 Dokumentarfilm-Autoren, -Regisseure und -Produzenten an.

U P D A T E vom 22.06.2012



Auf Grund einer Meldung des „Hamburger Abendblatts“, sieht nun auch die Sektion Dokumentation der Produzentenallianz den inzwischen gut eingeführten ARD-Doku-Sendeplatz am Montag in wieder in Gefahr. Angeblich gibt es konkrete Überlegungen, die Talkshow von Reinhold Beckmann vom Donnerstag auf ihren alten Sendeplatz am späten Montagabend zurückzuverlegen. Darüber soll in der ARD-Programmdirektorenkonferenz Anfang kommender Woche entschieden werden. Dagmar Biller, Vorsitzende der Produzentenallianz - Sektion Dokumentation - kritisiert schon seit Längerem die Zunahme an Talkshows im deutschen Fernsehen:

Die massive Talkshow-Programmierung in der ARD steht ohnehin in der Kritik vieler Sendergremien. Dass jetzt überlegt wird, dafür ausgerechnet einen – ohnehin schon spät platzierten – Dokumentations-Sendeplatz in Frage zu stellen, wäre eine Missachtung des dokumentarischen Journalismus in der ARD“, so Biller. „Bislang gehörten Dokumentationen zur journalistischen Kernkompetenz der ARD. Der Senderverbund darf diese Kompetenz nicht aufs Spiel setzen", führt Biller fort.

Links: www.agdok.de | www.produzentenallianz.de
Quellen: Blickpunkt:Film | Golem | AG Dok | Carta.info | Filmecho

In der erweiterten Ansicht dokumentiert Carta die Erklärung der AG Dok im Wortlaut:
"Dokumentarfilmer über Sendeanstalten verärgert (UPDATE)" vollständig lesen

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