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DEFA-Film "Brandstellen" von 1977 im Kino TONI

Filmreihe "KONTAKTE" des Berliner-FFV mit Filmdiskussion.


Zur Erinnerung an Franz Josef Degenhardt.

Franz Josef Degenhardt wurde 1931 in Westfalen am südöstlichen Rand des Ruhrgebiets geboren. Im November letzten Jahres verstarb der Dichter, Liedermacher und Rechtsanwalt. Als Liedermacher war er eine Stimme der 68er-Bewegung und engagierte sich für die Ostermarschbewegung und trat später bei Friedensmärschen als Sänger von Protestsongs auf. 1965 erschien sein Album "Spiel nicht mit den Schmuddelkindern", dessen Titellied ihn berühmt machte und hier auf YouTube noch einmal zu hören ist.



Seine Musik durfte jedoch Ende der 70er Jahre nicht mehr in den öffentlichen Rundfunkanstalten gespielt werden, da der linksgerichtete, promovierte Jurist 1972/73 Mitglieder der Baader-Meinhof-Gruppe verteidigte und 1978 in die DKP eingetreten war. Zuvor ist er als ehemaliges SPD-Mitglied wegen seiner DKP-Allüren aus deren Partei ausgeschlossen worden. Darüber war er so verärgert, dass er bis zuletzt von der sozialistischen Partei "Die Linke", dem Nachfolger der PDS, ein Anhänger blieb.

Sein zweiter Roman "Brandstellen" wurde 1977 von der DEFA (DDR) verfilmt. Der Roman erzählt vom Widerstand einer Bürgerinitiative gegen einen Truppenübungsplatz der NATO. Als literarischer Anstoß diente der (vergebliche) Kampf der Gemeinde Klausheide gegen den NATO-Bombenabwurfplatz Nordhorn Range in den Jahren 1971 bis 1973.

Das katholische Institut für Medieninformation (heute die anerkannte Filmkritiker-Zeitschrift film-dienst) schrieb Folgendes über die Verfilmung:
"Kaum überzeugende, die komplizierten, politisch vielschichtigen Verhältnisse in der Bundesrepublik sehr einseitig darstellende Verfilmung eines Romans des Westdeutschen-Autors Franz Josef Degenhardt."

Im Kladdetext des Ostberliner Progress Filmverleihs heißt es dagegen:
"Ein um Differenzierung bemühter Film über Bürgerinitiative, Anarchismus und staatlicher Gegengewalt in der Bundesrepublik der 1970er Jahre, eine Adaption des gleichnamigen Romans von Franz Josef Degenhardt, seines Zeichens Liedermacher, Schriftsteller und Rechtsanwalt."

Die im Anschluss an die Filmvorführung stattfindende Diskussion, die vom Filmpublizisten Frank-Burkhard Habel geleitet wird, könnte bei dem kontroversen Film spannend werden.

Die Anwesenheit des BAF e.V., der die Filmreihe "KONTAKTE" in den letzten zwei Jahren gemeinsam mit dem Berliner Film- und Fernsehverband (BFFV) betrieben hatte - dem ehemaligen DDR-Filmverband aus Ostberlin - wird allerdings von diesem nicht mehr gern gesehen, da wir uns kritisch über deren sehr einseitig ausgerichtete Programmreihe geäußert hatten. Wir empfinden dieses Gebaren zwar als Zensur freier Meinungsäußerung, wollen aber dem Westberliner Regisseur Dr. Michael Verhoeven, der nach der Wende das Kino Toni in Weißensee übernommen hat, die Treue halten und kündigen die Veranstaltungen weiter an.

Zum Filminhalt:
Der Hamburger Rechtsanwalt Bruno Kappel hat sich in der Gesellschaft etabliert. Einst gehörte er einem anarchistischen Studentenkreis an. Seine damalige Freundin Karin Kunze ist der Anarchoszene treu geblieben. Im Innern noch links stehend, vertritt er sie bis heute als Rechtsanwalt. Karin wird wegen einer Schießerei mit der Polizei gesucht. Auch Staatsanwalt Baller gehörte einst zu dem Kreis. Er fürchtet, dass seine Vergangenheit bekannt wird, wenn Karin gefasst wird und er sie anklagen muss. Deshalb bittet er Kappel, sie zu suchen und ins Ausland zu schleusen. Während Kappel nach Karin forscht, begegnet er der Kommunistin Maria, der als Lehrerin ein Berufsverbotsverfahren anhängt. Kappel verliebt sich in sie, erlebt ihren gemeinsamen Kampf mit einer Bürgerbewegung um die Rettung des Naherholungsgebiets "Klein Schweden", das einem Truppenübungsplatz weichen soll.



Brandstellen
DEFA 1977 (Literaturverfilmung, DDR)
Regie: Horst E. Brandt
Drehbuch: Gerhard Bengsch
Musik: Peter Gotthardt, Reiner Gäbler
Darsteller: Dieter Mann, Heidemarie Wenzel, Wolfgang Dehler, Ezard Haußmann, Petra Hinze, Dietmar Richter-Reinick, Karin Gregorek, Berko Acker, Thomas Wolff, Dieter Wien, Annekathrin Bürger u. a.
Farbe - 98 min. - FSK: 12
Progress Filmverleih

Kino Toni
30. Januar 2012 um 20:00 Uhr
Antonplatz / Max–Steinke-Str. 43
13086 Berlin
Tel.: 030 / 9279120-0
Web: www.kino-toni.de
BVG: Berliner Allee / Antonplatz
Tram M4 vom U+S Bhf. Alexanderplatz


Im unseren Eintrag vom Totensonntag, 20. November 2011 haben wir viele im letzten Jahr Verstorbene und dem Filmgeschäft nahestendende Peronen gewürdigt.


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