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Neuköllner Kunstprojekt - Comeback von Super 8?

Im Rahmen von 48 Stunden Neukölln fand Ende Juni die Generalprobe zum Filmprojekt "Bands on Boats" statt.

Schon zur Berlinale im Februar 2009 sagte Wieland Speck, Leiter des Panoramas, dass mit fortschreitender Digitalisierung des Kinos, bei einigen Künstlern die Tendenz zu verspüren ist, wieder zu den Wurzeln des Films zurückzukehren und explizit Filmmaterialien zu benutzen, die durch Körnigkeit und Unvollkommenheit dem Charakter des filmischen Ursprungs am Nächsten kommen. Der Film REQUIEM über eine Teufelsautreibung ist solch ein Fall, den Hans-Christian Schmid im Jahre 2006 gedreht hat. Damals wurde 16mm Material erstmals mit einer von Arri umgerüsteten Kamera ganz bewusst auf Cinemascope getrimmt, obwohl das Format mitnichten für Super-Breitbild geeignet ist.

Beim Umkopieren auf 35mm musste der Film aufgeblasen werden, sodass jedes Körnchen Staub auf dem Negativmaterial nachher deutlich im Positiv auf der Leinwand zu sehen war. Danach sollte wohl nie wieder bei Arri der Versuch unternommen worden sein, ein ähnliches Experiment noch einmal zu wagen. Doch für den Regisseur lag der Vorteil darin, mit einer deutlich kleineren und leichteren Handkamera immer nah an den Protagonisten sein zu können, ohne allzu aufdringlich zu sein. Kleine Videokameras kamen für ihn nicht infrage, da das Thema sensibel war und ganz bewusst an alte Zeiten erinnern sollte. Eine moderne Videotechnik passte seiner Meinung dazu nicht, denn die Körnigkeit des Materials unterstütze das gewollte Ergebnis.

Nun gehört Hans-Christian Schmid zu den herausragenden Regisseuren, die fast jedes Jahr zur Berlinale mit einem neuen Film dabei sein können und sich an solche künstlerischen Experimente wagen dürfen. Über seine Beweggründe dazu sprach der Filmemacher auch im Rahmen des Kolloquiums Filmgeschichte ausstellen im Kino Arsenal am 18. Juni 09 über das wir am 24. Juni berichteten.

Noch einen Schritt weiter geht Dagie Brundert, 1991 Meisterschülerin bei Prof. Ramsbott im FB Experimentelle Filmgestaltung an der HdK Berlin, heute Universität der Künste (UDK). Seit 1988 dreht die Filmemacherin Kurzfilme auf Super 8 und erhielt mit ihren Filmen „Foxy Lady in Winterland“ und anderen Filmprogramme, auf nationalen und internationalen Festivals mehrere Auszeichnungen. Seit 2008 leitet sie Super 8 Workshops (“The Wabi-Sabi in Super 8”) in Los Angeles, Rotterdam, Dresden und Cambridge/London.

Ebenfalls 2008 erhielt sie ein Stipendium des Berliner Senats für die Recherche zu einem Dokumentarfilm »BANDS ON BOATS«. Am 27. Juni 2009 war es dann soweit. Die Generalprobe für den Film, der ausschließlich – wie sollte es anders sein – in Super 8 gedreht wird, fand im Rahmen des 11. Kunst- und Kulturfestivals 48 Stunden Neukölln statt. Unter der enormen Zahl von mehr als 570 Veranstaltungen an ca. 255 Orten war dies etwas Besonderes, denn ein Teil des Filmes, der zwischen Sommer 2009 und Sommer 2010 gedreht wird, sollte auf einer Schiffstour auf den Berliner Kanälen stattfinden. Ausgesuchte Berliner Bands - jenseits des Mainstreams -, die an dem Film teilnehmen und porträtiert werden, mussten eine nach der anderen auf dem Oberdeck jeweils einen Song spielen, während das Fahrgastschiff eine Stadtrundfahrt macht. Die besondere Qualität des Filmmaterials fängt die Schönheit und Faszination von Musik und die Originalität der Bands in seinen Bildern ein und ist gleichzeitig ein weiteres lebendiges, sehr eigenes und eigenwilliges Hauptstadtporträt.

Der Film soll auf Festivals und in ausgewählten Kinos laufen und auf DVD vertrieben werden (Ein Verleih ist anvisiert). Weitere Infos und Links unter:
www.bandsonboats.com und www.48-stunden-neukoelln.de

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