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Filmverbände klagen über schlechte Förderbedingungen

Berliner Filmverbände tagten gemeinsam bereits zu dritten Mal.



Die Treffen der Berliner Filmverbände folgen in den Zeiten der Finanzkrise in immer kürzeren Zeitabständen. Bereits zum dritten Mal konnte der Berliner Arbeitskreis Film e.V. (BAF) innerhalb von zwei Monaten verschiedene Verbände und Organisationen aus Berlin an einen runden Tisch versammeln. Das letzte Mal hat uns Albrecht Behmel vom „berliner filmforum“ in die Räume der Homebase Lounge Berlin eingeladen.

Die monatlichen Treffen, die er dort zusammen mit Rechtsanwalt Patrick Jacobshagen (filmrecht.com) und Mark Müller sowie Simon Chappuzeau von der Homebase veranstaltet, sollten auch die Verbände und ihre Mitglieder einmal näher kennen lernen, welche die Veranstaltungen bisher noch nicht besucht haben.

Wie bereits mehrfach an dieser Stelle hingewiesen existieren die Treffen des „berliner filmforum“ erst seit gut einem Jahr. Innerhalb kürzester Zeit konnte allerdings eine Verteilerliste erstellt werden, die rund 5000 Film- und Fernsehschaffende in der Region erreicht. Darunter gehören auch viele nicht organisierte Kollegen, die schon lange auf ein offenes Forum zum gemeinsamen Treffen und Kennenlernen gesucht haben. Über die NET-Community wie XING, Facebook oder Filmcommunity im Internet lässt sich solch eine Ankündigung einer neuen Veranstaltungsreihe schnell verbreiten. Darüber hinaus stehen die Treffen jedem Filmschaffenden offen, ohne dass er Eintritt zahlen oder Beiträge abführen muss. Sogar die Location Scouts der Berlin Brandenburg Filmcommission (BBFC), die sonst immer zusammen mit dem Bundesverband Regie (BVR) und dem Bundesverband Produktion (BVP) im Café Walden in Prenzlauer Berg ihren monatlichen Stammtisch abhielten, gaben beim letzten Treffen - vor einer längeren Sommerpause bis zum Oktober - die Empfehlung ab, sich alternativ beim „berliner filmforum“ einzufinden.

Haben die Verbände noch eine Daseinsberechtigung?

Mehr als 35 Jahre existiert der Berliner Arbeitskreis Film e.V. (BAF), gegründet von Filmemachern der sogenannten 68er Generation. Erster Anlass war das Oberhausener Manifest von 1962 mit dem die Jungen Wilden auf den 8. Westdeutschen Kurzfilmtagen Geschichte schrieben. (Siehe Kasten).

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Das Oberhausener Manifest ist eine Erklärung, die am 28. Februar 1962 anlässlich der „8.Westdeutschen Kurzfilmtage“ Oberhausen in einer Pressekonferenz mit dem Titel „Papas Kino ist tot“ von 26 Filmemachern abgegeben wurde, die bis dahin vorwiegend im Kurz- und Dokumentarfilm erfolgreich waren. Ziel war die Erneuerung der damals desolaten westdeutschen Filmproduktion und der Anspruch der Kurzfilmregisseure, einen neuen deutschen Spielfilm zu schaffen. Filmhistoriker sehen dieses Datum zunehmend als die Geburtsstunde des „Jungen deutschen Films“ und damit auch den Beginn der gesellschaftspolitischen Trendwende der bundesdeutschen Filmkultur nach dem 2. Weltkrieg. Zwanzig Jahre später, 1982 bekommt die „Oberhausener Gruppe“ den „Deutschen Filmpreis“ verliehen.
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Damals schlossen sich in ganz West-Deutschland Filmemacher zusammen, um das Ziel eines jungen alternativen und revolutionären Kinos im Gegensatz zu den etablierten Produktionen der großen Filmfirmen mit ihrem altbackenen Heimatfilm zu ermöglichen.



Link zum YouTube Video: Gegenschuß - Aufbruch der Filmemacher Deutschland Ende der 60er Jahre.

Danach hat sich viel in der Deutschen Kinolandschaft verändert. In der Bundesorganisation Film (BuFi) hatten sie ihren Dachverband, der gleichzeitig den Filmemachern den Zugang zu den internationalen Filmfestspielen Berlin (Berlinale) ermöglichte. Ulrich Gregor, ehemaliger Leiter des Jungen Forums der Berlinale und Mitbegründer des Kino Arsenals der Freunde der Deutschen Kinemathek, war seinerzeit lange Zeit einer der führenden Köpfe im BAF und forcierte in Berlin mit anderen die Veränderungen.


Nach der Wiedervereinigung kamen neue Verbände hinzu. So z.B. der Film- und Fernsehverband (BFFV), der in Berlin immer noch eine große Anhängerschar unter den ehemaligen Defa Mitgliedern hat, die treu an ihrem Verband hängen, auch wenn - wie bei uns – inzwischen einige der Mitglieder bald das Rentenalter erreicht haben. Leider setzte durch die vielen neuen Verbände auch eine Zersplitterung ein. Jeder wurschtelte vor sich hin, bis die Berlinale kurzerhand die Verteilung der Kartenkontingente selbst vornahm. Die BuFi hatte sich damit erledigt.

