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Transmediale - Contact in Cyberspace

transmediale und club transmediale ergänzen sich bestens.



Was für eine Filmpremiere. Die Musikdokumentation making "Kontakt" von und mit Richie Hawtin aka Plastikman und seinem Label m_nus (minus engl. gesprochen) lief zwar gar nicht im offiziellen Programm der transmediale, sondern war vom club transmediale (CTM) im Kino Babylon veranstaltet worden. Dennoch hätte es keinen besseren Auftakt am ersten Tag nach der Eröffnungsveranstaltung im Haus der Kulturen der Welt (HKW) geben können, um all die Skeptiker des Visual Art Festivals eines besseren zu belehren, dass Videokunst des internationalen Festivals für zeitgenössische Kunst und digitale Kultur doch eine der zukünftigen Perspektiven der klassischen Filmstudios und des herkömmlichen Films sein könnte - zumindest für die jüngere Generation, die mit den neuen Medien auf Schritt und Tritt heranwachsen.

Die Dokumentation "Kontakt", die am 26. Februar als DVD erscheint, zeigt die Vision des englischen Künstlers, der die meiste Zeit in Berlin lebt, mit seiner Performance seinem Publikum nicht nur musikalisch und visuell näher zu kommen, sondern mit ihm zu verschmelzen und dadurch neue Energien für seine Truppe auf der Bühne ziehen zu können. Die grandiose Show reiste durch mehrere Kontinente und die Elektro und Techno Musiker legten in den angesagtesten Clubs der jeweiligen Metropolen wie Buenos Aires, Tokyo, Detroit, London, Amsterdam, Rom oder Berlin auf. Trotz genauester Planung und eines ausgefeilten Konzeptes klappte es nicht überall auf Anhieb. Ziel war es das Publikum über drahtlose Funknetzwerke mit Wifi oder WLAN zum Mitmachen zu animieren. Doch manchmal versagte die Technik. Dennoch in Rom klappte es perfekt, doch anders, als man es sich vorstellte. Das enthusiastische Publikum richtete seine Camcorder, Mobile Phones und alles, was sonst noch aufnehmen kann auf die Bühne. Plötzlich erstrahlte der Raum mit Tausenden von Lichtern. Doch es waren keine Feuerzeuge oder Neon Leuchtsticks, wie man von früher auf Rockkonzerten oder Technoparties her kennt; nein es sind die Displays der Handys, die wie Augen auf die Künstler gerichtet waren und alles begierig aufsaugten, um im nächsten Augenblick auf YouTube wieder auszuspucken. Ein 20minütiges DJ-Set der Dortmunder Loveparade 2008 mit Richie Hawtin ist hier im neuen Fenster zu sehen. Technische Einzelheiten zu seinem DJ-Setup erläutert der Künstler persönlich in einem Video, das wir nachfolgend hier im BAF-Blog eingefügt haben.

Richie Hawtin's setup from SocialClub on Vimeo.


Inzwischen gibt es kaum noch eine Performance oder Konzert, die ohne visuelle Begleitung auskommen. Das große Auditorium der HKW war am ersten Tag der transmediale restlos überfüllt, sodass die Show erst mit einer halben Stunde Verspätung anfangen konnte. Stroboskopartiges Licht auf der Leinwand ist zwar nicht jedermanns Geschmack aber beeindruckend war die Weltpremiere dennoch, die die japanische Künstlerin Ryoji Ikeda mit Test Pattern ablieferte. Bild und Ton waren perfekt im Takt. Auch am nächsten Abend zeigten die kanadischen Künstler POWEr Artificiel wie man aus Blitzen eines Tesla-Transfomers, der bereits 1891 von Nikola Tesla erfunden wurde, durch Rückkopplungen mehr oder weniger harmonische Klänge und immer wieder neue überraschende Bilder mit elektro-magnetischen Blitzen zaubern kann. Durch die Blitze der elektrischen Spannungen von mehreren hunderttausend Volt werden auch Radiowellen mit extrem niedriger Frequenz ausgestrahlt. Das Publikum spürte dies am eigenen Leib.

Im Vergleich dazu waren die Video-Vorführungen im kleinen Theatersaal nahezu belanglos. Vielleicht standen sie zu sehr unter dem diesjährigen Motto „Futurity Now!“. Die Kuratoren bemühten sich, u.a. vergleichende Videos des Science-Fiction-Genres zu präsentieren. Kurze fünf Minuten lange Ausschnitte aus vergangenen B-Movies, darunter „Der Schweigende Stern“ den Kurt Maetzig 1959 in der DDR als Cinemascope Film gedreht hat, wurden mit nur wenigen neuen innovativen Stücken gepaart. Die Beispiele waren eher skurril und furchtbar altmodisch als belustigend oder wegweisend. Wer Maetzings Werk, das lange nicht zu sehen war, kennen lernen möchte oder noch einmal sehen will, hat am Sonntag um 10:00 Uhr vormittag dazu in der HKW Gelegenheit.

Spannend waren dagegen die abendlichen Konzerte und Parties im Club WMF. Das Elektro Apparattjik Trio bekam man nur indirekt über ihre Schattenbilder zu sehen. Das Publikum stand gespannt um einen riesigen halbtransparenten Würfel, der mindestens die Hälfte des Raumes einnahm und wie die Kaaba in Mekka vom Publikum angebetet wurde. Aus dessen Innerem spielten die Musiker und zauberten gleichzeitig von innen Bilder und Visionen auf die transparenten Würfelseiten. Im Erdgeschoss tüftelte derweil Guido Möbius an seinen Instrumenten, die er auf dem Boden aufgebaut hatte und mit den Füßen bediente. In der Hand hielt ein Mikrofon um das Publikum aufzunehmen und die Schreie sowie das Johlen als Echo mit Rückkopplung wieder einzuspielen. Diverse Kameras nahmen natürlich alles auf, um es zeitgleich in unterschiedlichen Abbildungsmaßstäben auf den Hintergrund zu projizieren. Und auch das Publikum filmte das Geschehen, wie bereits oben bei Richie Hawtin erwähnt, permanent mit. Nur wenn ein Tänzer sich aus der Menge wagte und ein Solo auf der Tanzfläche darbot, waren alle Kameras plötzlich auf ihn gerichtet.

Link: www.transmediale.de und www.clubtransmediale.de

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