Die Durchsetzung von Tarifverhandlungen überließ man der Gewerkschaft ver.di, die aus der IG Medien hervorgegangen war. Doch für nicht organisierte Filmschaffende fühlte sich ver.di nicht zuständig und viele Verbände sind zu klein, um allein für ihre Mitglieder bessere Arbeitbedingungen am Set durchsetzen zu können. Auch wenn mit dem bundesweiten Verband „Die Filmschaffenden“ ein neuer Verbund unter den größeren Verbänden geschaffen wurde, der sich auch stark für die Durchsetzung von Arbeitsschutz, Zeitkontingenten und vielem mehr einsetzt, werden nicht alle kreativen Kräfte in der Filmindustrie erreicht. Vor allem Kinobesitzer und deren Angestellte haben dort keine Lobby, obwohl Filme ja fürs Kino gemacht werden. Der BAF dagegen hat unter seiner Mitgliederschar - neben dem ehemals als kommunal geführten Kino Arsenal - auch andere Filmtheaterbesitzer und Produzenten willkommen geheißen. So konnte jederzeit ein reger Austausch und direktes Feedback über Erfolg und Misserfolg von aktuellen Produktionen stattfinden. Diese Informationen aus erster Hand fanden wiederum sehr genau Gehör bei den Produzenten und Filmemachern.

Ein neues Manifest muss her.

Heute stehen wir mit der Finanzkrise wieder vor einer Umwälzung. Weltweit erlebt der kleine Independent Film neuen Aufschwung, nachdem viele internationale Filmgesellschaften wegen wirtschaftlicher Engpässe ihre Produktionen vertagen oder ganz absagen mussten. Leider hat die neue Welle bei unserer Filmförderung noch keine grundlegende Änderung bewirkt. In Potsdam Babelsberg, dem Sitz des Medienboards Berlin Brandenburg, wo regionale Filmförderungen entschieden werden, setzt man weiterhin auf Hollywoodproduktionen und bekennt sich nicht zum international neu erstarkten Autoren- und Independentfilm. Ein Mißstand, der beim Treffen der Filmverbände ein zentrales Thema der Aussprache war.

So sind wir hocherfreut, dass Albrecht Behmel von berliner filmforum im Herbst evtl. eine Podiumsdiskussion mit Filmschaffenden, Filmverbänden und Politikern plant, bei der das Thema Filmförderung in Berlin-Brandenburg ein zentrales Thema sein könnte. Jedes Jahr absolvieren eine große Zahl Filmstudenten in Berlin und Babelsberg die Filmhochschulen und Kunsthochschulen und drängen in den Markt. Nach einem Erstlingsfilm kann aber unter den augenblicklichen Bedingungen nur selten ein weiteres erfolgreiches Werk produziert werden. Zu groß sind die wirtschaftlichen Hürden und die Fernsehgesellschaften als Koproduzent zieren sich mehr und mehr, den jungen Filmemachern künstlerische Freiheiten zu geben. Während in Bayern der Bayerische Rundfunk noch Unterstützung vom ZDF erfährt, findet in Berlin-Brandenburg durch den viel zu kleinen und finanziell schlecht ausgestatteten Sender Rundfunk Berlin Brandenburg (rbb) nahezu keine Filmförderung statt. Dabei sind die Städte Berlin und Babelsberg gemeinsam immer noch Standort mit der größten Anzahl an Kreativkräften und Filmschaffenden in Deutschland. Doch viele sind bereits arbeitslos, nachdem ihnen in den letzten Wochen Aufträge wegbrachen, oder sie versuchen sich mit artfremder Nebentätigkeit möglichst lange Zeit im Jahr über Wasser zu halten, um nicht in die Hartz IV Misere abzurutschen.

Ein gemeinsames neues Manifest der Filmschaffenden und ihrer Verbände könnte zumindest Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit erregen, um auf die Probleme der Filmschaffenden aufmerksam zu machen, denn Film muss als Kulturgut und nicht als reines Wirtschaftsgut verstanden werden! Noch ist nichts konkret, aber wir wollen mit diesen Zeilen hinweisen, dass es hinter den Kulissen rumort und wir uns über weitere Mitstreiter und Vorschläge freuen würden.

Darüber hinaus veranstalten Mitglieder des BAF im Herbst, das Kiezkieken Kurzfilmfestival, das ohne die Unterstützung von Vereinen wie dem Acud Kunstverein und dem BAF-Filmverband nicht zu bewerkstelligen wäre. Somit haben die Filmverbände doch ihre weitere Daseinsberechtigung, ja sind Motor von Aktionen und neuen Ideen. Eine engere Zusammenarbeit der Altverbände aus Ost und West wird dabei auf lange Sicht angestrebt.

Das nächste Treffen soll bei voraussichtlich schönem Wetter am Mittwoch, den 26. August auf dem Boot von BB-Film stattfinden, das um 19:00 am Steg vom Radialsystem zum Einsteigen anlegen wird und uns durch Berlins Wassserstraßen schippert. Das Radialsystem befindet sich an der Schillingbrücke gegenüber vom ver.di Gebäude. Eingang ist Holzmarktstrasse 33 (Nahe Ostbahnhof) in 10243 Berlin.

Interessenten, die mitdiskutieren möchten, mögen sich bitte an die Geschäftsleitung des BAF wenden. Siehe Impressum.

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